Die spinnen doch, die Analytiker! Oder doch nicht?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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carö
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Beitrag Do., 06.05.2010, 13:59

@jesusechse,
jesusechse hat geschrieben:Und da kümmert er sich sofort drum:
mich würde es interessieren, wie er sich drum kümmert. also was genau macht er, sagt er?

liegt es daran, dass er auf dich eingeht und du mit deinen "zuständen" ernstgenommen wirst?

ich frag nur, weil ich mir kein rechtes bild machen kann. vielleicht magst du ja drauf antworten ?
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Beitrag Do., 06.05.2010, 14:11

Was auch dazu gehört. Nicht alles läuft auf der Sachebene ab, wenn diese auch oft vorgeschoben wird.

Als als es vor Jahren und die Anerkennung der GT als wirksames Verfahren ging, haben sich die beteiligten Psychaonalytiker (neben den VT`lern) in den Gremien besonders darin hervorgetan, eine Anerkennung zu verhindern.

Selbst recht wenig empirische Studien aufweisend haben sie zur GT, die empirisch entschieden besser abgesichert war, weiter Studien gefordert zu diesem und jenem.

Einmal (ich habe das Verfahren seinerzeit im Detail verfolgt) haben sie, als alle Kriterien erfüllt waren, direkt auf der Sitzung wieder ein neues aus dem Hut gezaubert. - Schlichte Interessenpolitik, wo der Patient keine, null komma nix!, Rolle spielt. D. h. es geht auch um Einfluss, Macht und Pfründe. Womit ich nicht sagen will, alle Analytiker seien so. Nee nee. Aber daran vorbei, dass das die abgesandten Repräsentanten waren, kann man auch nicht.

Mir wird bei sowas immer ganz schlecht. Schäbig.

Gruß
Anastasius

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carö
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Beitrag Do., 06.05.2010, 14:19

Offy hat geschrieben:Ich muss dir allerdings zustimmen. Auch die VTs sollten sich endlich mal davon befreien, immer besser als andere sein zu wollen (effektiver usw.).
ja - jegliche haltung in einem helfenden beruf, sich für das non-plus-ultra zu halten, finde ich etwas fehl am platz. um da wieder auf die demut zurückzukommen.. immerhin hat man es mit menschen zu tun und nicht mit maschinen, die man mit dem besten aller schraubenziehen repariert.

ich bin auch dafür, die stundenkontingente anzugleichen. am besten nach oben, weil - wenn man sich auch hier im forum mal so umguckt - sind es ganz viele leute, denen das KK-kontingent innerhalb einer VT nicht ausreicht. oder wenn man mal anerkennt, wie oft es vorkommt, dass leute im rahmen einer ambulanten VT auch eine zeitlang stationär behandelt werden müssen, teilweise intervallbehandlungen mit der ambulanten therapie sich abwechseln, dann kann von der so preisgünstigen VT keine rede mehr sein. da sollte man das gesamtpaket betrachten.
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carö
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Beitrag Do., 06.05.2010, 14:22

Anastasius hat geschrieben:D. h. es geht auch um Einfluss, Macht und Pfründe.
ist das jetzt sehr neu für dich ? ich meine so gesamtgesellschaftspolitisch betrachtet ?
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Beitrag Do., 06.05.2010, 14:30

Hallo carö,

Neu? Neeeeiiiiiiiin. Ich bin ja schon etwas länger auf der Welt. Und ganz doof auch nicht.
Trotzdem finde ich es jedes Mal abscheulich.


Gruß
Anastasius
Zuletzt geändert von Gast am Do., 06.05.2010, 14:32, insgesamt 1-mal geändert.

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carö
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Beitrag Do., 06.05.2010, 14:32

ja isses definitiv
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estelle
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Beitrag Do., 06.05.2010, 14:50

Jesusechse hat geschrieben:Ja, und die kriegen nach VT 80 Stunden
Nach tpT 160 Stunden
Nach PA 300 Stunden.
Du bist bestimmt von der Krankenkasse!

