Übertragung - ewige Sackgasse?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Gast
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 08:23

Hallo Anna Blume
weiß er nicht, wo ich gerade stehe, was ich fühle, was ich darüber denke. Die Tatsache, dass ich mir mittlerweile relativ klar darüber bin, wo diese Gefühle herkommen, wie sie entstanden sind und was sie wohl bedeuten, ist ihm nicht bekannt. Ich finde, ich müsste ihn daran teilhaben lassen, damit er weiß, auf welcher Ebene ich mich bewege und auf welcher er sich zwangsläufig auch bewegen kann.
JA!!!

Du schreibst das ja sehr klar und es scheint dir auch im Kopf bewußt, dass ohne diese Information, du nicht wirklich weiterkommst

Weil das so ist, wiederhole ich meine Vermutung mal: er will dich nicht bedrängen, dir nich zu nahe treten, wartet, bis du bereit bist.

Du schreibst, du hast Angst, dich damit lächerlich zu machen. Vielleicht erspürt er das, aus seiner Kompetenz, Ausbildung, Erfahrung und wird nicht von sich aus damit beginnen, damit dieses Gefühl sich bei dir nicht bestärkt.
So nach dem Motto :"ach du sch*** jetzt spricht er da auch noch an"

Er kann nicht wissen, dass du längst zig Schritte weiter bist und dir darüber klarer wirst, warum du diese Übertragung fühlst.

Um es anzusprechen und vor allem, DIR zu zeigen, wieviel du schon geschafft hast in Gedanken damit zu (be) arbeiten, müsste er dir also eine Art 'Teppich' bereiten, auf dem du weicher vorwärts gehen kannst?
Woher soll er das wissen? Du verhältst dich wie ein Mensch, dem der Steinfußboden ja ganz gemütlich erscheint. Du ziehst dich zurück, du machst 'Pause' (offiziell) und er ist ja kein 'Teppichhändkler' der dir diesen ausrollt ohne dass du zeigst, du brauchst das.

Gut, die Theorie nutzt grad mal nichts, wie wäre es also mit etwas praktischem?
Kannst du dir vorstellen, ihm genau DAS zu sagen?
dass er meine Gefühle oder meine Offenheit nicht verwerflich, dass er sie nicht lächerlich findet. Bisher hat er es nicht geschafft, mir dieses Gefühl zu vermitteln und das hemmt mich sehr.
So ganz allgemein gehalten?

"Ich hab irgendwie immer angst, dass man mich lächerlich findet, wenn ich meine Angst zeige"

oder etwa

"Ich würde ja gern über manche Dinge sprechen können, aber ich schäme mich irgendwie"

Also mir hat das (keine Übertragung als Thema, aber ich konnte ein Thema nicht anschneide, weil ich Angst hatte, der glaubt mir gar nicht) sehr geholfen, mich vorzutasten.
Ich war, wie gesagt, nicht wirklich 'vergleichbar' auch immer wieder kurz vor knapp, abzubrechen, also wegzulaufen. Habe ich -zugegeben unter enormer Qualerei, Grübelei- nicht getan.

Wäre das also eine Option, so deine Scham zu thematisieren ohne jetzt gleich auf das Ü Thema einzusteigen?

Rosenrot

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AnnaBlume
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 09:35

Du schreibst, du hast Angst, dich damit lächerlich zu machen. Vielleicht erspürt er das, aus seiner Kompetenz, Ausbildung, Erfahrung und wird nicht von sich aus damit beginnen, damit dieses Gefühl sich bei dir nicht bestärkt.
So nach dem Motto :"ach du sch*** jetzt spricht er da auch noch an"
Hallo Rosenrot,

