Verhaltenstherapie = Dressur ?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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AniLo
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Beitrag Di., 05.07.2011, 21:03

Danke münchnerkindl, ich lese immer gerne Deine konstruktiven Beiträge.
Er meinte, die wahre Therapie finde in den Zeiten zwischen den Therapiestunden statt, wenn man das Gelernte anwendet, dass das der Übungszeitraum sei. Und dass in der Verhaltenstherapie öfter zwei Wochen üblich sind. Und dass ich meinem "Gefühl" nicht immer trauen dürfe.

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 05.07.2011, 21:10

AniLo hat geschrieben: Und dass ich meinem "Gefühl" nicht immer trauen dürfe.
Sehr schlechter Rat. Weil der Punkt hierbei ist, rauszufinden wann man Gefühlen trauen kann und wann besser nicht. Es gibt beide Fälle, wo man zu einer Sache instinktiv das richtige Gefühl hat, und wo einem der eigene Geist irgendwas vorgaukelt mit dem man dann baden geht.

Also man braucht a, das Gefühl, dem man zunächst mal durchaus trauen darf. Aber man braucht b, noch den intellektuellen Geist, mit dem man seine Gefühle auch mal auf Angemessenheit und Kompatibilität mit der Realität abgleicht.

Also wenn man ein Gefühl hat plus bei näherer Betrachtung des Für und Wieder rausfindet daß es sich durch logisch nachvollziehbare Argumente bestätigen lässt liegt man schon recht sicher. Vieleicht dann noch ein paar andere Menschen mit dem Blick von aussen fragen was sie dazu denken, ich glaube dann kann man schon in vielen Fällen zu brauchbaren Entscheidungen kommen.

Seinen eigenen Gefühlen nicht zu trauen ist das falscheste was man tun kann. Weil generell wollen einem Gefühle was sagen. Man sollte nur nicht auf jedes Gefühl hin sofort zur Handlung schreiten.

Und was er zu der Zeit dazwischen sagt. Damit es eine effektive Zeit dazwischen gibt muss erst mal ausreichend "therapeutisches Holz" gehackt werden. Das kann mit zu wenig Zeit mit dem Therapeuten ja wohl nicht passieren. Wie willst du irgendwelche Probleme in einer befriedigenden Tiefe besprechen und beleuchten in alle 14 Tage 50 Minuten. Ausserdem kommt noch die Komponente der geglückten therapeutischen Beziehung dazu. Ich könnte in 50 Minuten alle 14 Tage keine ernsthafte Beziehung zu irgendwem aufbauen wo ich dann über intime Dinge reden soll.

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Seanna
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Beitrag Di., 12.07.2011, 08:28

Bei Verlustängsten kann VT auf jeden Fall helfen, generell. Natürlich muss man aber den für sich richtigen Therapeuten dafür finden. Mit den restlichen Problemen, die du genannt hast, hatte/habe ich eher weniger zu tun.

Wenn du meinst, dass VT weniger anstrengend und weniger schmerzhaft ist als andere Therapieformen, muss ich dich enttäuschen. Es kann sehr schmerzhaft sein und es ist auch oft notwendig, um an des Pudels Kern zu kommen.

