Ist Psychotherapie eine Heilmethode? (aus: Emot.Entt.)

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Jenny Doe
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Beitrag Di., 20.01.2009, 13:48

Die von mir aufgeworfenen Fragen "Wann ist Therapie gegen ein anderes Hilfsangebot austauschbar" und "Wann braucht man eine Therapie, wann kann auch etwas anderes helfen, scheine nicht nur ich mir zu stellen, sondern auch die Seelsorge stellt sich diese Frage:
(...) Im christlichen Bereich bestehen Unsicherheiten, welche Probleme mehr in die Seelsorge gehören oder ob ein Arzt oder Therapeut zuständig ist.(...)
Psychiatrie und Psychotherapie heute - Möglichkeiten der Heilung und der Veränderung
http://www.mvregio.de/nachrichten_region/185283.html
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Jenny Doe
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Beitrag Di., 20.01.2009, 13:53

Hallo Stefan,
"Warum habe ich mein Vertrauen nicht rechtzeitig entzogen?"
Zur Beantwortung dieser Frage möchte ich dich bitten Dir meinen Erfahrungsbericht in meinem Forum (siehe meine signatur) durchzulesen. Ich kann dir diese Frage hier nicht in einem Satz beantworten, weil die Antwort darauf sehr komplex und umfangreich ist und ich möchte auch nicht, dass dieser Thread in das Thema "Falsche Erinnerungen" umschlägt. Ich möchte über meine Therapieerfahrungen nicht mehr im Detail berichten, da dies zu viele Emotionen bei mir aufwühlen würden, die ich mir nicht leisten kann, weil ich einen klaren Kopf für meine Prüfungen brauche.

viele Grüße
Jenny
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Zerrissene
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Beitrag Di., 20.01.2009, 14:19

Jenny Doe hat geschrieben:
Putnam, der allen in der sog. "Multiplen Szene" bekannt ist (insbesondere Therapeuten), denn seine Aussagen werden ständig und überall zitiert, sagt klar und deutlich:
Bis heute ist nicht bewiesen, dass Kindheitstraumata DIS verursachen.
Quelle: DIS. Diagnose und Behandlung der Dissoziativen Identitätsstörung. Frank W. Putnam. Paderborn 2003
Hier der vollständige Text:

Bis heute ist nicht bewiesen, dass Kindheitstraumata DIS verursachen.
Für die meisten vorliegenden Untersuchungen, einschließlich der Umfrage der NIMH, gilt, dass nicht mittels unabhängiger Quellen verifiziert wurde, ob die berichteteten Traumata tatsächlich stattgefunden haben. Allerdings ist es Therapeuten normalerweise kaum möglich, eine unabhängige Bestätigung für einen Mißbrauch zu erhalten, der ja häufig zehn Jahre oder noch länger zurückliegt. R.P.Kluft berichtet, es sei ihm gelungen, einige der Traumata, über die seine Patienten ihn informiert hatten, duch unabhängige Quellen zu bestätigen. Auch Bliss berichtet über erfolgreiche Bemühungen, Berichte über Mißbrauch oder Mißhandlungen in der Kindheit oder Jugend bei einem Teil seiner DIS-Patienten zu verifizieren.

Zur Zeit laufende Untersuchungen mit Multiplen im Kindesalter, bei denen sich Traumata oft leichter dokumentieren lassen, werden möglicherweise schon einen zweifelsfreien Nachweis der Beziehung zwischen DIS und Kindheitstraumata liefern. Inzwischen möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß wohl kein Therapeut, der mehr als zwei oder drei Multiple behandelt, an der Existenz einer Kausalbezeihung zwischen DIS und Kindheitstraumata, insbesondere Kindesmißbrauch, zweifelt.

