Die spinnen doch, die Analytiker! Oder doch nicht?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

Gast
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male
Beiträge: 2049

Beitrag Sa., 01.05.2010, 17:57

Hallo metropolis,
metropolis hat geschrieben:Der Mensch ist vom Wesen her in einer Unmündigkeit gefangen, aus der es keinen Ausgang gibt.
Da sind wir schlicht verschiedener Meinung.
Ich habe zwar Kant angeführt. Aber ich gebe zu, im Großen und Ganzen ist auch meine Wenigkeit dieser Überzeugung.

Edit: Oh, vielleicht hat sich etwas überschnitten. Sah erst jetzt:
metropolis hat geschrieben:Aber gut, unter Unmündigkeit verstehen wir wahrscheinlich nicht dasselbe, Anastasius.
Das könnte sein. Nun ja, das zu klären führte sicher zu weit vom Thema ab.

Gruß
Anastasius

Werbung

Benutzeravatar

Eve...
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 12
Beiträge: 2989

Beitrag Sa., 01.05.2010, 20:14

metropolis hat geschrieben: von Eve: Heißt das, Du verteidigst sie jetzt? *g*

Ich? Ja, warum nicht? Ich mache schließlich eine Analyse und profitiere sehr davon. Der Threadtitel spiegelt auch nicht meine Meinung wieder, sondern bezieht sich eher darauf, was viele andere über die PA denken.
Oh, das hatte ich dann falsch verstanden.

Benutzeravatar

beanie
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 25
Beiträge: 61

Beitrag So., 02.05.2010, 08:07

hallo!
Ich denke auch, dass niemand sich so genau in das thema eingelesen hat, dass er beurteilen könnte, wie überholt manche Begriffe sind oder eben nicht sind.

Wie definiert man denn die "Analyse nach Freud"? Was ist damit gemeint?

Abgesehen davon ist ja heutzutage wirklich immer die "modernisierte Form" relevant.

Ich denke, Psychoanalyse ist aufwendig und kostenintensiv, aber ich denke es ist ein sehr, sehr guter Weg schwerwiegende Probleme zu bearbeiten.
Es ist nun Mal so, dass man eine schreckliche Lebensgeschichte, nicht in ein paar Sitzungen aufarbeiten kann. Das braucht Zeit.

Und ....
Offy hat geschrieben: Ich bin nämlich genau aus diesem Grund kein Freud-Freund (tolles Wort). Diese von ihm aufgestellte These, dass missbrauchte Kinder es genauso wollten bzw. sogar provoziert haben (sorry, den Wortlaut habe ich jetzt nicht mehr im Kopf), hat mir lediglich gezeigt, wie schräg das eigentlich ist, was im Kopf von diesem Mann vorgeht. Natürlich gibt es auch einige andere Dinge, die nicht weniger abartig sind. Jedenfalls ist grundsätzlich immer alles sexuell. Da kann ich absolut nicht mitgehen. Und hoffentlich will mir jetzt niemand erzählen, dass er all das gesagt hat, um zu provozieren oder ähnliches.
....ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Behauptung wirklich so gesagt wurde...ich vermute, dem liegt ein Missverstädnis zugrunde.

Jeder hat Vorlieben und manchen liegt einiges, was anderen gar nicht liegt. Es ist auch nicht bei jeder Störung sinnvoll eine PA zu machen.

Meine Analytikerin hat das Ziel, es mit mir gemeinsam zu schaffen, dass ich wieder selbstständig und frei entscheiden kann, wie ich mein Leben leben möchte. (ist vermutlich bei anderen Theras auch so).

@metropolis: war dein erster Beitrag so gemeint in diese Richtung?