Mich würden diese Diagramme und Listen mal interessieren... bisher habe ich Diagramme und Listen nur in einer speziellen Form der VT (nämlich der DBT) kennengelernt. Die waren mir immer ein graus, aber im Zuge einer "normalen" VT kann ich mir unter diesen Diagrammen und Listen wenig vorstellen. Kannst du das näher erläutern?
Angeblich soll durch veränderte Handlungsmuster die persönliche Problematik verbessert werden, da die veränderten Handlungen zu angeblich anderen Ergebnissen des Patienten führen sollen.
Wenn man allerdings diese veränderten Handlungsmuster nicht ausführen kann, weil man ganz anders fühlt und deshalb damit überfordert ist, es schlicht nicht geht, was der Therapeut da von einem verlangt, dann ist diese Methode nicht geeignet, Verbesserungen zu erzielen.
Ich denke eher, dass dann der Therapeut nicht geeignet ist (für diesen Patienten oder für diesen Beruf) und das nicht der Methode zuzuschreiben ist. Ganz so einfach, wie es hier dargestellt ist, funktioniert VT nämlich nicht. VT ist mehr als gebetsmühlenartiges Wiederholen von Handlungsanweisungen so lang bis der Patient sie ausführt und verinnerlicht hat.
Ja, so dachte ich auch am Anfang. Aber so ist es nicht.
In der Verhaltenstherapie setzt man sich Ziele und Therapeuten sagen einem wie man dieses Ziel erreicht.
Gefühle werden in der VT zur Seite geschoben. Ist nur meine Meinung.
Das widerspricht meiner Erfahrung. Meine Erfahrung ist, dass es in der VT (zumindest die 3, die ich bisher hatte) fast immer um Gefühle ging. Mag aber auch daran liegen, dass ich mir meine Therapeuten, mit denen ich zusammen gearbeitet habe, sehr genau ausgesucht habe. Für mich waren das die Besten der Besten.
- Geh nicht zu zu jungen Therapeuten mit wenig Erfahrung oder gar noch in Ausbildung (kann zu Anfang hilfreich sein, weil diese vielleicht engagierter sind, aber bei komplexeren Problemen kennen sie sich halt noch nicht so aus und gehen nur nach Standard vor)
Dem muss ich absolut widersprechen! Ich hatte einen sehr erfahrenen (aber noch nicht soo alten) Therapeuten (damals vllt so um die 45), dann einen ebenfalls um die 40, aber relativ frisch aus der Ausbildung und jetzt habe ich einen, der noch in Ausbildung ist, aber auch schon so um die 40. Ich habe eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung - also bei Weitem keine wenig komplexe Problematik - und habe es bei keinem der drei erlebt, dass sie "nur nach Standard" vorgegangen wären. Alle haben sich verschiedener Methoden, nicht nur reine VT, bedient und sich das jeweils zu mir Passende rausgepickt. Alle 3 hatten allerdings schon (mindestens) das Klinik-Jahr hinter sich und bereits mit Akutfällen und deutlich weniger stabilen Patienten gearbeitet.

Dazwischen gab es auch "schwarze Schafe", mit denen es bei mir überhaupt nicht gepasst hat und bei denen ich das Gefühl hatte, die wollen stur ihre Methode durchdrücken. Das ist mir aber sowohl in einem Ausbildungsinstitut als auch bei einem bekannten und auf dem Gebiet gefeierten Spezialisten (weder zu jung noch zu alt) passiert und auch in einer Klinik. Ich habe mich dann gegen die Zusammenarbeit entschieden bzw (kontraproduktiverweise) diese auch boykottiert, wo Abbruch keine Option war.

Ich denke, wenn es menschlich passt, kann man sich drauf verlassen, dass er schon weiß, was er tut. Und wenn man merkt, es geht in eine Richtung, die einem nicht zusagt oder merkwürdig vorkommt: Reden!
Ist es bei Therapien immer so, dass Monate mit der "Anamnese" vergehen ?
Ich hatte gehofft, man kommt zügig voran.
Das habe ich auch grade hinter mir. "Monate" hat es nicht gedauert, aber schon 5 Stunden lang (also 5 Wochen).. was mir persönlich VIEL zu lang war, weil ich eben schon viele Themen habe, die sich aufgestaut haben. Allerdings ist es grade in Lehrinstituten so, dass viele Therapeuten noch nicht so viel Übung mit den Therapieanträgen haben. Das bedeutet auch, dass sie eben die Grundlage dessen (Anamnese, Therapieziele) etwas ausführlicher machen am Anfang, um den Antrag besonders gründlich schreiben zu können, damit er nicht abgelehnt wird. Das kommt DIR ja dann zu Gute. Meine vorigen Therapeuten haben Anamnese und Diagnose so quasi "nebenbei" gemacht. Die standen aber auch nicht unter so strenger Aufsicht und hatten bereits Erfahrung.
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