Quelle: Frank W. Putnam: Diagnose und Behandlung der Dissoziativen Identitätsstörung

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Aditi
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Beitrag Di., 20.01.2009, 16:06

wenn ich das jetzt richtig gelesen habe, dann steht am anfang dieses textes:
Bis heute ist nicht bewiesen, dass Kindheitstraumata DIS verursachen.
um dann mit dem satz zu enden:
Inzwischen möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß wohl kein Therapeut, der mehr als zwei oder drei Multiple behandelt, an der Existenz einer Kausalbezeihung zwischen DIS und Kindheitstraumata, insbesondere Kindesmißbrauch, zweifelt.
sehr interessant, danke zerrissene!
aditi

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StefanM
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Beitrag Di., 20.01.2009, 16:44

Irgendwie finde ich den Zusammenhang zwischen der großen persönlichen Enttäuschung, den hier einige offenbar mit der PT verbinden, und dem Vorwurf mangelnder "Wissenschaftlichkeit" interessant.

Liegt es vielleicht daran, dass jenseits einzelner Therapeuten auch die Psychologie als Ganzes eine ideale Projektionsfläche für allumfassende Problemlösungswünsche liefert? Dass es sozusagen einen "wissenschaftlich abgesicherten Weg" gäbe, der mich sicher heil macht? Wo ich Dinge wie Intuition, Kreativität, Mut nicht brauche, meine Verantwortung abgeben kann, wenn ich nur den gesicherten Therapie-Weg beschreite?

Also, um es mal in der Sprache der hier gescholtenen Psychologen selber auszudrücken, eine im weitesten Sinne narzisstische Fantasie?

Das würde dann irgendwie auch die bodenlose Entäuschung über die "PT" bei einigen Teilnehmern hier erklären.

In gewisser Weise hielte uns die Psychologie in diesem Fall den Spiegel vor, nur auf eine andere Art, als sie das selber von sich glaubt. Zu lernen, selbst die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, gehört ja an sich zu den Kernzielen jeder PT.

Aber - um es mal etwas überspitzt und ironisch zu formulieren - wer hätte gedacht, dass sie viele Patienten das ausgerechnet dadurch lehrt, dass sie uns im Ganzen so "unbrauchbares" Personal zur Verfügung stellt, dass sozusagen gar nichts anderes übrig bleibt.

Zu erkennen, dass der Psychotherapeut, der einem da gegenüber sitzt, möglicherweise unsicherer, kaputter ist als man selbst - oder mindestens auch keine gescheite Idee hat, wie man mir weiterhelfen könnte - bedeutet ja zugleich in gewisser Weise, auf sich selbst zurückgeworfen zu sein. Schon allein das kann ja extrem traumatisch erlebt werden. Entscheidend wäre dann das Zusammenwirken von überhöhter Erlösungshoffnung und deren Enttäuschung, das seinerseits häufig tiefsitzende Muster berühren dürfte.

Alles nur so Gedanken ins Unreine. Aber könnte da was dran sein?
The whole man must move at once!


Zerrissene
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Beitrag Di., 20.01.2009, 16:51

Genau nachzulesen auf den Seiten 70/71... in: "Diagnose und Behandlung der
DIS" von Putnam.

Ach so, auf der Seite 71 erscheint eine Abbildung über retrospektiv berichtete Kindheitstraumata, von der 100 DIS-Patienten im Rahmen der NIMH-Studie berichteten:

"Sexueller Missbrauch ist die Form von Kindheitstraumata, über die DIS-Patienten am häufigsten berichten. Unter den genannten Arten sex. Missbrauchs ist die häufigste Inzest".

Immerhin haben lt. dieser Studie über 80 % aller DIS-Patienten sex. Missbrauch in der Kindheit erlebt. Wenn das nicht ausreicht...

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Taffi
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Beitrag Di., 20.01.2009, 17:35

Hallo Jenny,

bei deiner Geschichte ist es doch so, dass die Diagnose falsch war. Für die Diagnostik gibt es die entsprechenden "Instrumente". Deine damalige Therapeutin war aber offenkundig nicht in der Lage (oder willens, was weiß ich), sie anzuwenden - vergleichbar mit einem Arzt, der es z.B. nicht versteht, die Manschette für das Blutdruckmessen an der richtigen Stelle auf die richtige Weise anzulegen, CT-Aufnahmen, Blutbilder u.ä. (gewissenhaft) zu interpretieren oder mehrere Symptome einer Auswahl an möglichen Krankheiten zuzuordnen, um diese dann ggf. abzuklären.

