Burkaverbot

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Schneekugel
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 10:01

Eben bei diesem Symbolzeug häng ich halt. Ja, ist es halt ein Symbol. Symbole tun nicht weh. Solange jemand seine Meinung symbolisch ausdrückt ist kein Gesetz oder Mensch verletzt worden. Da können symbolisch 500 USA-Flaggen verbrannt werde, davon fällt in New York immer noch kein Haus um. Es ist nicht verboten eine blöde Meinung zu haben, es ist nur verboten diese gewaltsam durchsetzen zu wollen. Und das ausschließliche Tragen von Bettlaken ist halt nicht wirklich sehr gewalttätig bzw. Aufruf zur Gewalt.

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Una
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 11:28

Das Gesicht und den Körper komplett zu verhüllen ist aber etwas anderes, weil es in einem demokratischen Land und nach menschlichem Instinkt nicht zum normalen Umgang gehört, das Gegenüber nicht sehen zu können.
Es gilt ja schon als unhöflich, mit aufgesetzter Sonnenbrille ein Gespräch zu führen.
Es geht nicht um Mode in der Farben und Schnitte variieren und den Zeitgeist spiegeln, es geht nicht um ein Spiel mit Trends. Es ist ein offenes Symbol für die zweitrangigkeit der Frau und das möchten Länder die in ihrer Verfassung die Gleichheit der Frau noch nicht allzu lange stehen haben, eben nicht unterwandert sehen. Mit Recht.
Blaubaum hat geschrieben:Könnte man das Burkaproblem nicht auf ähnliche Weise charmant lösen ? Wie würde ein muslimischer Gemeinde-Vorsteher reagieren, wenn das Symbol für weibliche Keuschheit zum Partygag für Saturday-Night-Fever-Jugendgruppen, die lachend durch die Partymeilen der Städte ziehen, "verkommen" würde? Gern auch mit ACDC-Aufnäher oder in Pink. Wahrscheinlich hätte dem Anstandssack das letzte Glöcklein geschlagen.
In Holland sind derletzt Menschen bei Attentaten gestorben, die sich über Islam und seine Symbole lustig gemacht haben.

Frag die Islamangehörigen, ob sie es so locker sehen können.
Ich fürchte nein.
Und damit ist auch das Symbol das niemand weh tut wiederlegt@Schneekugel.
Ihr geht glaub zu sehr von eurer liberalen Haltung aus.
Die findest sich bei den Islamisten nicht wieder.
Und ich finde es auch nicht harmlos, was die Burka darstellt.
Leben heißt, langsam geboren zu werden. Es wäre auch zu bequem, wenn man sich fertige Seelen besorgen könnte.“

Antoine de Saint-Exupéry (1900-44).

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Schneekugel
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 12:10

Das Gesicht und den Körper komplett zu verhüllen ist aber etwas anderes, weil es in einem demokratischen Land und nach menschlichem Instinkt nicht zum normalen Umgang gehört, das Gegenüber nicht sehen zu können.
Es gilt ja schon als unhöflich, mit aufgesetzter Sonnenbrille ein Gespräch zu führen.
Ich darf mir ja wohl noch aussuchen ob ich höflich sein möchte oder nicht. Ich versichere dir, zum unhöflichem Mittelspurschleicher heute morgen war ich auch nicht höflich, deswegen hüpft mir hoffentlich trotzdem nicht gleich die WEGA vors Fenster und ich habe trotzdem nicht vor irgendwie handgreiflich, radikal oder sonst was zu werden. Ich liess ihn einfach nur symbolisch wissen, dass er symbolisch ein blödes Arschloch ist.
Es ist ein offenes Symbol für die zweitrangigkeit der Frau und das möchten Läner die in ihrer Verfassung die Gleichheit der Frau noch nicht allzu lange stehen haben, eben nicht unterwandert sehen.
Yap, es ist ein Symbol, hatten wir schon. Wenn wir symbolisch in Brüssel mal wieder Strohpuppen der Landwirtschaftsminister verbrennen, unterwandern wir damit auch nicht eine Gesetzgebung die das Verbrennen von Menschen verbietet. Weils eben nur ein Symbol ist.

Oder vielleicht einfach mal bezogen auf ein anderes Thema: Es stört mich nicht wenn jemand der Meinung ist, es sollte weniger Zuwanderung geben. Es stört mich nicht wenn jemand dafür auf die Strasse geht oder politisch engagiert. Das ist ein freies Land, und jeder hat das Recht seine Meinung frei zu äussern oder demokratisch Gesetzesänderungen herbeizuführen. Aber es stört mich definitiv, wenn jemand zur Gewalt gegen Einwanderer aufruft oder diese selbst verübt.

