Wer heilt hat Recht

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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stern
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Beitrag Di., 12.01.2016, 01:45

Ich glaube schon, dass ich dich einigermaßen nachvollziehen kann... aber ich denke, in einem zentralen Punkt, ist unsere Meinung schlichtweg unterschiedlich. Und in dem Punkte werden wir nicht auf einen Nenner kommen. Macht aber ja nichts.

Was du in mich interpretierst, ist mir teilweise too much:
Für Dich scheint es wichtig zu sein, weil Du es in Bezug zu Dir setzt oder halt allgemein eine "Allergie" gegen jede Form von "abweichendem Verhalten" hast, weil Dich das beunruhig. Keine Ahnung. Dein Motiv verrätst Du ja nach wie vor nicht, so Du es überhaupt selbst kennst.
Ich habe keine Allergie gegen jede Form von abweichendem Verhalten. Unabdingbar sind für mich lediglich ethische Vorgaben und Berufspflichten (die u.a. vorsehen, was als professionell anzusehen ist). Und daraus ergeben sich unterschiedliche Postionen:

Die einen, die sagen, wer heilt hat Recht... der Zweck heiligt die Mittel. Wenn der Patient etwas als positiv ansieht, so ist das so... Problematisierung ist dann überflüssig. Und ich sage: ethische Vorgaben sind unabdingbar, da eh nicht garantiert werden kann, dass eine Abweichung davon Heilung garantiert. Und nicht jeder Zweck heiligt die Mittel. Und dass man evtl. Unprofessionalität in Erwägung zieht ändert ja nichts an den Empfindungen des Patienten, der das als heilsam erlebt.

Ich habe kein spezielles Motiv... nicht dass ich wüsste... wir sind doch hier in einem Diskussionsforum. Was nun wirklich OT hier ist, ist eine Psychoanalyse meiner Person.

Es wurde doch auch gefragt, warum bestimmte Haltungen vertreten werden:
Meine Fragen: Warum ist das so? Wieso diese Haltung hier im Forum?
Ich habe lediglich versucht, das zu begründen... und ja meine Haltung dürfte sich aus der zentralen Meinungsunterschiedlichkeit ergeben, dass ich ethische Vorgaben für unabdingbar halte und es nicht so sehe, dass alles durch Patient und Therapeut frei verhandelbar ist. Sondern es gibt auch (unabdingbare) Grenzen gibt, die durchaus zum Schutz des Patienten gedacht sind. Und diese Grenzen sehe ich nicht erst beim vollzogenen Sex...

Wenn ein Therapeut sagt: Wenn ich mich über ethische Empfehlungen hinwegsetze, weil ich glaube, dass das heilsamer für den Patienten ist, so kann das auch Selbstüberschätzung sein...

Wer hat denn einen Therapeuten, der sagt, für einen evtl. Heilungserfolg nehme ich auch bewusst und gewollt Ethikverletzungen in Kauf? Denn wer heilt hat Recht. Ich kann mir tatsächlich schwer vorstellen, dass das so praktiziert wird...
Zuletzt geändert von stern am Di., 12.01.2016, 02:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Widow
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Beitrag Di., 12.01.2016, 01:56

mio hat geschrieben:Soviel zu Deiner "Wahrheits-" oder "Wahrhaftigkeitsvorstellung" im Vergleich zu meiner.
Was soll das denn jetzt wieder Untergürteliges?
Du hast mir hier völlig überflüssigerweise geraten, "bitte auch keine Unwahrheiten" zu "verbreiten".
Ich habe daraufhin geguckt, wie oft Du von Spiegel und Spiegeln (als Verb) sprichst. Ich habe festgestellt und das hier vermerkt, dass das weitaus seltener und wenn, meist in anderen Kontexten geschehen ist, als ich dachte und Dir unterstellt hatte. All das habe ich eingeräumt.
Ich habe dennoch gesagt, dass Du den Menschen hier - für mein Empfinden - immer gern sagst, was "die Wahrheit" ist.

Und Du? Du verdrehst den Begriff "Wahrheit" in nun plötzlich in "Wahrhaftigkeit" (und ich bin sicher: Du weißt, dass der mir sehr viel bedeutet ...), und Du verdrehst mein posting, in dem ich Dir Deine Wahrheit (nur etwa 12 x das Wort "Spiegel" verwendet) schrieb, in etwas Gemeines.
Offenbar brauchst Du sowas.
Offenbar steht Dir Deine Therapeutin dafür nicht zur Verfügung (hat also auch sie Grenzen ...).

Ich stehe Dir dafür aber auch nicht zur Verfügung.
mio hat geschrieben:Ich lerne und da bin ich auch durchaus stolz drauf.
Das markiert wohl am deutlichsten den Unterschied zwischen uns.
Ich bin nicht "stolz" darauf, dass ich lerne.
Ich kann nicht leben, ohne zu lernen.
Zuletzt geändert von Widow am Di., 12.01.2016, 01:59, insgesamt 1-mal geändert.

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stern
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Beitrag Di., 12.01.2016, 01:58

Einige Beispiele, die hier geschildert wurden, habe ich auch nicht als Ethikverletzung angesehen... betrafen also gar nicht das, was ich meinte. Zum Bleistift Schilderungen, dass in einer bestimmten Therapiephase die ein oder anderen Zugeständnisse wichtig waren, dass die Therapie nicht gekippt ist. Ja, kann es mal geben... hört sich (für mich) recht üblich an.

