Traue mich nicht auf die Couch

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leberblümchen
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 20:10

Oh weh, ich weiß gar nicht, wo man da anfangen soll.

Du schreibst ja, dass sie noch nicht ihre Abschlussprüfungen hat, richtig? Sie hat offensichtlich nicht so viel Erfahrung, nehme ich an? Es scheint so, als sei sie im Moment selbst etwas verunsichert. Ich bin mir jetzt nicht so sicher, ob es hilfreich für dich ist, dass sie dir gesagt hat, was das mit ihr macht, dass du im Moment so drauf bist. Das setzt dich ja immer mehr unter Druck und es gibt dir immer mehr das Gefühl, dass du ein 'Problem-Kind' bist, sozusagen. Man will zu seiner Mutter, hat Verlassensängste und bekommt von ihr gesagt, dass man ihr die Nerven raubt? - Schwierig, wirklich.

Ich vermute, dass sie da im Moment die Fäden nicht so in der Hand hat, wie das der Fall sein sollte. Und das geht mindestens, seitdem das mit der Couch thematisiert wurde (gut, vorher kannte ich dich ja nicht). Sie möchte, dass du irgendwie nach Lehrbuch funktionierst, kann das sein? Ich hab ja so ähnliche Ängste, wie du weißt, nur nicht so extrem, aber ich finde es da immer ungemein hilfreich, wenn ich das Gefühl bekomme, ganz entspannt sein zu dürfen und wenn so was kommt wie: "Sie brauchen keine Angst zu haben, dass ich die Arbeit mit Ihnen beende". Ich bekomme das auch nicht ständig gesagt; aber das Grundgefühl ist da. Und ich fürchte, dieses Sicherheitsgefühl geht euch beiden im Moment total ab. Mir ist nicht klar, wieso sie dich so immer weiter verunsichert; denn ich bin GANZ SICHER, dass sie das nicht will. Und ich bin auch sicher, dass sie dich nicht loswerden will, das macht man nicht mitten in einer Analyse. Da muss sie jetzt mit dir durch

Du darfst den Fehler nicht bei dir suchen, aber ich weiß, dass Therapeuten manchmal dazu neigen, in schwierigen Zeiten ihren Frust auszuagieren, anstatt sich die Zeit zu nehmen, ihre Gefühle in Ruhe zu analysieren. Was macht sie denn aber auch für Sachen? Sie fragt immer, ob du weißt, was du mit ihr machst. Aber fragt sie sich auch, was sie mit dir macht? Es ist wirklich nicht dein Job, der perfekte Patient zu sein. Du musst dich nicht damit quälen, dich pausenlos zu fragen, was du falsch gemacht hast, was du unterlassen hast usw. Ein Therapeut muss selbst gucken, wie er dich 'knackt' - vorausgesetzt, der Patient ist willig, und das bist du ja zweifellos.

Kann es sein, dass sie dich wachrütteln will? Dass sie dir eine Ohrfeige verpassen will, um dich vom 'Trauer-Zustand' in den Wut-Zustand zu schubsen? Keine Ahnung. Oder dass sie an dein Ich appellieren will und dir sagen will: "Hey, du bist erwachsen!"?

Klar, sie hat Recht: SMS zwischendurch ist grundsätzlich nicht gut. Ist aber auch nicht dein Problem, dass du von ihr eine SMS bekommen hast...

Gelingt es dir nicht, mal so richtig wütend auf sie zu sein? Empfindest du jetzt immer noch dieses "ich mache alles falsch, und deshalb ist meine 'Mutter' sauer"? Ich würd dir irgendwie raten, mal auf den Putz zu hauen vor der Pause - weiß aber nicht, ob das zu dir passt.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 20:22

Giraffenkind hat geschrieben:Ach titus, es war WIRKLICH ganz schlimm, ich bin völlig geschockt. Sie hat sogar davon gesprochen, ob das wohl die richtige Therapieform für mich wäre.... und das, wo ich gerade MITTEN drin bin,.