Jetzt hocken bei uns im deutschsprachigen Raum teilweise seit Jahrzehnten radikale Prediger die zu Gewalt aufrufen und der Staat schaut seelenruhig zu. Achlilala, boah wir dürfen doch nicht den armen radikalen Imman angehen, boah der wird ja ganz sicher motzen und dann haben wir Ärger am Hals...

Aber das blöde Wichelwacheltuch, das ist auf einmal superwichtig bzw. kommt ihnen gerade recht. "He, das sind ja eh nur doofe Weiber die gewohnt sind sofort zu kuschen, wenn man was sagt. Jetzt schauen wir so blöd aus der Wäsche weil wir jahrelang nichts gegen aktive radikale Strömungen in Deutschland unternommen haben und die hier seelenruhig ihr 9/11 geplant haben, was unsere Verbündeten ein klein wenig angepisst hat und dazu geführt hat, dass wir international wirklich saublöd dastehen. Aber wirklich gegen radikale Elemente vorzugehen ist ja immer noch doof, weil dann könnten wir ja wirklich immer noch wirklichen Ärger kriegen." - "He, ich hab die Idee! Lasst uns symbolisch gegen Symbole vorgehen! Dann haben wir zwar überhaupt nichts sinnvolles gemacht als die symbolische Bedrohung von 4 qm symbolischer Baumwolle von unserer Bevölkerung symbolisch abgewendet zu haben, aber trotzdem schauts aus, als ob wir topaktiv wären und in Wirklichkeit ist es so ein lächerlich, symbolischer Mist, dass ausser ein bissi symbolischem "quaquaqua" von ein paar Muftis nicht viel zu befürchten ist und wir trotzdem gut dastehen und behaupten wir würden eh was sinnvolles tun."

Sorry, aber ich steh immer wieder an dem Punkt, dass Leute die sich an symbolisch gefährlichen, aber real ungefährlichen Tüchern stören mir vorwerfen zu liberal zu sein, während weiterhin brav das Stillschweigetuch über bekannte radikale Elemente geworfen wird aus dem simplen Grund: "Solange wir die weiterhin dulden, werden wir vom internationalen Terrorismus größtenteils verschont. Wenn wir jetzt gegen die vorgehen, könnten wir jedoch Anschläge als Gegenreaktionen bekommen. Also tun wir lieber nichts und um das zu kaschieren, kümmern wir uns symbolisch um symbolische Bedrohungen die nur symbolisch vergolten werden."

Und wenn ich bei dem Mist nicht mitmachen will, sondern offen sage "Scheiss auf die Kopftücher aber jetzt macht mal Tacheles bei den wirklich Verantwortlichen, ist mir doch egal wenn mir dann der Stephansdom um die Ohren fliegt, ich lass mich nicht zur Geisel machen." bin ich zu liberal? O_o

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MissX
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 12:38

Die Burka steht als Symbol für die Unterdrückung der Frauen durch den Mann. Und das hat für die Frauen ganz gravierende reale Auswirkungen.Ein Verbot der Burka wird jedoch daran nichts ändern.
Zum Beispiel: keinen Zugang zur Bildung, keine "Arbeitserlaubnis", keine kein Ausgang ohne männlichen Begleiter usw. usw. Dieses dahinter stehende Gedankengut wird von den Menschen natürlich nicht einfach abgelegt, wenn sie nach Deutschland kommen. Es lebt hier weiter.
Einen Einfluss auf das Gedankengut wird eine Verbot der Burka kaum haben. Im Gegenteil: Verbote führen eher zu einem radikaleren Festhalten an Traditionen und vertrautem Gedankengut. Vor allem in einem für diese Menschen fremden Land in dem sie Halt in ihrer Religion suchen. Es zeigt sich immer wieder, dass die Menschen ihre Religion in ihnen fremden Kulturen viel verbissener ausleben, als die Menschen in ihren Herkunftsländern. Sie suche Orientierung und Halt. Ihnen ein Ausdruck ihrer Religiösität ohne Ersatz zu nehmen, ist ein denkbar schlechter Weg.
Ich finde man sollte das Problem an der Wurzel packen. Das ist nur leider viel komplexer, da es um Grundeinstellungen, Haltungen, Gedankenstrukturen usw. geht. Dafür bräuchte man intelligente Politiker, die nicht im Schnellschussverfahren mal eben Kleidungsstück wie die Burka verbieten wollen, um Wählerstimmen zu erhaschen. In Wirklichkeit ist es ein langer Prozesse, der bei der frühkindlichen Sozialisation beginnen muss. Mit solchen politischen Projekten kann man aber eben nicht so gut polarisieren und sich mal eben schnell populär machen, weil sie eben keine schnellen Ergebnisse erzielen, sondern eben erst nach Jahren oder sogar Jahrzehnten Ergebnisse zeigen. Und das ist eben teilweise unpopulär in der politischen Öffentlichkeitsarbeit.