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Seanna
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Beitrag Di., 12.07.2011, 08:35

Daß Du Dich unterlegen fühlst, ist definitiv keine Grundlage für eine Therapie.
Das kommt drauf an. Wenn man sich damit gut fühlt, ist das kein Problem. Ein Problem ist es nur dann, wenn man sich damit unwohl fühlt.
Warum nicht wöchentlich? Eine Sitzung die Woche ist eigentlich standard und auch notwendig, wenn das ganze irgendeine Resultat bringen soll.
Es gibt durchaus Störungen oder auch Patienten, wo es sehr sinnvoll ist, nicht jede Woche eine Sitzung zu machen. Das kann man meiner Meinung nach nicht pauschalisieren.

Wenn es allerdings - wie scheinbar beim TE - so ist, dass das aufgrund der "anderen Verpflichtungen" des Theras zustande kommt, halte ich das ebenfalls für nicht so optimal. Vielleicht hat der Therapeut zu viele Patienten und ist zudem in Teilzeitausbildung? Das machen sie oft, weil die Ausbildung sehr teuer ist und die ja auch von irgendwas leben müssen. Allerdings kenne ich nur das Modell "2 1/2 Tage die Woche in der Praxis, 2 1/2 Tage andere Arbeit", so dass zumindest mein Therapeut (Teilzeitausbildung) jede Woche zur selben Zeit für mich da ist. Deshalb der Gedanke, dass er vielleicht zu viele Patienten hat.. so dass ein Rhythmus über mehrere Wochen zustande kommt.
Er meinte, die wahre Therapie finde in den Zeiten zwischen den Therapiestunden statt, wenn man das Gelernte anwendet, dass das der Übungszeitraum sei. Und dass in der Verhaltenstherapie öfter zwei Wochen üblich sind.
Stimmt. Die Zeit zwischen den Stunden macht's eigentlich, weil man da auch noch mal drüber nachdenkt und es mehr verinnerlicht. Es ist sowohl ein wöchentlicher wie auch ein 2-wöchtenlicher Rhythmus üblich in der VT. Je nachdem um was es geht und wie stabil der Patient auch ist.

Ich habe auch mit 14-Tages-Rhythmus schon gute Erfahrungen gemacht. Grade am Anfang und/oder wenn es viele dringende Themen gibt, halte ich das eher für suboptimal. Ich habe jetzt zu Anfang sogar eine Doppelstunde "eingeschoben" weil die ersten 5 Wochen für Anamnese "drauf gingen" und ich einfach diese Zeit brauchte. Dafür hatte er aber Verständnis und hat mir diese Zeit dann eben auch ermöglicht.

Aufgrund der (meist lang dauernden) Genehmigung des Therapieantrages kann es aber auch sein, dass er die Zeit bis zur Genehmigung streckt, weil er nicht so viele Stunden machen will, deren Bezahlung noch nicht gesichert ist. Er bekommt ja zunächst nur die 5 probatorischen Sitzungen bezahlt und danach (soweit ich weiß) nichts, wenn der Antrag nicht durch kommt. Mein Therapeut hat da so ein begrenztes Stundenkontingent, was er für diese Übergangszeit zwischen probatorischen Sitzungen und Genehmigung nutzen kann, aber ich weiß nicht, ob das vom Ausbildungsinstitut kommt oder von der Krankenkasse oder ob es "eigenes Risiko" ist. Da ich jedoch bald 5 Wochen in Urlaub bin, ist die Zeit bis zur Genehmigung in meinem Fall eher unkritisch, da diese Stunden ja dann sowieso ausfallen.
Und dass ich meinem "Gefühl" nicht immer trauen dürfe.
Prinzipiell sollte man diesen Ratschlag mit Vorsicht genießen. Man weiß nicht, was er damit gemeint hat und in welchem Kontext er das gesagt hat. Je nach Kontext kann es Sinn machen oder eben auch totaler Blödsinn sein. Solche aus dem Kontext gerissenen Aussagen möchte ich hier ungern "bewerten".
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Füchsin
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 08:48

