Ich-Gefühl bei multiplen Persönlichkeiten

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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ENA
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Beitrag Mo., 28.02.2011, 17:24

gesprungenesWasser hat geschrieben:Nein, nein, ENA, ich meinte das ehrlich!
Ich auch... .
MrN hat geschrieben:Hallo ENA,
ich hab's irgendwie in der Masse überlesen und kann Deinen Beitrag jetzt auch nicht finden. Kannst Du es mir per Link oder Zitat schicken?
Kann ich machen! Hier habe ich von mir geschrieben! ...

03.02.2011 18.37h:

http://www.psychotherapiepraxis.at/pt-f ... 878821b440

09.02.2011 19.35 h:

http://www.psychotherapiepraxis.at/pt-f ... 878821b440

14.02.2011 8.50h und 17.08h:

http://www.psychotherapiepraxis.at/pt-f ... 878821b440

16.02.2011 18.47h:

http://www.psychotherapiepraxis.at/pt-f ... 878821b440

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MrN
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Beitrag Mo., 28.02.2011, 22:50

Hallo ENA,
oh da hast Du Dir ja ordentlich Mühe gemacht - so viel geschrieben und dann alles noch einmal zusammengesucht.

Das klingt bei Dir alles so sicher und bestimmt.
Als ich das alles jetzt gerade noch einmal gründlich gelesen habe, da war so eine stille Ruhe in mir: "Ja, das kannst Du auch!"
Früher hab ich mich immer in der Duz-Form - nein, "motiviert" ist jetzt nicht das richtige Wort, "gesteuert" vielleicht oder "gelenkt". - Es hat sich so angefühlt, wie wenn man ein Pferd reitet, nur daß ich beides in Einem war: Die Gedanken der "Reiter" und das "Pferd" im Tun... Dieses Gefühl war plötzlich wieder da ... ich hatte es komplett vergessen...

Interessante Beobachtung. Danke für den Anstoß, liebe ENA! Weißt Du woran ich zuerst gedacht habe?! - "ENA ist (mag, kann usw.)" - das klingt ja wie diese netten kleinen Bildchen "Liebe ist ..."! Du mußt wirklich viel Eigenliebe haben, wenn Du das alles so bestimmt von Dir sagen kannst.

Und Eines noch:
ENA hat geschrieben:Ich lebe mit mir.
Das ist mir gerade sehr nahe gegangen. Seit ca. einem Jahr suche ich nach einer geeigneten Affirmation, um dieses ständige Gezeter meiner Selbstzweifel (die berühmten Stimmen im Kopf) mal zur Ruhe zu bringen... Vielleicht ist das der Satz, den ich gesucht hab, der, auf den alle Anteile in mir hören. Du hast doch bestimmt nichts dagegen, wenn ich mir Deine Worte mal ausleihe, und probieren, ob es hilft, wenn ich es mir immer wieder sage: "Ich lebe mit mir..."

LG
MrN

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elpida
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Beitrag Di., 01.03.2011, 07:20

@ Ena

Möchte dich gerne was fragen.
Wie sieht es eigentlich bei dir mit Zeitlücken aus? Hat sich da im Laufe der Zeit was verändert? Hat das an deinem Ich-Gefühl was geändert?

lG elpida

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(V)
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Beitrag Di., 01.03.2011, 20:07

MrN hat geschrieben: Seit ca. einem Jahr suche ich nach einer geeigneten Affirmation, um dieses ständige Gezeter meiner Selbstzweifel (die berühmten Stimmen im Kopf) mal zur Ruhe zu bringen...
Dieses Du-Stimmen im Kopf... es gibt ein ganz simples Mittel, dass ich jüngst für mich entdeckte. Es klingt fast ZU einfach, als das es ernst genommen würde, aber es wirkt: DU-Sätze im Kopf in ICH-Sätze umwandeln. Sich selbst korrigieren. Am Anfang braucht es etwas Gewöhnung, lohnt sich aber! Lasst doch einfach mal die folgende Sätze auf dich wirken:

"Du Feigling!" versus "Ich habe Angst."

Spüre mal nach. Spürst du den Unterschied? Obwohl die Botschaft faktisch die gleiche ist, fühlt sich die Energie/Qualität ganz anders an.

