@cadita, ja, genau das ist das Problem!
Schaukelstuhl hat geschrieben: ↑Di., 19.09.2023, 14:22
Nach meinem Verständnis ist die kPTBS durch wiederkehrende "offensichtlichen" Traumata aber eher im ICD-11 abgebildet als die kPTBS durch oben beschriebene "nicht-offensichtliche" Traumata. Diese Betroffenen fallen wohl meistens durch die Latten.
Ich habe das Gefühl, dass die Diagnose, so wie sie jetzt im ICD 11 steht auch viele Betroffenen sexualisierter Gewalt in der Kindheit nicht ausreichend fasst.
Zumindest erlebe ich das bei mir selbst so.
Ich hatte z.B. noch nie klassische Flashbacks. Höchstens emotionale Flashbacks, wenn man sie so nennen will.
Auch Vermeidungsverhalten sehe ich bei mir nicht wirklich, außer man packt da die Dissoziationen rein.
Dafür kommt die Dissoziation in der ICD 11 komplett zu kurz.
Ich finde das persönlich total enttäuschend. Ich habe die Diagnose kPTBS schon vor knapp 20 Jahren erhalten und habe mich darin - so wie ich sie damals verstanden habe (nach Reddemann bzw. Herman), total wieder gefunden. Und jetzt taucht das wieder nicht auf.
Außer vielleicht eher, weil sexualisierte Gewalt in der Kindheit explizit als mögliche Ursache genannt wird.
Da würde ich mich vielleicht als „nur“ Betroffene von „weniger gut fassbarer Gewalt“ noch weniger gesehen fühlen.
Andererseits steht dort ja „Exposure to an event or series of events of an extremely threatening or horrific nature…“ - und wenn man Kinder hat, dann weiß man, dass es für kleine Kinder kaum etwas bedrohlicheres geben kann, als Vernachlässigung oder Eltern, die die eigenen Bedürfnisse nicht sehen und beantworten können oder wollen.
Weil man ja existenziell abhängig ist.
Ich hoffe, dass jedem halbwegs guten Thera klar ist, dass also auch emotionale Gewalt da mit rein fällt. (Ja, vermutlich Wunschdenken.)
Kurz gesagt, ich glaube die ICD 11 Diagnose hilft denen mit „fassbararen Traumatisierungen“ auch nicht wirklich mehr als allen anderen- leider.