Für jemanden mit einer DIS (was ja noch nicht so gut erforscht ist) wären die angewandten Methoden vielleicht die brauchbaren gewesen. Genau wie blutdrucksenkende Mittel bei Bluthochdruck angebracht wären, wenn die Diagnose richtig gestellt ist. Kann aber völlig in den Eimer gehen und fatale Auswirkungen haben, wenn der Patient eben keinen Bluthochdruck hat.
Fehlbehandlungen aufgrund von Fehldiagnosen verdecken dann u.U. die ursprünglichen Symptome und verfälschen die Ergebnisse weiterer Untersuchungen...

Was ich sagen will, ist: In erster Linie war es doch die (willkürliche?) Fehldiagnose, die das ganze Drama ausgelöst hat...? Ein Drama, das vermeidbar gewesen wäre, wenn deine Therapeutin mittels Erkenntnisse der empirischen Wissenschaft vernünftig diagnostiziert hätte. Oder?

Lieben Gruß
Taffi
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi

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zucker
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Beitrag Di., 20.01.2009, 18:21

StefanM hat geschrieben:
Liegt es vielleicht daran, dass jenseits einzelner Therapeuten auch die Psychologie als Ganzes eine ideale Projektionsfläche für allumfassende Problemlösungswünsche liefert? Dass es sozusagen einen "wissenschaftlich abgesicherten Weg" gäbe, der mich sicher heil macht? Wo ich Dinge wie Intuition, Kreativität, Mut nicht brauche, meine Verantwortung abgeben kann, wenn ich nur den gesicherten Therapie-Weg beschreite?

Also, um es mal in der Sprache der hier gescholtenen Psychologen selber auszudrücken, eine im weitesten Sinne narzisstische Fantasie?

Ich finde das von dir, lieber StefanM, ausgezeichnet formuliert und auf den Punkt gebracht!

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max35
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Beitrag Di., 20.01.2009, 20:26

R.L.Fellner hat geschrieben: Solange man die Wirkung von Worten oder nonverbaler Kommunikation nicht exakt wiegen wird können, wird der "Erfolg" von empirischen Wissenschaften wie Psychotherapie nur schwer in "Verbesserungseinheiten" quantifizierbar oder 100%ig eindeutig von anderen Einflüssen abgrenzbar sein -
100%ig ausschließen kann man aber andere Einflüsse z.B. bei einer medikamentösen Therapie auch nicht. Trotzdem kann man die Wirkung (z.B. auch bei Depressionen oder Angst) quantifizieren.
Bei einer Nebenwirkung könnte man das z.B. noch weniger. Denn man kann auch nicht immer 100%ig sagen, daß sie auf das eingesetzte Medikament, auf andere Medikamente, auf den allgemeinen Zustand des Patienten oder sonstige Einflüsse zurückzuführen ist. Dennoch ergibt das durchaus Sinn.
Zudem ist es ja so, daß die PT gerade in der Diagnostik äußerst detailiert jedes Krankheitsbild beschreiben kann, oftmals ist es da auch eine Frage der Quantitfizierung, welches und ob ein Krankheitsbild vorliegt oder nicht.
Ob man es quantifizieren WILL, ist natürlich eine andere Frage, die bis dato elegant umschifft wurde, indem man einfach sagt, daß es nur schwer geht.
Wie auch immer - "schwer" ist nicht "unmöglich" und kann meiner Ansicht nach nicht als Argument gelten, daß man es nicht tut.
R.L.Fellner hat geschrieben: ihnen deshalb aber die Wissenschaftlichkeit abzusprechen oder "der PT" generalisierend spezifischen Heilungserfolg abzustreiten, wie das manche hier gebetsmühlenartig tun, disqualifiziert sich meiner Ansicht nach selbst und hilft bei der Klärung der eingangs gestellten Frage* überhaupt nicht weiter.
Disqualifiziert sich von selbst, weil ....?
Wenn Quantifizierbarkeit für Wissenschaflichkeit nicht nötig oder möglich ist, dann erklären Sie mir bitte was z.B. ausgerechnet spezifischer Heilungserfolg in der PT genau bedeutet ?
Nein, ich werde das jetzt nicht wie Sie wertend sagen, aber ich verstehe nicht, wie man in einem Satz von "Unquantifizierbarkeit" und "spezifischem Heilerfolg" sprechen kann, wenn man schon für die Unterscheidung zwischen "allgemein" und "spezifisch" irgendeine Differenzierung benötigt - und dann noch nachschiebt, daß alle, die das für unglaubwürdig halten, eine sich selbst disqualifizierende Aussage tätigen. Also was sich hier selbst disqualifiziert, überlasse ich jetzt jedem selbst zu beurteilen.
Und es stellt sich die Frage: Was macht denn die PT dann genau wissenschaftlich fundiert und unterscheidet sie z.B. vom obskuren Wunderheiler ?
Ich spreche der PT nicht deshalb die Wissenschaftlichkeit ab, weil sie nicht quantifizierbar ist (sagen sie), sondern weil sie nicht quantifiziert wird. Und zwar nicht, weil sie zu wenig quantifziert wird oder nur ein bißchen, sondern gar nicht. Eben genau mit dem immer wiederkehrenden Argument, daß das nur schwer geht.
Sicher auch nicht hilfreich bei der eingangs gestellten Frage ist es, wenn man die Wirkung der PT von Anfang an außer Frage stellt - dann ist die Fragestellung (ist PT eine Heilmethode ?) nämlich schon von vornherein obsolet, weil die Antwort vorgegeben wird.