Aber wenn dem so ist, (was ich irgendwie schon die ganze Zeit die du hier in dem Thread geschrieben hast befürchtet habe) dann ist es auf jeden Fall sinnvoll daß das thematisiert wird und wenn nötig die Konsequenzen daraus gezogen werden, weil du brauchst einfach die GEEIGNETE Therapieform für dich und deine Problemlage, nicht wahllos irgendeine Therapieform.

Giraffenkind hat geschrieben:Und dann meinte sie noch, dass sie sicher ist, dass ich ihr einfach nicht alles erzähle und wir deswegen auch nicht voran kommen. Es ginge mir gerade immer schlechter, das dürfte nicht passieren und ich würde ihr nicht alles sagen..

Ich denke das ist eine gefährliche Ideologie und entspricht absolut nicht der Wahrhheit.

Damit schiebt sie nur wieder DIR die "Schuld" für die jetzige Misere zu und lenkt von ihrer eigenen Verantwortung in der ganzen Sache ab. Weil wenn sie mit Traumatisierten Menschen arbeitet MUSS sie respektieren daß jeder Traumatisierte nur so viel erzählt wie er oder sie eben kann und nicht mehr. Und daß es kein Recht des Therapeuten auf eine umfassende und detailierte Erzählung ALLER Traumabaustellen gibt. Und dies auch nicht notwendig ist.

Ich glaube sowohl die Analyse als Therapieform als auch die therapeutische Ideologie die diese Frau vertritt tut dir alles andere als gut.

Giraffenkind hat geschrieben: Aber ich glaube, ich verstehe sie langsam. Ich habe ihr wirklich nicht GENAUER erzählt, wie sich meine schlechte Verfassung gerade im Alltag zeigt. Ich erzähle immer nur, dass es so ist und warum, aber nicht wie es sich auswirkt, wie es mir genau damit geht, wie es sich genau anfühlt usw.
Sie weiß nicht, wie mich diese schlechte Verfassung im Alltag lähmt oder auch immer wieder in einen extrem angespannten Zustand bringt.
Sie weiß nicht, dass ich fast jeden Tag (um sie) weine.
Sie weiß nicht, dass ich große Schwierigkeiten habe, mich gerade überhaupt auf irgend etwas zu konzentrieren.
Sie weiß nicht, dass ich mich von meinem Mann zurück ziehe, um mit meinem Schmerz um sie allein zu sein.
Sie weiß das alles nicht, weil ich es nicht sage.
Vielleicht meint sie das?


Andererseits, wenn du ihr solche massiven Krisen verheimlichst kann in der Tat keine Therapie stattfinden. Weil du bist total labil und in einer schlechten Verfassung und sie meint, es ist alles paletti, ihr könnte Traumaarbeit machen, wie soll das funktionieren. Weil wenn sie überhaupt nicht einschätzen kann wie deine Verfassung ist könnte das ja so weit gehen daß du zB völlig suizidal bist oder am durchdrehen und sie weiss es einfach nicht. Ich schätze mal daß das für einen Therapeuten auch eine ziemlich unangenehme Sache ist.


leberblümchen
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 20:32

Es ist doch auch klar, dass nicht jeder alles erzählt. Es gibt Patienten, die erst in der 290. Stunde das erzählen, was sie belastet. Ein Therapeut braucht Geduld, Geduld und Geduld. Du bist nicht das Kind auf dem Töpfchen, das ein Häufchen dann zu machen hat, wenn die Mutter meint, es passt gerade besonders gut Und ein Therapeut darf sich nicht so abhängig vom Erfolg des Patienten machen, dass er selbst Angst bekommt. Klar, die Therapieform kann falsch sein, aber mir erscheint es so, als würde hier die Panik von der Therapeutin kommen und als würde sie dich damit anstecken. Sehe nur ich das so?