Also, gefühlsmäßig würde ich sagen, dass weder diese Methode noch der Therapeut das Richtige für Dich sind. Ich bin allerdings auch generell kein großer Fan von VT. Ich bin der Ansicht, dass sie ganz gut helfen kann bei Zwängen und Phobien, aber dann hört's auch auf. Aber wie gesagt, das ist meine Meinung.

Irgendwie passt halt eine VT besser in die aktuelle Zeit als eine tiefenpsychologische Therapie. Mir kommt VT vor wie Kosmetik an einer Problematik. Hauptsache, der Patient lässt sich in kurzer Zeit (und damit zu geringen Kosten!) wieder "funktionsfähig" machen. Es ist ja schön und gut, im Rahmen einer VT feststellen zu können, was am Handeln und Verhalten unangemessen und überkommen ist, und zu versuchen, dieses auszuhebeln und angemessenere Formen zu finden. Aber damit allein ist es nicht getan. Ich denke, wenn man nicht begreift, woher dieses Handeln und die damit verbundenen Gefühle kommen, dann kann man sich diese Form der Kosmetik (mehr ist es in meinen Augen nicht) schenken. Sich zwanzig Sitzungen lang vorzubeten, in Zukunft alles anders machen zu wollen, kann meines Erachtens keine Lösung sein.

Die Sitzungsfrequenz ist auch komisch. Mein Mann hatte eine VT, und er hatte seine Sitzungen auch wöchentlich - der Therapeut hat ihm nicht gesagt, da sei zuwenig Zeit dazwischen, um das innerlich zu bearbeiten. Meinem Mann hat die VT zwar geholfen, was Zwänge und sein autoaggressives Verhalten betrifft, aber an den Kern ist er nicht gekommen. Er leidet immer noch sehr unter seiner mangelnden Selbstakzeptanz und an den "Leichen im Keller", die unbearbeitet sind. Er erwägt deswegen auch noch mal eine tiefenpsychologische Therapie. Bei Dir sind die Probleme ja auch nicht gerade oberflächlich, wenn es z.B. um Verlustängste geht. Ich halte es für sinnvoll, sehr gründlich zu schauen, woher die kommen, und das kannst Du in einer VT nicht.

Und schließlich: Ein Psychotherapeut, der die Aussage macht, Gefühlen sei nicht immer zu trauen - der erscheint mir nicht besonders respektvoll. Denn ich halte es für eine wichtige Voraussetzung, dass man sich als Patient in erster Linie akeptiert fühlt. Das ist wichtig für die therapeutische Beziehung. Wenn einer von vornherein mit Veränderungsdruck kommt und die Bedürfnisse des Patienten nicht angemessen achtet, finde ich das fragwürdig.

Ich finde, VT ist ein bisschen so wie diese "Schöner-Wohnen"-Sendungen im Fernsehen. Da wird innerhalb kurzer Zeit fröhlich vor sich hin renoviert, es werden Pappwände eingezogen, Tapete wird drübergeklebt, neue Möbel werden hingestellt, es wird ein bisschen dekoriert - und schwupps, sind die Leute happy. Aber keiner hat geguckt, ob nicht die tragenden Balken von innen faulen, und warum sie das tun. Und in die Zimmer, die unrenoviert geblieben sind und die die Kamera nicht zeigt, geht auch keiner gern. Ich hoffe, das Bild ist nicht zu weit hergeholt, aber ich denke, wenn Du Dich wohl fühlen willst, muss das ganze Haus renoviert werden, und man muss darauf achten, die Ursache für die wankenden Balken zu finden.