Abschließend stelle ich fest:
1.) Es ist für Sie undenkbar, daß eine gescheiterte Therapie emotionale Entäuschung zur Folge haben könnte (auf meine diesbezügliche Antwort in "emotionale Entäuschung in der PT" haben Sie ja den Forumsthread geändert - den habe also komischerweise nicht ich erfunden, obwohl ich ja angeblich immer nur hier war, um alles schlechtzuschreiben )
2.) Für Sie disqualifiziert sich die Ansicht, daß PT nicht wirkt, von selbst. Wie Sie auf einer solchen Basis überhaupt eine Diskussion führen wollen, weiß ich nicht

Stellt sich für mich nur noch die Frage, welchen Sinn ein thread über die "elementaren Dinge für den Heilerfolg" hat, wenn Sie diese offensichtlich weder quantifizieren noch qualifizieren lassen und alle, die bislang nur mit unwirksamen Therapien zu tun hatten, vermutlich herzlich wenig dazu beitragen können (vielleicht ist aber genau DAS der Sinn (?), ich weiß es ja nicht).
Ich denke, statt eines neuen threads wäre es da besser die AGBs des Forums zu ändern:

(x) hiermit versichere ich glaubhaft, daß ich der PT nicht jegliche Wirkung abspreche, denn das disqualifziert sich von selbst und bedarf auch in Fällen der Unwirksamkeit einer PT keiner weiteren Diskussion

Soviel dann übrigens auch zum Thema "einbetonieren" ...

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carö
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Beitrag Di., 20.01.2009, 20:45

hallo stefan,

deine beiträge finde ich sehr überzeugend und anregend. du schreibst, was ich ähnlich denke - aber nie so gut ausdrücken hätte können

lieben gruß

caro
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Thread-EröffnerIn
max35
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Beitrag Di., 20.01.2009, 21:42

Taffi hat geschrieben: Bleibt die Frage nach der Machbarkeit. Dokumentationen können von Therapeuten geschönt werden; das ist also keine Lösung (und in Deutschland gibt es sie bereits; kassenzugelassene Therapeuten sind den Krankenkassen gegenüber rechenschaftspflichtig). Befragung von Klienten (anonym, vielleicht per Fragebogen)... Das wäre eventuell eine Möglichkeit, wenn sie flächendeckend und unabhängig (aber durchaus mit fachlichem Sachverstand) durchgeführt werden. Auf diese Weise bekommen Klienten auch noch mal von außen Reflexionsanstöße für ihre Therapie.

