Suizidart - gibt es moralische Unterschiede?

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hungryheart
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Beitrag Mo., 16.11.2009, 10:49

Eremit hat geschrieben: Wie schon geschrieben, Schuldgefühle sind kein Ersatz für echte Lebensfreude.

"Für andere"am Leben zu bleiben muss man ja nicht unbedingt im Sinne von "das ist ein am Leben bleiben aus schlechtem Gewissen, das ist kein Ersatz für Lebensfreude" negativ bewerten.

Kinder, oder überhaupt Menschen zu haben, die einen lieben und die einen schmerzlich vermissen würden kann ja auch sinngebend sein und so sekundär auch so etwas wie Lebensfreude verursachen, oder?


Wie so vieles ist auch das eine Frage der Bewertung.
Beide Bewertungen sind möglich und wir entscheiden uns für eine von beiden.
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Schneekugel
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Beitrag Mo., 16.11.2009, 11:46

Das Problem ist, dass du bei der echten Depression nicht in der Lage bist diese Lebensfreude wahrzunehmen. Von daher werden Menschen die man liebt eigentlich nur zur Belastung, da man selbst täglich mitansehen musst wie man diese aufgrund der Krankheit enttäuscht und mit runterzieht, eine Art täglicher Versagens-Indikator. Womit man dann noch was hat, um sich selbst wiederum weiter fertigzumachen.

Nebenbei ist es ja auch eine Frage was für eine Art von Selbstmord er gemacht hat: Da gibts mal den Trotz-"Selbstmord" den man meist in der Teeniephase hat, zu 98% überlebt und natürlich möglichst auffällig macht um danach Mitleid oder Aufmerksamkeit zu erhalten/erpressen.

Den ruhigen geplanten Selbstmord wo du dir Gedanken drüber machst wie du sicher gehen kannst, dass dich niemand so schnell findet um ja nicht zu überleben, aber dennoch irgendwie arrangiert werden muss, das jemand dann doch innerhalb der nächsten 2 Tage da sein sollte um sich der Katzen anzunehmen , natürlich ohne das derjenige den Schock seines Lebens kriegt. Sprich wo man nüchtern überlegen kann und natürlich auch die Gefühle der Mitmenschen ihren Platz haben.

Genauso kannst du durch plötzliche, äussere Stresseinwirkung (oder etwas das man halt aufgrund der Krankheit so empfindet) einen Sekundenkurzschluss haben, bei dem in diesem Moment einfach absolut nichts existiert als ein riesiger Berg niemals endender, niemals zu bewältigender Probleme und der gerade auf dem Bahnsteig einfahrende Zug bzw. der entgegenkommende LKW der in dieser einen Sekunde, in der nichts anderes existiert die Lösung aller Probleme bedeutet.

Und das sind mal nur die 3 Arten die ich kenne, also derselbe Mensch. Wenn ich den ruhigen Gedanken nachgegangen wäre, wäre ich für die Nachwelt jetzt also eine soziale mitfühlende Person und wenn der "Ich mag nicht mehr" Impuls sich mal eine Sekunde durchgesetzt hätte nur dadurch eindeutig ein Monstrum? - Schmecks...ich bin immer die gleiche.

Nebenbei würde man sich ja generell nicht umbringen, würde man in dem Moment nicht an veränderter Wahrnehmung leiden, von daher ist es recht unnötig darüber zu philosophieren warum sich der gute Mann nicht "wie ein normaler Mensch umbringen kann".