LG

Benutzeravatar

mitsuko
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 30
Beiträge: 1532

Beitrag So., 02.05.2010, 08:51

Ich hatte es bisher immer so interpretiert, dass PA nach Freud ungefähr so zu verstehen ist wie wenn man sich als Biologe auf die Darwinsche Evolutionstheorie bezieht und natürlich nicht wirklich das überholte Original meint, sondern modifizierte Ansätze.
metropolis hat geschrieben:
Was genau ist an der PA überholt? Und warum gelten Analytiker als Spinner?
Warum formulierst du das denn so allgemein gehalten? Ich sehe nicht, dass Ps allgemein als überholt gilt.

Ich empfinde es so, dass die PA das Potential einer unschätzbaren Bereicherung hat. Entgegen anderer Ansätze bietet sie nicht die schnelle Problemlösung, ist deswegen natürlich in gewissen Fällen eher nicht anzuraten, in anderen hingegen schon. Die schnelle Problemlösung hat meine Probleme nie beseitigt. Für mich ist die PA Möglichkeit mich selbst kennenzulernen, was die meisten Leute lieber vermeiden. Denn es beinhaltet eben auch sich teils ganz massiv infrage zu stellen, auch in die eigenen Abgründe zu blicken. Dass das nicht für jeden was ist, liegt auf der Hand.

Werbung

Benutzeravatar

Gast
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male
Beiträge: 2049

Beitrag So., 02.05.2010, 09:03

Hallo beanie,
Offy hat geschrieben: Diese von ihm aufgestellte These, dass missbrauchte Kinder es genauso wollten bzw. sogar provoziert haben
beanie hat geschrieben:....ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Behauptung wirklich so gesagt wurde...ich vermute, dem liegt ein Missverstädnis zugrunde.
Nach Freud ist die Libido von Kindern (i. d. Hauptsache) auf den gegengeschlechtlichen Elternteil gerichtet. Auch mit "Angeboten". Insofern "wollen" bzw. provozieren.

Selbst wenn man dies teilte, woraus nicht zu schließen ist, es sei kein Missbrauch, bzw. die Kinder seien selbst schuld.

Gruß
Anastasius

Benutzeravatar

beanie
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 25
Beiträge: 61

Beitrag So., 02.05.2010, 09:18

schnelle Problemlösung....eine wirkliche Problemlösung ist das dann nicht, denke ich. Mit einer Verhaltenstherapie kannst du ziemlich schnelle eine Symptomreduktion herbeiführen und nach kurzer Zeit sogar ganz symptomfrei sein. Die Frage ist nur, wie lange das anhält. In den meisten Fällen kommt es schon bald zu Rückfällen oder das eigentliche (noch immer unbeareitete Problem) verschafft sich auf anderem Wege "Gehör" und tritt in Form einer Symptomverschiebung erneut zu Tage; eben in Form eines anderen, neuen Symptoms.

Ist irgendwie auch logisch, denn das Grundproblem besteht ja nach wie vor.

@ Anastasius:
Selbst wenn man dies teilte, woraus nicht zu schließen ist, es sei kein Missbrauch, bzw. die Kinder seien selbst schuld.
bitte verzeih, aber ich verstehe nun deinen Standpunkt nicht ganz und wäre sehr froh über eine neuerliche, deutlichere Erklärung.

Danke im Voraus!

Benutzeravatar

Gast
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male
Beiträge: 2049

Beitrag So., 02.05.2010, 09:47

Hallo beanie,

ich wollte damit sagen: Selbst wenn (!) man Freuds Auffassung teilte, dass Kinder intensive erotische Wünsche auf die Eltern richten, wäre es dennoch Missbrauch, "darauf einzugehen" Die Erwachsenen sind allein verantwortlich und können nichts den Kindern in die Schuhe schieben nach dem Motto: Die wollten es ja auch.

Gruß
Anastasius

Benutzeravatar

mitsuko
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 30
Beiträge: 1532

Beitrag So., 02.05.2010, 09:50

beanie hat geschrieben:schnelle Problemlösung....eine wirkliche Problemlösung ist das dann nicht, denke ich. Mit einer Verhaltenstherapie kannst du ziemlich schnelle eine Symptomreduktion herbeiführen und nach kurzer Zeit sogar ganz symptomfrei sein. Die Frage ist nur, wie lange das anhält. In den meisten Fällen kommt es schon bald zu Rückfällen oder das eigentliche (noch immer unbeareitete Problem) verschafft sich auf anderem Wege "Gehör" und tritt in Form einer Symptomverschiebung erneut zu Tage; eben in Form eines anderen, neuen Symptoms.