Meinungen?
Ja, dazu habe ich eine Meinung, die ich schon einmal geschrieben habe.
Meiner Ansicht nach gehört hier eine unabhängige Einrichtung installiert (und zwar mit ganz viel fachlichem Sachverstand ), welche mehrere Kontrollfunktionen übernimmt.
Das funktioniert ja bekanntlich auch in anderen Bereichen sehr gut - da wären auch Deine geäußerten Bedenken denke ich überflüssig.
Mit der Krankenkassenzulassung sollte dies allerdings nicht vergleichbar sein, weil die sind fachlich vorsichtig ausgedrückt recht bescheiden.
Ich denke, alleine das Wissen, DASS kontrolliert wird, würde sehr viel verändern, auch wenn natürlich klar ist, daß nicht alles und jedes kontrolliert werden kann.
Nicht zuletzt ist es auch eine Kostenfrage. Allerdings stelle ich hier auch in den Raum, wieviel Kosten unwirksame oder gar schädliche Therapien, die sich oft über Jahre hinziehen, verursachen können.
Taffi hat geschrieben: @max:
Noch ein letzter Hinweis an dich. Stichwort "Theoriegebäude": Wir leben in einer Welt, in der Theorie vielfach einfach praktiziert wird, ohne dass da irgendwas auf lange Sicht bewiesen wäre. Marktwirtschaft, Demokratie, ... - um nur die augenscheinlichsten praktizierten Theorien zu nennen.
Das mag schon sein. Gerade bei der Psyche finde ich es allerdings äußerst problematisch sie irgendwelchen Theorien auszuliefern. Ich finde gerade da müßte man alles daran setzen, um Unsicherheitsfaktoren möglichst gering zu halten. Denn eine verletzte Seele ist wohl weitaus schlimmer als eine Aktie, die an Wert verliert ...

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R.L.Fellner
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Beitrag Di., 20.01.2009, 23:40

Lieber max35,
max35 hat geschrieben:100%ig ausschließen kann man aber andere Einflüsse z.B. bei einer medikamentösen Therapie auch nicht.
also was jetzt - ist auch bei einem Therapieerfolg die Therapie "schuld" oder nur bei Mißerfolgen? Ist es hingegen bei einem Mißerfolg "wieder mal ganz typisch", und ein schlechter Therapeut, die ganze Methode oder sogar die gesamte Psychotherapie "wie eine Religion" (Ihre Worte) anzuprangern, oder könnten auch in diesem Fall andere Einflüsse beteiligt gewesen sein als nur die 50 Minuten, die die betreffende Person alle 1-2 Wochen auf ein Gespräch kommt?

Mir kommt ein wenig vor, Sie beleuchten die Realität in Ihrer Argumentation immer nur so, wie es gerade in Ihr Konzept passt.

Hier möchten Sie viele locken, doch mal aus Ihren Schwarz/Weiß-Schablonen rauszukommen und zu differenzieren - aber egal, was Sie an Antworten und Differenzierungen zur Antwort bekommen, Sie suchen sich die schwarzen und weißen Staubkörner raus und basteln sich daraus wieder ein Ding, mit dem Sie (sich selbst) beweisen, was für ein Drama rund um "die" Psychotherapie herrscht...

Wohlgemerkt: partiell gibt es solche Dramen (übrigens auch in der Medizin, bei der Polizei, in der Politik, in Religionen, der Altenpflege, aber auch beim Nachbarn und in Schachclubs), und es ist absolut wichtig, sich damit zu befassen. Die gesamte Polizei zu verteufeln, Polizisten pauschal Böses zu unterstellen oder nach zusätzlichen Obersheriffs mit Sondervollmachten zu rufen, wird die Lösung der vorhandenen Probleme jedoch nicht wirklich vereinfachen.
max35 hat geschrieben:Disqualifiziert sich von selbst, weil ....?
auf meine diesbezügliche Erklärung hatten Sie doch eben sogar noch geantwortet!
erklären Sie mir bitte was z.B. ausgerechnet spezifischer Heilungserfolg in der PT genau bedeutet ?
wenn z.B. nach der Psychotherapie eine deutliche Symptomminderung oder Symptomfreiheit nach einer Sozialphobie vorliegt.

