Unterschied Selbstzahler - Kassenfinanzierung

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

mio
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Beitrag Fr., 30.12.2016, 02:17

montagne hat geschrieben:Na ja und woher haben Psychosomatiker die unbewusste Idee, dass es okayer ist körperlich krank zu sein, was vorzeigbares zu haben, als psychisch angeschlagen? Warum ist eine körperliche Krankheit vorzeigbarer, als ein psychisches Leiden? Die meisten Krankheiten sieht man doch auch nicht?
Das ist gelernt, für meine Begriffe. Leider. Nur wenn ich was "vorweisen" kann, darf es mir auch mal schlecht gehen. Ziemliches "Eigentor".

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LovisTochter
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Beitrag Fr., 30.12.2016, 02:21

mio hat geschrieben:Das ist gelernt, für meine Begriffe. Leider. Nur wenn ich was "vorweisen" kann, darf es mir auch mal schlecht gehen. Ziemliches "Eigentor".
Aber produzieren wir nicht genau das selbst, indem Psychotherapien und psychische Krankheiten verschwiegen werden? Körperliche Krankheiten vorgeschoben werden, weil wir glauben, dass diese eher akzeptiert werden?
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)


mio
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Beitrag Fr., 30.12.2016, 02:25

LovisTochter hat geschrieben: Aber produzieren wir nicht genau das selbst, indem Psychotherapien und psychische Krankheiten verschwiegen werden? Körperliche Krankheiten vorgeschoben werden, weil wir glauben, dass diese eher akzeptiert werden?
Da bin ich absolut bei Dir.


isabe
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Beitrag Fr., 30.12.2016, 08:59

Das Problem ist, dass es keine "richtige" und ein für alle Mal gültige Definition psychischer Krankheiten gibt. Um mal bei meinem Lieblingsthema zu bleiben: Homosexualität galt zunächst als Straftat, dann als Krankheit, jetzt als "normal". Nur ändert sich nicht synchron zum Krankheitskatalog die Haltung der Menschen. D.h., die Betroffenen werden zum Großteil eben doch schikaniert und bekommen gesagt, dass mit ihnen was nicht stimmt. Hier geht es ja nicht um den Einzelnen, der von sich sagen kann, dass er nie schikaniert wurde.

Natürlich kommt es auf das Umfeld an, in dem jemand lebt, und es fängt schon da an, wo jemand, der Psychotherapeut ist, auf einer Party oder zu sonstigen weniger vertrauten Anlässen komisch angeguckt wird, wenn er seinen Beruf nennt - so wie auch jeder Friseur oder IT-Mensch seinen Beruf nennt. Das liegt nicht daran, dass man "diesen Leuten" nichts zutrauen würde, aber es stellt sich sofort ein Unwohlsein ein, das sich dann im allseits bekannten Spruch: "Jetzt muss ich wohl aufpassen, was ich sage" äußert. Ich denke dabei nicht an die armen Therapeuten (die werden sich hoffentlich schon davon abgrenzen können), sondern daran, dass dieser Spruch sehr viel aussagt über die Gesellschaft, in der wir leben: Das Psychische wird abgewehrt, entweder indem dem Therapeuten sofort unterstellt wird, er sei wohl selbst verrückt. Oder indem die eigene Angst vor ihm (und damit vor sich selbst) mit einem blöden Spruch runtergespielt wird.

Und diese Dinge sind eben kein Problem einiger Weniger, sondern das sind strukturelle Probleme, die sich an ganz vielen Beispielen zeigen.

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Speechless
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Beitrag Fr., 30.12.2016, 10:18

Für mich ist alles stigmatisiert. Ich würde auch von meinen körperlichen Erkrankungen nichts erzählen, wenn man es mir nicht ansehen würde.Die psychischen Krankheiten lassen sich eben besser verstecken.

Ich bin auch nicht vertrauenswürdig genug zu glauben, dass nur weil vordergründig gut darauf reagiert wird, das hintenrum auch so läuft. Klar sagt man als Arbeitgeber jemandem nicht ins Gesicht:"oh Gott, Sie sind gestört", aber denken tut man es vllt doch und genauer beobachtet werden wird man vllt auch. Ich habe auch gar keine Lust auf diese Opferrolle, die einem dadurch eventuell zugeschrieben wird oder eine erhöhte Rücksichtnahme, deshalb verheimliche ich alles. Auch weil ich nicht möchte, dass es mal gegen mich benutzt wird, wenn es doch mal Streit gibt oder man sich im Schlechten trennt.