Es ist ganz normal, dass man in einer Analyse auch verdammt beschis.sene Phasen hat und plötzlich von der Trauer eingeholt wird, die man seit Kindertagen nicht mehr kannte. Plötzlich merkt man: "Das Gefühl kenne ich doch von irgendwoher! Ich fühle mich wie damals!" - und das ist dann auch so, und das darf so sein. Der Punkt ist nur: Man muss das aushalten können, irgendwie. Und ich bin zuversichtlich, dass dir das auch gelingt, wenn deine Therapeutin selbst sich entspannen kann. Wie eben eine Mutter bei der Entwicklung ihres Kindes. Keine Panik bei der ersten 5! Keine Panik, wenn man mit 3 Jahren noch Windeln braucht!

Was ich gut finde, ist, dass du dich an einen anderen Therapeuten wenden kannst. Ich glaube, das ist echt hilfreich, denn da wirst du kompetent aufgefangen und vor allem: vielleicht eröffnen sich da neue Möglichkeiten und er kann dir helfen, dich aus dem Sumpf zu ziehen, als ein Dritter, der nicht so selbst involviert ist.

Münchnerkindl: Das Problem ist nur, dass sie ja förmlich Angst haben muss, sich zu öffnen, wenn sie - vielleicht unbewusst - spürt, dass die Therapeutin selbst etwas wackelig ist.

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Giraffenkind
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 20:50

Ja, ich denke auch, dass ich sie gerade sehr unter Druck gesetzt habe, dass ich solche Angst vor der Pause habe und sie merkt, dass ich ihr nicht alles erzählt habe und sie die ganze Lage dadurch schwer einschätzen kann. Sie wirkte heute auf mich auch etwas verzweifelt... was habe ich nur getan?
Und das Schräge ist ja, dass wir uns gerade beide unter Druck gesetzt fühlen.

Ich möchte ihr sagen, dass es mir leid tut und dass ich die lange Pause schon irgendwie überstehen werde und danach versuche, ihr meine Gefühle genauer zu beschreiben, aber dass sie mich bitte nicht wegschicken soll. Und dass ich SO nicht in die Pause gehen kann, das Gefühl ist einfach unerträglich.

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Widow
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 20:54

Liebe Giraffe,

wenn Du nicht imstande bist, ohne ständige auf Dich und Dein Inneres bezogene Fragen und Gesrpächsangebote, ohne ständiges Kommunikationsbrückenbauen zu signalisieren (ob verbal oder durch andere Ausdrucksformen), was bei Dir ansatzweise Sache ist, dann ist es kein Wunder, wenn jede Therapeutin und jeder Therapeut in der nun eingetretenen Situation dieser Urlaubkrise grundsätzlich wird. Therapeuten - gleich, welcher "Schule" - sind keine Hellseher.

Und so ist es in meinen Augen (und damit sehe ich das anders als Müki) sehr wohl auch an den PatientInnen, "hinreichend gut" zu funktionieren, damit ihr therapeutisches Gegenüber halbwegs mitkriegen kann, was bei denen abgeht. - Wenn PatientInnen das nicht wollen, dann ist es ihrs, nicht etwa ein Fehler des therapeutischen Gegenübers.
Du hast hier immer sehr offen, und das finde ich gut und wichtig, gesagt, dass Du Deine Analytikerin zu wenig Einblick gewährst.

Was soll sie denn jetzt tun?
Ich lese hier seit Thread-Eröffnung mit und mir wurde immer mulmiger: Du hast Dich binnen kürzester Zeit sowas von reingesteigert bzw. ist so vieles, was längst mal auf die Couch gehört hätte, nun von Dir hier empfunden worden, dass mir angst und bange wurde. Ich verstehe Deine Analytikerin gut.

Und vielleicht hat sie recht: Wenn Du 150 Stunden auf der Couch lang (oder wie lang auch immer) drumrum"lebst" (und man muss ja nicht immer nur "reden" dort - aber man muss dort SEIN!), Dir etwas vormachst - wie soll sie denn dann an Dich ran?!
Nun geht sie an Dich ran.
Das timing mag schlecht sein, von wegen Urlaubspause und dann noch soooo lang. Aber welche Möglichkeiten hättet Ihr zwei denn zuvor gehabt?