Sorry, ich bin von der Wirkung ganz begeistert, und finde es immer noch schade, dass mein entsprechendes Post hier im Thread leider (erstmal?) als Verar*schung und/oder Respektlosigkeit angekommen ist. Ich bin mir aber mittlerweile nicht mehr sicher, ob die DIS-Betroffenen hier das "Gezeter im Kopf" IN DIESER FORM kennen und auf diese Weise erleben. Es scheint ja eher so zu sein, dass wenn ein Anteil spricht, der jeweils andere nicht wirklich präsent ist. Oder vielleicht gar so, dass es keinen "Admin" gibt, mit dem sich die Subpersönlichkeiten streiten können. Es muss ja auch erstmal genug "ICH" vorhanden sein, damit es von den Subpersönlichkeiten mit "DU" angesprochen wird. Sozusagen eine Aufteilung in ein "Ich und die Anderen", während bei den anderen offenbar nur noch "die Anderen" existieren. Oder irgendwie so...
Früher hab ich mich immer in der Duz-Form - nein, "motiviert" ist jetzt nicht das richtige Wort, "gesteuert" vielleicht oder "gelenkt". - Es hat sich so angefühlt, wie wenn man ein Pferd reitet, nur daß ich beides in Einem war: Die Gedanken der "Reiter" und das "Pferd" im Tun... Dieses Gefühl war plötzlich wieder da ... ich hatte es komplett vergessen...
Denk mal drüber nach: Wenn du in DU-Form angesprochen wirst von deinen Anteilen, wer ist dann jenes "DU"? Dann muss ja noch genug ICH vorhanden sein.

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MrN
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Beitrag Di., 01.03.2011, 21:01

Hi Gothika,
danke, aber damit wir uns nicht falsch verstehen. Es sind gerade die Ich-Stimmen, welche mir zu schaffen machen. Meine aktuelle Erkenntnis besteht zur Zeit darin, daß ich mich erinnert habe, daß ich alles an Zielstrebigkeit und Erfolg meinen Du-Stimmen verdanke. Durch den Verlust der Du-Stimmen hab ich in den vergangenen Jahren anscheinend genau das verloren, was einmal mein Selbstvertrauen war. Deshalb finde ich auch das Bild "Reiter vs. Pferd" so gut. Man kann kein Pferd lenken ohne ein inniges Vertrauensverhältnis mit dem Tier...

Ich möchte Deine Erfahrung damit nicht kleinreden. Wenn es Dir hilft - großartig. Bei mir ging das ganze Durcheinander los, als ich (vermutlich im Rahmen der Therapievorgabe aus meiner Verhaltenstherapie "Gefühle zuzulassen") anscheinend damit anfing, nur noch in der Ich-Form über mich nachzudenken.
Gothika hat geschrieben:Denk mal drüber nach: Wenn du in DU-Form angesprochen wirst von deinen Anteilen, wer ist dann jenes "DU"? Dann muss ja noch genug ICH vorhanden sein.
"Du" sind in diesem Zusammenhang all meine somatischen Anteile, wahrscheinlich auch die Gefühle, zu denen ich als Kind ja nie richtig Zugang fand. Sie waren immer da, doch hatten sie keinen rechten Platz in meinem Denken. Um etwas daraus zu machen, mußte ich sie tage- und nächtelang "bereden". - "Ich" war hingegen alles, was man vielleicht Verstand oder Vernunft (oder Bewußtsein) nennen könnte. - Und dann war da noch "Man": eher abstrakte Überzeugungen, wie ethische Werte oder Glaubensvorstellungen, halt die Weltanschauung, welcher ich eine allgemeingültige Bedeutung gab. Das mag nicht optimal gewesen sein. Aber es fand eine Kommunikaton statt, welche eben vor allem über die Du-Ebene lief und damit ging es mir damals (jetzt gefühlt, jedenfalls hoffentlich jetzt nicht durch die Erinnerung glorifiziert) wirklich prächtig... Jedenfalls bin ich nun der Überzeugung, jenes liebevolle "DU" war jene Brücke, über die ich Zugang zu mir selbst finden konnte, eben jener zentrale Bestandteil, welcher mir zuletzt gefehlt hat, um über mich und meine Welt einen Überblick zu behalten!