Ist irgendwie auch logisch, denn das Grundproblem besteht ja nach wie vor
Hallo beanie,
ja, wobei ich merke gerade, dass das Wort Problemlösung vielleicht ohnehin nicht ganz stimmig ist. Ich habe in der Verhaltenstherapie viele Strategien gelernt, wie ich mit bestimmten Situationen anders umgehen kann als zuvor und auch in gewissen Maßen wie ich eine andere Sichtweise an den Tag legen kann. Das war ganz hilfreich und wichtig für mich, kam eben nur irgendwann an seine Grenzen. Eine Problemlösung in dem Sinne ist das natürlich nicht, aber auch die PA "löst" ja nicht direkt Probleme. Sie deckt sie eben eher auf und befähigt dadurch dann vielleicht sich auf die Suche nach der eigenen Lösung oder auch Alternativen zu begeben.
LG
mitsuko

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
metropolis
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 36
Beiträge: 1969

Beitrag So., 02.05.2010, 10:14

beanie hat geschrieben: Ich denke auch, dass niemand sich so genau in das thema eingelesen hat, dass er beurteilen könnte, wie überholt manche Begriffe sind oder eben nicht sind.

Wie definiert man denn die "Analyse nach Freud"? Was ist damit gemeint?
Ob streng nach Freud oder modifiziert, ich dachte, wir diskutieren mal über heutige Behandlungstechniken, die für die Psychoanalyse spezifisch sind. Also, liegen auf der Couch, Schweigen des Analytikers, Förderung der Regression, wiederholen, reinszenieren, durcharbeiten. Sucht euch was aus. Diese Techniken sind doch durchaus umstritten und werden als Ursache für Therapieschäden gesehen.


@metropolis: war dein erster Beitrag so gemeint in diese Richtung?
Welche Richtung genau?
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
metropolis
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 36
Beiträge: 1969

Beitrag So., 02.05.2010, 10:22

mitsuko hat geschrieben:
Warum formulierst du das denn so allgemein gehalten? Ich sehe nicht, dass Ps allgemein als überholt gilt.
Es steht doch zur Debatte, ob Psychoanalyse überhaupt noch als kassenfinanzierte Behandlungsleistung angeboten werden soll. Einerseits aus Kostengründen, andererseits weil sich die Wirksamkeit der PA nicht wissenschaftlich beweisen lässt. PA gilt als kostenintensiv und unwissenschaftlich, Behandlungserfolge werden in Frage gestellt, weil man Behandlungserfolg unterschiedlich definieren kann.
Für mich ist die PA Möglichkeit mich selbst kennenzulernen, was die meisten Leute lieber vermeiden. Denn es beinhaltet eben auch sich teils ganz massiv infrage zu stellen, auch in die eigenen Abgründe zu blicken. Dass das nicht für jeden was ist, liegt auf der Hand.
Das hört sich doch zurecht wie eine Selbstfindungstherapie an. Welche KK will dafür schon bezahlen?
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

Benutzeravatar

candle
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 42
Beiträge: 6137

Beitrag So., 02.05.2010, 10:32

Immerhin ist es in Deutschland eine anerkannte Methode, die von den Krankenkassen gezahlt wird. Das sagt doch was aus? Ich habe bisher auch noch nichts gegenteiliges gehört, dass diese Methode in Zweifel gezogen wird und abgeschafft werden soll.

Freud findet natürlich in diesem Zusammenhang immer wieder Ansprache, die Grundsätze mögen auch noch stimmen, aber ich weiß auch, dass Therapiemethoden immer wieder neuen Erkenntnissen angepaßt werden.