er weiß, dass genau das mein Problem ist.
Ich hab ihm schon oft erklärt, dass es einige Dinge gibt, die ich ihm einfach nicht sagen kann und er hat mich mehrfach gefragt, was denn meiner Meinung nach passieren würde, wenn ich mich öffnete. Er weiß, dass ich große Angst davor habe, mich "nackt" und bloßgestellt zu fühlen und hat einige Male betont, dass ich mir offensichtlich nicht vorstellen könne, dass es gut tue, dass es mich weiterbringen könne, wenn ich ein bisschen mehr von mir preisgeben würde. Deshalb weiß ich es einerseits natürlich zu schätzen, dass er mich nicht bedrängt und ständig wieder damit anfängt, andererseits würde ich so gerne darüber reden und ich habe das Gefühl, wenn überhaupt ich das irgendwann schaffen kann, dann nur, wenn er mich "draufhebt".
Um es anzusprechen und vor allem, DIR zu zeigen, wieviel du schon geschafft hast in Gedanken damit zu (be) arbeiten, müsste er dir also eine Art 'Teppich' bereiten, auf dem du weicher vorwärts gehen kannst?
Woher soll er das wissen? Du verhältst dich wie ein Mensch, dem der Steinfußboden ja ganz gemütlich erscheint. Du ziehst dich zurück, du machst 'Pause' (offiziell) und er ist ja kein 'Teppichhändkler' der dir diesen ausrollt ohne dass du zeigst, du brauchst das.
Das hast Du schön formuliert
Sicher verhalte ich mich so, als würde ich den harten Steinboden vorziehen, aber er weiß ganz genau, dass das nur Show ist - soweit kann er mich wohl einschätzen. Aber natürlich hast Du recht, meine Mitarbeit lässt zur Zeit zu wünschen übrig und ich kann nicht erwarten, dass er mir zum hundertsten Mal die Hand reicht, wenn ich sie immer wegstoße
Kannst du dir vorstellen, ihm genau DAS zu sagen?
So ganz allgemein gehalten?

"Ich hab irgendwie immer angst, dass man mich lächerlich findet, wenn ich meine Angst zeige"

oder etwa

"Ich würde ja gern über manche Dinge sprechen können, aber ich schäme mich irgendwie"
Wie gesagt habe ich das in der Richtung bereits getan. Was ich allerdings noch nicht über die Lippen gebracht habe, ist, dass mir diese Sicherheit seinerseits fehlt, dass meine Worte bei ihm auch gut aufgehoben sind, dass er sich insgeheim nicht doch vielleicht lustig macht, oder mich nicht ernst nimmt. Ich finde es aber sehr verletzend, das zu artikulieren und suche den Auslöser für diese Sorge eigentlich ausschließlich bei mir. Ich glaube nämlich nicht, dass er (objektiv betrachtet) auch nur im Geringsten etwas dafür tut, dass diese Angst bei mir existiert und ich möchte ihn nicht beleidigen, indem ich ihm sozusagen vorwerfe, nicht senibel genug zu sein. Meine Überzeugung, dass mir einfach niemand helfen kann, dass mich niemand verstehen kann, dass meine Probleme nicht wirklich ernst zu nehmen, steht zu stark im Vordergrund, sodass er wohl machen könnte was er will - es würde bei mir nicht ankommen.
Aber in diese Richtung muss ich mich unbedingt vortasten - sofern ich überhaupt noch mal zu ihm gehen sollte, ich bin mir dessen im Moment nicht mehr sicher.
Also mir hat das (keine Übertragung als Thema, aber ich konnte ein Thema nicht anschneide, weil ich Angst hatte, der glaubt mir gar nicht) sehr geholfen, mich vorzutasten.
Ich war, wie gesagt, nicht wirklich 'vergleichbar' auch immer wieder kurz vor knapp, abzubrechen, also wegzulaufen. Habe ich -zugegeben unter enormer Qualerei, Grübelei- nicht getan.
Ich finde es wirklich toll, dass Du es geschafft hast, nicht abzubrechen und Dich Deinem Problem anzunähern - hattest Du denn danach das uneingeschränkte Gefühl, dass er Dir glaubt und Du das Richtige getan hast? Oder hast Du es manchmal bereut?

A.