Ob ich jetzt wieder so werden kann, wie ich einmal war, glaube ich ehrlich gesagt nicht. Aber allein das Wissen darüber, wie mein System vor Jahren einmal funktioniert hat, ist ein enormer Fortschritt. Schade, daß ich meine Therapeutin heute nicht befragen konnte, was sie davon hält. Aber, vieleicht ist das sogar besser so, so kann ich in den nächsten Tagen erst einmal testen, ob der Energieschub, den ich gerade verspüre, anhält oder sich wieder verläuft...
LG
MrN

P.S. Steht Deine Yoga-Frage (PN) eigentlich noch, oder hat sich das Problem inzwischen wieder gelegt...?

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Thread-EröffnerIn
gesprungenesWasser
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Beitrag Mi., 02.03.2011, 01:13

Hallo alle zusammen,
ich habe einmal versucht herauszufinden welches gemeinsame Gefühl eventuell meine unterschiedlichen Persönlichkeiten haben um vielleicht an eine Ausgangsbasis für ein übergeordnetes Ich-Gefühl heranzukommen (es beschäftigt mich immer noch ). Ich habe nicht ein einziges Gefühl gefunden welches alle meine Persönlichkeitsanteile kennen. Nicht einmal grundlegendes wie Hunger oder ein empfundenes Schutzbedürfnis. Aber ich habe herausgefunden daß es ein Gefühl gibt welches sehr viele, wenn nicht die meisten meiner Kind- und Jugendpersönlichkeiten nicht kennen: das eigene Wollen. Also ein eigenes Bedürfnis herauszufinden und zu formulieren. Ein Satz der beginnt mit „ich will“ bedeutet für die meisten dieser Identitäten: „ein anderer will und deshalb will ich das“. Ihre eigenen Bedürfnisse können sie dagegen nicht beschreiben, weil sie nicht ahnen was das sein könnte. Die Bestimmung des eigenen Ichs ist das Ich eines anderen.

Ich finde deshalb auch gerade die Beiträge von Gothika und MrN spannend. Ich-Stimme und Du-Stimme. Mit meinem Psychologen habe ich gerade angefangen mit zwei meiner Identitäten zu arbeiten: mit einer klar definierbaren Ich-Stimme/Identität, die einen Namen hat. Diese Ich-Stimme ist in einem (ausschließlichen Streit-)Dialog mit einer Du-Stimme, welche keinen Namen hat. Die Ich-Stimme versucht verzweifelt seit vielen Jahren sich gegen die Du-Stimme abzugrenzen und sich selbst als eigenständige Persönlichkeit zu spüren und ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu fühlen. Denn meine Ich-Stimme fühlt ausschließlich: ich bin die Du-Stimme.

Ich hoffe das ist nicht wirr

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(V)
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Beitrag Mi., 02.03.2011, 07:52

@MrN

Kurze Nachfrage: Die Du-Stimmen hast du früher zur positiven Stärkung eingesetzt, aber in den schlechten Zeiten (ich geh davon aus, dass wenn man zur Therapie geht, es einem eher schlechter geht) bist du zur Ich-Stimme übergegangen?
Da drängt sich mir die Frage auf: Kann es sein, dass du POSITIVES nicht zulassen kann? Deswegen jemanden brauchst, der es dir (in Du-Form) sagt? Und als das nicht mehr funktionierte, gingst du in Therapie, hast aufgehört auf die "positiven Stimmen" zu hören und dir dafür die negativen-Teile in Ich-Form reingezogen?!
Irgendwie scheint mir zum aktuellen Zeitpunkt, dass da was anders dahinter steckt. Wenn man beschließt in Therapie zu gehen, alles an sich anzweifelt, sich nicht mehr kennt, kann es manchmal auch passieren, dass man das Eigentliche verwirft und die Nachgeburt aufzieht...

Ja, die PN ist noch aktuell.

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MrN
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Beitrag Do., 03.03.2011, 18:48

Der Grund für meine erste Therapie war, daß ich dem beruflichen Streß nicht mehr gewachsen war:

Meine Arbeitsleistungen wurden in dem Maße schlechter, wie meine Kompetenzen angezweifelt und mir Aufgaben entzogen wurden, welche mir am Herzen lagen. Ich hatte mich vom liebevollen Familienvater in einen hohlen Workoholic verwandelt und habe davor noch sämtliche Hobbies und die damit verbundenen Freundschaften (einschließlich die, welche mich einst mit meinem Bruder verband) geopfert. Mein Kommunikationsbedarf ging rapide gegen Null und ich lief die meiste Zeit nur noch wie ein Zombie durch die Gegend...