Hingegen bei regelmäßigen wöchentlichen telefonischen Lagebesprechungen, wie es dem Patienten denn diese Woche so geht, so finde ich die therapeutische Begründung, ähm, vergleichweise schwerer erkennbar....
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mio
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Beitrag Di., 12.01.2016, 01:59

stern hat geschrieben: Wenn ein Therapeut sagt: Wenn ich mich über ethische Empfehlungen hinwegsetze, weil ich glaube, dass das heilsamer ist, so kann das auch Selbstüberschätzung sein...

Wer hat denn einen Therapeuten, der sagt, für einen evtl. Heilungserfolg nehme ich auch bewusst und gewollt Ethikverletzungen in Kauf? Denn wer heilt hat Recht. Ich kann mir tatsächlich schwer vorstellen, dass das so praktiziert wird...
Stern, ich verstehe Deine Kritik wie gesagt durchaus, ich bin allerdings im Gegensatz zu Dir - und da kommen wir wohl auch nicht zusammen - in der Tat der Meinung, dass letztlich der "Erfolg" im Einzelfall entscheidend ist für mich. Vielleicht bin ich da einfach weniger ängstlich, weil ich eben auch gute Erfahrungen - die ich hier ja auch beschrieben und begründet habe - mit solchen "Abweichungen" gemacht habe. Die hast Du zB. in Bezug auf regelmässige "mail-Kontakte" ja auch als "bedenklich" oder gar als einen "Ethikverstoss" beurteilt. Und wenn ich dann sage: Nun gut, mag vielleicht streng gesehen so sein, aber auf meinen Einzelfall bezogen war das sehr hilfreich und in keinster Weise missbräuchlich oder schädlich für mich sondern sogar sehr förderlich für mein therapeutisches Weiterkommen, dann plädiere ich da logischerweise für mehr Flexibilität. Ist wahrscheinlich einfach eine Erfahrungssache. Und meine Erfahrugnen mit solchen "Abweichungen" oder auch "Aufweichungen" sind eben sehr positiv. Meine Thera arbeitet dennoch sehr professionell und hält Grenzen ein bzw. achtet sehr darauf, dass ich da nicht zu sehr in die Abhängigkeit kippe. Sie lässt sich nur eben auch auf "mich" ein, ganz individuell, so wie ich es brauche. Und das ist etwas wovon zumindest ich sehr profitiere, weshalb ich eben auch den Standpunkt vertrete, dass sowas gut sein kann und hilfreich.

Das steht aber hier auch schon wirklich in ausreichender Form. Entschuldige also bitte, wenn ich dazu per sofort nichts mehr sagen werde. Wir kommen da nicht zusammen, wie es scheint und das ist ja auch ok.

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Widow
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Beitrag Di., 12.01.2016, 02:04

mio hat geschrieben:Vielleicht bin ich da einfach weniger ängstlich
Wieso soll stern denn 'mehr' ängstlich sein als Du ?!
Das interpolierst Du.
Weil stern eine andere Position vertritt. Als Du.

Diese andere Position kannst Du nicht aushalten, nicht stehen lassen. Nein, Du musst gleich auf die persönliche Ebene gehen und jemanden (ich pointiere) zum Feigling erklären.

Himmelnochmal !

Lass doch einfach mal gelten: Gelten. Jemand anderen und seine Ansicht. Einfach nur gelten !

Keine persönlichen Keilhiebe. Einfach nur gelten lassen.

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stern
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Beitrag Di., 12.01.2016, 02:46

mio hat geschrieben:Die hast Du zB. in Bezug auf regelmässige "mail-Kontakte" ja auch als "bedenklich" oder gar als einen "Ethikverstoss" beurteilt.
Nun, nicht generell... sondern kommt darauf an. Was ich meinte... und was ich so oder so ähnlich geschrieben habe: Wenn etwas therapeutisch begründbar ist, so muss das nicht unprofessionell sein. Dann kann das ein Therapeut ja z.B. auch vor dem Patienten oder in einer Supervision rechtfertigen/begründen. Wenn aber Kontakte außerhalb der Zeit gewohnheitsmäßige Routine sind oder werden und nicht mehr laufend auf die Sinnhaftigkeit hinterfragt, so sehe ich das etwas kritischer... gibt es dann wirklich noch einen therapeutischen Nutzen oder kann das vielleicht sogar Nachteile haben?
Meine Thera arbeitet dennoch sehr professionell und hält Grenzen ein bzw. achtet sehr darauf, dass ich da nicht zu sehr in die Abhängigkeit kippe.
Das ist ja super... nur hatte ich Zweifel, dass sich das immer so mustergültig, professionell und reflektiert und heilsam verhält, wie geschildert, verhält, wenn Rahmenbedingungen aufgeweicht werden. Und darauf habe ich hingewiesen, dass Verwässerungen des Rahmens auch ein Warnsignals sein können. Nicht mehr und nicht weniger. Meine authentische Haltung. Wenn ich das ganz aus meinen Erwägungen verbannen würde, so wäre ich ja auch nicht in der Lage, Unseriosität zu erkennen, wenn ich voraussetze, dass der Therapeut selbstverständlich wissen wird, was er tut, das genau abwägt, dass der Patient das braucht, usw. Gleichzeitig muss ich nicht akut ängstlich sein. Sondern das sind eher so Warnlämpchen... die auch regelmäßig einen Einfluss hatten, ob ein Therapeut überhaupt mein Therapeut wird (Probesitzungen).
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Beitrag Mi., 13.01.2016, 10:06

Thread im Sinne einer allgemeinen gedanklichen Durchschnaufpause geschlossen.

Sollte in 1 Woche+ noch Interesse bestehen, die Diskussion weiterzuführen, bitte um PM.

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