Diagnosen

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lamedia
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 19:05

Wobei ich mich frage, ob die negative Bewertung von Borderline wirklich so verbreitet ist - oder ob es sich eher um eine Befürchtung handelt. Selbst wenn es negativ getönte Veröffentlichungen gibt, muss das ja nicht common sense sein. Hier wäre mal eine quantitative Sozialforschung unter Therapeuten sehr interessant.
Von den yavis-Patienten habe ich auch schon mal gehört. Und mir hat eine Therapeutin auch schon offen gesagt, dass ich aufgrund der "Schwere" meiner Problematik (kein Borderline) wahrscheinlich Schwierigkeiten hätte, einen Therapeuten zu finden, weil sich niedergelassene Therapeuten ihre Patienten eben aussuchen können. Das passt gut zu meinen Beobachtungen einer Aufteilung zwischen psychotherapeutischem System und psychiatrischen System.

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montagne
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 19:17

Zwischen Abstraktion, gesellschaftskritischem Hinterfragen und übergriffen "Wir flehen Therapeuten an nach Diagnosen", "Ihr da, die ihr die Diagnose Trauma-Dingsbums habt ruht euch drauf aus, usw." gibts ja schon noch Unterschiede.
Abstraktion wird damit verwechselt von sich auf alle anderen zu schließen, bzw. zu das Eigene auf die anderen zu projizieren. Wird verwechslet mit einen Fall oder teils auch nur die Idee von etwas zur Allgemeingültigkeit zu erheben.
Das ist einfach nicht furchbar konstruktiv, sondern spaltet stark. Passiert ja auch nicht das erste Mal, nicht das zweite Mal....
Aber gut, seis drum...


Wenn einem Diagnose wirklich so unwichtig wären, könnte man dann andere nicht lassen, denen es wichtig ist? Kann einem doch egal sein, wenn es einem selbst unwichtig ist.
Geht es nicht um Neid? Neid das andere, mit einer bestimmten Diagnose vermeintlich mehr Aufmerksamkeit, mehr Zuwendung, mehr Ressourcen bekommen? Das sie angeblich in einem besseren Licht gesehen werden?

Und mir ist schon klar, warum Menschen mit einem Trauma dagegen angehen. Ich glaub nämlich, sehr viele Menschen, die traumatisiert wurden, ob als Kind oder als Erwachsene haben die bittere Erfahrung gemacht, dass weggeschaut wurde, negiert wurde, nicht zugehört wurde, nicht geholfen wurde. Das kommt ja regelhaft bei Traumata vor.

Und was spricht eigentlich dagegen, nach Jahren des getrieben seins, sich auszuruhen, einen Ruhepunkt zu finden, aufzuatmen? Und wenn es nun die eigene Diagnose ist? Warum nicht. Sobald sich derjenige ausgeruht hat, werden die meisten schon weiterlaufen.


Ich wage auch echt zu bezweifeln ob traumatisierte Menchen wirklich so gerne gesehen sind, bei Therapeuten. Denn Menschen mit Traumafolgestörung, wie immer man es nun nennt, bringen ein Übertragungsgeschehen mit, welches für Therapeuten oft kein Zuckerschlecken ist. Sagte mir eine Analytikerin mal, bei derich zur Bratung war. Sie sagte, die bringen so viel Wut mit, knicken den Therapeuten Stunde um Stunde, dass es nicht wenige Therapeuten gibt, die richtig Angst vor dem Klienten kriegen. Da müsse sich der Therapeut erstmal mühsam rausarbeiten.
Die Frau war übrigens Supervisorin und Lehranalytikerin.
Zuletzt geändert von montagne am Mi., 07.10.2015, 19:20, insgesamt 1-mal geändert.
amor fati


