DIS: Ich verstehe das nicht

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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stern
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Beitrag Sa., 09.08.2014, 23:53

Habe ich unterschiedlich erlebt.Ich muß aber dazu sagen,daß ich mit der Bezeichnung "Hauptperson" nix anfangen kann.Es gab mehrere "Hauptpersonen".
ja, da tue ich mir mit der Bezeichnung schwer... weil nach außen sehe ich ja nur waldschratin. Über das Internet sowieso.
Wer auch nicht "gealtert" ist,das waren so "allgemeine" Persönlichkeiten wie z.B. "die Alte",die um die 80 war. Klingt jetzt wieder so nach "Phantasie". War aber die Bezeichnung für einen Bereich der ursprünglichen Persönlichkeit,die über die Traumatisierungen hinweg "gerettet" werden konnte und für sowas wie das "alte Wissen",Weisheit (Jung würde es das kollektive Unbewußte nennen ) stand.
Nee, ich finde "Phantasie" auch nicht ganz glücklich als Bezeichnung. Aber genau solche Personen sind (für mich) schwerer vorstellbar. Weil 80 bist ja immer noch nicht . Aber klar, man hat ja auch Ressourcen und Wissen. Hast du eine Vorstellung, warum sich das in einer 80jährigen bündelt? Na gut, Weisheit verbindet man gerne mit Alter, aber... hm. Kann Waldschratin oder andere darauf auch zugreifen? Das kollektives Unbewusste ist eine anschauliche Beschreibung.
Stell dir mal vor,jemand will,daß du mit deinem Nachbarn "zusammengehst" im Sinne einer "Verschmelzung",also Integration.Was würde das bei dir auslösen?Angst davor,deine ureigene Persönlichkeit zu verlieren durchs "Verwaschen" mit der des Nachbarn
Hehe, das würde ich auch nicht wollen. Hört sich nicht direkt gesund an *gg*. Schon auf handelsübliche Projektionen, wenn ich das Gefühl habe, mir wird etwas angeheftet, dass nicht ich bin, stehe ich nicht so. Das Ergebnis wäre vermutlich weder Fisch noch Fleisch.

Aber wenn man sich das System als Familie vorstellt, erscheint das schon nachvollziehbar, das Personen nicht unbedingt verschmelzen würden... v.a.: Was wäre das Ergebnis, wenn man 2 Personen verschmelzen würde.

Wenn jemand Gefühle abspaltet oder seinen Körper abgetrennt erlebt, da würde ich sagen, kann ein mehr oder weniger vages Bewusstsein vorhanden sein, dass das zur eigenen Personen gehören könnte... und das man das dann gerne sozusagen wieder einsammeln möchte. Aber erleichternd kommt hinzu, wenn es nur ein Ich gibt.

Kann es das bei Personen trotzdem geben, dass manche mit der Zeit automatisch verschwinden bzw. sich sozusagen ineinander aufgehen? Z.B. dass die Alte nicht mehr so nötig ist, weil walschratin dieses Wissen sozusagen übernimmt? Und zunehmend Wissen auch anderer Personen?
Deshalb war die erste Zeit der Therapie,unser gegenseitiges "Kennenlernen",für uns auch die schlimmste Zeit...Denn vorher war ja kein Bewußtsein für Alleingänge da,also : Was ich nicht weiß...
Hat auch was .
Wir haben dann aber schnell gemerkt,daß die meisten Leute um uns rum sich aber nicht recht aufregten da drüber...Die,die uns schon länger kannten,die kannten uns "nur so".
Es muss ja auch nichts sonderlich dramatisches passieren.

