Anderen verzeihen

Alle Themen, die in keines der Partnerschafts-Foren passen, bei denen es aber in weitestem Sinne um Beziehungen, soziale Kontakte usw. geht, Adoption, Pflege usw.
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Beitrag Do., 22.07.2010, 21:02

today hat geschrieben:Kann Verzeihen nicht auch als eine lebenslange Übung anzusehen sein?
Ich sehe es so, sicher kann man das. Ich glaube, dass viele, die Verzeihen als höhere, weiter entwickelte Form des Umgangs mit Konflikten/Verletzungen/tatsächlichen Schädigungen begreifen, es so sehen.

Ich teile die Auffassung, das eine sei besser als das andere, auch im Sinne vom selbstbezogenen innere Ruhe haben, nicht. Mal so, mal so. Je nachdem, welches Bild ich von der Sache habe.

Gruß
Anastasius

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Sara
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 09:11

wirklich interessantes Thema mit dem auch ich mich in den letzten Monaten viel beschäftigt habe.

Meinen Erfahrungen nach, kann ich einem Menschen wirklich nur so richtig verzeihen, wenn ich es auch schlussendlich genau mit ihm geregelt hab. Das kann persönlich sein oder auch zB in einem Brief. Mich interessiert da auch gar nicht großartig die Sichtweise des anderen, muss ich ehrlich sagen. Da bin ich so egoistisch und will einfach nur sagen, was ich zu sagen habe. brauch auch gar keine Antwort drauf...wills einfach nur bei der richtigen Person loswerden

Ich hatte eine Freundin, die mir sehr in den Rücken gefallen ist. Jahrelang hat mich das immer wieder geplagt, in meinem Träumen verfolgt und beim bloßen Gedanken daran, kam mir die Galle hoch.
Bis zu dem Tag, an dem ich sie zufällig getroffen habe und sie mich ansprach ob wir nicht normal reden können.
Zu diesem Zeitpunkt hab ich ihr das erste mal meine Meinung zu dem Thema gesagt...alles, was ich jahrelang runtergeschluckt hab bzw. zwar mit anderen drüber gesprochen hab, aber eben nicht mit ihr.
Von diesem Moment an ist quasi eine Last von mir gefallen und das Thema ist erledigt. Ich kann wirkich sagen, ich hab ihr verziehen und das merke ich daran, dass ich überhaupt keinen Gräuel mehr ihr gegenüber empfinde (was vorher jahrelang der Fall war).

Ich denke, dass verzeihen sehr wichtig ist weil es einen ansonsten sein Leben lang irgendwie begleitet. Zwar wirds natürlich mit der Zeit besser aber ganz weg gehts nicht.

GSD war ich noch nie in einer Situation, wo ich es nicht mit diesem Menschen persönlich ausmachen konnte. Natürlich gibt es auch im Moment Menschen, denen ich noch nicht verziehen hab, aber 1. braucht alles seine Zeit und 2. weiß ich, dass der Tag kommen wird, an dem ich es kann

lg Sara

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TimpeTe
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 12:25

Hallo Eve

Ich habe bis jetzt noch nie in diesem Thred gelesen, weil dies nicht mein Thema ist. Jetzt möchte ich doch husch auf diese Seiten hüpfen und etwas dazu sagen, weil ich mich auf Anastasius Thread missverstanden fühlte.

Verzeihen können- das gehört selbstverständlich auch zu meinem Leben und ist mir sehr wichtig! Ich denke- wenn man dies nicht kann, dann verhärtet sich die Seele.
Und ich möchte eine "weiche" Seele haben.

Aber in meinem Leben gibt es drei Menschen denen ich nicht verzeihen kann und will. Dazu habe ich mich ganz bewusst entschieden. Inzwischen ist kein Hass mehr da- aber Abscheu.

Fazit: Ich kann verzeihen- sogar ganz gut.
Aber nicht allen Menschen.
Und habe trotzdem "sowas" wie Frieden in meiner Seele gefunden.

l.g. medusa
Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt. (Mark Twain 1835-1910)

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Eve...
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 12:34

Hallo Medusa,

danke für diese Erklärung, denn sie hebt in meinen Augen etwas Wichtiges hervor.

Ist es denn so, dass Dich diese Menschen, denen Du weder vergeben kannst noch willst, inzwischen auch innerlich nicht mehr beschäftigen? Das wäre dann schon ein gravierender Unterschied zur fortdauernden Beschäftigung damit bzw. zur "Groll-Pflege".

LG Eve
Zuletzt geändert von Eve... am Fr., 23.07.2010, 12:38, insgesamt 3-mal geändert.

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Hamna
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 12:35

medusa52 hat geschrieben:weil ich mich auf Anastasius Thread missverstanden fühlte.
Medusa, von wem eigentlich? Habe dort auch gerade gelesen, aber konnte nirgends rauslesen, wer dich da missversteht.


