isabe hat geschrieben:Wenn deine Theorie stimmte, dass Homosexualität immer (!) aus einem Trauma resultiert, dann kann wohl davon ausgegangen werden, dass du Bisexuelle für "halbtraumatisiert" hältst, denn immerhin sind sie ja noch fähig, "normal" in deinem Sinne zu empfinden. Wie muss man sich diese halbe Traumatisierung dann vorstellen?
Wenn es so wäre, müsste es auch Begründungen geben, warum es traumatisierte Menschen gibt, die keineswegs homo werden.
Zuschreibungen von (einzelnen) negativen Merkmalen, halte ich für das eine. Was ich fast noch schlimmer finde (insbes. auch in politischen Debatten): Wenn es darum geht, ob auch andere Lebensformen gleich-wert-ig neben anderen stehen können. Warum soll denn die Liebe zwischen zwei Homos weniger wert sein? Oder diese Lebensform? Oder geht es sogar darum, bestimme Menschen als nicht gleich-wertig=gering(er)wertig=minderwertig ansehen? Ist eine Gesellschaft erstrebenswert, in der Abwertungen salonfähig werden... oder noch schlimmer: bestimmte Personengruppen als minderwertig angesehen werden, nee, für mich nicht. Der Wert eines Menschen ist (für mich) etwas noch umfassenderes.
Was Trauma Nicht-Trauma angeht: Selbst wenn ein Trauma vorliegt, kann es dann noch eine Diskrepanz zwischen dem geben, was von außen zugeschrieben wird und dem Selbstbild (des Homos) geben. Also die Homos sehen ihre Liebesgefühle vielleicht gar nicht als Ausdruck von Krankheit bzw. als traumatisch bedingt... sondern sehen die Ursachen ihrer Homosexualität ganz anders bzw. (vermutlich häufiger): fragen danach gar nicht oder interessiert nicht sonderlich, denn es ist so (zumindest die selbstbewussten... weiß nicht, ob Schreiber hier dann auch den Mumm hätten, dass face to face zu sagen). Bei noch nicht so gefestigten Personen (das sind Menschen z.B. in der Pubertät idR auch noch nicht, was somit auch kein Krankheitsanzeichen sein muss, sondern Teil einer normalen Entwicklung) können negative Zuschreibungen evtl. auch leichter andocken. Manche die ich kenne, machen ihre Orientierung auch nur selektiv öffentlich (z.B. unter Arbeitskollegen nicht, privat teilweise). Man muss also schon eine etwas nähere Beziehung haben, um davon überhaupt zu wissen, denn man sieht das nicht unbedingt an. Andere gar nicht (z.B. eine Ärztin türkischer Herkunft, evtl. weil das kulturell nochmals problematischer ist)... oder sie reden nicht darüber, obwohl es andere eigentlich schon wissen. Oder sie outen sich generell. Aber das sehe ich auch nicht als so wesentlichen Unterschied an... ich meine, andere erzählen ja auch nicht jedem, dass sie z.B. eine offene Beziehung führen. Will eigentlich heißen: Wenn man keine Bezugspunkt hat, ist das, was von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, nicht unbedingt repräsentativ. Zum Bleistift der CSD. Oder die Szene ist ja auch nur ein Ausschnitt, die gar nicht jeder aufsucht (weil vielmehr "privater" bzw. familiärer gelebt wird). Dass es auch Kranke gibt, ist unbestritten... aber die gibt es in der Allgemeinbevölkerung auch. Bei Krankheit landet man auch bei Heilung: Früher gab es sehr unschöne Operationsversuche. Es gibt jedoch noch keinen Menschen, den man wirklich "umkehren" konnte... auch Gehirnwäsche hilft nicht, erzeugt höchstens Folgeschäden. Insofern ist die Frage eher: Welchen Platz erhalten diese Menschen. Wenn jemand sagen würde: Mich als Frau haben schwule bzw. homos vergewaltigt, wären manche Sichtweise zumindest etwas nachvollziehbarer (was aber immer nicht bedeutet, dass dann jeder Abwertungen tolerieren muss). Aber je weniger Berührungspunkte, desto mehr geht es (passend zum Thread) um Bilder, die (durch je mehr Abwertung sie genährt werden) manchmal eher die Bezeichnung "Feindbild" verdienen würden.
Wie auch immer: Die Unterscheidung in gesund und krank, wird eben teilweise auch genutzt, um subtil zu entwerten... z.B. du bist doch krank!