Toi toi toi für Deine weiteren Vorhaben. Achte auf Dein Recht als Patient, und achte darauf, dass Du Dich wohl fühlst. Das ist das Wichtigste. Im Zweifel: Lieber noch wo anders schauen, als Zeit und Kraft zu verschwenden dafür, dass Dir jemand sagt, was Dir gut zu tun hat.

Die Füchsin

P.S.: Dir vorzuschlagen, die Zeit zwischen den Sitzungen mit Medis zu brücken, obwohl Du Gesprächsbereitschaft und genügend Stabilität aufweist, um Dich mit Deinen Problemen in der Therapie auseinanderzusetzen, finde ich übrigens auch problematisch.

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Seanna
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 12:33

Auch in einer VT kann man auf die Vergangenheit eingehen und schauen, woher bestimmte Verhaltensweisen kommen und warum sie nötig waren. Und auch wo die Gefühle herkommen und wo sie schonmal eine Rolle gespielt haben.

Und eine gewisse Grundstabilität mit "Verhaltenskosmetik" erreichen zu wollen, damit der Patient das nachfolgende Aushalten und dennoch weiter am normalen Leben teilnehmen kann, halte ich nicht für falsch. In meiner VT war es auch so, dass es zunächst um das Abstellen bestimmter Verhaltensweisen ging (MEINE Ziele, nicht die meines Therapeuten!) und dann nach und nach mehr um die Veränderungen im Denken und Fühlen und das Ausbuddeln, woher die Bisherigen Denkmuster und Gefühle eigentlich kamen.

Meiner Meinung nach ist das Thema Vergangenheit ebenso gut in einer VT bearbeitbar. Hängt natürlich aber auch sehr vom Therapeuten ab und wozu dieser bereit ist. Aber das ist nicht nur bei Verhaltenstherapeuten so, sondern bei allen Therapeuten jeder Therapierichtung.
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Füchsin
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 12:43

Tja, jeder macht andere Erfahrungen und hat andere Wünsche...

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AniLo
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 20:29

Hallo Seanna, hallo Füchsin,
danke für die Rückmeldungen.
Zu der Frage mit den Diagrammen und Listen: Man soll bewerten auf einer Skala von 0 -7 welches Gefühl in welcher Intensität da war und z.B. mit welchem Elternteil es mehr zu tun hatte, welche Emotionen häufig auftraten und welche weniger häufig, wie man als Kind mit Emotionen umging, wie die sozialen Kontakte waren und dies dann bewerten, ebenso Verhalten der Eltern etc..Sehr viele Fragen zu Kindheit, Eltern (deren Leben, sogar Schulbildung).Und die Ziele eben auch gliedern und bewerten, was ist Zielerreichung, wann wäre mein Ziel nicht erreicht, wann sogar übertroffen. Seanna: Mir hilft, dass Du schreibst, dass bei Theras in Ausbildung die Antragstellung dauert. Nun hat für mich das Ganze mehr Sinn. Ich glaube, auch dass er zu viele Patienten hat, weil er ständig jonglieren muß, um die Termine unterzukriegen.
Füchsin: Danke für die Ermutigung. Ich traue mir wenig zu. Und er sagt öfter zu mir, dass es eben dauert, dass die Veränderungsmotivation das Schwere durchhalten lässt. Nur -es kommt gar nie so weit, dass wir schon bei meinen Themen sind, das wird verschoben - wichtig sind die Grundlagen. Er sagt, ich habe es jetzt so lange ohne Therapie ausgehalten, es dauere nun eben.
Und ich sehe die Zeit davoneilen, weil ich gesundheitl Beschwerden habe und er zu Beginn sagte, dass diese Dauer-Anspannung nicht gut sei und Therapie notwendig.

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Seanna
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 20:42

Hmmm. Also ich habe zwar schon Therapien gemacht, wo solche Skalen eine Rolle spielten (Dialektisch Behaviorale Therapie), aber da ging es mehr um aktuelle Gefühle und befinden, Messen von Anspannung und solche Dinge. Also mehr so zum Thema "Achtsamkeit" als zum Thema "Vergangenheit".