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Una
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 12:52

@ MissX
Wobei Religiosität eben nicht wirklich der Grund für die Burka ist.
Ich denke da wollten Politiker auch Ohrfeigen verteilen und ihre Macht zeigen.
Weil der Islam auch eine Staatsform ist und dadurch immer der Konflikt zwischen dem Land und seinen Gesetzen und dem Glauben/Lebensregeln gesamt, der über allem steht, besteht.
Die Burka ist nicht erst seit Belgien ein politisches Symbol, der Islam selbst benutzt es als Symbol.


@ Schneekugel
Wen meinst Du eigentlich mit WIR Schneekugel?
In Deutschland wurde 9/11 geplant, aber die Burka nicht verboten.
Das war in Belgien. Bei uns ist so ein Verbot nicht angedacht.

Eine einzige Abstimmung gegen die Burka schließt nachfolgend nicht aus, dass auch andere Maßnahmen ergriffen werden. Etwas mehr Logik bitte.
Siehe unser Exminister für innere Angelegenheiten, der eine Generalüberwachung angeordnet hat. Was zu Recht Staub aufgewirbelt hat, weil es extrem zwiepältig ist einerseits die Bürgerrechte und die Freiheit, andererseits kriminielle Energie, die nicht beherrschbar ist, außer mit extremen Methoden. Die Mafia treib auch ein nicht unerheblich böses Spiel mit Giftmüll, weil die EU keine Ahnung hat, dass sie danach überhaupt suchen soll.

Schneekugel hat geschrieben:Jetzt hocken bei uns im deutschsprachigen Raum teilweise seit Jahrzehnten radikale Prediger die zu Gewalt aufrufen und der Staat schaut seelenruhig zu. Achlilala, boah wir dürfen doch nicht den armen radikalen Imman angehen, boah der wird ja ganz sicher motzen und dann haben wir Ärger am Hals...
Nun gut, zumindest werden sie vom Verfassungsschutz überwacht.
Aber klar ist das ein Problem, weil deren Gift tropft in die Köpfe und alle Menschen neigen dazu, sich ein Feinbild auszudenken und dieses zu bekämpfen.
Die Auswüchse sieht man dann, wenn deutsche Studenten zum Islam konvertieren und in Ausbildungslager kommen um das kleine Einmaleins der Attentate zu erlernen.
Da läuft gewaltig was schief.
Schneekugel hat geschrieben:Ich darf mir ja wohl noch aussuchen ob ich höflich sein möchte oder nicht.
Das Thema war nicht Höflichkeit. Die Sonnenbrille war nur ein Beispiel, wie wir Menschen tendenziell ticken. Zum demokratischen Verständnis habe ich gesagt, gehört es, dem Gegenüber ins Gesicht schauen zu können. Es hat schon was unheimliches, wenn man sich vorstellt keiner sieht die Gesichtszüge des anderen in einem Gespräch.
Wohlgemerkt aber nur die Frauengesichter. Die Männer dürfen ja ihr Gesicht zeigen.
Das ist nicht demokratisch, nicht gleichberechtigt. Und es ist nicht religös.
Religiöse Gründe für die komplette Verhüllung gibt es nicht. Nur Besitzdenken.
Leben heißt, langsam geboren zu werden. Es wäre auch zu bequem, wenn man sich fertige Seelen besorgen könnte.“

Antoine de Saint-Exupéry (1900-44).

