mio hat geschrieben: ↑Mi., 08.04.2020, 15:20
Ja, und jemand der vor den wirtschaftlichen Folgen mehr Angst hat legt eben mehr Wert auf Geld als auf Menschenleben. Das finde ich persönlich schon bezeichnend und durchaus egoman.
mio, ich glaube, es hat keinen Zweck, du verstehst es einfach nicht. Angst ist ein Gefühl und hat nichts mit Risikoeinschätzung oder vorhandener oder nicht vorhandener sozialer Einstellung zu tun. Angst hat immer was mit der eigenen Lebensrealität zu tun und nicht mit den Überlegungen über die Lebenssituation anderer Menschen oder der Allgemeinheit. Ich kenne niemanden, der schon mal eine Panikattacke bekommen hat, weil bei einem Unglück oder einem Naturereignis irgendwo auf der Welt Menschen sterben könnten (deren Leben ja genauso viel Wert ist, wie das der Menschen hier). Die Leute kriegen erst Angst, wenn die eigene Lebensrealität bedroht wird, in Form der eigenen Gesundheit, des Verlusts wichtiger Personen oder meinetwegen auch des Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung durch eine Überlastung des Gesundheitssystems.
Angst ist immer egoman, es geht immer um einen drohenden Verlust für einen selbst, welcher Art auch immer. Warum wird denn immer argumentiert: "Denk daran, es könnte auch dein/e Opa/Oma sein!" Bestimmt nicht, weil den Menschen alle Menschenleben gleich wichtig sind, sondern weil es letztlich immer um den drohenden eigenen Verlust geht. Und auf den springt jemand, der noch ältere oder kranke Verwandte hat und die bestenfalls auch noch liebt, bzw. derjenige, der sich evtl. selbst als gefährdet betrachtet natürlich stärker drauf an, aber nicht weil er moralisch überlegen wäre und den Wert des Lebens ach so hoch schätzt, sondern schlicht und ergreifen, weil er ganz persönlich etwas zu verlieren hat. Das ist genau diese moralinsaure Scheinheiligkeit, die mir so auf den Zeiger geht.
mio hat geschrieben: ↑Mi., 08.04.2020, 15:20
Es ist ja nicht so, dass die "kleinen Leute" die gerade tatsächlich um ihre wirtschaftliche Existenz bangen die wären die da am Lautesten schreien, die werden eher kreativ und lassen sich was einfallen. Nein, die die am Lautesten schreien das sind wie immer die die den Hals eh nicht voll genug bekommen können. Und denen geht der Hintern gerade wahrscheinlich ziemlich auf Grundeis da sich abzeichnet dass die Bevölkerung eben doch nicht so "Konsumverliebt" ist wenn es drauf ankommt.
Da geht's dann direkt weiter, da wird dann der "böse Kapitalist" als Feindbild auf die Bühne geholt. Das ist wirklich so platt, dass es mich anödet. Ich weiß ja nicht, wo du deine Weisheiten über die "kleinen Leute" (wer immer das ist...
) herholst. Sorry, ich habe wenig Kontakt zu Großindustriellen und Börsenspekulanten, was die wie laut schreien oder nicht, weiß ich nicht und interessiert mich ehrlich gesagt auch nicht. Ich kenne nur "normale" Menschen, die mir in den letzten Tagen und Wochen verstärkt von Ihren Sorgen erzählen, davon, dass sie Angst haben, ihre Wohnung nicht halten zu können, den Auto- oder Wohnungskredit nicht zahlen zu können. Die selbständige Fußpflegerin, die nicht arbeiten darf, der Taxifahrer, der kaum noch Aufträge hat, der Minijobber, der zu Hause bleiben muss und kein Geld bekommt. Stimmt, schreien tun die vielleicht nicht, aber man sieht ihnen die Angst an, wenn sie davon erzählen. Und du glaubst moralisch den Stab über diese Menschen brechen zu können, weil diese Angst momentan stärker ist, als die Angst vor einer Krankheit, einfach deshalb, weil es momentan "näher dran" und die konkretere, deutlicher wahrnehmbare Bedrohung ist?
Aber auch wenn die Angst vor der existenziellen Krise größer ist, als die eigene Angst vor der Erkrankung, heißt das trotzdem nicht, dass die Menschen deshalb nicht sehen können, das andere Menschen andere Ängste haben und sich solidarisch zeigen und diese berücksichtigen können.