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Mi., 16.11.2011, 14:30
Es wird spannend.
Die Frage stellt sich mit, anhand der Fragen, worum es nun geht. Schuld? Gewissen? Oder Reue?
Schuld würde ich als eine Art erfolgte oder noch zu erfolgende "Handlungseinfoderung" sehen. Also ich bin "schuld" etwas getan zu haben, ich bin etwas schuldig, dass ich noch zu tun habe oder ich habe Schuld an etwas übergeorndeten (moralische Schuld).
Insofern kann man sich durchaus in vollstem Gewissen einer Tat schuldig machen, ebenso wie man sich der "Nicht-Tat" schuldig machen kann.
Gewissen, davon etwas losgelöst, würde ich als den Handlungsmotor davor oder danach sehen. Das Gewissen kann mich zu einer Tat treiben, oder dazu führen, dass ich sie unterlasse. Durchaus also kann mich mein Gewissen bewusst in eine Schuld treiben. Als komplexes Beispiel: Ich hätte eine Zeitmaschine, könnte ins Jahr 1938 reisen und Hitler töten. Mein gewissen könnte mich dazu treiben, das zu tun, obgleich ich weiß, dass ich mich des Mordes schuldig mache. Ebenso aber könnte mich mein Gewissen dazu treiben, es NICHT zu tun und damit die Schuld erzeugen, Millionen Menschen in den Tod rennen zu lassen.
Und hier kommt dann die Reue ins Spiel. Ich kann die Tatsache der Schuld und des Gewissens als gegeben hinnehmen, oder eben das Ergebnis: die Tat oder auch die Nicht-Tag verabscheuen, bedauern,... und Reue wiederum ist der Motor zur Handlung in der Konsequenz. Das Bedauern über die Tat oder Nicht-Tat kann zu einer änderung meiner gesamten Handlungsstruktur, ja sogar meiner Lebensphilosophie führen. Beispielsweise könnte mich die Reue über die Nicht-Tat, also etwa Hilter nicht umgebracht zu haben, dazu bringen, einen - so ich die Zeitmaschine noch habe - Breivik vor seiner Tat zu töten... oder eben, zu versuchen, dennoch wieder ins Jahr 1938 zu reisen um die Tat doch zu begehen. Umgekehrt könnte Reue über die Tat dazu führen, zurückzureisen und sich selber dabei zu verhindern, den Mord zu begehen.
Uffa.
Wer oder was bestimmt, was ein Fehlverhalten ist? Da gibt es verschiedene Instanzen. Die eine ist wohl die bekannte Gesetzeslage. Eine andere etwa die gesellschaftlichen Regeln, die wohl nicht gesetzlich verankert, aber dennoch radikal bestimmend sein können. Wieder eine andere ist die eigene Moral. So kann, als ein trauriges bekanntes Beispiel etwa Homosexualität zwar legal sein, in der Gesellschaft (eines Ortes) aber ein grobes Fehlverhalten darstellen, obgleich sie wiederum konform mit der eigenen Moral geht. Oder: Staat und Leute akzeptieren die Homosexualität, die eigene Moral aber nicht. Usw.
Und was töten betrifft, so gibt es bei der Tötung von Menschen nicht einmal gesetzlich eindeutige klare Bestimmungen. So ist Mord wohl gesetzlich verboten, also ein "juristisches Fehlverhalten" aber wenn ein Soldat den Feind erschießt, oder ein Polizist einen Serienkiller, kann er als Pflichtbewusst gelten, obwohl er gegen juristische Normen verstoßen hat. Er kann dafür auch gesellschaftlich anerkannt, als Held gefeiert werden, obwohl Tötung als "gesellschaftliches Fehlverhalten" gilt. Neben all dem kann der Soldat oder Polizist aber persönlich leiden, weil er gegen seine eigenen Moral verstoßen hat, die selbst den Tod schrecklicher Verbrecher oder Feinde nicht akzeptiert. Umgekehrt kann aber auch der von Justiz und Gesellschaft verachtete Kriesgsverbrecher innerlich voll hinter seiner Moral stehen, in der er seine Opfer eben als zurecht beseitigte Monster sieht, egal was andere sagen.
Ich denke, die Frage ist weniger, wer oder was bestimmt, was ein Fehlverhalten ist, sondern, an welche Regeln man sich persönlich hält.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]