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Schneekugel
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 13:26

Sorry, aber in dem Sinn kann ichs einfach nicht nachvollziehen. Auch wenn ich nur "relativ leicht" von Asperger betroffen bin, ist das Gesicht eines Menschen für mich so relevant wie die Farbe seiner Klobrille. Den Avatar empfand ich eigentlich als perfekt zu mir passend, da ich mir eben auch öfter anhören kann, mein Gesicht würde mein Gesagtes nicht wiederspiegeln. Also wenn du meinst, es ist so wichtig unbedingt das Gesicht zu sehen beim Reden muss ichs dir glauben, da ich es selber nicht beurteilen kann. Ich kann mir halt nicht vorstellen, dass es so wichtig ist, da ich mich regelmässig ermahnen muss Leute anzusehen, wenn ich mit ihnen rede bzw. selbst nicht darauf achte und immer noch lebe. Für mich ist das halt wirklich einfach nur ein bescheuerter Lappen überm Gesicht der ähnlich sinnlos ist wie ein BH und halt eine gesellschaftliche Marotte darstellt, deren Belästigung man halt gezwungenermassen erträgt.

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forcefromabove
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 13:49

Bei den Berbern ( ein muslimischer Nomadenstamm in der Sahara) liegt die
Verschleierungspflicht bei den Männern, deren Gesicht mit Ausnahme der Augen verhüllt ist.
Ich denke bei strenger Rechtsauslegung verstößt das Tragen einer Burka gegen das
Vermummungsverbot. Warum sollte man eine Randgruppe, in diesem Fall extrem
fundamentalistische Muslime gegenüber anderen Randgruppen wie
Autonomen oder Demonstranten privilegieren ?
Tut es einer demokratischen Rechtsordnung gut, dass sie, wenn medienwirksam im Namen der Menschenrechte Druck ausgeübt wird, allzu schnell bereit ist die
verfassungsmäßig grundgelegte Gleichheit vor dem Gesetz zu flexibilisieren?
"Ich bin kein direkter Rüpel aber die Brennnessel unter den Liebesblumen."
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Schneekugel
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 14:12

Nö, es wirkt halt nur zurecht etwas seltsam, wenn ich mir jetzt z.B ohne Probleme meine Darth Vader Maske anziehen könnte um damit ungestört (abgesehen von ein paar komischen Blicken) die komplette Mariahilferstrasse vom Westbahnhof bis zum Karlsplatz entlang gehen könnte, aber sobalds ein Vorhang ist, pochen wir auf einmal auf ein Gesetz, das uns sonst am Anus vorbeigeht und nicht exekutieren.

Also entweder exekutier ich ein Gesetz oder nicht, aber zu sagen ich exekutiere das Gesetz nicht, es sei denn der Betroffene ist Anhänger einer bestimmten Glaubensgruppe könnte man wohl zurecht als Verstoss gegen die Gleichheit aller vor dem Gesetz bzw. als Verfolgung werten.

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forcefromabove
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 14:46

Ich würde dir zwecks Felderfahrung raten genau diesen maskierten Gang durch die Mariahilferstraße zu starten. Abhängig von Deiner "Präsenz" und dem
"Ermessensspielraum" der eventuell vorhandenen, weil gerufenen Beamten wirst du
zumindest für eine Identitätfeststellung angehalten werden.
Solltest Du bei einer politischen Kundgebung etc., die ohnedies nur nach behördlicher Meldung
stattfinden darf mit einer das Gesicht verhüllenden Bedeckung angetroffen werden,
wirst Du bestimmt angehalten, registriert und die Wahrscheinlichkeit eine Strafverfügung wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu bekommen ist auch
relativ hoch.
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Karl Valentin

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Schneekugel
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 15:46

Mh...klar, weil das ja so rigoros verfolgt wird, sind auch bei jeder Demo wieder die gleichen vermummten Typen da, die einfach nur froh sind irgendwas gefunden zu haben wo sie randalieren können.

Gerufene Beamte? Klar, weil irgendwer die Polizei ruft, wenn ich mit einer Darth Vader Maske durch die Strasse hüpfe. ^^

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Blaubaum
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 16:17

Komme gerade von meiner (christlich-mitteleuropäisch-emanzipierten) Nachbarin vom 4 O'Clock-Tea zurück und habe mit ihr über DAS Thema gesprochen, sie sagte "wie kann man um dieses Thema nur so n Herrmann machen, da gehts doch eigentlich um ganz andere Sachen". Dann hat sie erzählt, wie sie vor ca 15 Jahren im Rif-Gebirge auch verschleiert rumgelaufen ist, und sie beschrieb das als ein sehr gutes Gefühl, so losgelöst von der Umwelt....hatte nach ihrer Aussage nichts mit aufdringlichen Typen oder Blicken der Einheimischen zu tun noch mit irgendeinem Zwang, sie ist dort genauso in Jeans und T-shirt rumgelaufen, ohne angemacht zu werden...
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

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Una
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 17:28