Ich ging aber eigentlich nur zur Therapie, weil mir von einem gutmeinenden Kollegen und Vorgesetzten der betreffende Therapeut persönlich empfohlen worden ist. Ich selbst hatte überhaupt kein Bild von meinem Elend, sondern war immer noch der Pionier, der Wegbereiter - nur halt ein zeitweise erschöpfter und und durch die Umstände angeschlagener aber innerlich immer noch strahlender Held.
Ich wollte einfach einen Ratschlag, um die Wogen im Arbeitsumfeld zu glätten, um aus meiner Aschenputtel-Rolle wieder herauszukommen und den nächsten Einkommensschritt schaffen. Diese Möglichkeit schien noch zum Greifen nah. Das Geld schien mir am Ende noch das Einzige zu sein, was ich meiner Familie noch an Wertschätzung entgegen bringen konnte und das wollte ich nun nicht auch noch opfern.

Der Therapeut war wirklich gut:
Er hat innerhalb von knapp zwei Jahren (mit einer Verlängerung) mein Selbstbild soweit wieder aufgebaut, daß ich von meinen Durchhalteparolen weg wieder ein echtes Lebensgefühl bekam. Ich war von Neuem motiviert - wollte mich vorrangig nun wieder um Frau und (da schon nicht mehr) Kind kümmern, dann aber natürlich noch den Karriereknick ausbügeln, besonders indem ich mich auf meine kreative Seite besann und schließlich meinen allgemeinen Zorn und den Frust von bodenlosen kollegialen Reibereien in eine politisch wirksame Ebene umlenken.

Aber wir hatten in der Therapie übersehen, wie sehr ich mich selbst schon von allen distanziert und isoliert hatte. Ich bekam so gut wie keine positive Resonanz mehr - gerade auch aus der Familie. So wurde aus meinem Comeback ein "Kampf mit Windmühlenflügeln", der jede meiner Bemühungen und wirklich alles sinnlos erscheinen ließ...

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MrN
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Beitrag Do., 03.03.2011, 18:48

...
Diesbezüglich hab ich den Therapeuten also zwei Jahre lang an der Nase herumgeführt, ihn immer nur die Spitze des Eisberges sehen lassen, wie ich den Rest ja auch vor mir selbst verdrängte. Zu jener Zeit hatte ich noch ein stabiles Selbstbild - das eines originellen Außenseiters, der es halt im Leben etwas schwerer hat, mit seinen Ideen Fuß zu fassen. Es gab im Rahmen der Therapie nur zwei, drei Momente, welche ich im Nachhinein als möglichen Hinweis auf eine Identitätsstörung betrachten muß:
Als nämlich "Beautyful Mind" mit Russel Crowe in die Kinos kam, war ich von dem Film begeistert. Danach wurde ich aber nachdenklich, und es kam mir erstmalig in den Kopf, daß ich mich begonnen hatte, mit meinen Tätigkeiten über die Rollen zu identifizieren, welche ich dafür spielte. Wobei mein Eindruck war, daß ich da schon ein wenig den Überblick verloren hätte. Ich sprach das in der Therapie an, doch meine Befürchtungen wurden von meinem Therapeuten wieder zerstreut.
Dann später gab es eine Phase, wo es nicht mehr vorwärts ging und er mir sagte, daß er nun mit seinem Latein langsam am Ende wäre. Da begann ich nebenher noch eine Kurztherapie mit Neurofeedback (LENF). Auf den Computerbildern waren die dissoziierten Gehirnregionen zwar deutlich zu sehen, ich sprach aber sehr gut auf die Therapie an. Daher war der Spezialist der Meinung, es handele sich nur um eine zeitweilige "funktionelle Störung", mein Zustand würde sich nach der Therapie wieder von selbst stabilisieren. Nebenher kam ich mit meiner VT wieder gut voran, das schien den Befund zu bestätigen.
Nur, als mein Therapeut mich als fertig austherapiert entlassen wollte, kam es noch zu einem seltsamen Dialog: Irgendwie kam zur Sprache, daß ich bei Angelegenheiten übergreifender Arbeitsorganisation problemlos meine eigene Betroffenheit ausblenden konnte. Ich konnte also aus tiefster Überzeugung (und zwar immer, wenn meine "man"-Perspektive aktiv war) Entscheidungen als nützlich und zielführend mittragen, welche meine (und wohl auch mein Ansehen) beeinträchtigt haben und sogar mit erheblichen persönlichen Nachteilen verbunden waren. Da fand er, daß das Ungewöhnlich sei und mich viel Energie kosten mußte. Er empfahl mir einen gesunden Egoismus, damit ich nicht ständig zu kurz käme... Mich hat das sehr verwundert, weil ich bis dahin immer gedacht hatte, daß bei allen Menschen auch ein "höheres Bewußtsein" für einen übergeordnete und unabhängige Betrachtung verschiedener Wertvorstellungen vorhanden sein müßte und ich es insgeheim meinen Mitmenschen sogar übel nahm, wenn sie davon keinen Gebrauch machten und durch "persönliche Vorteilsnahme" immer irgendwie "befangen" wurden (was man wohl auch als "extrinsische Motivation" bezeichnet).