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hier bin ich
Helferlein
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Beitrag Do., 06.05.2010, 15:08

Jesusechse

ich hab dir eine PN geschickt, hoffe, du hast sie erhalten

all, liebe Grüße


montagne
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Beitrag Do., 06.05.2010, 17:26

@Echse:
Nur mal zum klarstellen. Ich mache keine Analyse und habe das auch bisher nicht. Meine Beiträge bisher waren ja nun auch kein Hochjubeln der Analyse oder irgend einer anderen speziellen Behandlungsform.
Trotzdem empfinde ich deine Beiträge in ihrem Stil insofern erdrückend, dass sie keinen Raum lassen für Gedanken oder Erfahrungsberichte, die von deinen abweichen. Hat weniger mit der inhaltlichen Gewichtigkeit deiner Argumente zu tun, als mit deinem aggressiven Stil.

@neko:
der gesellschaftlich oft erzeugte druck, immer erfolgreich und glücklich sein zu müssen, dauernd spaß haben zu müsen, ist doch wirklich sehr terroristisch.
Empfinde ich ebenso. Mit etwas Biss(igkeit) könnte man auch sagen, es ist eine Pathologie der Gesellschaft. Weil viele, die Gesellschaft eben nicht diese Zuversicht haben, das nach Trauer wieder Freude kommen kann, nach Unglück wieder Glück. Wer diese Zuversicht nicht hat, muss Trauer und Unglück meiden wie Pest und Cholera.

@medusa:
Gibt es auf all die Fragen, die wir uns alle hier stellen ,überhaupt nur annähernd befriedigende Antworten?
Oder bleiben wir so sehr in uns gefangen, dass wir mit den Antworten immer wieder bei der eigenen Wahrheit "landen" .
Mich beschleicht das gefühl es gibt diese Antworten nicht. Aber nicht weil wir in uns gefangen bleiben, sondern weil wir zwar unser Leben nach Kräften gestalten, aber dies im Rahmen von Umständen, die wir kaum kontrollieren können. Das ist ja eine solche Grenze. Körperliche Zustände, Wirtschaftskrise und anderes, das weitgehend außerhalb unseres Einflussbereiches ist.

@carö:
dann lese ich zB durchaus heraus, dass sehr großer respekt (oder nenne es demut) vorhanden ist vor den schwierigkeiten, die die möglichkeiten der wirkung einer PA durchaus stark einschränken können.
Das ist eben, was auch ich lese. Respekt, Demut. Vor den Grenzen.. .. des Machbaren, des Guten. Daraus resultierend eine große Dankbarkeit vor dem, was man in der Therapie doch erreichen kann, was einzelne erreichen. Würdigung, Dankbarkeit an das Gute. Das Gute im Menschen und konkret in der Vergangenheit, in früheren Beziehungen des Klienten.
da fragst du aber die falsche, ehrlich gesagt. ich weiss es nicht, was dann ist. ich bin nur eine patientin und hoffentlich nicht angehalten die PA als solche hier rechtfertigen zu müssen.
Um Himmels willen, ich will hier niemanden, weder Analysanden, noch solche die der Analyse ablehnend gegenüber stehen in Rechtfertigungszwang bringen. Ich wollte nur meine Antwort (so weit ich eine habe!) auf die Frage geben und vllt. so Überlegungen anschließen, die ich schon länger mit mir rumtrage.
nur arbeitet die VT weniger auf dieser intensiven beziehungsebene, so dass eine enttäuschung des alleinegelassen-werdes möglicherweise "einfacher" wegzustecken ist.
Ja das denke ich auch so (was den wenn, dann-Teil angeht. (; Nicht jede VT ist ja unintensiv, inhaltlich, wie persönlich. Aber das sagtest du ja auch schon.). Vielleicht suche ich nach einer Balance, in meiner eigenen Therapie, ebenso wie sagen wir allgemein-theoretisch. Balance zwischen Nähe/Abhängigkeit und Distanz/Beliebigkeit. Frage mich, wie und wo das (therapeutisch) zu finden ist. Wobei das richtige Maß ganz sicher individuelle sehr unterschiedlich ist.
ich bin auch dafür, die stundenkontingente anzugleichen. am besten nach oben.. .
Wäre ich auch. Weil ich an mir selbst erlebe.. meine Seele, ICH, brauche eben die Zeit, die ich brauche. Ich denke auch, das ist wiederum ein überhöhtes Heilsversprechen so mancher VT, das Prozesse, die schon beim relativ gesunden Menschen, Kind, von Natur aus Jahre brauchen um durchlaufen zu werden, können bei einem „gestörten“, trotz aller intellektueller Reife kaum schneller von statten gehen. Und schon gar nicht rein kognitiv.