Mit meiner Geschichte weiß ich gerade auch gar nicht mehr, in welchen Thread ich eigentlich gehöre. Habe ich verziehen? Traurig bin ich ja immer noch darüber, wie es gelaufen ist. Aber alles Gute wünsche ich ihm trotzdem, Groll oder Hass ist da nicht.

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Eve...
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 12:39

Rilke, das ist ein gutes Beispiel fürs Verziehen-Haben. Glückwunsch, Du bist frei von demjenigen. Trauer gehört für mich in eine andere Kategorie, sie ist kein per se negatives Gefühl (wenn auch schmerzhaft), sogar not-wendig.

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Beitrag Fr., 23.07.2010, 12:51

Rilke hat geschrieben:Mit meiner Geschichte weiß ich gerade auch gar nicht mehr, in welchen Thread ich eigentlich gehöre. Habe ich verziehen? Traurig bin ich ja immer noch darüber, wie es gelaufen ist. Aber alles Gute wünsche ich ihm trotzdem, Groll oder Hass ist da nicht.
Für mich ist es so. Gegenüber der Ex, es gibt andere Fälle, gehöre ich zu den Nichtverzeihern. Wünsche nichts Gutes und nichts Böses.
Das Nichtverzeihen schließt aber Traurigkeit, dass ES (quasi die "neutralisierte" Form; das Schicksal, wie auch immer) so gelaufen ist, nicht aus. Das nimmt aber nichts von der Stellung der betreffenden Person.

Gruß
Anastasius

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today
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 12:56

Eve, du schriebst, verzeihen bedeutet dir, dem anderen alles Gute wünschen zu können.
Bedeutet das im Umkehrschluss, solange du nicht verziehen hast, wünscht du ihm Negatives?

Ananstasius, nichts wünschen geht glaube nicht.

Ich glaube schon, vom Verzeihen zu trennen ist der Schmerz über das Zugefügte.
Schmerz, den man nicht haben will, gegen den man sich wehrt, grollt...., mit dem man nicht einverstanden ist, ihn nicht einsieht ...
Der andere als Verursacher ist Zielobjekt des Grolls.

Wenn er tot wäre, wäre "objektiv" kein Zielobjekt mehr da.
Der Schmerz würde bleiben, geht er tief genug.

Letztendlich sind wir aufgerufen, des Lebens Leiden anzunehmen.
Glaube ich, dieses menschengemachte in einen Zusammenhang stellend mit nicht menschengemachten Verletzungen und auch meinend, keiner kann anders tun, als er kann und auch das nennt sich Leben.

Woran man so zu kauen hat, nennt sich vielleicht Desillusionierung.

Ich bin wirr bei diesem Thema, insofern erkläre ich hiermit, dass ich auf Logik verzichte.
und tschüss, das ist mir zu viel wortzensur hier

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Hamna
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 13:26

Vielleicht bin ich auch ent-täuscht. Somit war die Freundschaft eine Täuschung, vielleicht war ich nur sowas wie ein Lückenfüller, solange er keine Beziehung hatte. Komischerweise bereitet mir dieser Gedanke weniger Schmerz.


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Beitrag Fr., 23.07.2010, 14:06

Umgangssprachlich ist die Formulierung weit verbreitet (das gilt auch und besonders für Politiker und Unternehmen): "Ich habe mich entschuldigt." Das ist nicht möglich. Es kann nur um Entschuldigung oder Verzeihung gebeten werden. In der Interaktion von Schädiger und Geschädigtem muß also der erste Schritt vom Schädiger getan werden, und in der Hand des Geschädigten liegt es dann, das Spannungsverhältnis 'zu bereinigen' oder es weiter bestehen zu lassen.

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Beitrag Fr., 23.07.2010, 14:13

Hallo Sir,
Sir hat geschrieben:Es kann nur um Entschuldigung oder Verzeihung gebeten werden. In der Interaktion von Schädiger und Geschädigtem muß also der erste Schritt vom Schädiger getan werden, und in der Hand des Geschädigten liegt es dann, das Spannungsverhältnis 'zu bereinigen' oder es weiter bestehen zu lassen.

Die Formulierung "Ich entschuldige mich" finde ich in gravierenden Fällen sehr daneben.

Gruß
Anastasius

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Beitrag Fr., 23.07.2010, 14:21

Hallo today,
todeay hat geschrieben:keiner kann anders tun, als er kann und auch das nennt sich Leben.
Ich denke, dann wäre "Verantwortung" ein leerer Begriff, der nichts meinen kann. Dann wäre es konsequent, darauf überhaupt zu verzichten.
Ich bin wirr bei diesem Thema, insofern erkläre ich hiermit, dass ich auf Logik verzichte.
Insofern schließe ich mich an, als - wie ich meine - auf diesem Gebiet der Kern einer Überzeugung nicht logisch oder wissenschaftlich begründet werden kann. Die logischen Begründungen bauen auf Glaubenssätzen auf.