Das ist hängen geblieben, aber erst bei dem Versuch auf den gut gemeinten Therapeutenrat hin etwas "egoistischer" (also mehr "Ich"-bezogen) zu werden, sind all die Selbstzweifel entstanden, welche mein Persönlichkeitsbild dann später vollends zerstört haben.

Also, ich würde da mal sagen: Ziemlich dumm gelaufen...
LG
MrN

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ENA
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Beitrag Do., 03.03.2011, 18:49

MrN hat geschrieben: Das klingt bei Dir alles so sicher und bestimmt.
Als ich das alles jetzt gerade noch einmal gründlich gelesen habe, da war so eine stille Ruhe in mir: "Ja, das kannst Du auch!" [.....] Danke für den Anstoß, liebe ENA! Weißt Du woran ich zuerst gedacht habe?! - "ENA ist (mag, kann usw.)" - das klingt ja wie diese netten kleinen Bildchen "Liebe ist ..."! Du mußt wirklich viel Eigenliebe haben, wenn Du das alles so bestimmt von Dir sagen kannst.
Danke Dir sehr, MrN!
MrN hat geschrieben:Und Eines noch:
ENA hat geschrieben:Ich lebe mit mir.
Das ist mir gerade sehr nahe gegangen. Seit ca. einem Jahr suche ich nach einer geeigneten Affirmation, um dieses ständige Gezeter meiner Selbstzweifel (die berühmten Stimmen im Kopf) mal zur Ruhe zu bringen... Vielleicht ist das der Satz, den ich gesucht hab, der, auf den alle Anteile in mir hören. Du hast doch bestimmt nichts dagegen, wenn ich mir Deine Worte mal ausleihe, und probieren, ob es hilft, wenn ich es mir immer wieder sage: "Ich lebe mit mir..."

LG
MrN
Solange Du kein Patent auf den Satz anmeldest, ist das schon in Ordnung für mich!
Ja, das ist schön, wenn Dir der Satz helfen kann... .
...und: Das mit den Zweifel kenne ich ja selber auch von mir. Dieses ständige Hin- und Her. Weniger in Bezug auf "wer oder was bin ich?" als in Bezug auf "was soll ich tun"?
Ist schon scheiße sowas! Zweifel, warum auch immer! Manchmal können sie auch ganz nützlich sein, aber auch nur solange man auch eine Wahl und Handlungsspielraum hat... .
...und auch da passt der Satz wieder für mich...und zu einem gewissen Teil habe ich ihn auch aus eben dieser Motivation heraus aufgeschrieben:" Ich lebe mit mir! Mit allem, was mich ausmacht!"...Auch mit den Zweifeln.

Lieben Gruß, ENA!


elpida hat geschrieben:Möchte dich gerne was fragen.
Wie sieht es eigentlich bei dir mit Zeitlücken aus? Hat sich da im Laufe der Zeit was verändert? Hat das an deinem Ich-Gefühl was geändert?
Ich habe keine Zeitlücken. Auch wenn ich vergesslicher geworden bin. ...aber ich empfinde es nicht also Zeitlücken. Da ist kein "Nichts". Da war etwas, was ich vergessen habe...und wenn das Thema dann wieder aufkommt, erinnere ich mich auch wieder da dran. Ich glaube, ich bin nur so vergesslich geworden, weil mir manches zu viel wird, ich vielleicht zu lange in ungünstigen Situationen verharrt oder gekämpft habe und vielleicht auch, weil mein Hormonhaushalt im Ungleichgewicht ist. ...Wobei ich denke, dass sich hier körperliche und seelische Zustände sich gegenseitig aufeinander auswirken.