Gast
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 09:47

Hallo Anna Blume
Ich finde es aber sehr verletzend, das zu artikulieren und suche den Auslöser für diese Sorge eigentlich ausschließlich bei mir.
Verletzend? Wen? Dich?
ich kann nicht erwarten, dass er mir zum hundertsten Mal die Hand reicht, wenn ich sie immer wegstoße
DAS ist Aufgabe des T. Würde er das nicht können, wäre er kein T.

Fällt mir grad auf beim schreiben: sag bloß, du meinst mit verletzen den T.?



Rosenrot

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AnnaBlume
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 10:13

Fällt mir grad auf beim schreiben: sag bloß, du meinst mit verletzen den T.?
Ja, sicher. Er arbeitet für mich und ich gegen ihn - ich kann ihm nichts vorwerfen, was er nicht zu verantworten hat, das fänd ich in der Tat verletzend.

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Beitrag Fr., 04.02.2011, 11:30

Hi Anna Blume

ich steh auffer Leitung

Du meinst, du verletzt ihn?

Rosenrot

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jenny1977
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 15:04

...ja, ja. Mein Therapeutin vergibt mir jetzt die Termine auch 14-tägig. Es hängt auch mit der ganzen Übertragungsintensität zusammen und ich habe mich zu sehr an sie gewöhnt...
Es geht nicht nur Euch so
Es ist nicht leicht,
Glück in sich selbst zu finden,
aber unmöglich,
es anderswo zu finden.


Agnes Repplier

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AnnaBlume
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 17:11

ich steh auffer Leitung

Du meinst, du verletzt ihn?
Ich hätte Angst, das zu tun, wenn ich ihm meine Skepsis mitteilen würde, ja.

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carö
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 17:18

hallo anna,

du meinst, du musst ihn schützen ?
wäre das nicht ein verdrehter ansatz ?
also eine art aufgabenumkehrung ?
LG
carö
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Lockenkopf
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 19:03

carö hat geschrieben:
du meinst, du musst ihn schützen ?
wäre das nicht ein verdrehter ansatz ?
also eine art aufgabenumkehrung ?
Jepp, kenne das Gefühl zur genüge aus meiner Psychotherapie. Es zerstört die Therapie. Es entmündigt den Psychotherapeuten.

Wenn es nicht aufgelöst wird, ist jede wirkungvolle Arbeit in der Therapie unmöglich.

Nur wie löst man es auf? Woher kommt diese Gefühl?
Liebe Grüße
Lockenkopf


Gast
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 19:18

Hallo Anna Blume

du kannst ihn gar nicht verletzen, er ist dein Therapeut. Es handelt sich um eine asymetrische Geschäftsverbindung.

Würde er von was auch immer berührt, würde er es dich nie sehen, fühlen, spüren lassen DÜRFEN. Dafür gibts Supervision!

Vielleicht gibt es eine Möglichkeit diese Tatsache in deinen klugen Kopf einfließen zu lassen?
Du KANNST ihn nicht verletzen. Die die du verletzen könntest ist die kleine Anna Blümchen, die in dir ist.



Rosenrot

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carö
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 19:46

hallo lockenkopf,
Wenn es nicht aufgelöst wird, ist jede wirkungvolle Arbeit in der Therapie unmöglich.
so absolut würde ich das nicht formulieren.

ich kenne das auch sehr. kommt sicherlich (bei mir) ua auch durch die frühe rollenumkehr als kind in der "verantwortungspflicht" ggü dem wohl der mutter/eltern.

ja was hilft: vermutlich sich das immer wieder bewusst machen, dass man es macht.. warum man es macht, was es für auswirkungen haben kann (zB wie du schreibst, den therapeuten in die rollenumkehr drängen zu wollen, evtl auch aus dem gefühl heraus, sich selbst damit in "bekannteren gefielden" und damit auch sicherer zu fühlen... als beschützerin fühlt man sich uU auch nicht mehr so unaushaltbar bedürftig... naja und sicherlich vieles mehr...

ich würde es nicht als so absolut als das "aus" der therapeutischen arbeit ansehen, denn es liegt auch am therapeuten, ob er das mit sich machen lässt. idR wird er es doch erkennen und auch ansprechen ..und einen immer wieder damit konfrontierem so dass man anfängt irgendwann es selbst zu erkennen und bewusster gegenzusteuern, so dass es - hoffentlich - kein dauerzustand ist. wenn doch, dann wirds natürlich schwer - denk ich auch - ja ...