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leberblümchen
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 19:18

lamedia, ich hab schon lange keine analytische Literatur mehr gelesen (und dafür vorher so ziemlich alles, was über therapeutische Beziehungen jemals verfasst wurde... ). Da ich selbst nach ein paar Monaten Therapie Angst hatte, Borderline zu haben, konzentrierte sich meine Wahrnehmung dann auch in der Tat vor allem auf die Frage, wie das auf IHN wirken könnte (zunächst war er sich sicher, ich hätte kein B., und ich war dann auch rasch beruhigt). Was mir aber in Erinnerung geblieben ist, sind diese Horrorbeschreibungen, gerade auf das Beziehungsverhalten bezogen. Vor allem das mit dem Manipulieren, Lügen und Verführenwollen hat mich völlig verstört. Ich hab dann schon immer gedacht: "Lüge ich jetzt? Manipuliere ich ihn gerade? Hab ich ihn jetzt verführt?" - was auch nicht gerade zur Entspannung beigetragen hat... Nun beschäftigt sich ja nicht jeder Text mit Borderlinern (zum Glück), aber die, die es taten, liefen doch so ziemlich alle auf ein "Nehmen Sie sich in Acht" hinaus - oder sollte ich mich irren und mir das zusammenphantasieren? Das Positivste waren gelegentliche Texte mit dem Tenor: "Eigentlich sind die besser als ihr Ruf" - womit aber nur bestätigt ist, DASS es diesen schlechten Ruf gibt.

Vielleicht (?) ändert sich diese Einstelllung aber auch? "Meine" Texte waren vielleicht schon älter, und womöglich gibt es jetzt mehr Therapeuten, die besser auf die Herausforderungen anspruchsvoller Patienten reagieren können? Und von denen wiederum behaupten dann ja auch welche, dass es diese Kategorie ohnehin nicht gibt (oder geben sollte).


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leberblümchen
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 19:30

Montagne, ist nicht böse gemeint, aber ich ziehe es wirklich vor, mit denen zu diskutieren, die verstanden haben, worum es mir geht. Ich finde deine Idee mit dem Abstrahieren vs. Projizieren nachdenkenswert, hab aber festgestellt, dass es an mir vorbeigeht. Was nicht schlimm ist. Vielleicht siehst du mich wirklich so. Ist auch O.K. für mich. Ich schätze deine sachliche Schreibweise, aber ich möchte mich nicht in etwas verwickeln lassen, was nicht passt für mich. Ich lasse dir (und denen, die das ähnlich sehen) aber deine / eure Sichtweise. Fühle mich aber persönlich inhaltlich nicht wirklich angesprochen. Und werde das auch nicht weiter diskutieren. Für mich gibt das Thema genug Stoff her, um ohne persönliche Beleidigungen auszukommen. Und für Andere offensichtlich auch.
Zuletzt geändert von leberblümchen am Mi., 07.10.2015, 19:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Entknoten
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 19:33

Abschließend (für mich) werfe ich einfach mal die Frage in den Raum:

Hier wird ja viel darüber diskutiert wie Diagnosen von außen gesehen werden - aber WER erfährt denn wirklich die Diagnose?!

Es gibt doch kein Erkennungsmerkmal, oder?

Ich habe mit meiner "Diagnose" keinen Stempel auf die Stirn bekommen, und ich bin auch nicht gezwungen worden zukünftig eine Schleife am Kragen zu tragen.

Wer also KÖNNTE mich denn nun bewerten, katalogisieren, einordnen?
Für die Krankenkasse bin ich eine Ziffer, für die Therapeutin die Diagnose - und ich werde bestimmt nie von jemandem angesprochen der mich danach fragt.

Da wäre dann eine Glatze als Frau zu tragen offensichtlich - dann hat man nämlich sofort Krebs!

Liegt also nur an uns selber - und daran, wie wir uns sehen wollen.
(und selbst bei Kollegen oder Personen im öffentlichen Leben [Lehrer, Erzieher etc], erfahre ich als Außenstehende keine Diagnose, wenn derjenige "plötzlich weg ist").