Gab es parallel zur Therapie keine sonstigen außergewöhnlichen Einflüsse im Leben eines Klienten und hat er nicht plötzlich "100%ig heilende" (jaja, die Pharmaindustrie kann das!) Medikamente eingenommen, dann besteht ein gewisser Verdacht, daß die Psychotherapie daran zumindest nicht unbeteiligt war - auch wenn ihr völliges Versagen natürlich immer noch nicht 100%ig ausgeschlossen werden kann.
Und es stellt sich die Frage: Was macht denn die PT dann genau wissenschaftlich fundiert und unterscheidet sie z.B. vom obskuren Wunderheiler ?
da mache ich's mir jetzt einfach und ersuche Sie, eines der zahlreichen Bücher, wissenschaftlichen Arbeiten etc. zur Psychotherapieforschung bzw. Wirkungsforschung zu lesen... dazu braucht's nun wirklich keine "Erklärung" der Sachverhalte vom R.L.Fellner.
Link 1, 42 Ergebnisse, Link 2, 24 Ergebnisse
sondern weil sie nicht quantifiziert wird. Und zwar nicht, weil sie zu wenig quantifziert wird oder nur ein bißchen, sondern gar nicht.
ich möchte Sie etwas fragen, und mach's Ihnen sogar einfacher: ein Kind kommt 3x zu einer Schulpsychologin (nicht mal Therapeutin, sondern es werden simple 0815-Methoden aus der Psychologie angewandt), weil es verhaltensauffällig ist. Nach diesen 3 Terminen ist das Kind weniger auffällig.
Quantifizieren Sie den Erfolg! (in Bezug auf die Rolle oder Nicht-Rolle der Gespräche für die Veränderung)
Sicher auch nicht hilfreich bei der eingangs gestellten Frage ist es, wenn man die Wirkung der PT von Anfang an außer Frage stellt - dann ist die Fragestellung (ist PT eine Heilmethode ?) nämlich schon von vornherein obsolet, weil die Antwort vorgegeben wird.
sollten Sie mich damit meinen, wo habe ich das getan? Sie formulieren dies ja so, als hätte ich behauptet, daß PTh immer und überall heilend wirkt. Was ich nicht getan habe. Auf jeder 2. Seite meines Webauftritts hier können Sie herauslesen, daß ich dieser Meinung nicht bin.
Falls Sie sich erinnern: daß meine Denke (und wohl auch die der meisten anderen PsychotherapeutInnen, soviel darf ich verraten) nicht so ist, wie Sie das unterstellen, darauf hatte ich Sie schon weiter oben in diesem Thread mal hingewiesen. ..was Sie aber keineswegs davon abhält, es weiter zu behaupten. Was wäre denn so schlimm daran, wenn es anders wäre, als Sie hier - trotz allem, was Sie hier bereits lesen konnten - immer noch behaupten?
Abschließend stelle ich fest:
1.) Es ist für Sie undenkbar, daß eine gescheiterte Therapie emotionale Entäuschung zur Folge haben könnte
beziehen Sie sich da auch noch auf mich? Wo habe ich derartiges geschrieben?!
2.) Für Sie disqualifiziert sich die Ansicht, daß PT nicht wirkt, von selbst.
wie gesagt, falls das immer noch an mich adressiert war: bitte zurück um 2 Felder ...äh, Absätze. Bitte lesen Sie nochmals genau nach und zitieren Sie mich wenigstens korrekt, wenn Sie sich auf meine Beiträge beziehen, statt mir naive Schwarz/Weiß-Malerei zu unterstellen, wie sie gerade von mir in diesem Thread noch nicht zu lesen war. Eine sinnvolle Diskussion ist sonst nicht möglich.