Eremit
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Beitrag Mo., 16.11.2009, 14:50

hungryheart hat geschrieben:Kinder, oder überhaupt Menschen zu haben, die einen lieben und die einen schmerzlich vermissen würden kann ja auch sinngebend sein und so sekundär auch so etwas wie Lebensfreude verursachen, oder?
Mir ging es um die prinzipielle Lebensfreude, ich wollte damit weniger darauf abzielen, sich in diesem Maße an bestimmte Menschen zu binden, denn, was passiert, wenn diesen Menschen, sprich, dem personifiziertem Lebenssinn, etwas zustoßen sollte? Mir ist die grunsätzliche Fähigkeit, Lebensfreude zu entwickeln und zu leben, sehr wichtig, welche eine gwisse Flexibilität beinhalten sollte, eine Kreativität, sich das Leben schön zu machen, selbst in Anbetracht furchtbarer Lebensumstände. Metaphorisch quasi eine "Sturheit", ein freudiges "Sich-im-Leben-verbeißen", die Fähigkeit, das Beste draus zu machen, sofern möglich.

Und wie Schneekugel schon geschrieben hat, es kommt eben auch auf psychische Probleme wie Depressionen an bzw. auf eine Vielzahl an Faktoren. Psychische Probleme sind nur ein Teilbereich.

Aber das mit der veränderten Wahrnehmung möchte ich nicht so stehen lassen. Heißt noch lange nicht, daß man psychische Probleme haben muß, um diesen Schritt zu tätigen. Man denke nur an rituellen Selbstmord wie z.B. Seppuku, das Sterben für ein höheres Ziel. Kommt auch wieder auf den kulturellen Hintergrund an, wohlgemerkt...

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MrN
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Beitrag Mi., 18.11.2009, 00:16

MrN hat geschrieben:
comus hat geschrieben:dass einem Suizidimpuls eine narzisstische Kränkung vorausging
Oh ha - das macht für mich Sinn.
Das hier nur noch mal als Klarstellung. Das "immer" in dem Text davor fand ich auch nicht ganz zutreffend, deshalb meine Rückfrage. Nach meinem Empfinden führt die Depression zu einem generellen Abstumpfen der Impulse, zu einer latenten Todessehnsucht, einem Nicht-mehr-weiter-machen-wollen. Das kann ich ganz gut akzeptieren, ohne deshalb gleich aktiv werden zu müssen. Das funktioniert bei mir aber nicht mehr richtig, wenn dann ein emotionaler Impuls entsteht, der mich fühlen läßt, das Beste für alle wäre, wenn es mich nicht gäbe. Und da ist die Frage des Abganges für mich dann plötzlich akut, weil das plötzlich einen Sinn macht, nicht mehr da zu sein, die eigene Existenz zu zerstören.

@Schneekugel
Das mit dem LKW habe ich vielleicht im letzten Jahr erlebt. Da sollte ich zur Beruhigung Tavor nehmen - nur bei Bedarf, hieß es. Also habe ich mal so ein Ding geschluckt, um es auszutesten. Nach ca. 2 Std. war mir dann alles egal, und ich hatte das dringende Bedürfnis mich irgendwo zu verkriechen. Auf dem Weg nach Hause mußte ich dann an einer Ampel warten. Aus irgendeinem Grunde hatte ich das dringende Bedürfnis, vorn an der Bordsteinkante zu balancieren. Tja, und da kam dann dieser Laster, der anscheinend das dringende Bedürfnis gehabt hat, an eben dieser Bordsteinkante entlang zu fahren. Einen Moment hatte ich da weiche Knie und den Gedanken (Wunsch?), es einfach zuzulassen. Ich wich dann aber zurück, wobei mich der Sog fast doch noch unter die Räder gezogen hat...

Erst hinterher habe ich mich gefragt, was das wohl war. Da kam mir in den Kopf, daß vor ein paar Jahren einmal ein Kollege die Sache mit dem Zug überlebt hat. Angeblich, wei er in Gedanken war, als er die Gleise unbefugt überquert hat. Er hat dabei einige Körperteile verloren und ist zum größten Teil gelähmt. Aber das für mich schockierendste daran war - seine Depression war danach erst einmal wie weggeblasen.

@Rilke
Bevor ich verheiratet war, da wollte ich auch irgendwann mal auf den Berg. Für mich war das dann aber eher so etwas wie eine Prüfung. Schaffe ich den Weg zurück, dann war es noch nicht meine Zeit. Aber falls ich dann dort bliebe, dann sollte mich auch niemand mehr finden...
Aber jetzt mal - ganz absurd - hab ich mir gedacht, wie das wohl wäre, wenn ich da oben ankäme, und Du wärst schon da, eine Seelenverwandte also. Ich denke, dann wäre ich wohl völlig aus dem Häuschen... Tut mir leid, aber das stelle ich mir einfach zu komisch vor...

@Eremit
Bei der Fragestellung habe ich übrigens auch zuerst einmal an Seppuko gedacht. Vor ein paar Jahren habe ich darüber mal in einem Buch etwas gelesen, was mich sehr beeindruckt hat.

Oh je, ich versuche ja gerade, wieder einen vernünftigen Tagesrhythmus zu bekommen. Dann also vielleicht später noch ein paar Gedanken mehr dazu.
MrN

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Eremit
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Beitrag Mi., 18.11.2009, 08:52

Es gibt da einen faszinierenden Punkt, welchen ich gerne einwerfen würde:

Was ist, wenn all diese Selbstmord-Bewegungen Teil des morphogenetischen Feldes sind?

Quasi eine Gegenregulation. Zu viele Menschen, zu viele "fehlerhafte" Menschen (in Anbetracht, daß ja die natürliche Selektion durch die morderne Medizin und andere Faktoren ziemlich ausgehebelt werden). Trotz Krieg, Wirtschaftskrisen, Seuchen, Naturkatastrophen steigt die Population an. Sollte da ein verstecktes "Programm" ablaufen, wohin wird das noch führen? Wie groß wird dieses Problem noch werden? Vielleicht ist also der Suizid nicht ganz so sinnlos oder nachteilig, wie weitläufig angenommen. Jeder Mensch, der geht, macht Platz für einen anderen Menschen.

Nur so ein Gedanke.

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Hamna
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Beitrag Mi., 18.11.2009, 12:24

Aber jetzt mal - ganz absurd - hab ich mir gedacht, wie das wohl wäre, wenn ich da oben ankäme, und Du wärst schon da, eine Seelenverwandte also. Ich denke, dann wäre ich wohl völlig aus dem Häuschen... Tut mir leid, aber das stelle ich mir einfach zu komisch vor...


Naja, kommt drauf an... hab ich Wein und Tabletten schon verzehrt? Wenn nicht, biete ich dir entweder von beidem was an, oder wir machen uns gemeinsam auf den Weg nach unten

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MrN
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 13:25

Ah, aus dem "Hochprozentigen" ist Wein geworden!?
Da bringst Du mich jetzt aber wirklich durcheinander...

Also mit Wein, einer netten Bekanntschaft und der Aussicht auf einen gemeinsamen Weg, könnten wir die Schlaftabletten ja dann auch lassen, finde ich.

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Moni.
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 16:04

Aktuell: http://www.topnews.de/robert-enke-selbs ... ert-380142

Die Schweigepflichtsverletzung von Robert Enkes Therapeuten und das Spiegel-Interview mit dem Vater wirft auch eine Menge ethischer Fragen auf...

Moni

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Dornröschen Dorn
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 18:55

Hi!

Was ich eine gute Beschreibung in Enke´s Fall fand, war auch das mit dem Trichter.. Alles in der Wahrnehmung wird immer enger und enger nach unten hin und irgendwann sieht man nur noch das Eine..

Ab wann ist es denn schon ein Versuch eigentlich? Ich nenne meist die als Versuche, wo ich knapp davor war es zu tun also wo es ganz akut kurz davor war, obwohl ich es dann ja nicht tat. Ab wann nennt ihr es den Versuch?

Überall in meinem Zimmer sind Abschiedsbriefe. Schon kurios irgendwie.. Naja, nun sammelte ich sie förmlich in einem Rucksack im Schrank.. Es sind sehr viele. Auch mit Passwörtern und Beisetzungswünschen und sonstwas.. Manchmal lese ich sie. Aber nur wenn ich schon wieder am Rand stehe.. Sonst kann man die ja echt nicht lesen.. Ich hab schon mal welche komplett ohne nochmal zu lesen weggeworfen gehabt.. Dann bereute ich es spätestens beim nächsten Planen, dass sie weg sind. Ganz bekloppt igendwie.

Gerade heute hatte ich mal diesen spontanen Todeswunsch. Ich finde den erschreckend, weil er dann einen im Verstand kurzzeitig lahm legt. Ich stand an einer Tür und dachte mir: Na, jetzt tun? Das wär doch schön. Und stand da für paar Sekunden.. Bis ich mich irgendwie zwang wieder normal zu denken nach dem Motto: Nicht jetzt. Bestimmt geht´s dann noch schief oder so. Wenn ich mich an diese Sekunden ohne Verstand zurück erinnere, finde ich sie sogar noch schön.. Weil da in dem Moment endlich so etwas friedliches (oder wie auch immer man das nennen kann. Klingt ja sowieso irre..) in mir war.. Kein Schmerz mehr.. Auch bei dem einen (wirklich kleinen in eine Böschung oder wie man das nennt..) Sprung (Versuch) war in dem kleinen Sekundenflug alles in mir positiv.. Das soll jetzt bitte nicht verleiten! Ich will es nur beschreiben.. Die Landung fiel dann im Motto aus: Was ist jetzt passiert? Und: Oh nein, eigentlich wollte ich doch sterben. Mir ist rein garnichts passiert. Nur Brennessel durch die ich musste und die piecksten bis ich mir sagte: Mannn, du ritzt dich absichtlich und nun schreist du hier auf wegen den blöden (auch noch gesunden) Brennesseln. Oben standen Menschen.. Ich ging hinunter und war am Strand. Da stand ich schon wieder ne Weile. Starrte auf´s Meer und dachte mir: Warum kann ich nciht jetzt sterben. Alles war ganz ruhig und in mir wieder friedvoll (warum immer so komsich friedvoll? ). Bis ich dachte: Ab ins Wasser. irgendwas muss doch mal funktionieren. Und als es eher flacher als tiefer im wasser wurde (Sandbank) da musste ich ja fast schon lachen kurzzeitig weil ich dachte: Alle Versuche für den a****. Dann gibt´s noch die absolut durchgeplanten. Wenn ich daran noch zurück denke ist mir das echt endlos peinlich.. Ich bin mal durch alle Geschäfte im ort gewandert um ein Seil zu besorgen doch niemand hatte eins.. Wie peinlich.. Dann malte ich mir den Wald aus. War auch dort und spielte alles genau durch.

Naja, ich hab schon kurioses hinter mir. Auch am Handgelenk zwei bis drei Mal. davon war nur der Eine total ernst und sehr ti** aber nicht getroffen. Wobei ich dann aber es nicht mehr wollte und mir schwor mein Leben zu ändern. Wie bekloppt das alles sich anhört. Nun wollte ich es fast wieder löschen weil es ja sowieso keinen Sinn hat das hier aufzuschreiben.. Aber ich traue mich mal, und lasse es hier einfach stehen.. (warum auch immer ).

Übrigens bei mir wechselt das im Stundentakt mit Rache-Sui. (also das mich andere auffinden) und keiner was mitbekommt.. Aber liegt wohl auch daran, dass letzteres etwas weiter weg ist.

Was mich letztens noch beschäftigte: Ich las irgendwo hier im Forum (oder war es bei Domian? Keine Ahnung mehr) das jemand bis nach Afrika oder so fuhr und sich dort eine Waffe schon besorgt hatte und alles, und sich dann doch umentschloss und wieder nach DE zurück kam. Wahnsinn ist das doch so weit zu fliegen nur um seinen Tod irgendwie fern ab von Familie zu machen..

Und seltsam find eich auch, dass man sich sooo viele Gedanken über die Schöhnheit der eigenen Leiche macht! Ich übrigens auch..

Und: Was haltet ihr von diesem Spruch: "Wer Suizid machen will, der redet nicht viel, sondern tut es auch." Ich finde diesen Satz echt ungut, weil er meist von Menschen kommt, die die Hilferufe nicht hören wollen. Und aber da teilt sich auch wieder meine Meinung, da sie vlt damit auch überfordert sind und mit der Situation nicht umzugehen wissen und in ihrem Leben nicht gestört werden wollen und es damit entschuldigen für sich, dass es ja nicht ernst zu nehmen ist. Auf der einen Seite verständlich aber irgendwie doch leichtsinnig oder wie seht ihr das??

LG
Erfahrungen sind die Schlüssel zu noch mehr Glück und Vollkommenheit, für alle Schlösser, die das Leben mir noch bringen wird..



Lieben Gruss und bis bald!

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Messina
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 21:12

Dornröschen Dorn hat geschrieben:....Und: Was haltet ihr von diesem Spruch: "Wer Suizid machen will, der redet nicht viel, sondern tut es auch." Ich finde diesen Satz echt ungut, weil er meist von Menschen kommt, die die Hilferufe nicht hören wollen. Und aber da teilt sich auch wieder meine Meinung, da sie vlt damit auch überfordert sind und mit der Situation nicht umzugehen wissen und in ihrem Leben nicht gestört werden wollen und es damit entschuldigen für sich, dass es ja nicht ernst zu nehmen ist. Auf der einen Seite verständlich aber irgendwie doch leichtsinnig oder wie seht ihr das??

LG
Hallöchen Dornröschen!

Erstmal vielen Dank für Deinen Beitrag!
Ich fand ihn wunderschön

Was den Absatz oben betrifft, so muss man wohl differenzieren, denke ich.
Von meiner Grundeinstellung denke ich ebenso, denn ich handel momentan dementsprechend.
Zumindest in meinem realem Umfeld. Ich würde keinem meiner nahe stehenden Leute oder meinem Thera was von meinen Gedanken, was Suizid betrifft sagen. Aber ich gebe zu, dass ich oft drüber nachdenken, es zu wagen.

In meinem bisherigem Leben hab ich einige kennen gelernt, die immer davon sprachen, aber im Grunde Ihres Herzen doch eher am Leben hingen und jemanden brauchten, der da ist. War man da, war die Todessehnsucht fort.
Ich würde es nicht feige oder so nennen, denn ich glaube, dass Nähe in so einem Moment wirklich ablenken kann.

Was ich gar nicht leiden kann oder womit ich nicht umgehen kann, ist wenn mir jemand sagt, er will sich umbringen, um Mitleid zu bekommen. Dafür ist das Thema zu wichtig, um sich damit etwas zu erzwingen.

Liebe Grüße
me
Manchmal muss man einem Menschen den man liebt loslassen, damit er glücklich sein kann auch wenn man selbst daran zerbricht.

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Xanny
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Beitrag Di., 24.11.2009, 08:01

Hallo Dornröschen,

Du meinst diesen Blog: viewtopic.php?f=12&t=11612

Ja, das fand ich auch echt krass.

Du hast so einen schönen Beitrag geschrieben, der mir total aus der Seele spricht. Ich hätte nicht so gute Worte dafür gefunden.
Dornröschen Dorn hat geschrieben:Alles in der Wahrnehmung wird immer enger und enger nach unten hin und irgendwann sieht man nur noch das Eine..
Genau das ist es, was mir große Angst macht. Man sieht nur noch das Eine vor Augen. Rechts und Links gibt es nichts mehr, da ist alles dunkel. Und das Licht liegt verlockend vor einem. So geht es mir auch. Ich brauche dann hin und wieder mal ein paar schöne Momente, dann öffnet sich auch der Trichter ein wenig...
Dornröschen Dorn hat geschrieben:Gerade heute hatte ich mal diesen spontanen Todeswunsch. Ich finde den erschreckend, weil er dann einen im Verstand kurzzeitig lahm legt.
Es gibt bei mir auch viele Momente, wo es mir so geht. Ich sitze als Beifahrer im Auto, vor mir ein LKW und ich denke: jetzt Vollgas und alles ist gut. Ich wohne in Friedhofsnähe und höre oft die Glocken, wenn jemand beigesetzt wird. Dann würde ich mich am liebsten heimlich hinschleichen, mich ins ausgehobene Grab legen...schon erschreckend, was der Kopf da so treibt.
Dornröschen Dorn hat geschrieben:Wer Suizid machen will, der redet nicht viel, sondern tut es auch." Ich finde diesen Satz echt ungut, weil er meist von Menschen kommt, die die Hilferufe nicht hören wollen.
Ich halte von diesem Satz gar nichts. Man liest auch immer wieder, das das so nicht stimmt. Wer mit jemandem darüber reden kann, der hat Glück. Ich habe auch Menschen, mit denen ich über diese Todessehnsucht sprechen kann und das ist mir wichtig, weil ich diese schweren Gedanken teilen kann. Ich bin mir aber auch sicher, ich würde, wenn ich richtig am Abgrund stehen würde, niemanden mehr zur Hilfe holen. Aber in so akuten Phasen darüber sprechen und sich auch die andere Sichtweise anhören, das brauche ich.
Hatte letzte Sitzung sehr detailliert mit meinem Therapeuten alle Szenarien durchgesprochen. Er hat mich da sehr ernst genommen und mir zugehört. Das war richtig wohltuend.

Dennoch kann ich nur hoffen, dass wir alle stark bleiben und uns nicht von den Gedanken besiegen lassen.
*Ein Freund ist jemand, der Deine Vergangenheit versteht, an Deine Zukunft glaubt und Dich so akzeptiert, wie Du bist*

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Dornröschen Dorn
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Beitrag Di., 24.11.2009, 15:37

Ich lese später hier noch die Antworten von euch ganz.. Aber das hier:
Messina hat geschrieben:Erstmal vielen Dank für Deinen Beitrag!
Ich fand ihn wunderschön
Und:
Xanny hat geschrieben:Du hast so einen schönen Beitrag geschrieben, der mir total aus der Seele spricht. Ich hätte nicht so gute Worte dafür gefunden.
finde ich ja lieb von euch!

Danke dafür!

Grüßchen..
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Messina
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Beitrag Di., 24.11.2009, 16:22

@Dornröschen: sehr sehr gerne
Manchmal muss man einem Menschen den man liebt loslassen, damit er glücklich sein kann auch wenn man selbst daran zerbricht.

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MrN
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Beitrag Di., 24.11.2009, 17:52

@Eremit
Da hast Du ja ein "Schicksals-Szenario" gegen meine Freitod-These entworfen.
Interessanter Gedanke, aber er greift m.E. zu kurz. Das wäre schon noch eine Diskussion wert...

@Dornröschen
Wenn Deine Abschiedsbriefe mit derselben poetischen Feder geschrieben wurden wie Dein Beitrag, dann würd ich sie alle gern mal lesen.
Dornröschen Dorn hat geschrieben:Was haltet ihr von diesem Spruch: "Wer Suizid machen will, der redet nicht viel, sondern tut es auch."
Unverständnis bzw. Ignoranz, d.h. also nicht-verstehen-wollen.

Vor gut drei Jahren ist in unserer Firma eine Frau vom Dach gesprungen. Da war helle Aufregung und zur Beruhigung der Belegschaft wurde eine psychologische Informationsveranstaltung gemacht. Allgemein bekannt war, daß wegen Umstrukturierungsmaßnahmen der Kollegin vorher eine Tätigkeit angeboten worden war, welche sie partout nicht machen wollte. Es gab etliche Kollegen (auch mich), welche die Frage Neuordnung und Controlling in diesem Zusammenhang diskutieren wollten. Die Geschäftsleitung und die Betriebspsychologin standen aber fest auf dem Standpunkt, jener Selbstmord hätte mit dem Betriebsklima rein gar nichts zu tun - es seien persönliche Probleme mit im Spiel gewesen - und haben jede Diskussion abgewürgt. Ihr könnt Euch ja vorstellen, wie da man das Betriebsklima ohne Selbstmord-Hintergrund hat thematisieren können. Außer Ausflüchten habe ich in den letzten Jahren niemals eine Antwort darauf gehört.