Insofern ist die Diskussion um gut und schlecht, angesehen oder nicht, tatsächlich müssig.
Dum spiro spero. Dum spero amo. Dum amo vivo.
Cicero


Vincent
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 19:33

Für wen diskutiert ihr eigentlich? Für euch oder für die Wissenschaft?
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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stern
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 19:42

Ich "muss" noch nachlesen... aber ist Opfer zu sein wirklich positiv konnotiert? In der Jugendsprache ist das sogar ein Schimpfwort. Und ein Therapeut wird das auch nicht fördern... wobei sich das wohl auch die wenigstens "bewusst" aussuchen. Ist dann halt zu bearbeiten wie alles andere auch.

Nun, je nach Umstände sind Diagnosen auch beliebt... Broken deutete das schon an. In der Klinik gab es auch ein freizeitorientiertes Pärchen, das die Rente anstrebte. Etwas unangenehm war dem Herrn, dass ich sozusagen von Balkon zu Zimmer ein Gespräch mithörte (nun, ich bin dann niemand, der dann "petzt", aber ich dachte mir meinen Teil).
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)


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leberblümchen
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 19:44

Entknoten, gut, dass du das noch mal ansprichst: MIr ging es tatsächlich NUR um diese Konstellation: "Therapeut teilt dem Patienten die Diagnose mit" - womit Macht ausgeübt werden kann; womit Verantwortung abgenommen werden kann; wodurch aber auch Erdbeben ausgelöst werden können.

Dass der Therapeut für sich selbst anders diagnostiziert, ist ja irgendwie selbstverständlich. Nur wird der idealerweise dann die Bewertung in seinem Kopf nicht mitdenken oder -fühlen. Bzw. wenn er es tut, wird er den Patienten halt nicht erst annehmen.

Dass irgendwo in der Akte irgendwas rumgeistert, interessiert mich z.B. nicht (wie mich auch nicht interessiert, ob einer meine sonstigen Daten erschnüffeln könnte). Ich schäme mich auch nicht mehr für mein Gestörtsein (früher hab ich mein Rad immer drei Häuser von der Praxis entfernt geparkt, was mich jetzt erschrickt!). Mir geht es nur um dieses *Zack*-Gefühl, wenn der Hammer oder der Segen von oben kommt.

stern, bei meinem ersten Therapeuten war das so. Ich gebe zu, dass ich irgendwann angefangen habe, allergisch darauf zu reagieren: dann nämlich, als mir klar wurde, dass auch meine Mutter ein wirkliches Opfer ist (und sie sicher traumatisierter ist als ich). Und dass auch ich Täter-Anteile in mir habe: dass also alles, was er mir an "Mitgefühl mit dem Opfer" eingeflößt hat, nur die halbe Wahrheit sein konnte.


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leberblümchen
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 19:48

Da wäre dann eine Glatze als Frau zu tragen offensichtlich - dann hat man nämlich sofort Krebs!
Dummerweise ist das häufig tatsächlich so, dass eine Frau mit Perücke für krebskrank gehalten wird. Ich hab mal eine entsprechende Gerüchteküche erlebt, als über eine "halböffentliche" Person so gesprochen wurde - die die Perücke aus anderen Gründen trägt. Aber dein Beispiel trifft das, was ich meine, genau.


montagne
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 19:56

ich möchte mich nicht in etwas verwickeln lassen, was nicht passt für mich.
Geht mir ganz genau so.
Deshalb schrieb ich meinen Beitrag. Denn sehr vieles von dem, was du schriebst meint mich mit "wir Klienten", "ihr mit der Diagnose Trauma-Dingsbums"
Und ich sage dann manchmal meine Sichtweise dazu, wenn ich merke, dass passt auf mich garnicht, ich werde aber mitgemeint... oder gar fühle mich leicht übergriffig angesprochen, wenn auch nicht persönlich, aber eben als Kientin, als Klientin mit bestimmten Eigenschaften und einem bestimmten Diagnosekomplex.
Ziegenkind hat es sehr hart bewertet, aber selbst mit Wohlwollen, finde ich so einiges, was du hier schreibst einfach wirklich, hm... ja übergriffig, sehr unempathisch.