@mitsuko: Ähm ja, ich schrieb ja und das nicht nur aus Höflichkeit, dass ich überzogene Heilsversprechen als kein exklusives Problem der Analyse betrachte. Es kann in jeder Therapie vorkommen. Aber eigentlich in jeder helfenden Profession. In der Altenpflege und bei Hausärzten trifft man es auch oft an, nur mal so als Randbemerkung.
amor fati

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stern
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Beitrag Do., 06.05.2010, 17:51

Manches klingt ja fast so als verspräche die VT schnelle Wunderheilungen und schert alle über einen Kamm. egal ob nun jemand mit ansonsten relativ gefestigter Psyche unter einer Spinnenphobie oder Flugangst leidet oder unter erlittenen Traumata+multipler Persönlichkeitsstörung mit Diss., selbstverletzungen und Suizidversuchen. Sorry, aber wer als Behandler z.B. bei letzterem eine schnelle Heilung oder Wegmachen des Traumas versprächen würde, der wäre wohl nicht nur relativ ahnungs- und/oder erfahrungslos, sondern vielleicht sogar unseriös. Hatte ich ja auch schon in einem Posting weiter vorne etwas zu geschrieben... das scheren seriöse Behandler doch nicht über einen Kamm. Von einem solchen würde ich gleich reißaus nehmen, der sonstwo wohnt nur nicht in der Realität. Um nicht zu sagen: Wenn ein solcher Patient hören würde, ich heile sie schnell und effizient, der fühlt sich vielleicht sogar auf den Arm genommen. oder reduziert betrachtet wie einen maschinellen Ablauf, den man effizienter machen will. Und was wäre ein Behandlungserfolg z.B. bei einer einer Persönlichkeitsstörung im Vergleich zu einer Spinnenphobie? kann's da nicht Unterschiede geben, z.B. auch dahingehend, das es irgendwie schwer sein dürfte Persönlichkeitsteile als symptom zu sehen und diese anschließend "wegzutherapieren", hm? Oder Unterschiede in der Therapie als solche (z.B. auch Beziehungsorientierung, wenn sich Beziehungsstörungen abzeichnen). So blind, dass die VT das übersieht, ist sie nun auch nicht... und so unflexibel, dass sie sich nicht daran anpassen kann auch nicht (kommt halt darauf an, was der Thera auf dem Kasten hat und wie flexibel er seine Methode an den Bedarf des Patienten anpassen kann). Nur als beliebiges fiktives Beispiel, könnte auch beliebige andere kreieren.