Bei mir wissen es nur die besten Freunde und mein damaliger Partner, nicht meine Familie und schon gar nicht meine Kollegen.

Bzgl eines Wechsels bin ich auch nicht aufgeschlossen. Es hat Jahre gedauert, bis meine Thera alles wusste, was mir passiert ist, entweder wir ziehen das zusammen durch oder ich lasse es sein. Ich bin froh, dass ich mich nicht daran orientieren muss, was das System für mich bereit hält, denn das wären für mich alles keine Optionen.

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stern
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Beitrag Fr., 30.12.2016, 10:26

Stigmatisierung erkennt man doch bereits daran, wenn beim signifikant Depressiven davon ausgegangen wird, dass er "nur" seinen Hintern nicht hoch bekommt. Solche Diskussionen gibt es auch regelmäßig im Forum. Oder wenn Fragen wie "können Sie sich einen Borderliner oder Ex-Alki als Partner oder Arbeitskollege vorstellen?" von nicht nur wenigen Menschen verneint werden. Und welche Stereotype Einzelne oder hinter vorgehaltener Hand nennen, wenn sie direkt befragt werden. Es gibt hier auch Unterschiede zwischen den Störungen. Warum legen so viele Menschen wert darauf ausgebrannt zu sein (und sprechen von burn-out und sagen nicht: wir sind depressiv bzw. psychisch krank)?
Die Geringschätzung der Heilbarkeit von psychischen Erkrankungen zeigt sich in der medialen Berichterstattung, im gesellschaftlichen Umfeld bis hin zu den privaten Krankenversicherern, Lebensversicherern und Berufsunfähigkeitsversicherern, die es ablehnen, mit denjenigen, die eine Psychotherapie in ihrer Vorgeschichte haben - selbst bei Ausschluss der psychischen Krankheit aus dem Leistungskatalog - einen Vertrag abzuschließen. Die in epidemiologischen Studien festgestellte niedrige Diagnoserate psychischer Erkrankungen im primären Versorgungssystem führt zu einer Verzögerung der Erstbehandlung mit der Konsequenz einer potenziellen Verschlechterung des Krankheitsverlaufs. Dies kann darauf hinweisen, dass Ärztinnen und Ärzte die Diagnose hinausschieben, um eine mögliche spätere Stigmatisierung der Patientinnen und Patienten zu umgehen. Psychose-Erkrankte werden generell als überdurchschnittlich gewalttätig eingeschätzt. An Depressionen oder an Alkoholismus Erkrankte werden als selbst schuldhaft und verantwortlich angesehen. Seelisch labile und gestörte Kinder sind oft in der Schule dem Mobbing ausgesetzt, wobei sich meist hinter den Aggressionen gegen diese die Abwehr eigener Ängste der Angreifer verbirgt. Eltern von psychisch kranken Kindern wird entgegen der wissenschaftlichen Kenntnis oft eine generell fehlerhafte Erziehung unterstellt.
http://www.bundesaerztekammer.de/aerzte ... sierung-i/
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)


mio
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Beitrag Fr., 30.12.2016, 11:08

Na ja, ich werde es aber bestimmt nicht dadurch ändern, wenn ich genauso denke oder mich diesem Denken unterwerfe.

Fakt ist: Ich habe ein Problem, dass der "Otto-Normal-Bürger" nicht hat. Dafür kann ich nichts. Und deshalb mache ich ja auch Therapie, weil ich ein Problem habe. Und dieses verringern will. Da dann zu sagen: Du hast gar kein Problem...empfände ich mehr als befremdlich. Denn ich habe ja eines.


Landkärtchen
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Beitrag Fr., 30.12.2016, 14:04

Hallo Mondin,

ich möchte dir nur auf den ersten Teil deines Beitrags an mich antworten, weil zum zweiten Teil unsere Auffassungen so unterschiedlich sind und bereits hinreichend darüber geschrieben wurde.

Nachdem mir bewusst wurde was in der Therapie geschah, und ich mit meiner berechtigten Wut in Kontakt kam, konnte ich handeln. Auf vielen Ebenen kam es zu (großen) Veränderungen: beruflich ging ich einen vollkommen neuen Weg und privat kam es zu mehreren Trennungen. Ich distanzierte mich von „Krafträubern“ und kämpfte für mich.

Nun würde jede sagen die das ließt „ist doch gut so. Alles prima“. Ja, aber durch dieses Handeln verfestigte sich ein Muster das mir seit Kindesbeinen bekannt ist: alleine in großer Not zu sein und auf keine Hilfe hoffen zu können (u.a. Krankenkasse, Gericht, Versorgungsamt) obwohl viele von den perfiden sexuellen Übergriffen wussten; keinem Menschen mehr vertrauen zu können; für seine Belange kämpfen zu müssen und zwar bis zum Umfallen … und damit überforderte ich mich grenzenlos.