Und ich sage dir jetzt nicht, woher ich denke dass es kommt. Willst du ja nicht. Du schreibst es aber immer wieder quer über den Thread, wie es alles zusammenhängt. Schade, das du es selbst nicht sehen kannst.


Übrigens meine genaue Diagnose kenne ich nicht, habe nie gefragt. Therapeutin wird es mir nur sagen, wenn ich frage, nicht von sich aus. Weil ich weiß und sie weiß, welche Macht Diagnosen haben können, auch bezüglich Selbststigmatisierung und Selbstbild. Und weil sie weiß und ich weiß, dass wir Diagnosen nicht brauchen, um Klartext zu reden. Vielleicht eines Tages...
amor fati

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Broken Wing
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 20:31

@ Leberblümchen:
Bei meiner neuen Therapie habe ich sie erst mal gefragt, ob sie denn allergisch auf bestimmte Diagnosen wäre. Ich bin also schon davon ausgegangen, dass die alte ein Problem mit meiner Diagnose haben wird. Frei nach dem Motto: So ein schwieriger Fall und dann auch noch diese Krankheit ;-)
Ihre Reaktion klang ehrlich danach, als ob sie die Frage als absurd wahrgenommen hätte.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


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leberblümchen
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 20:34

...wart's mal ab...

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LovisTochter
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 20:38

Was ich an dieser Diskussion sehr schade finde ist, dass hier versucht wird gegen Kategorien anzugehen, diese aber in einer Tour bedient werden. Da ist die Sprache von den Borderlinern, den PTBSlern, den Narzissten... Wer genau sind denn die? Nicht alle Borderliner lügen, sind manipulativ oder verletzen sich selbst, nicht alle PTBSler suhlen sich in ihrem Opferdasein.. (zum Narzissmus vermag ich nichts zu sagen aufgrund meines Unwissens). Hier werden, finde ich, allerdings genau diese Vorurteile sehr aufrecht gehalten!
Alle Menschen mit Erkrankungen, egal ob physisch oder psychisch, leiden unter bestimmten Symptomen und im Prinzip ist es doch egal wie das Kind dann schlußendlich genannt wird. Deshalb finde ich dies hier:
leberblümchen hat geschrieben:
Nur wären sie vielleicht weniger unbeliebt, wenn man von diesen Diagnosen Abstand nehmen würde; dann wüsste ein Borderliner nämlich gar nicht, dass er in diese Kategorie fällt und er könnte sich ganz auf sich selbst und seine therapeutische Beziehung konzentrieren.
totalen Quatsch, denn die Diagnose an sich ändert ja nichts an dem Menschen mit seinem Leid. Und auch für den Thera ändert sich der Mensch, mit allem was er mit in die Therapie bringt, ja nicht durch die Diagnose. Und wenn ein Mensch lügt oder manipulativ ist, dann tut er dies mit oder ohne Diagnose!
Vielleicht müsste, wie so oft, was die Kategorien und Bewertungen betrifft, mal wieder vor der eigenen Haustür zu erst gekehrt werden, bevor man auf diese schimpft oder versucht Diagnosen als gefährlich einzustufen.

Die Frage danach, wer überhaupt die Diagnose erfährt, finde ich übrigens sehr interessant, denn genau da liegt vielleicht der springende Punkt. Nämlich darin, dass es Menschen gibt, die ihre Diagnosen plakativ vor sich hertragen und sich mit dieser vielleicht sogar entschuldiegn und sich dahinter verstecken. Hat dieses Verhalten dann mit der Diagnose oder dem Menschen zu tun? Ich denke, mit dem Menschen.
Andersrum gibt es die Menschen, von denen niemand ausser der Thera von der Diagnose weiß und das muss ja nicht automatisch damit zusammenhängen, dass man selbst seine Diagnose vielleicht als "schlechte" Diagnose sieht, sondern vielleicht darin, dass dieser Mensch einfach der Meinung ist, dass dieses private Thema nicht unbedingt vor allen und jedem ausgebreitet werden muss.
Und eine Therapeutin, die mich aufgrund einer von ihr gestellten Diagnose in eine Schubslade stecken würde, weil eben auch in ihrem Kopf alle Borderliner z.B. so oder so sind und mich als Individuum dabei aus den Augen verliert, bei der wäre ich in genau dem Moment die längste Zeit gewesen.