Ansonsten kenne ich verschiedene Anamneseverfahren, aber das, was DU da beschreibst, kommt mir schon extrem ausführlich/langwierig vor.. wie viele Wochen seid ihr da jetzt dran? Und die Begründung will mir nicht ganz einleuchten. Denn grade wenn du es lang ohne Therapie ausgehalten hast, hat sich viel angestaut (wie bei mir auch, und meine letzte Therapie ist erst 3 Jahre her) und man hält sich nicht ewig mit "Grundlagen" auf (bei mir war nach ca. 5-6 Stunden erstmal Schluss mit Anamnese, der Rest kommt so nach und nach - aber ab und an werden auch noch mal 10, 20 Minuten für Antrags-relevante Themen abgezweigt). Ich habe es in der Therapie vorher sogar so erlebt, dass das erst nach und nach kam und es relativ direkt zu Anfang (3. Stunde) schon "zur Sache" ging. Das war allerdings auch kein Lehrinstitut, sondern ein niedergelassener Therapeut, der mir von der Klinik empfohlen wurde und bei dem ich schon nach der 1. Stunde wusste "der isses!".
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AniLo
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Beitrag Fr., 15.07.2011, 22:59

Bisher ca 15 Wochen, variierend im Wochen- bis 3-Wochenrhythmus. Vielleicht bin ich zu ungeduldig. Als ich von Abbruch sprach, meinte er, dies sei evtl ein Muster, dass ich schwieriges abbreche. Ich müsse neue Muster entwickeln, das dauere.

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münchnerkindl
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Beitrag So., 17.07.2011, 20:25

AniLo hat geschrieben:Bisher ca 15 Wochen, variierend im Wochen- bis 3-Wochenrhythmus. Vielleicht bin ich zu ungeduldig..
Nein, das sind fast 4 Monate, das ist ein Zeitraum in dem sich schon etwas bewegt haben sollte.

AniLo hat geschrieben:Als ich von Abbruch sprach, meinte er, dies sei evtl ein Muster, dass ich schwieriges abbreche. Ich müsse neue Muster entwickeln, das dauere.
Das ist ja nun bei einer Verhaltenstherapie eine total abgefahrene Aussage. GERADE eine VT sollte doch in einem überschaubaren Zeitrahmen Ergebnisse bringen. Bei einer VT hat man ca 50 Stunden, die sind bei einer wöchentlichen Frequenz nach einem Jahr durch, in dem Zeitraum sollte sich die erwünschte Verbesserung eingestellt haben. Bei einer VT gibt es überhaupt keine Zeit für eine ultraintensive Anamnese die sich ewig hinzieht.

Es geht hier doch nicht um schwierig. Bis jetzt ist doch noch nicht mal was schwieriges vorgefallen. Ausserdem ist es einfach so daß es Dinge gibt, die man besser früher als später abbricht. Die Kunst ist, herauszufinden, was man besser früher abbricht und wo man besser nicht sofort davonlaufen sollte. Wenn etwas zwar schwierig ist aber nicht gut, dann ist es auch angemessen, es abzubrechen. Sagen wir mal du kommst mit einem Mann zusammen wo sich raussstellt, der trinkt und betrunken beschimpft er dich dann immer. Dann ist es zwar schwierig mit der Person zusammenzubleiben aber ganz sicher macht man keinen Fehler die Beziehung abzubrechen.

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AniLo
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Beitrag Di., 19.07.2011, 00:09

Hallo münchnerkindl, er rechnet mit ca 2 Jahren, weil er den 2-Wochen-Rhythmus propagiert. Gerade passiert viel Schwieriges im Beruf, ich muß allein durch, weil er immer bei den Zielen hängen bleibt. Die Muster, die sind so tief gespurt, ich bin auch oft verzweifelt, möchte schneller Änderungen. Aber ich habe wirklich Bedenken, weil ich mich immer so schuldig fühle, dass ich nach einem Abbruch mir denke, hätte ich doch durchgehalten, vielleicht war ich zu schnell mit dem Flinte ins Korn werfen. Ich traue meinen Gefühlen oft nicht, und denke, ich mache es mir zu leicht. Ich tue so viel, um Anerkennung zu erhalten und ich habe das Gefühl, ich komme da nie heraus. Er ist sehr klar und oft auch kritisch und sagt, ich werde manches hören, das mir nicht gefällt, aber nur so komme ich weiter.
Es ist so verfahren. Ich habe immer Angst, bei Abbrüchen, einen Kapitalfehler zu machen. Wann lohnt sich Durchhalten ?

