Die spinnen doch, die Analytiker! Oder doch nicht?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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metropolis
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Beitrag Mi., 12.05.2010, 23:07

Jesusechse hat geschrieben: Und ich bin der Meinung, dass Du Dir die PA einfach sparen könntest und gleich VT machen könntest und sogar mehr profitieren würdest als mit dem therapeutischen Doppeldecker.
DAS ist Schwarz-Weiß-Denken. Warum immer nur entweder oder, wenn man von beiden auf ganz unterschiedliche Weise profitieren kann?[/quote]
Lebenszeit ist sehr kostbar und eigentlich viel zu schade für Therapien.
Ja genau, Zeit ist kostbar, und die Zeit, diese 4 Jahre Analyse, waren die 4 lebenswertesten Jahre meines bisherigen Lebens. Es werden noch viele solche Jahre ohne die Analyse folgen. Es war keine Quälerei für mich, die Zeit davor war es.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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Amanda Shawnee
Helferlein
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Beitrag Mi., 12.05.2010, 23:15

hi,
ja manche analytiker spinnen ein wenig aber nicht alles. klar ist therapiezeit verschenkte lebenszeit sie kann aber auch sehr hilfreich sein.

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carö
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Beitrag Mi., 12.05.2010, 23:22

liebe jesusechse,
.....Anzuerkennen was in der Vergangenheit passiert ist, ist schön und gut, aber nur anerkennen nützt nicht viel. Erst müssen Sie bereit sind, wirklich etwas zu ändern, da sonst Sie sich nur in vergangenen Kränkungen (Verletzungen ; von mir eingefügt) bewegen, ohne einen Schritt für die Zukunft zu machen...."
das ist eine sehr kluge aussage und sowas würdest du nicht nur von einem VTler zu hören (lesen) kriegen... du weisst schon, was ich meine ..

LG
carö
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Jesusechse
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Beitrag Mi., 12.05.2010, 23:49

Hi.

Das kann sein, dass es auch andere Thrapeuten so sagen werden. Es ist ja was Grundsätzliches. Aber wie man das dann in der Praxis macht, wenn es einen im Alltag einholt, da hat mir mein VTler halt ganz konkret sagen können wie und was hilft. Von PAs hab' ich dazu nie was vermittelt bekommen. Aber ich denke, es hat sich auch viel geändert. Zumindest macht's den Anschein, was ich von Euch höre. Ich hab' wirklich sehr klassische PA gehabt und da hätte keiner sowas gesagt wie in dieser Mail.

Da war man wirklich auf dem Trip, kaum was sagen und Patienten einfach machen lassen. Ich denke, viele werden noch so arbeiten, aber da kommen dann keine Patienten an und loben den, sondern sind auch unzufrieden und gehen irgendwann frustriert weg. Ich denke, bei Euch beiden (metro und carö), wirkt viel mehr der Mensch als die Methode. Er lässt Euch Freiraum, den ihr offenbar anderswo nicht hattet.

Bei mir war das umgekehrt. Ich hatte niemanden, der sich um mich groß gekümmert hätte, ich kenne weder Ver-noch Gebote. Ich war sehr früh selbständig, habe schon für meine kleinere Schwester Verantwortung übernommen, war sozusagen das Leittier. Da war keiner, der mich bevormundet hätte, ich MUSSTE alles allein entscheiden und stemmen. Man fragte mich, wie und was man tun sollte, frage mich um Rat.

Genau aus dem Grund will ich keinen Therapeuten, der wieder alles mir überlässt. So jemanden erlebe ich als vernächlässigende stinkfaule Sau, die sich bequem zurücklehnt, die Kohle abkassiert und mich ackern bzw. absaufen lässt, wenn ich das nicht hinkriege. Therapie ist ein Gemeinschaftsprojekt und da soll die Last fifty/fifty geteilt werden.

Das war jetzt krass, aber genau so empfinden viele Menschen PA. Ich brauch' keine Freiheit, ich bin frei; genaugenommen war ich zu Hause "vogelfrei" (Ja, jeder konnte alles mit mir machen und wenn ich mich nicht verteidigen konnte, dann hab' ich's halt abgekriegt.).

Insofern mag ich einen Thera, der sich aktiv ins Geschehen mischt. Mein Thera redet sehr viel und ich wenig. Das ist super.

LG

Jesusechse

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Gast
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Beitrag Do., 13.05.2010, 00:05

Humor- resp. Ironiemodus an.
Jesusechse hat geschrieben:Therapie ist ein Gemeinschaftsprojekt und da soll die Last fifty/fifty geteilt werden.

Das wird sie auch in der klassisch-dogmatischen Psychoanalyse. Nur merkt der Patient davon oft nichts. Was meinst du, wie es den ein oder anderen Analytiker innerlich fast zerreißt, weil er nichts konkret Hilfreiches sagen darf.

Gruß
Anastasius

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Jesusechse
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Beitrag Do., 13.05.2010, 00:18

Lieber Anastasius!

Das hoffe ich inständig! Sowohl, dass es denen so weh tut, als auch, dass es die, die nicht sagen, wirklich zerreißt.