R.L.Fellner

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MinaM
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Beitrag Mi., 21.01.2009, 09:06

@StefanM
Alles nur so Gedanken ins Unreine. Aber könnte da was dran sein?
in meinem Fall nein.
Ich habe keine "schlimmen" Therapieerfahrungen gemacht also im Sinne von einer "Horror-Therapie".
Aber sie waren völlig nutzlos. Sie haben nix bewirkt.
Ich hatte zwei Therapeutinnen in Einzeltherapien und beide waren "passabel" also sie waren weder skuril oder verschroben, oder irgendetwas. Der Verlauf der Therapien war wahrscheinlich "durchschnittlich", also das, was in Therapien Gang und Gebe ist.
Zusätzlich hatte ich 2mal Erfahrung mit Therapie in Kliniken, auch hier waren die Therapeuten weitgehend normale, und ganz nette Menschen.
Ich habe in den Therapien über meine Probleme gesprochen, über meine Vergangenheit, man hat mir Bilder vorgehalten, in die ich etwas hinein interpretieren sollte, alternativ durfte ich selber Bilder malen, in die ich dann auch interpretieren durfte, etc etc.
Also ganz normale Therapie. Aber ich fragte mich schon früh was es denn bringen sollte. Ich verwarf dieses Gedanken jedoch, blieb Therapie gegenüber aufgeschlossen. Ich dachte mir "Alle sagen Therapie bringt was". Ich dachte weiter, Therapie geht doch mit überprüfter Methodik vor und ist wissenschaftlich fundiert. Dann habe ich viele andere Leute kennen gelernt (u.a. in Kliniken) die oft schon Jahrelang !!!!Therapie gemacht haben, diese Leute haben sich oft weitgehend positiv über Therapie geäußert, so in dem Stil "irgendetwas bringt es mir schon" und dann aber fast im gleichen Atemzug gesagt "ich bin so fertig, dass ich mich nur noch umbringen könnte" (nach oft jahrlanger Therapie wohlgemerkt!). Ja, da denkt man sich natürlich schon irgendwie ob die Therapien denn wirklich was gebracht haben. Und dass das nicht nur bei mir so ist, dass sie schlichtweg nix bringt. Sondern vielleicht auch bei der Mehrheit der Leute die Therapien besuchen. Dann habe ich mich mal für die wissenschaftliche Grundlage der PT interessiert und einige wenige Studien, und wie einige Therapien zu ihrer Zulassung kommen und als anerkannt gelten und andere nicht. Naja, und was ich da gelesen habe, da konnte ich dann nur denken "da wundert mich ja gar nichts mehr."
Mein Resümee ist: Die PT ist schon in ihren Grundlagen brüchig. Das bedeutet dass auch "gut" arbeitende Therapeuten letztlich Heilerfolge nicht erreichen können.
@Herr Fellner:
Es ist nicht so gemeint dass alle Therapeuten "böse" sind. Es ist vielmehr so, dass das Problem in der PT selber liegt. In ihren Grundlagen. Da können dann noch so gute, nette und auf Heilung abzielende Therapeuten arbeiten, es nützt nichts, wenn die Methodik selber falsch ist.
Deswegen ist wirkungslose und schädliche PT für mich nicht personenbezogen, im Sinne von „es gibt Überall schwarze Schafe“ sondern dass Problem liegt in den Grundlagen der PT selbst. Es kann nicht brauchbares dabei rauskommen.
Um vorzubeugen dass jetzt jemand wieder einwirft: „Aber PT kann doch auch helfen“.
Ja!, das kann sie und sie hat sicher auch schon mal jemanden geholfen, aber das Ganze läuft letztlich auf ein „Glückspiel“ hinaus.

Und deswegen zielt meine Kritik vor allem und in erster Linie auf die Darstellung der PT in der Öffentlichkeit, die sie selbst sorgsam Aufrecht erhält:

PT ist ist eine wissenschaftlich überprüfte Heilmethode bei psychischen Problemen, die in den meisten Fällen psychische Erkrankungen heilt oder lindert.
Eine „Behandlung“ durch einen ausgebildeten Psychotherapeuten ist unumgänglich und bringt mehr als ein Gespräch oder eine Ratsuche bei einer Person des Vertrauens ( also einem Laien)
PT ist auf der gleichen Stufe wie die Schulmedizin, (und da kann ja der Arzt auch nicht durch einen Freund ersetzt werden.) Sie wendet genauso wie die Schulmedizin Methoden an, deren Wirksamkeit überprüft und belegte sind. Sie hilft vielleicht nicht jedem aber der Mehrheit der Leute, die sie in Anspruch nehmen.