Natürlich habe ich auch schon davon gehört, dass es Patientengruppen gibt, die von manchen Therapeuten nicht gern behandelt werden. Aber auch in diesen Fällen wird verallgemeinert und nicht nachgefragt, warum der Therapeut keine Borderliner (mehr) behandelt. Vielleicht hat er schon einige Patienten mit diesem Krankheitsbild und nimmt deshalb keine weiteren auf? Vielleicht hat er auch ein persönliches Thema mit dem Krankheitsbild? Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Aber danach wird nicht gefragt, da läuft dann wieder der eigene Film, der von Vorurteilen und Schubsladendenken (ich werden nicht angenommen weil der Thera Bordis für zu schwierig empfindet, sein geld ja einfacher verdienen kann...) gespickt ist, ab. Ist es denn für uns Patienten (auch wenn es schwer sein mag abgelehnt zu werden) nicht viel hilfreicher und vom Therapeuten verantwortungsbewusst, wenn der Therapeut einen nicht nimmt, weil er schon im Vorfeld weiß, dass er einem nicht adäqut helfen kann?
Ich bin in Vorgesprächen und bei den Telefonaten übrigens nie nach einer Diagnose gefragt worden. Die Therapeuten auf die ich getroffen bin, wollten sich immer ein eigenes Bild machen.

Es liegt in meiner Verantwortung, was ich mit meiner Diagnose mache und wie viel Macht ich dieser in meinem Leben einräume.

Viele GRüße,
LovisTochter
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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Broken Wing
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Beitrag Mi., 07.10.2015, 21:03

@ LovisTochter: Das haben Diagnosen so an sich, dass über sie erst mal allgemeine Aussagen gemacht werden und der Spezialfall gesondert berücksichtigt wird.
Man muss wirklich nicht ständig betonen, dass es Menschen gibt, bei denen es anders ist.

Im übrigen hat niemand außer mir (ich hoffe, die Satire war erkennbar) behauptet, dass Borderliner lügen und gewalttätig seien. Es wurde sich über diese Wahrnehmung in der Fachwelt und der Bevölkerung beschwert.

Bei Burnout meinte ich es aber ernst.

Sich soulen ist schon wieder aus einer Angst gewachsen, man könnte nicht ernstgenommen werden. Man leide ja nicht unter der Krankheit. Das lese ich aber nicht heraus.
Die PTBS wurde ja nicht von heute auf morgen entwickelt, um nicht arbeiten zu müssen. Sie entsteht, je nach Diagnostik, aufgrund objektiver oder subjektiver Überforderung durch bestimmte, traumatisierende Ereignisse. Krankheiten sind von Natur aus dazu da, den Organismus oder die Psyche nicht weiter zu überfordern, also Anforderungen abzuwehren.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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Beitrag Mi., 07.10.2015, 21:23

leberblümchen hat geschrieben:dass also alles, was er mir an "Mitgefühl mit dem Opfer" eingeflößt hat, nur die halbe Wahrheit sein konnte.
ja, so würde ich das auch sehen... das ist die halbe Wahrheit, was NICHT heißt, das jemand zwingend selbst zum Täter wird (das werden angeblich die wenigsten). Und wenn Nicht-können mit Nicht-Wollen verwechselt wird, glaube ich auch nicht, dass Opferverhalten die positivsten Reaktionen auslöst. Und oft wir ein Opfer auch mehrmals Opfer (ich mag diese Begrifflichkeiten nicht, mir fallen aber gerade keine besseren ein).

Die Einstellung meiner Thera in spe bzgl. Diangosen kenne ich noch nicht, aber da sie auch Ressourcen im Blick hat, hoffe ich, dass das auch in der Diagnostik der Fall ist, dass sie das "ganzheitlicher" betrachtet.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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