Du hast hier irgendwo mal sinngemäß geschrieben, dass Du nicht so genau informiert seiest über die therapeutischen Schulen. Vielleicht rächt sich das jetzt - Du bist schon so lange dabei und wolltest nie wissen, was Du da tust - Du! Nicht nur Deine Therapeutin.

Es tut mir leid, ich weiß, dass es jetzt wieder Widow-Keile gibt. Aber, liebe Giraffe: Obgleich ich mit Wandelröschens VT-Anleitungen zwecks Überlebens einer therapeutischen Pause überhaupt nichts anfangen kann, so möchte ich Dich doch fragen, ob Du jemanden brauchst, der Dich (eine Zeit lang) in den Arm nimmt (und Dein Kind, dein "äußeres", gleich mit) und an die Hand, oder ob Du jemanden wolltest, der Dich mit Dir selbst und Deinen Widersprüchen konfrontiert?
Wenn ersteres zutrifft, dann bist Du in einer Analyse eher unkomfortabel aufgehoben - obgleich eine Analyse auch unglaublich, unendlich und unsagbar haltend sein kann (mein Ferkel steht neben meiner Tastatur).

Fazit:
Liebe Giraffe: Ihr, Du und Deine Analytikerin, seid noch nicht am Ende. Soweit ich sehe, ganz im Gegenteil: Ihr habt mit etwas begonnen, das vielleicht (!) sehr, sehr gut werden wird. Sie will Dich nicht "loswerden", aber sie will, dass Du Dich selbst nicht mehr betrügst.
Wenn Du die Pause nicht aushältst (was ja überhaupt nicht "peinlich" wäre!!!), hast Du doch schon Ressourcen geschaffen: Die Körpertherapeutin oder den Kollegen Deiner Analytikerin, an die Du Dich wenden kannst.

Meingott, ich möcht Dich gern ein wenig rütteln und dann drücken und dann wieder rütteln: Du hast so viele Chancen, gerade jetzt!

Herzlich,
Widow

Edit: Zwei Klarstellungen

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 21:04

Widow hat geschrieben: Und so ist es in meinen Augen (und damit sehe ich das anders als Müki) sehr wohl auch an den PatientInnen, "hinreichend gut" zu funktionieren, damit ihr therapeutisches Gegenüber halbwegs mitkriegen kann, was bei denen abgeht.


Doch, das ist durchaus auch meine Meinung, gerade eine Therapieform wie die Analyse (bestimmt erheblich mehr als eine Verhaltenstherapie) nur dann funktionieren kann wenn der Klient grundsätzlich in der Lage ist sich emotional einzulassen und die Dinge die auch gerade in Übertragungen hochkommen in der Therapie anzusprechen.

Ich sehen aber wenn ein Klient dazu zB aufgrund einer Traumatisierung nicht der Lage ist nicht als "Versagen" des Klienten in Sachen Mitarbeit, sondern eher als von Anfang an das falsche Therapieverfahren.


leberblümchen
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 21:04

widow, aber man kann sich nicht auf Bestellung öffnen. Man kann sich in dieser Situation nur dann öffnen, wenn man sich sicher sein kann. Aber schon in Giraffenkinds erstem Beitrag steht das Wort 'Druck'. Ich kenne das aus meiner Therapie auch: Wenn ich das Gefühl habe, er könnte mich verlassen, wenn ich nicht funktioniere (und im Gegensatz zu Giraffenkinds Therapeutin hat er das nie so gesagt, aber ich hab mich trotzdem reingesteigert), dann blockiert man. Dagegen kann man nicht so viel tun - bzw. man kommt nicht mit dem Verstand und dem festen Willen ran. Vielleicht klappt das mit der Ohrfeige, die die Therapeutin ihr heute gegeben hat? Man kann sich in diesem Zustand nicht selbst diesen Ruck geben.