Das Gute war, dass ich immer einen Kontakt hatte zu meinen inneren Ressourcen, sodass ich sehr genau wusste was mir helfen würde und was nicht. Doch genau das wurde von vielen Stellen nicht verstanden geschweige den berücksichtigt. Auf neue therapeutische Angebote konnte ich mich nicht einlassen, weil ich einerseits auf verschiedenen Ebenen schon viel zu sehr belastet war und andererseits, weil es auch rein von der psychischen Krankheit her nicht möglich gewesen wäre. Nach solchen therapeutischen Übergriffen kannst du nicht anschließend einfach so die Therapeutin wechseln (weil das Kontigent für eine TfP aufgebraucht ist). Eine Therapeutin, die dir monatelang zuvor dabei geholfen hat das Geschehene zu verstehen und ansatzweise zu verarbeiten und zu der du etwas Vertrauen aufbauen konntest. Dafür braucht es Monate wenn nicht sogar Jahre. Kontinuität ist da ganz wichtig und heilsam.
Und so wiederholte sich das was ich kannte und was in einer folgenden Therapie wieder aufgearbeitet werden musste. Ein unnötiger Kreislauf, der nicht nur mir nicht gut tat, sondern auch der Krankenkasse und indirekt der gesamten Gesellschaft.

Innerlich haben mich die Geschehnisse, und der gesellschaftliche Umgang mit ihnen, sehr verändert. Ich bin wesentlich toleranter und feinfühliger geworden. Vielfalt ist mir wichtig und ebenso die Möglichkeit eigenverantwortlich und frei wählen zu können.
Seitdem schaue ich auch viel „milder“ auf Menschen und ihre (Lebens-) Schicksale. Ich hatte Kraft zu kämpfen, aber was ist mit all denen die dazu nicht mehr in der Lage sind, oder sich aus eigener Fürsorge heraus dagegen entscheiden? Gerade diese brauchen unsere (gesellschaftliche) Unterstützung und keine (weitere) Ausgrenzung.

LG-Landkärtchen
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh

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Solage
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Beitrag Sa., 31.12.2016, 01:30

Landkärtchen hat geschrieben:Wozu hätte ich die Therapeutin oder das Verfahren wechseln sollen wenn ich mit ihrer Arbeit und meiner Entwicklung zufrieden war? Gerade für Menschen, die aus einer missbräuchlichen Therapie kommen ist es verdammt schwer zu neuen Therapeuten/innen eine Bindung und Vertrauen aufbauen zu können. Da kannst du nicht einfach mal so wechseln.
Oh ja, das kann ich seeeeehr gut verstehen.

Ich kann mir aus genau diesen Gründen keinen Wechsel mehr vorstellen.
Das geht in unserem Fall nicht einfach so!!!!!

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Solage
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Beitrag Sa., 31.12.2016, 01:43

Abgelehnter Antrag

Die gesetzlichen Krankenkassen können einen Antrag ablehnen. Gegen einen ablehnenden Bescheid können Sie Widerspruch einlegen. Wird auch der Widerspruch abgelehnt, können Sie Klage beim Sozialgericht einreichen, die für jeden kostenfrei ist.

http://www.bptk.de/patienten/wege-zur-p ... osten.html

KOSTENFREI!!!!


Landkärtchen
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Beitrag Sa., 31.12.2016, 06:46

Solage danke für den link.

Wenn heute mein Antrag abgelehnt werden würde, würde ich klagen weil ich mich relativ stabil fühle. Doch damals hatte ich parallel drei verschiedene Verfahren incl. Widersprüche zu laufen (Arbeitsamt, Anerkennung der begangenen Straftat nach dem OEG beim Versorgungsamt und das strafrechtliche Verfahren wegen der Übergriffe). Ständig musste ich zu Befragungen und zur "Begutachtung". Ich konnte einfach nicht mehr. Zumal es auch, aus verständlichen Gründen nach solch einer jahrelang begangenen Straftat, in der Ehe stark kriselte und mir der Rückhalt fehlte um an einer weiteren "Baustelle" für meine Belange zu kämpfen.