...und ansonsten: Ich mag kein Vergleichs-Subjekt mehr sein! Das tut mir einfach nicht gut grad!...

ENA

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elpida
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Beitrag Fr., 04.03.2011, 07:40

@ Ena
Danke für deine Antwort .. ich für meinen Teil sehe die ganze Auseinandersetzung hier als Erfahrungs- und Gedankenaustausch, Suchen, Verstehen wollen .. tut mir leid, wenn du meine Beiträge so negativ auffasst (Lücken sind nun mal ein wirkliches Thema für mich in dem ganzen Zusammenhang) .. werde aber Rücksicht darauf nehmen ..

@ MrN
Deine Schilderungen haben mich gerade ziemlich bewegt .. würde gern später darauf eingehen .. jetzt geht's irgendwie grad nicht, weil .. tja, natürlich komme ich ohne Vergleiche ziehen hier nicht wirklich aus ..
Zuletzt geändert von elpida am Fr., 04.03.2011, 08:13, insgesamt 1-mal geändert.

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MrN
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Beitrag Fr., 04.03.2011, 08:09

Zeitlücken:
Bei mir entstehen sie eigentlich aus den Sachen heraus, die ich gerade nicht tue:

Also, ich hab schon noch immer einen roten Faden, so daß ich hinterher sagen kann, was genau ich die letzte Zeit getan habe.
Es gibt aber auch Situationen, wo ich sozusagen auf "Autopilot" laufe. Wenn ich z.B. spazieren gehe und dabei emotional aufgewühlt oder tief in Gedanken bin, dann kann ich "mein Pferd" (Erklärung s.o.) seinen Weg laufen lassen, ohne mich bewußt daran zu beteiligen. Dann kann es tatsächlich sein, daß ich mich irgendwo weit weg in der Natur wiederfinde, ohne genau sagen zu können, wie genau ich da hingekommen bin, also was evtl. am Wege war. Mit etwas Nachgrübeln, kann ich aber immer noch sagen, wo ich (wahrscheinlich) langgegangen bin. Richtig bewußt bin ich mir dann aber nur noch der Gedanken, welche mir in der Zeit so durch den Kopf gingen.
Jene langen Spaziergänge waren übrigens mein wichtigstes Mittel zur geistigen Hygiene. Wenn ich merkte, daß ich vor lauter Streß den Überblick verlor (also nach meiner jetzigen Erkenntnis eine Derealisation), dann machte ich mich irgendwie von allen Verpflichtungen frei und zog los ohne weiter darüber nachzudenken. Meistens brauchte es zwei-drei Stunden, bis ich in meinen Gedanken wieder den roten Faden fand und dann irgendwo - meist an einem idyllischen Ort (auf mein "Pferd" war halt immer Verlaß ) - wieder in die Realität zurückfand.

Wenn ich hier im Forum schreibe, dann vergesse ich darüber die Zeit. Erst hinterher wird mir eigentlich bewußt, was ich so alles hab dafür liegen lassen. Was ich nicht unmittelbar im Kopf habe, dafür scheint die Zeit stillezustehen. Das ist natürlich nicht so, deshalb bin ich derzeit mit allem überfordert, was mit Zeiteinteilung und Terminverfolgung zu tun hat. Ich kann nur die Verantwortung übernehmen für das, was ich aktuell gerade tue bzw. was unmittelbar bevorsteht. Was gerade liegen bleibt bzw. was ich gerade nicht tue ist nicht präsent und da merke ich dann auch nicht, wenn ich was vergessen habe bzw. etwas überfällig ist. Dann entstehen Situationen, wo ich unangenehm daran erinnert werde, wieviel Zeit ich in der Zwischenzeit vergeudet habe bzw. ungenutzt verstreichen ließ.

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ENA
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Beiträge: 9840

Beitrag Fr., 04.03.2011, 10:02

Hallo Elpida!

Ich hätte meinen letzten Satz deutlicher zuordnen sollen. Er ging nämlich gar nicht speziell an Dich und ich fand auch Deinen Beitrag an sich gar nicht schlimm bzw. soviel haben wir hier in diesem Forum ja eh noch gar nicht miteinander zu tun gehabt!...

...Ich habe diesen Satz einfach für mich hier noch einmal schreiben müssen!!!...