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Stöpsel
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Beitrag Di., 19.07.2011, 01:30

Hallo Anilo,

aber auch er kann nicht sagen, was für Dich das Beste ist. Vielleicht hat es sich in der Theorie als am besten herausgestellt, so vorzugehen oder er hat bei anderen Patienten die Erfahrung gemacht. Trotzdem kann es für Dich ganz anders sein. Manche VTler haben da scheinbar eine Aversion dagegen, wenn die Patienten zuviel Kontakt wollen. Ist mir unverständlich, man kann nicht alle über einen Kamm scheren, was sie brauchen. Letztenendes weiß es jeder für sich selbst am besten, was er/sie braucht. Und auch wenn er der Fachmann ist, bist Du immer noch die Fachfrau für Dich selbst. Ich habe es früher selbst so ein bißchen gedacht, als Fachmann muß der Therapeut doch wissen... bzw. sich zurückhaltender äußern, wenn er was nicht genau weiß. Das war auch etwas, was er mir mit seinem Verhalten signalisiert hat. Pustekuchen. Er hatte offenbar den Standpunkt, er sagt seins, wie er es sich denkt, und auch völlig davon überzeugt, und wenn ich anderer Meinung bin würde ich schon lautstark protestieren, dann würde er einlenken (für mich war damals "sehr deutlich seine Meinung vertreten" gleichbedeutend mit "ich weiß es definitiv" und da ich anderer Meinung war, hab ich es mir damit erklärt, daß er als Experte da anderes Wissen hat und es wirklich besser weiß). So eine Art von Mißverständnissen stellten sich nach der Therapie bei ihm noch häufiger heraus (hatte irgendwann abgebrochen und in einem späteren Gespräch, mit einigem Abstand, kam es raus).

Und wenn grade viel passiert, finde ich es wichtig, da einen Ansprechpartner zu haben, wenn man nicht gut damit klarkommt. Also einen, den man häufiger ansprechen kann. Genau diesbezüglich. Bei meiner Therapeutin habe ich da die Möglichkeit, wenn es von den Terminen her paßt, die Frequenz anzupassen. So sprechen wir uns phasenweise zwischen 1x/Woche und 1x/2Wochen. sie überläßt das ganz mir. Und ich bin einerseits bemüht, nicht zu häufig Termine zu haben, weil meine Kassenstunden bald zu Ende sind, andererseits hab ich für mich rausgefunden, daß es keinen Sinn macht, sie seltener zu sprechen, wenn um mich rum "die Welt zusammenfällt", weil mich das dann so runterzieht, daß ich alleine immer handlungsunfähiger werde. Spart nicht wirklich Stunden, nur wird dadurch nur noch mehr Lebenszeit versaut, wenn man nicht weiterkommt.

Viele Grüße

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Füchsin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 07:57

"Durchhalten" allein kann irgendwie doch nicht Sinn und Zweck der ganzen Angelegenheit sein, oder? Ich verstehe ja vollkommen, dass es wichtig ist, auch mit Frustration umgehen zu können - das musste ich selbst auch lernen. Aber Dein Therapeut scheint sich innerhalb dieser recht kurzen Zeit darauf versteift zu haben, dass die Methode der Wahl ist, Dich auf's Warten zu trainieren, und das kommt mir schon etwas seltsam vor. Die Auseinandersetzung mit dem Patienten ist doch gerade in der Anfangsphase wichtig, allein schon, um mehr über ihn zu erfahren und eine Beziehung aufzubauen. Aber vielleicht täusche ich mich auch und das ist in der Verhaltenstherapie halt anders.