Ich hab' kein Problem damit, Blut zu sehen; erst recht keins von PAs.

Gute Nacht! + LG

Jesusechse

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candle
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Beitrag Do., 13.05.2010, 00:23

Jesusechse hat geschrieben:
Insofern mag ich einen Thera, der sich aktiv ins Geschehen mischt. Mein Thera redet sehr viel und ich wenig.
Neee, nicht wirklich, denn das wäre eher Analyse.

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

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estelle
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Beitrag Do., 13.05.2010, 10:07

Jesusechse hat geschrieben:Insofern mag ich einen Thera, der sich aktiv ins Geschehen mischt. Mein Thera redet sehr viel und ich wenig. Das ist super.
Da kannst du aber wirklich nur für dich sprechen,die Menschen sind ja unterschiedlich.

Jemand der sich aktiv in mein Geschehen mischt und viel auf mich einredet das wäre überhaupt

nicht mein Fall gewesen.

Dann war es wohl doch so richtig,wie es bei mir gelaufen ist.

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Jesusechse
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Beitrag Do., 13.05.2010, 10:41

Zitat aus meinem Posting:

"Insofern mag ICH einen Thera, der sich aktiv ins Geschehen einmischt...."

Ich denke, mehr kann man nicht mehr nur für sich sprechen oder wie sollte man es noch mehr formulieren, dass man über sich selber redet?

Das ist immer wieder das Gleiche hier: Man schreibt was und es wird was reininterpretiert, was man nie geschrieben hat. Ich hab' ja wirklich nur für mich gesprochen, aber selbst da wird noch draus gemacht, dass ich 'ne allgemein für alle gültige Aussage tätigen würde!! Oder wie soll man jetzt die Reaktion auffassen?

????

LG

Jesusechse

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estelle
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Beitrag Do., 13.05.2010, 10:44

Ja,ist schon ok.
So habe ich das garnicht gemeint.

Es war nur eine allgemeingültige Aussage für mich selber.Ich wollte nur ausdrücken,dass es für mich
so nicht zutrifft.

Einen schönen Feiertag dir!

So ist das eben nach 300 Stunden Psychoanalyse,dann ist man nur bei sich und kann garnicht mehr
richtig mit anderen Menschen kommunizieren.

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metropolis
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Beitrag Do., 13.05.2010, 11:07

Anastasius hat geschrieben:Humor- resp. Ironiemodus an.
Jesusechse hat geschrieben:Therapie ist ein Gemeinschaftsprojekt und da soll die Last fifty/fifty geteilt werden.

Das wird sie auch in der klassisch-dogmatischen Psychoanalyse. Nur merkt der Patient davon oft nichts. Was meinst du, wie es den ein oder anderen Analytiker innerlich fast zerreißt, weil er nichts konkret Hilfreiches sagen darf.

Wozu die Ironie? Ist doch so!
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Jesusechse
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Beitrag Do., 13.05.2010, 11:12

Ja, das ist leider wirklich so und es ist genau meine Feststellung nach vielen Jahren Therapielandschaft:

Mit PAs oder Menschen, die PA gemacht haben, ist "normale", also alltägliche Kommunikation fast nicht mehr möglich.

PA hat sehr wohl die Wirkung, dass Menschen im echten Leben nur noch anecken, weil sie sich ständig um die eigene Achse drehen, alles in Frage stellen.

Draußen im Job funktioniert das aber nicht, in normalen Beziehungen funktioniert das nicht. Ich finde das auch in diesem Thread so schwierig. Alltagsssprache geht hier ständig nach hinten los.

Z.B. mitsukos Kritik von ganz vorne bei der Forumulierung mit

"Man könnte/sollte/würde....etca. pp.).".

Das wird hier kritisiert, man würde anderen was überstülpen, dabei ist es ganz normale Alltagssprache. Und wenn man draußen dauernd von "Ich..." sprechen würde, statt dem dezenteren "man", würde man innerhalb von kurzer Zeit die Rückmeldung kriegen:

"DU hältst DICH wohl für sehr wichtig?" oder "Meinst DU, es muss sich die ganze Welt um Dich drehen?!"..

Ich hab' das auch festgestellt, dass man mit PA und Analysanden ruckzuck Stress kriegt, wo's mit anderen Menschen überhaupt keine Probleme gibt.

Es ist eine sehr wichtige Fähigkeit, sich selbst als ganz unwichtig nehmen zu können.

Dir auch einen schönen Feiertag, violetta!!

Ich hab's auch nicht böse gemeint, falls es schroff geklungen hat, ich war nur verwundert, wie das jetzt wieder passieren konnte?

GLG

Jesusechse

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Beitrag Do., 13.05.2010, 11:23

Anastasius hat geschrieben:Was meinst du, wie es den ein oder anderen Analytiker innerlich fast zerreißt, weil er nichts konkret Hilfreiches sagen darf.
metropolis hat geschrieben:Wozu die Ironie? Ist doch so!
Das wirft aber ein merkwürdiges, schon ziemlich absonderliches Licht auf diese Heilmethode. Die dem Helfenden auferlegt, konkret Hilfreiches zu unterlassen.