Edit:
Deshalb könnte man z. B. lange und fruchtlos (es sei denn, einer "überredet" den anderen zu einer anderen Sicht) darüber streiten:
today hat geschrieben:keiner kann anders tun, als er kann
Gruß
Anastasius
Zuletzt geändert von Gast am Fr., 23.07.2010, 14:46, insgesamt 1-mal geändert.

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Eve...
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 14:42

Hallo Today,
zu Deiner Frage musste ich erst einmal ein Weilchen überlegen. Die klare Antwort: Jain. Es ist, solange kein Verzeihen stattfand, eher so ein Gefühl wie eine Mauer, weder Schlecht- noch Gutwünschen eigentlich ... Aber es IST auch schon vorgekommen, dass ich Schlechtes wünschte ...


@ Sir

Wenn das Verzeihen nur vom Schädiger eingeleitet werden könnte - das fände ich schrecklich. Dann wäre ich ja an diesen nicht nur durch üble Gefühle, sondern auch noch gebunden bis er ankäme ... und wenn nicht, ginge es gar nicht - furchtbar.

Und Sara: Das finde ich ja gerade das Gute, dass ich selbst völlig unabhängig vom anderen beschließen kann, für ihn unbemerkt, diesen Schritt zu gehen. Ich muss es ihm selbst nicht mitteilen.

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Beitrag Fr., 23.07.2010, 15:06

Hallo Eve...,
Eve hat geschrieben:Wenn das Verzeihen nur vom Schädiger eingeleitet werden könnte -
Da denke ich, es ist auch möglich, dass man von sich aus, quasi ungebeten verzeiht. Sogar, wenn der Schädigende sich keiner Schuld bewußt ist, sogar wenn ihn das überhaupt nicht kehrt.

Wie ich Sir verstanden habe galt das für den Fall, dass ein unaufgelöstes Spannungsverhältnis besteht und der Schädiger dies bereinigen möchte. Der Geschädigte u. U. zum Verzeihen bereit wäre (etwa bei einer Bitte um Verzeihung). Da kann niemand herkommen und sich selbst entschuldigen.
Anschließend womöglich noch mit dem Vorwurf gegenüber dem Geschädigten: Was hast du denn? Du bist aber nachtragend! Ich habe mich doch bereits entschuldigt.

(Ich spreche da auch aus persönlicher Erfahrung. Etwas Ähnliches war es, was für mich die Story mit meiner Ex nur noch schlimmer machte.)


Gruß
Anastasius
Zuletzt geändert von Gast am Fr., 23.07.2010, 16:40, insgesamt 2-mal geändert.

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Beitrag Fr., 23.07.2010, 15:34

Eve... hat geschrieben: Wenn das Verzeihen nur vom Schädiger eingeleitet werden könnte - das fände ich schrecklich. Dann wäre ich ja an diesen nicht nur durch üble Gefühle, sondern auch noch gebunden bis er ankäme ... und wenn nicht, ginge es gar nicht - furchtbar.
Genau so war es bei mir! Bis vor etwa 3-4 Wochen... was dann jene weiter vorne erwähnte Kaskade auslöste. Genau so!
Und genauso erklärt sich auch, wieso ich seit genau diesem Zeitpunkt
nach Jahren erstmals (!!!) jenes Macht- und Hilflosigkeitsgefühl ansatzweise verblasst.
Gerade die letzte Woche war sehr turbulent, es gab viele Auf und AB's, zu viel auf einmal... aber erstmalig (!!!) nach zig Jahren gab es dabei Momente, in denen ich aus dem Ohnmachtsgefühls herausgekommen bin.

Und eben, gerade mal 1 Stunde her,...na ja, es gab aufgrund (leider widriger Umstände) ein Mini-Mini-klärendes Gespräch mit dem Ex. Bin noch total durcheinander. Will nur so viel dazu sagen, und mein Instinkt weiß es vielleicht viel besser als ich, auch wenn ich es mir nicht erklären kann: "JETZT kann ich loslassen. Jetzt HABE Ich verziehen!". Ohne es erklären zu können, der Satz hämmert seit 1 h durch meinen Kopf. Wohlgemerkt, man beachte die Zeit-/Vergangenheitsform dieser zunächst nur intuitiven Aussagen! Nicht... "Jetzt kann ich verzeihen"... auch kein jetzt "Jetzt kann ich anfangen richtig zu verziehen", sondern "Ich habe bereits just in diesem Moment..."

Aber bin noch ganz durcheinander. Vor allem weil genau jene widrigen Umstände, die zu dem ungeplanten Gespräch führten, eben erneut im ganzen großen Stile die Ohnmacht wieder auslösen! Aber letzte Woche gab es eben auch, wie gesagt, das allererste Mal Momente, wo ich aus der chronischen Taubheit herausgekommen bin... wenn auch immer nur stundenweise.

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