Im Video wird teilweise kommentiert, welche Persönlichkeit spricht. Ja, fällt schon auf. Aber wenn man es nicht wüsste, wäre es nicht unbedingt so augenfällig, weil ja auch je nach Betroffenheit jemand etwas anders wirken kann. Na gut, der Switch zu einem 8jährigen Kind wirkt ungewöhnlich.
Ansonsten funktionierte unser System ja grade darüber,daß jedes unserer Kleinen seinen "zuständigen" Erwachsenen zur Seite hatte,der drauf aufpasste,daß da jaaaa nix nach außen drang.
Das ist auch schwerer begreifbar, das Kinder zurückgehalten werden können, andere Personen, aber Schwierigkeiten haben.
Und da es bei uns ne extra Person NUR für den Job gab,war das gegenüber der Chefin kein Problem.
O.k... dann wirkt diese Person vermutlich auch relativ einheitlich. Bei Nicht-Multis würde man das z.B. als Rollenverhalten bezeichnen, dass aber vom ICH sozusagen beeinflussbar ist.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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umso mehr Fliegen sitzen drauf
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(alte Weisheit)

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Waldschratin
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Beitrag So., 10.08.2014, 04:26

Stern hat geschrieben: Aber genau solche Personen sind (für mich) schwerer vorstellbar. Weil 80 bist ja immer noch nicht . Aber klar, man hat ja auch Ressourcen und Wissen. Hast du eine Vorstellung, warum sich das in einer 80jährigen bündelt?
Warum sich das grade so gebildet hat,weiß ich auch nicht.
War wahrscheinlich die für unsere Eigenart beste Möglichkeit,aus diesem Bereich der Persönlichkeit innerhalb unseres Systems das Sinnvollste und Funktionalste draus zu machen.Etwas,das am "lebendigsten" dann doch "mitmischen",also leben kann.
Stern hat geschrieben:Im Video wird teilweise kommentiert, welche Persönlichkeit spricht. Ja, fällt schon auf. Aber wenn man es nicht wüsste, wäre es nicht unbedingt so augenfällig, weil ja auch je nach Betroffenheit jemand etwas anders wirken kann. Na gut, der Switch zu einem 8jährigen Kind wirkt ungewöhnlich.
Ich kenn den Film und muß sagen,bei den Multis,die ich kenne,sind die Switches meist weitaus "undramatischer".
Ich habs ja auch früher hier schon mal geschrieben,daß es ja auch unterschiedliche Arten von "DIS" gibt,mal abgesehen von individuell geformten Systemen innerhalb einer DIS.
Mir ist eben mit der Zeit aufgefallen,daß Systeme,die überwiegend aus Kids bestehen,ne grundsätzlich andere Struktur (und wohl auch ein(en) grundsätzlich anderen(s) "Sinn" und "Ziel") haben als die,in der es überwiegend und auch "gefestigtere" Erwachsene gibt.Man muß ja auch mitberücksichtigen,welche Bedürfnisse bei nem System im Vordergrund stehen.Das ist da ja auch nicht anders als bei jedem anderen Menschen,ob Uno oder nicht.Der Eine braucht überwiegend Schutz und Sicherheit,der Andere sucht vornehmlich nach Zuwendung und Aufmerksamkeit,wieder ein Anderer braucht v.a. Akzeptanz als "Gleichwertiger" etc.pp.,je nach Defizit und Kompensation von unerfüllten Bedürfnissen.

So waren bei uns Alleingänge von den Kids ein schlichtes lebensbedrohliches No-Go fürs gesamte Überleben aller.Dafür mischten die unterschiedlichen Erwachsenen schon mal mehr im Außen mit,wenn ihnen was nicht paßte.
Was allerdings dann nicht gar so krass auffiel,außer,unser "zentraler" Beschützer übernahm dann mal...Der war ein Mann,der nicht lange fackelte und sich durchzusetzen wußte,auf männliche Art.Allerdings war "ich" ansonsten "deutlich" weiblich,auch in unserer Art,und so fiel das dann schon recht deutlich auf,wenn der mal da war.Meine frühere Thera denkt da immer noch mit nem Schaudern an ihre erste direkte Begegnung mit dem....
Der war nicht sonderlich aggressiv oder bedrohlich oder unfreundlich oder so,aber halt sehr klar und bestimmt und wenig kompromißbereit.