Im Urlaub mal freiwillig die Erfahrung machen, dürfte aber etwas anderes sein, als lebenslänglich in der Burka gehen zu müssen,
weil man sonst die Ehre des Mannes, der Familie, seines Glaubens beschmutzt.
Als Tourist (mit Schleier nicht mit Burka) erlebt man sowas sicher nicht in dem Zusammenhang und auch nicht in der Quantität und dem Druck dahinter, dem ein Mensch aus dem burkatragenden Kulturkreis ausgesetzt ist.
Da kann man natürlich locker bleiben.
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Blaubaum
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Beitrag Fr., 20.08.2010, 18:42

Da geb ich Dir völlig Recht, aber das Beispiel zeigt doch, dass es auch möglich ist die Burka/Verschleierung etc. zu tragen, weil man es so will und sich aus welchen Gründen auch immer (Privatangelegenheit) damit zeitweise oder dauerhaft wohl fühlt. Wenn ich irgendwelche Beweggründe von jemandem nun ums verrecken nicht mal ansatzweise nachvollziehen kann, erlaubt mir dann irgend ein Naturgesetz, zur Besänftigung meiner schmerzhaften Irritation, hier nach einem Gesetz zu rufen, dass dieses schändliche, weil völlig fremde Treiben beendet oder mindestens stigmatisiert (weil nicht exekutierbar)? Wer von den Nicht-Normalos hat sich nicht auch schon mal einer Wand von aggressivem Unverständnis der menschlichen Umwelt gegenübergesehen? Für sein SoSein vielleicht belächelt zu werden oder vielleicht auch verarscht zu werden, gehört wohl zum normalen Bestandteil einer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft. Damit muss man leben (lernen). Sofern man sich nicht in die schützenden Arme des dorfeigenen Kegelclubs retten möchte. Viele "andersartige" flüchten deshalb in die LandWG-Geborgenheit (Mehrheiten setzen sich leichter durch, ab 3 LandWGs gilt das Dorf als Wackelkandidat im Spiessbürgerlichen Sinne, ab 6 LandWGs incl. Kneipenbetrieb und Bio-Stand auf dem Markt gilt das Dorf als übernommen), oder das Ziel der Sehnsucht heisst (hiess) Berlin-Kreuzberg. Subkulturen sind nichts schlechtes, aber an Subkulturen kommt die Staatsmacht auch nur noch mit drastischen Massnahmen heran. Siehe Totalüberwachung z.B. Warum kann nicht auf dem Wochenmarkt die Burkaträgerin neben der drallen deutschen Landfrau stehen und jeder lässt den anderen, wie er oder sie ist??
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

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Una
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Beitrag Sa., 21.08.2010, 07:40

Ja Blaubaum, Deine Aussagen sind völlig richtig.
Blaubaum hat geschrieben:weil man es so will und sich aus welchen Gründen auch immer (Privatangelegenheit) damit zeitweise oder dauerhaft wohl fühlt.
Natürlich ist es jedes Menschen Recht seine Überzeugungen zu leben. Außer er verletzt andere, Mißbraucht andere. Ich habe für die Berücksichtigung der unfreiwillig verschleierten Seite gesprochen. Ich hatte Frauen vor Augen, die keineswegs freiwillig hinter Mauern, echt oder aus Stoff, leben. Die gibt es nun mal auch. Wer freiwillig und ohne Zwang die Burka trägt, dem wünsche ich viel Freude damit. Den freiwilligen Trägern dieser Kluft kann es dann aber andererseits nicht soviel ausmachen, wenn sie es zugunsten der gezwungenen Fraktion bleiben lassen muß. Da zeigt sich für mich halt, dass es doch ein heißes Eisen ist und eine ganze Ideologie dahintersteht.
Es ist eben keine Darth Vader Maske.