Was rigide ist, sind eher die relativ starren Obergrenzen der KOSTENTRÄGER/KK/KV, die eben nicht jedem einzelen Menschen gerecht werden. Und hinzu kommt der von echse beschriebene Faktor, dass die kassen leer sind und mit steigender Tendenz versucht wird, kosten zu sparen... man schaue doch nur an, was jetzt schon für Versorgungslücken bestehen und welche Tendenzen der Zwei-Klassen-Politik es realitär schon gibt. und das dürften Therapeuten aller Richtung als kritisch sehen... denn schließlich sind die Patienten diejenigen, die das auszubaden haben (z.B. wenn ein dringend behandlungsbedürftiger patient keinen amb. Theraplatz findet oder lange Wartezeiten hat oder Finanzierungdefizite bestehen, etc.). und das wird doch (ich hoffe es zumindest sehr) nicht dazu genutzt um sich bzw. einzelne Verfahren zu profilieren.... wenn ich lese, was Anastasius schrieb, wird mir aber auch schlecht. Denn klar, so idealistisch, dass es keine Interessenpolitik und Standessicherung gibt, bin ich nun auch nicht.

Warum die Grenzen so festgesetzt wurden, liegt meines Wissens daran, dass irgendwelche schlauen Menschen mal meinten, damit sei zumindest die notwendige Versorgung einer breiteren Menge von Menschen abgedeckt, denen innerhalb dieser Rahmens erfahrungsgem. geholfen werden kann. Für die, bei denen es absehbar ist, dass es nicht reicht, bleibt einem Therapeuten (der das dann vermutlich auch lieber anders hätte) wohl nicht viel anderes übrig als auf diese Begrenzung durch die KOSTENTRÄGER hinzuweisen, und nach Möglichkeiten zu suchen, wie man überbrücken oder ein alternatives Netz aufbauen kann. oder (bei entsprechenden Indikationen) evtl. auch ein intensiverer Klinikaufenthalt vor der amb. Thera, um anschließend dann ambulant darauf aufbauen zu können und die amb. Behandlung somit etwas abkürzen zu können, weil stationär (hoffentlich) schon manches geschultert wurde. Oder Engmaschigere Psychiatertermine. Etc. Sprich: dann sind halt notfalls "alternative" Weg zu suchen, die evtl. auch nicht immer wirkliche Alternativen sind, aber zumindest eine weiter unterstützende Möglichkeit. Iss halt individuell auszuarbeiten, wie ein unterstützendes Netz aussehen kann... machen Theras ja auch, meine ich, zumindest die, die ich kenne. Weiß nicht, jedenfalls bin ich froh, dass ich es zumindest halbwegs so sehen kann, dass ich meine Therapien vermutlich auch nicht als generalüberholt, rundumerneuert und rundum durchtherapiert verlassen werde. sondern auch danach noch manche Päckchen tragen werde, die dann hoffentlich nur so schwer sind, dass dass ich sie dann gut tragen kann. Und die ich dann in einem längeren Prozess, dem Prozess des Lebens, hoffentlich noch etwas leichter machen kann .

und @ Jesusechse: ich find's schön, dass du dich wieder einbringst
Liebe Grüße
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Jesusechse
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Beitrag Do., 06.05.2010, 19:56

Danke, stern. Das ist lieb.

Aber das war's dann auch. Abgesehen von PNs und noch der Antwort für neko soll's dann mal Abstand zum Forum sein, sonst seigt mir mein Thera auf die Zehen.

@carö:

Ich würd's Dir gerne beantworten, aber das ist schwierig. Eigentlich muss man einfach mal beides gesehen haben, wie unterschiedlich ein allg. PA und ein Trauma-Thera (insbesondere einer aus der VT-Ecke)arbeiten.

Es hat viel mit der Gesprächsführung zu tun. Ein Traumathera ist sehr aktiv, redet sehr viel, handelt (!!!), strukturiert die Stunde, den Therapieprozess und ist sehr aufmerksam, kuckt auch, ob Du unruhig wirst, und solche Sachen. Und schaltet sich sofort ein, wenn Gefahr in Verzug ist. Er baut vor, gibt Dir Dinge mit auf den Weg, damit Du bei allem, was nach der Stunde an Gedanken und Gefühlen hochkommen könnte, halbwegs bis ganz abgesichert bist, und gibt Dir dafür schon neue Gefühle und Gedanken mit, aber auch simple Lösungen wie Laufen gehen, Fernsehen zum Ablenken. Ich kann meinem auch immer Mailen. Am Anfang durfte ich auch anrufen, wenn's brennt.