Das ist so ähnlich, wie wenn man Angst hat, der Geliebte könnte einen verlassen. Und dann fragt man zig mal nach: "Liebst du mich noch?" - jemand, der das nicht kennt, der denkt natürlich: "Ist die bekloppt? So macht sie doch alles nur schlimmer!" - aber der Betroffene KANN nicht anders. Das ist wie ein Zwang. Das ist die Störung. Mit noch mehr Druck à la: "Nun fang mal an zu funktionieren, weitere 100 Stunden Rumgeeiere können wir uns nicht leisten" erreicht man bestenfalls so was wie Wut, die dann wieder produktiv werden kann.

Aber du siehst ja, was passiert ist: Nun fragt sich Giraffenkind noch mehr, was sie wohl für ein schlimmes Kind ist. Die 'Mutter' tut ihr leid. Nein, verdammt, die Mutter muss dir nicht leid tun. Die kann für sich selbst sorgen! Du darfst schwierig sein; wenn mein Therapeut mal einen Hauch von Genervtsein zeigt, dann sag ich ihm: "Wenn ich nicht so gestört wäre, wäre ich nicht hier". Also, man hat schon die Einsicht, dass man falsch tickt. Das ist ja auch schon mal was. Aber man kann das nicht bewusst steuern. Sonst bräuchte man die Behandlung nicht.

P.S.: Täuscht das eigentlich, oder ist es wirklich so, dass das Liegen auf der Couch letztendlich die Trennungspanik verschärft hat? Ich vermute immer noch, wie in meinem ersten Beitrag in diesem Thread, dass du vielleicht einfach nicht geeignet bist für die Couch.
Zuletzt geändert von leberblümchen am Mo., 16.07.2012, 21:12, insgesamt 1-mal geändert.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 21:11

Widow hat geschrieben: Es tut mir leid, ich weiß, dass es jetzt wieder Widow-Keile gibt. Aber, liebe Giraffe: Obgleich ich mit Wandelröschens VT-Anleitungen zwecks Überlebens einer therapeutischen Pause überhaupt nichts anfangen kann, so möchte ich Dich doch fragen, ob Du jemanden brauchst, der Dich (eine Zeit lang) in den Arm nimmt (und Dein Kind, dein "äußeres", gleich mit) und an die Hand, oder ob Du jemanden wolltest, der Dich mit Dir selbst und Deinen Widersprüchen konfrontiert?
Wenn ersteres zutrifft, dann bist Du in einer Analyse eher unkomfortabel aufgehoben - obgleich eine Analyse auch unglaublich, unendlich und unsagbar haltend sein kann (mein Ferkel steht neben meiner Tastatur).

Das Problem ist, das wissen sehr viele Klienten ja nicht wenn sie sich auf die Suche nach einem Therapeuten begeben. Es kann ja auch sein daß man selbst garnicht abschätzen kann was die Intensität einer Analyse so alles in einem aufrühren kann und einfach denkt, wow, 3 Stunden die Woche, das muss ja super-stützend sein. Und dann ist der Klient halt froh IRGENDWEN gefunden zu haben der halbwegs sympatisch rüberkommt und dann in seinem Leid die Verantwortung für die Therapie dem Therapeuten überlassen.


Daß 3 Stunden die Woche und eine voll ausgebrochene Übertagungskistein der Intensität ein Minimum von Stabilität voraussetzt um diesen Prozess überstehen zu können bekommt man da doch eher nicht gesagt.


leberblümchen
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 21:14

Und ich glaube auch, dass es sogar 'offiziell' besser ist, dass man sich gar nicht 'privat' mit dem Thema befasst - so von wegen: Du wirst dich vielleicht verlieben, du wirst ständig weinen, du wirst täglich an den Therapeuten denken, du wirst ihn als Mutter sehen, du wirst wütend sein und mal die Tür knallen wollen, du wirst irgendwann über deine sexuellen Phantasien reden, und so fort - wer würde denn mit diesem Wissen eine Analyse anfangen


Widow
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 21:15

OT: Müki, ich weißichweißichweiß (hier gibt es ja eine Gebetsmühle, die das immer wieder und wieder und wieder ... - naja). Aber lass uns doch jetzt bitte, gerade nach dem Forumskälte-Thread von Themis, halbwegs bei der TE und ihrem Problem bleiben, ja?