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
metropolis
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 36
Beiträge: 1969

Beitrag So., 02.05.2010, 10:52

mitsuko hat geschrieben: ja, wobei ich merke gerade, dass das Wort Problemlösung vielleicht ohnehin nicht ganz stimmig ist.
Zumindest wird in der VT auf eine Problemlösung hingearbeit. In der PA habe ich nicht das Gefühl, dass es darum geht Probleme zu lösen. Da mutet es fast parodistisch an, wenn man nach 4 Jahren Analyse gefragt wird, welche Veränderungen sich durch die Therapie eingestellt haben. Schließlich müsste man doch nun ein komplett veränderter, symptomfreier Mensch sein. Wozu sonst die viele Zeit und das ganze Geld. Und man erkennt, so viel hat sich oberflächlich gar nicht verändert. Seine Macken und seine Ängste, also seine Symptome hat man immer noch.

Aber tief in einem drin, da hat sich etwas verändert, etwas, das die Anderen nicht sehen können: die Selbstwahrnehmung und das Bild von den Mitmenschen. Die Anderen sehen jedoch nur, ich habe weiterhin meinen Zwang, ich bin weiterhin schüchtern und unsicher, ich bin weiterhin Einzelgänger. Was für eine Zeitverschwendung!

Von wegen. Ich weiß mittlerweile sehr genau, was ich brauche, damit es mir gutgeht, ich weiß welche bewussten und unbewussten Wünsche mich begleiten, und ich weiß und akzeptiere, warum ich so handle wie ich handle. MIR ist das sehr viel wert. Naja, das ist ja die Hauptsache. Noch schöner wäre es, wenn die Anderen es auch sehen könnten.

Vielleicht nehmen sie ja was wahr, das sie auch nicht in Worte fassen können. Wer weiß.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

Benutzeravatar

hippogriff
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 41
Beiträge: 245

Beitrag So., 02.05.2010, 11:09

Ich frage mich, ob alle, die die als zu gering empfundene Problemlösungsorientierung der Psychoanalyse, sich an den Grundsatz halten, Probleme, die man mit der Therapie/Analyse hat, auch in der Therapie/Analyse zu besprechen. (Ein Grundsatz, den ich auch allgemein für gut finde, dass man mit demjenigen, mit dem man Probleme hat, sie auch bespricht.)

Ich empfinde da ehrlich gesagt schon einen Widerspruch, wenn sehr viel Energie zum Nach- und Vorbereiten von Therapiestunden in ein Internetforum gesteckt wird, obwohl es ja eigentlich Bestandteil des analytischen Settings ist, Probleme zuallerst und hauptsächlich in der Therapie/Analyse zu besprechen.

Just my two cents

Benutzeravatar

candle
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 42
Beiträge: 6137

Beitrag So., 02.05.2010, 11:12

hippogriff hat geschrieben: Ich empfinde da ehrlich gesagt schon einen Widerspruch, wenn sehr viel Energie zum Nach- und Vorbereiten von Therapiestunden in ein Internetforum gesteckt wird, obwohl es ja eigentlich Bestandteil des analytischen Settings ist, Probleme zuallerst und hauptsächlich in der Therapie/Analyse zu besprechen.
Ja, stimmt.

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
metropolis
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 36
Beiträge: 1969

Beitrag So., 02.05.2010, 11:14

hippogriff hat geschrieben:
Ich empfinde da ehrlich gesagt schon einen Widerspruch, wenn sehr viel Energie zum Nach- und Vorbereiten von Therapiestunden in ein Internetforum gesteckt wird, obwohl es ja eigentlich Bestandteil des analytischen Settings ist, Probleme zuallerst und hauptsächlich in der Therapie/Analyse zu besprechen.
Tja, drei Stunden pro Woche hören sich mehr an als sie sind. Wenn ich alles, was ich hier schreibe auch genauso ausführlich in der Therapie ansprechen würde, bräuchte ich mind. 5-6 Stunden pro Woche.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag