Gewissensfrage: jemanden töten - vorstellbar?

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Ragneda
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Beitrag Fr., 11.11.2011, 22:25

abendrot79 hat geschrieben:
Ich glaube, ich könnte definitiv keinen Menschen töten, nichtmal wenn es um das Leben meiner Tochter ginge. Und dennoch will ich nicht ausschliessen, dass ich es trotzdem tun würde, wenn ich wrklich in der Situation wäre ... Ich denke diese Frage kann man nur theoretisch beantworten ...
Stimmt. Da ist was dran in dieser Aussage. Ob es bei mir auch da nicht die Hand zücken würde?

Nein, ich denke nicht. Bei mir nicht.

Ich hoffe nur, ich würde nie in so einer Situation geraten, wo ich jemanden töten MUSSTE um selber zu überleben. Oder den Hilflosen zu schützen müssen und es sich daraus eine Leiche (oder mehreren) ergeben würde.

Problem ist, wir sind ja nicht in USA oder in dem wilden Western. (schade, da waren die Menschen noch cooler, als die heutige Werbung-Konsum-Silikontitten Gesellschaft) Wer trägt schon eine Kanone bei sich heutzutage, so als Passant? Ich nicht, ich bin eine hilflose Frau, die nur beißen und schreien kann

Aber hätte ich eine bei mir, dann...nun dann, Gnade denjenigen Gott...!

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Adriana
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Beitrag Sa., 12.11.2011, 01:39

Ich glaube schon, dass auch Strafe abschreckt. Nicht bei Affekt, das ist klar, aber in der besagten Nacht z. B. hab ich schon auch darüber nachgedacht, dass es echt blöd wäre, jetzt wegen Mordes oder Totschlag 15 -20 Jahre absitzen zu müssen. Naja, ich war ja selbst nicht zurechnungsfähig in der Nacht.

Auch habe ich an meine Verwandten gedacht, wie sie sich fühlen müssten, wenn ich zur Mörderin würde.

Um die Frau war's mir ehrlich gesagt egal. Das ist es ja, was mich so belastet. Sonst immer hilfsbereit, gerade Schwächeren gegenüber, war mir das so egal, ich hatte null Gefühle ihr gegenüber.

Nun, ich muss es wohl wirklich auf die Psychose schieben, weil es normalerweise wirklich nicht meinem Naturell entspricht.


Abendrot, dass du schreibst, du könntest vermutlich nichtmal töten, wenn es um das Leben deines Kindes ginge, überrascht mich. Das ist normalerweise die Ausnahme, bei der alle Eltern schnell einräumen, zum Mörder werden zu können.

Wenn ich so nachdenke, glaube ich doch, dass eine gewisse Gewaltbereitschaft in mir schlummert. Ich werfe mich schnell dazwischen, wenn es darum geht, Schwächere zu schützen oder zu verteidigen, also auch körperlich. Vielleicht nehme ich das Verteidigen anderer nur als Ausrede, um mich ausagieren zu können.

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R3VO
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Beitrag Mo., 14.11.2011, 14:39

Wenn ich die Person nicht mag vielleicht ^^
Alles Geschaffene ist vergänglich. Strebt weiter, bemüht euch, unablässig achtsam zu sein. - Buddha

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R3VO
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Beitrag Mo., 14.11.2011, 14:54

Tara hat geschrieben:
Und hier geht es wohl um Menschen, oder?

Leben ist Leben.
"Leben ist Leben" ist eine nichtssagende Tautologie. Was Du meinst ist: Jedes Leben ist gleich viel wert.

Wenn jemand einen Menschen ermordet ist das genau so schlimm, wie wenn ein kleines Kind eine Blume pflückt, um sie der eigenen Mama zu schenken.

Das willst Du sagen und das ist lächerlich.

Es gibt keinen Grund, von Leben ohne Nervensystem anzunehmen, es sei Zweck an sich selbst.

Ich frage mich auch ernsthaft, wie sich beispielsweise ein Seestern empört, wo er kein limbisches System, geschweige denn eine Amygdala hat.
Alles Geschaffene ist vergänglich. Strebt weiter, bemüht euch, unablässig achtsam zu sein. - Buddha

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abendrot79
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Beitrag Mo., 14.11.2011, 15:43

Adriana hat geschrieben:Abendrot, dass du schreibst, du könntest vermutlich nichtmal töten, wenn es um das Leben deines Kindes ginge, überrascht mich. Das ist normalerweise die Ausnahme, bei der alle Eltern schnell einräumen, zum Mörder werden zu können.
Deswegen meine ich ja, dass ich nicht ausschliessen will, dass ich es im Zweifelsfall doch tue ... Aber jetzt und hier finde ich die Vorstellung jemanden zu töten absolut schrecklich. Ich kann ja noch nichtmal beim Arzt wenn er mir Blut abnimmt hingucken, wie soll ich dann mit einem Messer auf jemanden losgehen bzw. jemanden erschiessen? Theoretisch habe ich da eine verdammt grosse Hemmschwelle, aber im Zweifelsfall würde ich wohl diese überwinden ...
Weil Kakao an Bäumen wächst, ist Schokolade irgendwie auch Obst! (gelesen auf einem Frühstücksbrettchen)

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AngelikaR
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Beitrag Di., 15.11.2011, 11:25

Ja, und nicht nur vorstellbar. Ich habe bereits sowohl Tiere als auch Menschen getötet.

Und bevor jetzt jemand hysterisch wird, denkt einmal nach: Es gibt Berufe, da gehört das als worst case dazu.

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Ragneda
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Beitrag Di., 15.11.2011, 11:45

Ja Ärzte und Henker...
Aber das ist was anders. Bei Ärzten zumindest *denk*, da geht es nicht um Mordlust, sondern um eine Notwendigkeit, wie die Tiere einschläfern um ihnen das Leiden zu ersparen.

Die Polizisten können auch beruflich wegen dem Notwehr jemanden töten. Soldaten ntl. wenn sie in den Krieg geschickt werden..

Ich denke, hier wurde ein 0815 Mensch gemeint, ohne das man solche Berufe ausübt. Ob man dann imstande wäre jemanden zu killen.
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AngelikaR
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Beitrag Di., 15.11.2011, 11:55

Polizisten und Soldaten töten nicht nur aus Notwehr.

@Ragneda: Sind für dich Polizisten, Soldaten, Ärzte etc. keine "0815-Menschen", nur weil sie diese schwierigen Berufe ausüben.
Lass dir gesagt sein: Es sind ganz normale Menschen mit genau den gleichen Problemen, Sorgen und Ängsten wie andere auch.

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Ragneda
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Beitrag Di., 15.11.2011, 12:05

Natürlich, so war es nicht gemeint von mir *seufz*, ntl. sind das normale Menschen. Meinte nur, dass TE eher Menschen meinte, die diese Berufe nicht ausüben, sondern in einer Alltäglichen Situ. einen anderen umbringen könnten. Das es die Berufe gibt, wo man tötet, ist eh klar.
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Proserpina
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Beitrag Di., 15.11.2011, 12:08

Ich hätte es lange Jahre lang gekonnt - definitiv. Ich musste nur zornig genug sein und mit dem Rücken zur Wand stehen. Meist bedingte bei mir das Eine erst das Andere. Ob das heute auch noch so ist, keine Ahnung, ich denke eher nicht. Jedenfalls glaube ich, dass ich längst nicht mehr so schnell derartig in emotionale Not gerate wie früher. Aber wenn es faktisch um mein Leben ginge oder das meiner Lieben - doch, ich könnte es, ziemlich sicher sogar.

....

edit: Thema 'Menschen töten in Ausübung des Berufs' > das fällt mE immer unter (manchmal erweiterte) Not|wehr.

....

Und ich möchte noch eine Frage in den Raum werfen, die mir im Zuge des Mitlesens sehr auf den Nägeln brannte und noch brennt: Was bedeutet für Euch persönlich der Begriff 'Schuld'? Wäre jemand, der die 'Schuld' als etwas definiert, was er u. U. in Kauf nimmt, dann implizit ein gewissenloser Mensch?

Okay, das waren zwei Fragen.

Mea Culpa ;-)

....

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AngelikaR
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Beitrag Di., 15.11.2011, 14:51

Proserpina hat geschrieben:Was bedeutet für Euch persönlich der Begriff 'Schuld'? Wäre jemand, der die 'Schuld' als etwas definiert, was er u. U. in Kauf nimmt, dann implizit ein gewissenloser Mensch?
Für mich persönlich bedeutet "Schuld" das Wissen um ein persönliches Fehlverhalten, ein persönliches und für andere schädliches Defizit UND nicht den Willen oder "den Ar*** in der Hose" haben, es zu erkennen und ändern oder eine Änderung zumindest zu erarbeiten versuchen.


Proserpina
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Beiträge: 397

Beitrag Mi., 16.11.2011, 12:33

AngelikaR hat geschrieben: Für mich persönlich bedeutet "Schuld" das Wissen um ein persönliches Fehlverhalten, ein persönliches und für andere schädliches Defizit UND nicht den Willen oder "den Ar*** in der Hose" haben, es zu erkennen und ändern oder eine Änderung zumindest zu erarbeiten versuchen.
Das hieße also, dass es ein 'Wissen' (um eigenes Fehlverhalten) voraussetzt, um ein Gewissen zu haben? Und weiter gedacht, wäre Gewissenlosigkeit also gleichzusetzen mit nicht vorhandenem Schuldbewusstsein? Okay. Nehme ich das also mal an.