Anastasius

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metropolis
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Beitrag Do., 13.05.2010, 11:32

Jesusechse hat geschrieben: Ich denke, bei Euch beiden (metro und carö), wirkt viel mehr der Mensch als die Methode. Er lässt Euch Freiraum, den ihr offenbar anderswo nicht hattet.

Bei mir war das umgekehrt. Ich hatte niemanden, der sich um mich groß gekümmert hätte, ich kenne weder Ver-noch Gebote. Ich war sehr früh selbständig, habe schon für meine kleinere Schwester Verantwortung übernommen, war sozusagen das Leittier. Da war keiner, der mich bevormundet hätte, ich MUSSTE alles allein entscheiden und stemmen. Man fragte mich, wie und was man tun sollte, frage mich um Rat.
Nee, nee

Ich wurde als Kind auch viel mir selbst überlassen. Meine Mutter fand zu mir keinen Zugang, ihre Erziehung bestand hauptsächlich darin, mich so schnell wie möglich selbstständig und erwachsen zu bekommen, ich wurde wenig behütet. Und wenn sie mal nicht damit beschäftigt war mich durch Würfe ins kalte Wasser abzuhärten, dann könnte man ihre Erziehungsmethode schon fast antiautoritär nennen. Keine Verbote, keine Strafen, viele Freiheiten, zu viele Freiheiten. Ich habe sie nie genutzt.
Von daher kann ich nicht sagen, dass ich die Freiheit in der PA sonderlich genieße. Ich fühle mich genauso alleingelassen und vernachlässigt wie früher. Was meine Analyse letztendlich doch gerettet hat, war mein PA, der sich zunehmend auf meine Bedürfnisse einstellte, natürlich nicht in dem Maße, dass die pa Methode aufgehoben wurde. Es begann damit, dass er auf meinen Wunsch das Schweigen geringer hielt, mit mir sprach, seine Stimme zur Verfügung stellte. Nicht indem er von sich erzählte oder mir Ratschläge oder seine Meinung über meine Probleme äußerte. Er sprach einfach, irgendwas, es spielte keine Rolle, was er sagte, Hauptsache ich hörte dass er noch da war. Auf der Fantasie-Ebene ging er auch dazu über mich zu bemuttern.
Klar ist das unanalytisch, den kindlichen Wünschen des Patienten nachzugeben, aber so jemand wie ich -frühgestört- braucht diese Kompromisse.
Mir tat die Freiheit anfangs überhaupt nicht gut. Erst jetzt nach langer Zeit beginne ich, diesen Weg, der hauptsächlich durch mich gelenkt wird als Segen zu empfinden. Letztendlich habe ich mich noch nie in meinem Leben so ernstgenommen gefühlt. "Du weißt, was du brauchst. Du weißt wo es lang geht. Ich werde dir folgen." so die Arbeitsweise meines Theras. Nicht: "Mach du mal alleine, ich schaue nur zu"!!!

LG

metro
Zuletzt geändert von metropolis am Do., 13.05.2010, 11:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Theodor Storm

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Stöpsel
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Beitrag Do., 13.05.2010, 11:34

Hallo Jesusechse,
Man schreibt was und es wird was reininterpretiert, was man nie geschrieben hat.
Ja, das liegt an der Natur der menschlichen Kommuniukation. Man kann nie, durch noch so sorgfältige Formulierung, verhindern, daß man sich mißversteht, weil man nicht den Kontext kennt, innerhalb dem der andere das gesagte interpretiert. Man kann nur das Risiko etwas einschränken. Klar, wenn man sich besser kennt, ist das Risiko auch geringer, weil jeder sein Gegenüber dann besser einschätzen kann.
Insofern, eh man sich über irgendwas aufregt, sollte man zuvor prüfen, ob der andere es nicht vielleicht anders gemeint hat und entsprechend nachfragen. (Und Vorurteile sind der beste Weg, von vornherein eine Prüfung abzulehnen und Mißverständnisse aufrechtzuerhalten).
Mit PAs oder Menschen, die PA gemacht haben, ist "normale", also alltägliche Kommunikation fast nicht mehr möglich.
Ich frag mich das eher, ob das nicht bezogen auf alle Leute gilt, die Therapie machen/gemacht haben. Und ob auch die Kommunikation hier im Forum nicht dazu führt, daß man nicht normal redet. Dann kann man sich im gleichen Atemzug aber auch fragen, was "normal" ist und ob "normal" so wünschenswert ist. Na ja, bin da mit meinen Überlegungen noch nicht am Ende.
Und wenn man draußen dauernd von "Ich..." sprechen würde, statt dem dezenteren "man", würde man innerhalb von kurzer Zeit die Rückmeldung kriegen:

"DU hältst DICH wohl für sehr wichtig?" oder "Meinst DU, es muss sich die ganze Welt um Dich drehen?!"..
"Man" dezenter? Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Hast Du mal ein Beispiel?

Viele Grüße

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