Für mich waren die hier aufgezählten Optionen
(Krankenhausaufenthalt, Verfahrenswechsel, wenden an eine Beratungsstelle ...) keine, weil ich einerseits total misstrauisch war und andererseits wusste was mir helfen würde. Wenn jemand aus solch einer Therapie kommt, dann ist die Möglichkeit der Mit- und Eigenbestimmung sehr wichtig, weil es die konträre Erfahrung zu dem ist was er.zuvor erlebte. Aber so fühlte ich mich wieder bevormundet als die Krankenkasse partout darauf bestand das ich auf Reha fahren sollte.

Mir hätte es geholfen wenn mich damals z.B. die Krankenkasse gefragt hätte welche Unterstützung ich auch von ihrer Seite noch brauche um mit den Folgen des Verbrechens besser zurecht zu kommen. Denn eigentlich müssten sie froh darüber gewesen sein, dass durch meine Anzeige und die darauffolgende Verurteilung der Therapeut aus den Verkehr gezogen wurde.

Auf die Allgemeinheit bezogen bedeutet das, dass ich es wichtig finde das nicht über eine Klientin gesprochen und entschieden wird, sondern das sie gehört wird und bei Entscheidungen mit einbezogen wird. Das gemeinsam geschaut wird was helfen könnte und was nicht. Meine Traumatherapeutin sagte mir das es bereits Kliniken gibt die so arbeiten. Da nehmen die Klientinnen an Falbesprechungen teil. Transparenz und ein kooperatives Arbeiten ist denen wichtig. Ich vermute, dass damit auch viel Geld gespart werden könnte. Meine (mir aufgezwungene) Reha war bestimmt wesentlich teurer als 50 weitere Therapiestunden.

In einer meiner letzten Therapiestunden in diesem Jahr sagte mir meine Therapeutin sie sei erschrocken wie lange ich nicht die Therapie und Unterstützung bekam die mir geholfen hätte.
Ich bin froh darüber, dass mich meine Erfahrungen "weicher" machten und nicht zur Verbitterung führten.

LG - Landkärtchen
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh


isabe
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Beitrag Sa., 31.12.2016, 10:10

Das Problem bei einer Klage sehe ich darin, dass über eine Klage nie zeitnah entschieden wird. Man kann wohl von ca. einem Jahr ausgehen, wobei der Ausgang ja ungewiss ist und das Verfahren selbst belastend ist. Die sog. "Sperrzeit" beträgt zwei Jahre. Für jemanden, der am Boden ist, ist - meiner eigenen Erfahrung nach - der Unterschied zwischen einem Jahr und zwei Jahren nicht besonders groß. Und es gibt Verfahren, die mehrere Jahre bis zum Abschluss benötigen...

Die Frage wäre noch, welche Rolle der "auserwählte" Therapeut in einem solchen Verfahren spielt? Es heißt ja auch, der Patient stellt den Antrag für die Therapie. Ich selbst kenne keinen, der das getan hätte. Der Patient leistet lediglich die Unterschrift, üblicherweise. Wenn das bei einer Klage ähnlich ist, hängt wieder alles an der "Begeisterungsfähigkeit" des Therapeuten, der sicher keine Probleme haben wird, sein Geld im Sessel anstatt im Gerichtssaal zu verdienen...

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Mondin
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Beitrag Sa., 31.12.2016, 17:21

....

Landkärtchen, ich hatte Dich bereits vorher schon nachvollziehen können, aber dennoch danke für Deine weiteren Ausführungen. Es freut mich zu lesen, dass Du das Ganze trotz Widerständen für Dich gut hast meistern können und genau das empfinde ich - für mich persönlich, die ich das ähnlich erlebte - als positiven Nebeneffekt von Krisen.

Ich möchte jedoch wieder einmal zu bedenken geben, dass Klagen immer möglich ist (danke an Solange für den Link) und dass eine allgemeine Regelung sich nach der Mehrheit ausrichtet und Sonderfälle nur bedingt berücksichtigt. Besagte Sonderfälle müssen dann ggf. für sich kämpfen, selbst zahlen oder sich entschließen, sich erst einmal nichts Weiteres mehr antun und pausieren zu wollen. Auch solche Pausen sind mAn das Schlechteste nicht. Ist jemand akut suizidal, gehört die betreffende Person sowieso in eine Klinik. Alles Andere lässt sich handlen und eine längere Phase der Krankschreibung und Besinnung kann u. U. auch sehr heilsam sein.

Will sagen: Ich verstehe, dass Du es Dir an manchen Stellen anders gewünscht hättest, das ging mir wie Dir. Kann jedoch ebenso nachvollziehen, dass das System ist, wie es ist und finde es im Grunde gar nicht so schlecht geregelt.