Das brauch' ich jetzt nicht mehr. Ich kann jetzt alleine wieder stabil werden/bleiben, kann allein auf mich aufpassen.

Der Unterschied ist zwischen der allg. PA und (Trauma)-VT ist, dass sie halt auf die langfristige Wirkung setzt. Die Vergangenheit wird als Grund für alles Übel angesehen und man meint, man müsste alles aufarbeiten und wenn man das getan hätte, wären alle Symptome fort. Und da der PA nur auf lange Sicht arbeitet, hat man auch keine "Waffen" auf therapeutischer Seite, die in der Stunde, also im laufenden Therapieprozess helfen, die Last zu nehmen. Der PA stünde ein solches Entlasten entgegen, sie setzt auf Wiedererleben und deshalb ist sie so nicht-schonend. Der Therapieprozess soll halt möglichst frei und offen ablaufen. Aber das ist dann auch das Problem für Menschen mit Trauma. Die rutschen dadurch in den Traumastudel zurück und finden halt nicht da raus. Das hat mit dem traumatisierten Gehirn zu tun, das verrennt sich im Traumalabyrinth nur allzu gerne. Und dann passiert dieser Kontrollverlust. Der PA merkt das in der Regel nicht, darauf ist er nicht geschult. Und wenn er es erkennt, weiß er nicht, was er tut soll. Seine Hilfestellung reicht da nicht.

Mein Thera würde nie sagen, ich soll alle meine Gefühle ernst nehmen. Sie beruhen nur auf der verzerrten Wahrnehmung, die das traumatiserte Gehirn halt ausspuckt. Wenn man dem nachgeben würde, würde man in sein eigenes Verderben rennen. Also sagt er: "GEFÜHLE KONTROLLIEREN! SCHALTEN SIE IHR GROSSHIRN EIN!". Damit ist gemeint, dass man wieder aus den nur Gefühlszuständen raus zu kommen versucht, indem man die rationale Seite versucht, dazu zu koppeln. Der PA macht aber das Gegenteil. Er sagt: Lass' Dich mal auf Deine Gefühle ein, blende den Verstand ein bisschen aus, was sagt die Phantasie? Freies Assoziieren bedeutet ja, weglassen der Kontrolle, möglichst spontan.

Allg. PA und tpT machen genau das Gegenteil von dem, was das traumatisierte Gehirn zum Heilen braucht. Deshalb kann ich auch gar nicht verstehen, wenn jemand eine PA macht und Traumapatientin ist und sie sagt, es klappt gut. Vielleicht in Einzelfällen kann es mal einfach trotzdem hinhauen, vielleicht, weil gerade der Thera super passt, vielleicht auch da, wo jemand früher sehr unterdrückt wurde und jetzt mal frei reden darf?

Die modernen Trauma-Therapien (und die VT da mehr als die z.B. imaginativen Verfahren nach Reddemann) helfen schon in jeder Stunde und auch bei der Überbrückung. Daher müssen die Kontakte auch nicht so engmaschig sein wie bei der PA. Und da wird ganz viel Wert auf Schonung, Auftanken, Kräfte sammeln und Entlastung gelegt.

Und anfangs stabilisiert noch der Thera und dann bringt er einem zunehmend bei, wie man das dann alleine schafft. Schwimmenlernen würde ich das nennen. Und erst, wenn das gut klappt und man sicher ist (Steuerungsfähigkeit hat), dann erst geht er das erst Mal mit einem - unter kontrollierten Bedingungen - ins tiefe Wasser oder dahin, wo die Strömung (das Trauma) ist. Aber eben erst, wenn es sicher geht.

Vielleicht kannst Du es Dir so vorstellen, um wieviel einfacher man es Patienten machen könnte und warum ich auf die PA so eine Wut habe.