Ich gelobe auch Besserung (ob ich die hinkrieg, weiß ich nicht, aber ich wills versuchen).

Widow

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Giraffenkind
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 21:21

titus2 hat geschrieben: Du schreibst ja, dass sie noch nicht ihre Abschlussprüfungen hat, richtig? Sie hat offensichtlich nicht so viel Erfahrung, nehme ich an? Es scheint so, als sei sie im Moment selbst etwas verunsichert.
Ja, sie hat jetzt in diesen 6 Wochen ihre ganzen Abschlußprüfungen und ist bestimmt total im Stress.... und ich mache ihr noch mehr Stress.
Man will zu seiner Mutter, hat Verlassensängste und bekommt von ihr gesagt, dass man ihr die Nerven raubt? - Schwierig, wirklich.
Ja.
Ich vermute, dass sie da im Moment die Fäden nicht so in der Hand hat, wie das der Fall sein sollte.
Wir hatten so eine ähnliche Situation ja schon mal, als eine Pause war. Irgendwie seltsam, was das mit ihr und mir macht.
Sie möchte, dass du irgendwie nach Lehrbuch funktionierst, kann das sein?
Angeblich will sie das ja nicht, sondern es ist mein Anspruch, den ich nicht hinbekomme. Als ich mal vor einigen Wochen sagte, dass ich mich schon so anstrenge und es trotzdem nicht hinbekomme, meinte sie, dass ja genau das das Problem wäre und ich aufhören soll, mich anzustrengen.

Und ich fürchte, dieses Sicherheitsgefühl geht euch beiden im Moment total ab.
Ich habe ihr heute gesagt, dass als sie mir am Ende der letzten Sitzung sagte, dass es ihr eben gar nicht egal wäre, wie es mir die 6 Wochen geht und sie sich um mich sorgt, dass mir das so gut getan hat und dass ich es anscheinend gerade wirklich nicht spüre, dass ich ihr nicht egal bin. Das sollte quasi so etwas wie eine Entschuldigung sein, dass ich auch glaube, dass ich ihre Bemühungen nur zu wenig registriere und es mir leid tut.
Sie meinte heute aber auch noch, dass sie nicht den Eindruck hat, dass es mir reicht, was sie mir da gesagt hat, weil es mir trotzdem so schlecht wegen der Pause geht. Ohje, was habe ich nur angerichtet, ich wollte sie niemals so unter Druck setzen.

Und ich bin auch sicher, dass sie dich nicht loswerden will, das macht man nicht mitten in einer Analyse. Da muss sie jetzt mit dir durch
Und warum fängt sie dann vom Thema "vielleicht nicht die richtige Therapieform" an.... 2 Tage vor einer lange Pause, von der sie weiß, dass sie mich stresst ohne Ende? Warum macht sie das?

Was macht sie denn aber auch für Sachen? Sie fragt immer, ob du weißt, was du mit ihr machst.
Hat sie das schon öfter gefragt? Kann ich mich jetzt gar nicht dran erinnern.
Aber fragt sie sich auch, was sie mit dir macht?
Das werde ich sie Mittwoch fragen und ihr auch sagen, was das mit mir macht.