Stöpsel hat es toll ausgedrückt:
Stöpsel hat geschrieben:aber auch er kann nicht sagen, was für Dich das Beste ist. (...) Und auch wenn er der Fachmann ist, bist Du immer noch die Fachfrau für Dich selbst.
Und ich finde, in erster Linie sollte er Dir mit Respekt begegnen und auch allen Deinen Gefühlen. Was für eine Basis hat man sonst?

Grüße,

die Füchsin

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 19.07.2011, 08:01

AniLo hat geschrieben:Die Muster, die sind so tief gespurt, ich bin auch oft verzweifelt, möchte schneller Änderungen. Aber ich habe wirklich Bedenken, weil ich mich immer so schuldig fühle, dass ich nach einem Abbruch mir denke, hätte ich doch durchgehalten, vielleicht war ich zu schnell mit dem Flinte ins Korn werfen. Ich traue meinen Gefühlen oft nicht, und denke, ich mache es mir zu leicht. Ich tue so viel, um Anerkennung zu erhalten und ich habe das Gefühl, ich komme da nie heraus.


Es ist so verfahren. Ich habe immer Angst, bei Abbrüchen, einen Kapitalfehler zu machen. Wann lohnt sich Durchhalten ?
Ich glaube da ist so viel an wirklich alten Themen und emotionalen Problemen vorhanden daß eine reine Verhaltenstherapie die nicht auch diese tieferliegendnen Probleme in eingehenden Gesprächen beleuchtet bei dir vieleihct ohnehin zu wenig tiefgreifend ist. Ich meine, du hast hier nicht bloss eine "banale" Phobie die sich mit etwas Anleitung zur Selbstüberwindung beheben lassen würde!

Ich würde mir ernsthaft überlegen zu einer tiefenpsychologischen Therapie zu wechseln oder zu einer VT wo ernsthaft auf deine emotionale Befindlichkeit eingegangen wird. Mit einer VERHALTENSänderung alleine wirst du da nirgendwo hinkommen und Fragebögen werden dir mit dem Problem auch nicht weiterhelfen.
Ausserdem benötigst du zumindest kurz bis mittelfristig eine Therapie die stabilisierend wirkt und SOWAS geht nun schon wirklich nicht alle 2 Wochen.

Kurzum ich würde mir möglichst zeitnah einen anderen Therapeuten suchen, damit du nicht noch mehr Zeit verschwendest wenn du anderswo Hilfe bekommen könntest die auch das tut was sie soll, nämlich helfen. Es wird eh nicht so ganz einfach sein bei einem passenden Therapeuten schnell einen Platz zu bekommen.
AniLo hat geschrieben:Er ist sehr klar und oft auch kritisch und sagt, ich werde manches hören, das mir nicht gefällt, aber nur so komme ich weiter.

Scheint der Standardspruch aller miesen Therapeuten zu sein wenn man irgendwas am Ablauf der Sitzungen kritisiert oder mit der Methode nicht klarkommt. Klarerweise werden in einer Therapie auch mal Wahrheiten anzusprechen sein die nicht angenehm sind. Aber man kann diese Tatsache auch dazu verwenden um bequem jede Kritik des Klienten im Keim zu ersticken und ihn mundtot zu machen. Und so verwendet ähnelt es doch geradezu frappierend dem abwertenden, grenzüberschreitenden Verhalten (vermutlich in der Kindheit) das (bei den meinsten Betroffenen von psychischen Problemen) überhaupt erst zu diesen Problemen geführt hat.

ich würde mir das an deiner Stelle auf keinen Fall länger gefallen lassen. Du hast ein Recht auf eine Therapie in der auf deine Wüsche, Bedürfnisse und Bedenken eingegangen wird. Und alles andere wird sowieso nichts helfen.

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