Tut mir leid, dass ich Dir weh getan habe, wollte ich eigentlich nicht. Ist aber passiert, weil wenn wir beide zusammentreffen einfach nur Welten aufeinander prallen. Ich versteh' Dich ja, aber ich hab' das alles schon hinter mir und hab' neue Sachen dazu kennengelernt und denke, ich hab' doch zumindest nicht wenig Ahnung von der ganzen Materie. Ich weiß, ich kann gut nerven, aber ich hab' ab und zu doch was nicht ganz Dummes von mir gegeben.

Ich hab' eigentlich nur 'ne Wut, dass nicht jeder so'nen guten Thera hat wie meiner ist. Und die Wut, dass ich solange nicht so jemanden hatte, ist bei mir gewiss auch noch nicht verraucht.

LG

Jesusechse

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carö
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Beitrag Do., 06.05.2010, 20:31

@jesusechse
danke für die ausführliche erklärung. konnte dir soweit folgen. irgendwie klingst du gerade anders, ruhiger. das ist schön
Tut mir leid, dass ich Dir weh getan habe, wollte ich eigentlich nicht.
danke, ist angekommen

und letztlich war alles nicht umsonst, ich denke, ich kann sowohl dich als auch mich ein wenig besser verstehen.

weiss du, ich wünsche auch jedem so einen tollen thera, wie meinen. du einen, wie deinen. in diesem wunsch sind wir uns ziemlich einig. auch wenn wir ganz unterschiedliche wege gehen.

LG
carö
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Beitrag Do., 06.05.2010, 21:02

jesusechse hat geschrieben:ABER: Die Kassen sind leer. Und man kann damit rechnen, dass immer weniger bezahlt wird. Genau deshalb schwitzen auch die PAs. Ihre Richtung ist die teuerste und man muss viel Werbung dafür machen, damit sie dem Rotstift entgeht.
hm... dahingehend zeichnen sich in der Tat Trends ab... ohne dass ich damit sagen möchte dass ich das gut finde, zumal ich eh eher für Annäherung/Vernetzung bin statt für Distanzschaffung, und ich mit übergreifenden Elementen ungemeine viel anfangen kann. ich zitiere mal was dazu, auch in Anlehnung an die von Anastasius angesprochene (Nicht-)Anerkennung der Methodenvielfalt:
Die entscheidende inhaltliche Trennlinie in der Vergangenheit war die zwischen anerkannten, so genannten Richtlinienverfahren, und den – früher nur sozialrechtlich, heute nun auch berufsrechtlich – nicht anerkannten Verfahren. Hier sind Veränderungen zu bemerken. Der Kostendruck im Gesundheitswesen erreicht auch die Psychotherapie. Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung sind die zur Zeit am häufigsten benutzten Worte in der Gesundheitspolitik. Dahinter steht immer die Absicht, Kosten einzusparen. Uns erreicht dieses konkret dadurch, dass das Gutachtersystem in Frage gestellt wird, andere Qualitätssicherungssysteme ins Gespräch kommen, mit engerer Überprüfung des therapeutischen Geschehens, bevorzugt mittels psychometrischer Verfahren, nebenbei verbunden mit Reduktion der Stundenkontingente. Es ist nachzuvollziehen, dass hierdurch die psychoanalytische Psychotherapie am meisten getroffen wird. Dieses führt natürlich zu mehr Distanz zwischen den Verbänden der Psychoanalytiker und der Verhaltenstherapeuten. (...)