Ein Therapeut muss selbst gucken, wie er dich 'knackt' - vorausgesetzt, der Patient ist willig, und das bist du ja zweifellos.
Naja, anscheinend mache ich es ihr aber auch sehr schwer, wenn sie mir heute sagte, dass ich ihr auch nicht alles erzähle. Mir ist das gar nicht aufgefallen, bis sie es mir sagte. Und es sind ja keine Dinge, die ich nicht erzählen könnte.
Kann es sein, dass sie dich wachrütteln will? Dass sie dir eine Ohrfeige verpassen will, um dich vom 'Trauer-Zustand' in den Wut-Zustand zu schubsen?
Genau das habe ich mich vorhin auch gefragt, ich weiß es nicht. Als wir mal eine ähnliche Situation hatten und ich sie fragte, ob das jetzt alles Methode wäre, verneinte sie.
Oder dass sie an dein Ich appellieren will und dir sagen will: "Hey, du bist erwachsen!"?
Ich weiß es nicht. Komischerweise hat sie mir gar nicht das Gefühl gegeben, dass es grundsätzlich schlecht ist, dass ich sie so vermisse. Ich glaube, sie wollte mir eher erklären, dass es sie stresst, wenn es nicht besprechbar ist... und dass das anscheinend bei mir in manchen Punkten so ist, hatte ich bis dahin noch gar nicht so gesehen. Ich dachte immer, sie weiß doch, wie sehr ich an ihr hänge und ich sage doch, wie schlimm die Pause für mich ist... ja, aber viel mehr kommt dann auch nicht von mir und wenn sie mir dazu tausend Fragen stellt, kann ich viele auch nicht beantworten.
Gelingt es dir nicht, mal so richtig wütend auf sie zu sein?
Einen kurzen Anflug hatte ich vorhin auf dem Nachhauseweg. Aber dann kam gleich wieder das "ich habe alles falsch und kaputt gemacht" Gefühl.
Empfindest du jetzt immer noch dieses "ich mache alles falsch, und deshalb ist meine 'Mutter' sauer"?
Ja!
Ich würd dir irgendwie raten, mal auf den Putz zu hauen vor der Pause - weiß aber nicht, ob das zu dir passt.
Ich möchte ihr das schon alles sagen, was heftig für mich ist/war und ob sie sich im klaren darüber war, so etwas in der vorletzten Sitzung vor der langen Pause zu machen. Aber ob ich dann auch Wut empfinden werde, weiß ich nicht.


leberblümchen
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 21:24

Ich, nochmal

Naja, es ist ja auch nicht so, dass eine Analyse nun der blanke Horror ist. Vereinfacht gesagt: Entweder man analysiert, oder man stützt. Das läuft, behaupte ich mal, in bestimmten Phasen ab. Mal so, mal so. Man würde nun nicht eine Woche vor dem Urlaub die Grusel-Deutung aus dem Hut zaubern. Aber man muss es tatsächlich auch mal ertragen, in Ungewissheit aus dem Zimmer zu gehen. Denn diese Ungewissheit kommt ja von innen, und die muss man auch spüren dürfen, ohne dass sofort der 'Schnulli' gegeben wird, weil das dann gar keine Analyse mehr wäre.

Bei Leuten, die wie Giraffenkind unsicher sind, wird vermutlich viel mehr Wert auf Haltgeben gelegt als bei jemandem wie Widow (verzeih mir, wenn ich dir hiermit unterstelle, relativ robust zu sein; ich hoffe, du weißt, wie ich das meine ).

Deshalb ist mir irgendwie immer noch nicht klar, welchen Effekt diese Stunde heute haben sollte: Das war weder stützend, noch war es analysierend, im Sinne von: "Lassen Sie uns doch mal Ihre Angst ansehen" - und nur so kommt man doch an seine Gefühle ran. Wieso kommt es mir so vor, als würde die Therapeutin ihr so häufig Vorwürfe machen?


Widow
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 21:32

Liebe Titus, ab wo kann man alles auf "die Störung" schieben und ab wo nicht mehr?
Was Du über Deine Mutter hier geschrieben hast, lockt mir nur ein müdes Grinsen hervor. Doch ich will jetzt in keinen Überbietungswettbewerb mit Dir einsteigen.
Verlustangst - meinst Du, ich frage jetzt, was das sein soll? (Doch ich will jetzt auch in keinen Toten-Überbietungswettbewerb mit Dir einsteigen.)

Ohrfeige - da hake ich ein:
Liebe Giraffe, ich teile den Eindruck von Titus, dass Deine Analytikerin Dir, um Dich aus Deiner Schockstarre bzw. zunehmenden Panik zu holen (früher hätte man guten Gewissens von Hysterie sprechen können, weil es nicht abwertend gewesen wäre), eine Ohrfeige gegeben hat, eine therapeutische.
Ich wünsche Dir, dass ihr Fingerabdruck auf Deiner Backe noch ein paar Wochen durch die Ferien hindurch für Dich sichtbar sein möge, wenn auch nicht mehr schmerzhaft.