Aber WER oder WAS bestimmt denn, was ein Fehlverhalten ist und was nicht? (Jetzt mal abgesehen von der Gesetzeslage.)

....

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Rezna
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Beitrag Mi., 16.11.2011, 14:30

Es wird spannend.

Die Frage stellt sich mit, anhand der Fragen, worum es nun geht. Schuld? Gewissen? Oder Reue?

Schuld würde ich als eine Art erfolgte oder noch zu erfolgende "Handlungseinfoderung" sehen. Also ich bin "schuld" etwas getan zu haben, ich bin etwas schuldig, dass ich noch zu tun habe oder ich habe Schuld an etwas übergeorndeten (moralische Schuld).
Insofern kann man sich durchaus in vollstem Gewissen einer Tat schuldig machen, ebenso wie man sich der "Nicht-Tat" schuldig machen kann.
Gewissen, davon etwas losgelöst, würde ich als den Handlungsmotor davor oder danach sehen. Das Gewissen kann mich zu einer Tat treiben, oder dazu führen, dass ich sie unterlasse. Durchaus also kann mich mein Gewissen bewusst in eine Schuld treiben. Als komplexes Beispiel: Ich hätte eine Zeitmaschine, könnte ins Jahr 1938 reisen und Hitler töten. Mein gewissen könnte mich dazu treiben, das zu tun, obgleich ich weiß, dass ich mich des Mordes schuldig mache. Ebenso aber könnte mich mein Gewissen dazu treiben, es NICHT zu tun und damit die Schuld erzeugen, Millionen Menschen in den Tod rennen zu lassen.
Und hier kommt dann die Reue ins Spiel. Ich kann die Tatsache der Schuld und des Gewissens als gegeben hinnehmen, oder eben das Ergebnis: die Tat oder auch die Nicht-Tag verabscheuen, bedauern,... und Reue wiederum ist der Motor zur Handlung in der Konsequenz. Das Bedauern über die Tat oder Nicht-Tat kann zu einer änderung meiner gesamten Handlungsstruktur, ja sogar meiner Lebensphilosophie führen. Beispielsweise könnte mich die Reue über die Nicht-Tat, also etwa Hilter nicht umgebracht zu haben, dazu bringen, einen - so ich die Zeitmaschine noch habe - Breivik vor seiner Tat zu töten... oder eben, zu versuchen, dennoch wieder ins Jahr 1938 zu reisen um die Tat doch zu begehen. Umgekehrt könnte Reue über die Tat dazu führen, zurückzureisen und sich selber dabei zu verhindern, den Mord zu begehen.

Uffa.

Wer oder was bestimmt, was ein Fehlverhalten ist? Da gibt es verschiedene Instanzen. Die eine ist wohl die bekannte Gesetzeslage. Eine andere etwa die gesellschaftlichen Regeln, die wohl nicht gesetzlich verankert, aber dennoch radikal bestimmend sein können. Wieder eine andere ist die eigene Moral. So kann, als ein trauriges bekanntes Beispiel etwa Homosexualität zwar legal sein, in der Gesellschaft (eines Ortes) aber ein grobes Fehlverhalten darstellen, obgleich sie wiederum konform mit der eigenen Moral geht. Oder: Staat und Leute akzeptieren die Homosexualität, die eigene Moral aber nicht. Usw.

Und was töten betrifft, so gibt es bei der Tötung von Menschen nicht einmal gesetzlich eindeutige klare Bestimmungen. So ist Mord wohl gesetzlich verboten, also ein "juristisches Fehlverhalten" aber wenn ein Soldat den Feind erschießt, oder ein Polizist einen Serienkiller, kann er als Pflichtbewusst gelten, obwohl er gegen juristische Normen verstoßen hat. Er kann dafür auch gesellschaftlich anerkannt, als Held gefeiert werden, obwohl Tötung als "gesellschaftliches Fehlverhalten" gilt. Neben all dem kann der Soldat oder Polizist aber persönlich leiden, weil er gegen seine eigenen Moral verstoßen hat, die selbst den Tod schrecklicher Verbrecher oder Feinde nicht akzeptiert. Umgekehrt kann aber auch der von Justiz und Gesellschaft verachtete Kriesgsverbrecher innerlich voll hinter seiner Moral stehen, in der er seine Opfer eben als zurecht beseitigte Monster sieht, egal was andere sagen.

Ich denke, die Frage ist weniger, wer oder was bestimmt, was ein Fehlverhalten ist, sondern, an welche Regeln man sich persönlich hält.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]

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