Vor einem Jahr war es dann bei mir soweit, daß ich auch nicht mehr nach Belieben hin- und hergeschubst werden wollte. Da habe ich genau an diesen, obigen Satz gedacht. Über meine Gedanken zu reden, war mir auch irgendwie erpresserisch vorgekommen, deshalb habe ich es bleiben lassen.
Aber ich kann die Tätigkeit nicht mehr ausüben. Allein schon die Vorstellung, wieder in dieses Haus zu müssen, läßt mein Blut gefrieren. Ja, natürlich habe ich meine Probleme so lange mit mir nach Haus getragen, daß man über mich auch hätte sagen können, die familiären Umstände seien schuld!!! Was also bitte schön, hätte ich dann nachher noch beweisen können. Weg wäre ich und zum Reden wäre es eindeutig zu spät gewesen.

Kurz: Da reden wir wohl gerade über ein echtes politisches Totschlag-Argument. Das bringt mich wirklich zum kochen.

Bei der Frage Selbstmord und Moral muß ich übrigens auch an Hungerstreik denken. Ich weiß nicht, ob das mit in das Thema paßt. Was meint ihr???

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Honigkuchenpferd
Helferlein
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Beitrag Di., 24.11.2009, 21:34

Hallo!
Muss zugeben, dass ich nicht alle Beiträge gelesen habe.
Das mit dem Hungerstreik ist eine interessante Frage, die sich für mich allerdings so beantwortet, dass dies eine Art Erpressung ist, bei der sich der/die Streikende eher selbst schädigt als ein Ziel erreicht.
Das mit den Abschiedsbriefen, die überall verteilt sind, kenne ich von mir selbst. Bei mir war es bis jetzt zwar nur einer, aber der hätte meiner Meinung nach alles erklärt.
Moralisch oder unmoralisch zu handeln ist zum Zeitpunkt des Selbstmordes wohl vollkommen egal. Bei mir war es eine Weile so, dass es mir am liebsten gewesen wäre, wenn mich jemand am Dachboden hängend entdeckt hätte und daran verzweifelt wäre. Es wäre für mich eine Art Rache für alles, was mir angetan wurde, gewesen. Bis jetzt habe ich nicht gewagt, mir ein Springseil zu kaufen, da ich befürchte, mich in einem unüberlegten Moment damit zu erhängen.
Trotzdem scheint auch mir Vergiftung noch das Schonenste und Sauberste (z. B. sich die Pulsadern aufzuschneiden wäre für mich eine zu große Sauerei - als ob ein Schwein geschlachtet würde), am besten in einer geputzen Wohnung, selbst herausgeputzt im schönsten Kleid im Bett liegend. Das hat etwas Friedliches für mich, vor allem, da ich genau weiß, wie ich mich vergiften könnte und nicht schlimmste Qualen erleiden müsste.
Was mich persönlich vom Selbstmord abschreckt, ist die Tatsache, dass ein anständiges Begräbnis ca. 10000 Euro kostet und ich weiß, dass mir meine Eltern über meinen Tod hinaus noch grollen würden, wenn ich zu wenig Geld dafür auf die Seite gelegt hätte.
Außerdem: wer sagt denn, dass der Horror vorbei ist, wenn das Leben vorbei ist? Könnte es tot nicht noch viel schlimmer kommen? Dieses letzte Argument ist für mich unschlagbar und ich hoffe, für einige von euch (falls ihr mit dem Gedanken spielt) auch.
Lg, das H.

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