Liebe Grüße!
Mondin

PS: @mio, ich könnte zu Deinem letzten Post mit dem Beispiel aus der Wirtschaft, jetzt etwas Bitterböses sagen, das jedoch nichts weiter ist als Realität. Nämlich, dass es völlig irrelevant für das Finanzamt ist, wie der hiesige Steuerzahler seine Umsätze erwirtschaftet. Hat dieser den Inder über den Tisch gezogen, dann ist das das Problem des Inders, nicht des deutschen Fiskus, der das Geld eintreibt und verwaltet/weiterreicht. Es wird "deutsches Steuergeld" (was gerechter als bisher verteilt werden könnte) und was daran sonst noch hängt, ist nicht das Problem der Steuerbehörden, die lediglich dafür verantwortlich sind, das Geld vollumfänglich einzutreiben.

....


mio
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Beitrag Sa., 31.12.2016, 17:52

Mondin hat geschrieben:das jedoch nichts weiter ist als Realität.
Mir ist klar, dass das die Realität ist. Und mir ist auch klar, dass selbst der dümmste Inder sich irgendwann wehren respektive sein Recht fordern wird. Und das ist dann ganz sicher nicht das Problem der hiesigen Finanzbehörden. Die ja eh schon hilflos genug sind, wenn es um die "grossen Fische" geht... Politik ist längst nicht mehr so mächtig, wie sie mal war irgendwann. Wenn sie es überhaupt je war.

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Mondin
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Beitrag Sa., 31.12.2016, 17:56

stern hat geschrieben:Stigmatisierung erkennt man doch bereits daran, wenn beim signifikant Depressiven davon ausgegangen wird, dass er "nur" seinen Hintern nicht hoch bekommt. Solche Diskussionen gibt es auch regelmäßig im Forum.
Ich denke, das liegt schlicht daran, dass so etwas bei einer Person, die nicht depressiv ist, sondern einfach nur eine leichte Phase der depressiven Verstimmung durchläuft, zu viel kifft oder aus anderen Gründen lustlos ist, auch durchaus zutreffend sein könnte. Also dass der Betreffende "nur" endlich "den Hintern hochbekommen", respektive wieder eine ordentliche Tagesstruktur (mit zeitigem Aufstehen und viel Licht und frischer Luft) etablieren müsste.

Ich sehe das an mir selbst. Liege ich zu lange im Bett, dann ist der Tag gelaufen.

In schwer Depressive kann sich kaum jemand reinversetzen, weil diese bleierne Traurigkeit und Schwere (ich hatte eine sogenannte Major Drepression) kaum nachzuvollziehen ist, für jemanden, der sowas noch nie in dieser krassen Form erlebt hat. Das ist meines Erachtens kein Stigma, sondern einfach nur Unverständnis.
Oder wenn Fragen wie "können Sie sich einen Borderliner oder Ex-Alki als Partner oder Arbeitskollege vorstellen?" von nicht nur wenigen Menschen verneint werden.


Ich würde mir das auch nicht antun. Mein Exmann ist Alkoholiker. Herzlichen Dank, das brauche ich nie wieder. Das wäre für mich ein absolutes Ausschlusskriterium. Nicht weil ich Alkoholiker stigmatisiere, sondern weil ich in diesem Punkt Erfahrungen habe und der Selbstschutz greift. Ich denke, da geht es vielen Leuten ähnlich, die Alkoholkranke in ihrem Umfeld erlebt haben und um die extrem hohe Rückfallquote wissen. Und Borderline, ja mei, das ist eine schwere Störung. Natürlich würde niemand mit Vorsatz eine Beziehung mit einem psychisch schwer erkrankten Menschen suchen. Es kommt auch immer auf die Form der Fragestellung an. Man kann vieles auch herbeikonstruieren.
Und welche Stereotype Einzelne oder hinter vorgehaltener Hand nennen, wenn sie direkt befragt werden. Es gibt hier auch Unterschiede zwischen den Störungen. Warum legen so viele Menschen wert darauf ausgebrannt zu sein (und sprechen von burn-out und sagen nicht: wir sind depressiv bzw. psychisch krank)?
Weil sie sich lieber nicht eingestehen, dass sie schwerer erkrankt sein könnten. "Burn Out" hat für viele noch immer einen Charakter von etwas, das sich eher wie eine Grippe wieder auskurieren lässt, als der "dicke Hammer" Depression, der ihnen womöglich auch Angst macht. Ich sehe das kein Stigma, nur persönlich Angst vor Hoffnungslosigkeit; oder schlichtes Unwissen.

....

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