Nutze die Chance, das hoffe ich für Dich!

Herzlich
Widow

PS: Zum Thema "Robustheit" (nochmal also @ titus) noch dies (und dann bin ich aus Deinem Faden raus, liebe Giraffe, denn ich glaube zunehmend, dass, was Du hier verhandelst, wirklich auf die Couch gehört, oder meinetwegen auch auf Deinen Sessel, und dass wir hier für Dich eine falsche Hilfe sind): Tja, das ist wohl das Heikelste schlechthin - und manchmal wider alles Erwarten.


leberblümchen
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 21:38

Hallo, Giraffenkind. Es ist ja klar, dass du dir Vorwürfe machst. Mein Analytiker sagt in diesen Fällen immer: "Das ist ganz normal. Das sind aber nicht IHRE Vorwürfe. Das sind die Vorwürfe, die Ihnen im Laufe Ihrer Entwicklung gemacht wurden". Komisch, für einen Außenstehenden erscheint immer alles so klar Aber das nützt dir ja jetzt auch nichts...

Vielleicht ist es ganz einfach und sie hat halt wirklich Stress im Moment wegen ihrer Prüfung. Sie ist ja auch keine Maschine - nein, das heißt nicht, dass du dir Vorwürfe machen sollst Ich kann mir schon vorstellen, dass sie auch grübelt, wie sie dir am besten helfen kann. Du DARFST ihr Stress machen. Das ist dein Job Das ist auch das, was ich bei euch beiden echt nicht kapiere: Sie wirft dir einerseits vor, dass sie nicht an dich rankommt, aber wenn es einen Patienten gibt, der unheimlich viel 'Stoff' mitbringt (auch dadurch, dass er vermeintlich (!) NICHTS mitbringt), dann bist du das doch! Ich hab hier noch nicht oft Leute gelesen, die sich vor und nach ihren Stunden so einen Kopp gemacht haben, wie du das tust! Wenn sie da nicht aus dem Vollen schöpfen kann, dann weiß ich auch nicht...

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Giraffenkind
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Beitrag Mo., 16.07.2012, 21:40

Widow, es ist schon ok, ich kann Deine klaren Worte gerade aushalten, ich denke ja selbst, dass das Problem überwiegend bei mir liegt.
Widow hat geschrieben: Nun geht sie an Dich ran.
Das timing mag schlecht sein, von wegen Urlaubspause und dann noch soooo lang. Aber welche Möglichkeiten hättet Ihr zwei denn zuvor gehabt?
Ich weiß es nicht.

so möchte ich Dich doch fragen, ob Du jemanden brauchst, der Dich (eine Zeit lang) in den Arm nimmt (und Dein Kind, dein "äußeres", gleich mit) und an die Hand, oder ob Du jemanden wolltest, der Dich mit Dir selbst und Deinen Widersprüchen konfrontiert?
Beides, aber mir war nicht klar, dass es so schwierig werden kann. Und immer, wenn ich im Laufe der Therapie erzählt habe, dass ich dies und jenes gelesen habe, gab sie mir zu verstehen, dass ich das lassen soll und nicht verstehen muss, wie eine Analyse funktioniert, damit es mir besser geht.
Fazit:
Liebe Giraffe: Ihr, Du und Deine Analytikerin, seid noch nicht am Ende. Soweit ich sehe, ganz im Gegenteil: Ihr habt mit etwas begonnen, das vielleicht (!) sehr, sehr gut werden wird. Sie will Dich nicht "loswerden", aber sie will, dass Du Dich selbst nicht mehr betrügst.
Woher bist Du Dir denn so sicher, dass sie mich nicht loswerden will, wenn sie so etwas sagt mit der Therapieform und erneut sagt, dass ich auf der Stelle trete?

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