LG
carö
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Lisa Lyon
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Beitrag Fr., 04.02.2011, 23:18

Diese ganze Problematik erinnert mich an meine Flugangst:

Warum habe ich Flugangst?
Weil ich mich im Flugzeug hilflos ausgeliefert fühle und abhängig bin von anderen Menschen, nämlich diesen Piloten. Ich begebe mich damit in eine Situation, die ich nicht selber kontrollieren kann.
In meinem Größenwahn bin ich fest davon überzeugt, dass nur ich diese Maschine sicher fliegen kann, besser als die Jungs da vorne, die gar keine Ahnung haben.
(Tatsächlich habe ich nicht die geringste Vorstellung davon, wie man ein Flugzeug bedient, was mich aber von meinen Phantasien nicht abhält!)

Wenn ich in meiner Therapie an den Punkt komme, wo ich nicht mehr durchgeblicke, ist es auch sofort da: "ich weiß es besser und er behandelt mich nicht richtig".
Mit der Dauer der Therapie wächst aber mein Vertrauen und meine Geduld mit ihm. Aber vor allem meine Geduld mit mir selber, nicht gleich alles verstehen zu müssen und immer sofort Erklärungen und (Auf-)Lösungen parat zu haben.
Und ich schaffe es mehr und mehr, ihm die Kontrolle zu überlassen.

AnnaBlume, hast du Angst vorm Fliegen?

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AnnaBlume
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Beitrag Sa., 05.02.2011, 14:38

AnnaBlume, hast du Angst vorm Fliegen?
Hallo Lisalion,

Deine Beschreibung finde ich sehr treffend und - ja, ich habe panische Angst vor´m Fliegen und werde ganz sicher nie wieder in meinem Leben ein Flugzeug betreten.
Ich kann unmöglich die Kontrolle über mich aus der Hand geben, das bringt mich mehr an den Abgrund als die Erkenntnis, dass mich dieser Kontrollzwang ebenso irgendwann erdrücken wird.

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AnnaBlume
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Beitrag Sa., 05.02.2011, 14:40

carö hat geschrieben:hallo anna,

du meinst, du musst ihn schützen ?
wäre das nicht ein verdrehter ansatz ?
also eine art aufgabenumkehrung ?
LG
carö
Ja, wahrscheinlich. Das gibt mir wohl das Gefühl, auch irgendetwas für ihn tun zu können und die Einseitigkeit der Beziehung ein wenig zu verschleiern.

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AnnaBlume
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Beitrag Sa., 05.02.2011, 14:47

Rosenrot hat geschrieben:Hallo Anna Blume

du kannst ihn gar nicht verletzen, er ist dein Therapeut. Es handelt sich um eine asymetrische Geschäftsverbindung.

Würde er von was auch immer berührt, würde er es dich nie sehen, fühlen, spüren lassen DÜRFEN. Dafür gibts Supervision!

Vielleicht gibt es eine Möglichkeit diese Tatsache in deinen klugen Kopf einfließen zu lassen?
Du KANNST ihn nicht verletzen. Die die du verletzen könntest ist die kleine Anna Blümchen, die in dir ist.

Rosenrot
Ja Rosenrot, mein Kopf weiß das alles. Es ist ja auch eigentlich anmaßend von mir, mir einzubilden, ich hätte die Fähigkeit, ihn irgendwie zu belasten oder zu verletzen. Aber das ist wohl der große Wunsch dahinter, ihn über die Professionalität hinaus zu berühren. Und um diese asymmetrische Geschäftsverbindung zu verleugnen, fühle ich mich immer wieder gezwungen, auch etwas für ihn tun zu können - und da ich ihm ja bei seinen persönlichen Problemen nicht helfen kann, versuche ich ihn wenigstens zu schützen, indem ich ihm vieles nicht sage - und erkläre damit die gesamte Therapie für völlig sinnlos

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