Bleibt noch der VPP im BDP als einziger Verband, der noch eng mit den Fachverbänden der nicht sozialrechtlich oder gar berufsrechtlich anerkannten Verfahren kooperiert und die Methodenvielfalt ausdrücklich auf seine Fahnen geschrieben hat.
Im Geschehen der Kammern ist der VPP schwach vertreten. (...) Und Sie kennen die Situation in der Bundespsychotherapeutenkammer. DPTV und Vereinigung bildeten eine Kernkoalition, (...). Die weitere Koalition wurde mit den Psychoanalytikern gebildet, die dafür zwei Beisitzerpositionen im Vorstand erhielten. Die alten Gegensätze, Richtlinientherapie vs. Nichtrichtlinientherapie haben sich durchgesetzt. Ob dieses den Psychoanalytikern wirklich gut tut, muss die Zukunft zeigen.
Vom Mainstream der Bundespsychotherapeutenkammer her ist im Moment keine Unterstützung für die Anliegen der Methodenvielfalt zu erwarten. Was können und sollen wir tun? Die zukünftige Hauptfront der Interessen wird sein zwischen auf der einen Seite verhaltensmedizinischen Modellen, die mit kürzeren Stundenkontingenten auskommen, keine Probleme mit ausgiebiger Anwendung psychometrischer Verfahren und der Aufweichung der Exklusivität der psychotherapeutischen Beziehung haben, und auf der anderen Seite den Verfahren, die die Betonung im Heilungsprozess auf die psychotherapeutische Beziehung legen. Nicht verschwiegen werden kann hier auch, dass die erstere Alternative deutlich mehr Unterstützung durch die Kassen findet, da sie ihre Arbeit transparenter machen kann und vordergründig kostengünstiger arbeitet.

http://www.vpp.org/meldungen/03/31200_m ... falt.shtml
=>
Zuletzt geändert von stern am Do., 06.05.2010, 21:56, insgesamt 2-mal geändert.
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stern
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Beitrag Do., 06.05.2010, 21:03

Ich denke, dass eher die Kostenfrage die Anerkennung der Wirksamkeit verschiedener Verfahren konterkariert als die Frage, ob eine Methode wirklich wirksam ist oder nicht. Ich meine, man vergleiche die Situation in D mit der in Ö: In Ö sind viel mehr Methoden anerkannt, dafür werden die nicht so wie in D kassenfinanziert . Wenn es wirklich so eklatante Unterschiede in der Wirksamkeit gäbe, dürfte es solche Unterschiede IMO nicht geben. Und es sind auch nicht die Therapeuten/Behandler, die den Patienten aus Kostengesichtspunkten auf Biegen und Brechen Stunden kürzen wollen (wenngleich sie natürlich jeder Therapeut/PA auch Wirtschaftlichkeitskriterien gebunden sind). sondern wiederum stellt sich die Finanzierungsfrage. Tja, und wenn das dann ausgehandelt wird, dann schauen die Grüppchen schon auch darauf, dass sie ihr Süppchen sichern (Interessenpolitik)... was dann, wenn's blöd läuft, die Patienten ausbaden.