...und ja, ich hätte besser kennzeichnen sollen, dass er gar nicht an Dich persönlich ging!

Tut mir leid, wenn das bei Dir so ankam!

Lieben Gruß, ENA!

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heissundkalt
Forums-Gruftie
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Beiträge: 536

Beitrag Mi., 16.03.2011, 15:31

Hallo!
tut mir leid, dass ich so plötzlich eine Weile ausgestiegen bin, es lag zum großen Teil daran, dass ein Mann sehr plötzlich aufgetaucht ist, der in meiner WG übernachtet, mit dem ich ein bisschen was hatte und Probleme mit mir wieder mal auftauchten und ich irgendwie in seinem Beisein mich gar nicht traute an den Rechner zu gehen und hier zu posten... als ob er mir ständig über die schulter schauen würde Ich fühlte mich mal wieder total vereinnahmt und nicht wohl in meiner Haut. Dazu war ich beruflich stark eingespannt. Wie auch immer...
gesprungenesWasser hat geschrieben: Und gerade da ist auch eine Antwort. Das Ich-Gefühl kann keine festgelegte Norm haben.
Absolut. Aber es ist eben auch so, dass ich auch sehr aufgepalten bin. Heute kam ich in der Therapie wieder darauf... Insofenr kann ICH sowieso nicht als Normfall gelten.
Ich verstehe deine unterschiedlichen Körperwahrnehmungen. Auch ich habe übrigens anorektische Phasen in denen ein anderer Anteil die Führung übernimmt. Denn "eigentlich", jetz in dem Moment, in der ich das hier schreibe weiß ich, dass ich nicht dick bin, dass Anorexie eine Krankheit ist und dass ich essen auch genießen kann.

@ Offy:

Danke für die Antwort auf meine Frage. Kommt ziemlich spät, aber ich hatte sie nicht vergessen
TFP ist doch tiefenpsychologisch fundiert, oder? Mache ich auch.
Ich denke auch, die Gefahr durch Rückführungen Erinnerungen heraufzubeschwören, die eigentlich vom Unterbewußtsein noch nicht freigegeben werden können, weil das Bewußtsein noch nicht so weiß ist, liegt nahe... Daher stehe ich dem sehr skeptisch gegenüber.
Wenn du willst... wie war das vor der Diagnose mit den "Löchern"... was hast du da wahrgenommen bzw hast du ein Beispiel?

@ ENA:

Es ist immer schwierig, finde ich, auf Mitschreiber, die keine "Betroffenen" sind, was das konkrete Thema des Threads angeht, einzugehen. Alle "kümmern" sich um den Ersteller des Threads und andere Betroffene, dadurch gehen die Impulse von anderen Interessierten manchmal unter. Bzw oder sie werden nur indirekt aufgenommen, weil der Thread-Ersteller sie aufnimmt - klingt jetzt ein bisschen konfus...

Liebe Grüße, H&K
WER ZUHÖRT KANN VERSTEHEN

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Offy
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Beiträge: 470

Beitrag Fr., 25.03.2011, 13:12

Hallo h & k,

vor der Diagnose habe ich die "Löcher" auch wahrgenommen, aber anders. Das Nicht-Wissen blitzte nur hin und wieder kurz auf, ohne dass ich mich näher damit befasst habe. Ich wusste nicht mal, dass das nicht normal ist. Ich dachte, es geht allen Menschen so, dass sie an die Kindheit keine Erinnerung haben. Dabei fiel mir nicht mal auf, dass das nicht stimmen kann, weil andere ja manchmal aus ihrer Kindheit erzählten. Ich habe alles ignoriert, was in irgendeiner Weise darauf hätte hinweisen können, dass etwas nicht stimmt mit mir. Es reichte schon, dass ich mich "anders" fühlte.

Der Unterschied zu heute ist, dass mir bewusst ist, dass es Ereignisse gab, die dazu geführt haben, dass ich keine Erinnerungen hatte/habe. Ich kann mir erklären, was dahintersteckt und mein Verstand spielt ganz gut mit, was die kognitive Seite des Ganzen angeht. Nur...ein Gefühl für das Kind, das ich mal war, habe ich nicht. Die emotionale Seite ist mir verschlossen...
Heute weinte ich –
aber keine Träne benetzte eine Blume.
Still, leise und nutzlos!
Werde ich auch so von der Welt gehen?

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