Ich sehe halt den Zwiespalt: Werden Dogmen als private Überzeugung ausgegeben, hinter denen in Wahrheit ein Kegelclub steht, der keine Andersartigkeit akzeptiert und ist damit die Freiwilligkeit in Wahrheit ein Gruppenzwang? Aber dieser Gruppenzwang wird eben auf nur auf einen Teil der Angehörigen der Gruppe ausgeübt. dahinter steht nach wie vor die Ansicht, dass Frauen sich wegmachen müssen, damit die Männer nicht mit ihrer sexuellen Seite tangiert werden. Damit sind die Frauen verantwortlich für die männliche Sexualität. Das führte im Iran zum Beispiel zur Hinrichtung eines 16 Jahre alten Mädchens, die von einem viel älteren Mann mißbraucht wurde. Sie war es jedoch, die in den Augen des Richters Schuld hatte, ihn verführt hatte.
Das erinnert an die Wegmachpolitik im Mittelalter, als die Kirche auch bei uns das Sagen vor dem Staat hatte und die Inquisition Frauen ihrer Sexualität wegen schuldig sprach. Dabei waren die Fantasien über die Unzucht mit dem Teufel in den Hirnen der Inquisition gewachsen.
Der psychologische Aspekt dahinter ist nicht ohne: Vorurteile führen im Extremfall zum Hass und zum Wunsch den anderen auszulöschen:
Als Träger der eigenen projizierten Schatten. Eine Gesellschaft die Weiblichkeit verteufelt ist gleichzeitig auch ihr eigener Feind.
Ich bin jedoch Miss X Meinung, dass man das Feld ganz von hinten aufrollen muß. Durch Umgestaltung der Hirne, nicht nur der Tücher auf dem Kopf.
Jedoch war es in der Geschichte schon mehrfach hilfreich Verbote auszusprechen oder gesetzlich etwas zu erlauben um etwas endlich voranzubringen.

Es ist eben die Frage inwiefern man die Burka nur als Klamotte sieht, die ein paar Leute tragen (wollen) oder ob man darin ein Symbol des radikalen Islam sieht, der bewußt uns in Europa als einzig wahres Lebensmodell mit entsprechender Radikalisierung dahinter-> alle Nichtmuslime sind unwertes Leben, vorgeführt wird.
Im übrigen sind Symbole eben nicht unbedingt harmlos, sie sind hochkonzentrierte mächtige Zeichen für eine Überzeugung, die damit kundgetan wird, dass man sie zeigt. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.
Wenn ich mit gezückter Hakenkreuzfahne und Hitlergruß ins Cafe gehe, wird das auch einige Raktionen hervorrufen.
Wo hört Toleranz auf, wo fängt sie an?


Ich kenne auch eine ganze Menge Kopftuchtragender Frauen, alle freiwillig, teilweise mit den von Dir angesprochenen modischen Anklängen, weil zwar das Haar unter einem bunten Tuch verschwindet, aber dabei sehr körperbetonte Kleidung getragen wird, alles in Knallfarben. der Look hat nix mehr mit dezenter Zurückhaltung zu tun. Das ist die junge Generation, wahrscheinlich mehr hier in den Werten angekommen als die erste Generation.
Für eine strenggläubige Muslima ist so ein Aufzug aber eben untragbar, weil nicht vorschriftsmäßig. Vielleicht halten es selbst einige Muslima für eine reine Tradition, für ein Symbol ihres Gutmenschseins und sie mögen in Wahrheit schrecklich uninformiert sein. Das passt ja auch zum Programm des gläubig sein: Auf den einschlägigen Websides kann man schön die Gehirnwäsche durchlesen, der man da unterzogen wird.
Fragen verboten, es ist alles Dogma. Was ist ein guter Moslem? Vorschrift 1., 2., 3. ....usw....->
Damit ist der Mensch dann so beschäftigt, das er nicht mehr nachdenkt sondern ein guter Untertan wird.

Meine marokanische Komilitonin erzählte vor zwanzig Jahren, dass ihre Schwester sich in Marokko feiwillig verschleiere, weil sie dann von den männlichen Mitstudenten respektiert würde. "Denn 50% der Schönheit der Frau, seien ihre Haare." Das nennt man also freiwillig?
Vor kurzem kam in einer Doku über die Verschleierung auch eine Frau vor, die gegen die Verhüllung kämpft, weil sie bei ihrer Mutter, die aus Marokko stammte, erlebte, wie sie an diesen islamischen Vorschriften zerbrach. Inklusive Beschneidung, die in Marokko praktiziert wurde (oder sagar noch wird).
Das ewige nicht dürfen und noch eine Vorschrift, brachte sie in die Psychatrie.
Es macht Menschen durchaus krank, wenn man ihnen ständig ihre Zweitklassigkeit bescheinigt.
Leben heißt, langsam geboren zu werden. Es wäre auch zu bequem, wenn man sich fertige Seelen besorgen könnte.“

Antoine de Saint-Exupéry (1900-44).

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Beitrag Sa., 21.08.2010, 07:50

Fortsetzung
Das war die Doku:

http://programm.ard.de/TV/3sat/2010/07/ ... t=main#top
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Antoine de Saint-Exupéry (1900-44).

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