Das ist das Bild, das die PT nach Außen darstellt.
Es steht jedem frei ob er dieses Selbstdarstellung der PT (noch) glauben will oder nicht.
Ich glaube es nicht, bzw. ich weiß dass es nicht so ist.
Und ich würde keine möglichen Erfolge oder Hilfeleistungen für mich voreilig ausschließen (da würde ich mir ja ins eigene Fleisch schneiden) wenn ich mir, nach dem ich mir ein umfassendes Bild über PT machen konnte, darin nicht so sicher wäre.

lg
MinaM
Nichts bereuen ist aller Weisheit Anfang.
- Ludwig Börne


Jenny Doe
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Beitrag Mi., 21.01.2009, 13:02

Hallo Taffi,
bei deiner Geschichte ist es doch so, dass die Diagnose falsch war.
Es war ja nicht nur eine Diagnose falsch, sondern alle, die gestellt wurden.
Und meine Therapieenttäuschung rührt ja nicht nur von der Fehldiagnose her.


Hallo Zerrissene,
Immerhin haben lt. dieser Studie über 80 % aller DIS-Patienten sex. Missbrauch in der Kindheit erlebt. Wenn das nicht ausreicht...
Womit wir wieder beim Thema "wissenschaftliche Forschung" sind. Retrospektive Studien sind unwissenschaftlich. Diese 80% beruhen auf Angaben von Klienten, von denen nicht eine einzige auf ihre Richtigkeit hin überprüft wurde. Das Ganze ist ein einziges Zirkelschlussproblem: Eine Therapeutin stellte einst die Behauptung auf, DIS würde nur in der Kindheit entstehen und sei die Folge extremer Gewalt. Therapeuten begannen daraufhin in der Therapie (überall nur noch DIS zu sehen und zu diagnostizieren) und bei ihren DIS-Klienten nach der postulierten sexuellen Gewalt zu suchen (Ich habe diese Vorgehensweise selber erlebt und bekomme sie auch von zahlreichen anderen Klienten geschildert). Therapeuten suchen also nach dem postulierten Missbrauch und induzieren so ihren Klienten falsche Erinnerungen. Im Zirkelschluss werden diese Klienten dann als Beweis für die Theorie, DIS würde nur im Kindesalter und nur in Folge extremer Gewalt entstehen, vorgeführt.
Immer mehr Klienten erkennen jedoch, dass ihnen so ein Missbrauch eingeredet wurde. Ein Blick ins Internet reicht. Die Fälle gehen inzwischen auch in Deutschland in die 100te. Ich habe mit vielen dieser Klienten persönlich zu tun, helfen ihnen, soweit ich kann.
Wieviele von den 80% mögen da wohl falsch sein?
Wie gesagt, ich werde über dieses Thema hier nicht diskutieren, ich möchte nur, dass in diese ganzen Mythen über DIS mal ein bisschen Realität reinkommt.

Gruß
Jenny
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


Zerrissene
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Beitrag Mi., 21.01.2009, 13:28

Hallo Jenny,
Jenny Doe hat geschrieben:
Therapeuten suchen also nach dem postulierten Missbrauch und induzieren so ihren Klienten falsche Erinnerungen. Im Zirkelschluss werden diese Klienten dann als Beweis für die Theorie, DIS würde nur im Kindesalter und nur in Folge extremer Gewalt entstehen, vorgeführt.
Immer mehr Klienten erkennen jedoch, dass ihnen so ein Missbrauch eingeredet wurde.
Dies kann eher nur eine Ausnahme sein. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass sich jeder Klient falsche Erinnerungen einreden läßt. Wo sollen die denn auch herkommen? Und gute Therapeuten sind eher vorsichtig mit ihrer Diagnose. Sie müssen ihre Klienten auch nicht vorführen, "als Beweis für DIS".

Jenny, wie kannst du von Klienten sprechen, wenn du noch gar keine zugelassene Psychotherapeutin bist? Lehnst du dich nicht zu sehr aus dem Fenster? Ich dachte, du bist Psychologiestudentin. Und der Weg bis zu einer Traumatherapeutin ist weit, sehr weit sogar.

Gruß Zerrissene

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