Insofern finde ich es schon wichtig zwischen Interessenspolitik/Versorgungssicherheit/Gutachterverfahren und der konkreten Therapie(richtung) (im Verhältnis zwischen Behandler und Patient) andererseits zu unterscheiden. Und Fragen welche Therapie nun die aus kostengesichtspunkten effizienteste ist gehört aus meiner Sicht eher zu ersterem. Und damit (Wirtschaftlichkeitsanalysen) möchte ich mich als Patient gar nicht allzusehr herumschlagen müssen, sondern auch ein Stück weit darauf vertrauen können, dass der Behandler hinreichend Erfahrung hat, wie ich lernen kann schwere Päckchen zunehmend abzulegen. Mein Maßstab ist da schon eher, wo spüre ich besserung und wo ggf. nicht. Konkret brisant können solche Fragen der Finanzierung werden, wenn sich abzeichnet, dass die relativ starren Stundenkontingente nicht ausreichen. Das kann aber vermutlich auch in anderen Richtungen passieren. und das ist keine Ausgeburt des behandelnden Therapeuten, mit dem er seinen Patienten mit Hinweis auf ungeschickte Methodenwahl ein ätsch reindrücken will.
Die modernen Trauma-Therapien (und die VT da mehr als die z.B. imaginativen Verfahren nach Reddemann)
Ich mache ja dzt. eine TFP, die an meine Bedürfnisse angepasst ist. Und auch insbes. stationär in der Klinik (VT) war das so. Und vieles, was du schreibst kommt mir auch recht bekannt vor. Und ja, aus den Therapien nehme ich viel mit, was mir ungemein hilft. Und so eklatante Unterschiede merke ich da zwischen beiden Formen nicht mal... teils natürlich schon, aber eben nicht wirklich eklatent. Käme mir daher auch gekünstelt vor, wenn ich suchen wollte, was eine VT-traumamodifizierte von einer TFP-traumamodifizierten unterscheidet oder welche der beiden Therapien mir persönlich mehr geholfen hat/hilft (mit einer angepassten PA habe ich keine Erfahrung). Liegt vielleicht daran, dass ich jeweils aus einem Mix verschiedener Pötte schöpfen kann, und ich auch einige deutliche Parallen wahrnehmen (obwohl sich das eine VT nennt, das andere TFP), die ich btw. auch in deinem Posting sehe... z.B. waren/sind jeweils auch imagninative Elemente dabei (die von Reddeman stammen dürften), aber eben nicht ausschließlich Reddemann. Ein hilfreicher Mix eben, so nehme/nahm ich das zumindest in beiden Therapie wahr, keine Ahnung. Daher finde ich auch hier die Methodenwahl nicht so entscheidend... sondern eher die Anpassung an die individuellen Bedürfnisse des Patienten und dass der Thera passt.
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Beitrag Fr., 07.05.2010, 00:36

Und noch eine Anmerkung zur Schnelligkeit, Effizienz der VT: Das war insbes. Grawe (ein Forscher, Wissenschaftler und kein VTler), der sich durch eine riesige Studie hervortat, in der kognitiv-behaviorale VT und PA verglichen wurden, und der mit seinen Ergebnissen auch die PA als Langzeittherapie stark unter Beschuss nahm. Mit so Aussagen wie: Mit der Psychoanalyse werden nur Patienten behandelt, die so gesund sind, daß sie eigentlich keine Psychotherapie brauchen. Oder dass man besser eine Therapie abbricht, wenn sie nicht von 40 bis 50 Stunden erfolgreich sei. Etc. lässt sich bei Bedarf sicher im Netz näher recherchieren. Ich gebe's einfach mal sinngem. wieder.

Dass darauf die Kostenträger gerne anspringen, ist jetzt nicht sooo verwunderlich . NUR werden seine Forschungsergebnisse wegen massiver Mängel (methodischer und inhaltlicher Art) vielfach widerlegt, vgl. auch hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Psychoanal ... hotherapie. Die VT tendiert mittlerweile zu längeren Behandlungszeiten... und Forschungen belegen auch die Wirksamkeit längerer Therapien... müsste man halt genauer nachsehen. jedenfalls sehe ich für mich keinen Sinn, dem allzusehr nachzugehen, da für mich wie gesagt der Maßstab mein Eindruck ist, ob mir meine Therapie(n) helfen oder nicht. Und ersteres ist ja der Fall . Und wenn man unbedingt von durchschnittliche Therapiedauern sprechen oder diese entwerfen will (z.B. auch in Form von Kontingenten), so sollte man die auch als Durchschnittswert verstehen, der individuell nach oben oder auch unten abweichen kann. kommt halt darauf an. Alle in eine Pott von 40-50 h oder ein beliebig anderes Kontingent zu werfen, und zu sagen, wenn die Therapie dann nicht greift, war sie oder die Methode schlecht, macht nun wirklich keinen Sinn. Ein Spinnenphobiker braucht vielleicht weniger, jemand der jahrzehntelang schwer misshandelt wurde der braucht wahrscheinlich mehr... und das egal bei welcher Richtung.
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