Wechsel in andere Erwachsene liefen bei uns meist sehr viel subtiler ab.Da mußte man uns schon näher kennen,um sich dabei dann mehr als nen Spleen zu denken.Was deutlicher auffiel,das waren dann immer mal wieder die Amnesien,weil jemand mal übernahm,ohne ne Ahnung von dem zu haben,was der Andere da grade gemacht hatte,und dem dann schlichtweg die Fakten fehlten,die der Andere natürlich parat gehabt hatte.

Allerdings passiert es mir auch heute noch manchmal,daß grade am Telefon mal wieder jemand irritiert ist,ob er mich tatsächlich an der Strippe hat,weil ich nach "junger Erwachsener" grade klinge und nicht nach gestandenen fast 50 Lebensjahren.


Waldschratin
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Beitrag So., 10.08.2014, 04:32

Stern hat geschrieben:Kann es das bei Personen trotzdem geben, dass manche mit der Zeit automatisch verschwinden bzw. sich sozusagen ineinander aufgehen? Z.B. dass die Alte nicht mehr so nötig ist, weil walschratin dieses Wissen sozusagen übernimmt? Und zunehmend Wissen auch anderer Personen?
So lief bei uns die Integration ab.Darf man sich aber auch nicht als "stehendes Moment-Geschehen" vorstellen,sondern das war bei uns ein fließender Prozess,bei dem die drei "Hauptpersonen" durch ihre Integration sozusagen den Anfang machten,dadurch ne Art "zentraleres Ich" bildeten,das wiederum sowas wie mehr "Anziehungskraft" hatte (im physikalischen Sinn : mehr "Masse",dadurch mehr Anziehungskraft ) dann,und ab da ein Aufeinander-Zuwachsen der anderen autonomen Ichs "schneller" ablief.Ach,auch wieder schwer erklärbar,weil das nie in Form von "plötzlich feststellbaren Fakten" ablief,sondern wie gesagt ein fließender Prozess in all seinen Facetten war.

Integration war aber nie ein Ziel,von keinem unserer Ichs.Die "geschah" einfach."Ich" erlebte das so,daß durch die Bearbeitung der zugrundeliegenden Haupt-Traumatisierungen (NICHT der Aufspaltung an sich!) es schlichtweg nicht mehr nötig wurde mit der Zeit,die Abspaltungen aufrechtzuerhalten.Und da die Natur Energie nicht unnütz verschwendet,konnte das dann "Unnötige" in einen unaufwendigeren Energiezustand übergehen.

War dann auch so,daß dieses erste Integrieren der drei Hauptpersonen die anderen sowas wie "berughigte",daß tatsächlich keiner/nix verloren ging,weil es dann ja das erste Mal die Möglichkeit gab,so ne Integration tatsächlich "mitzuerleben",wenn auch erstmal aus nem "Abstand" raus,und sich das anzugucken.

Was die Introjekte angeht: Ja,auch da gab es eine "Person" bei uns,die aus ner Introjektion raus entstanden war.Aber als wir uns gegenseitig anfingen kennenzulernen,wurde schnell der Unterschied im Erleben klar,daß es sich dabei um keine Person aus unserer eigenen Ur-Persönlichkeit raus handelte,sondern sich da was bei uns "eingenistet" hatte,was aus ner anderen Persönlichkeit in unser System "ausgelagert" worden war.
Das hab "ich" auch nicht anders erlebt,als das wahrscheinlich Uno`s erleben : Man muß sich bewußt drüber werden,ob so ein Introjekt tatsächlich aus dem eigenen So-Sein kommt oder "eingepflanzt" wurde.
Und das hatte bei uns jedenfalls rein gar nix mit männlich oder weiblich zu tun oder anderen "äußeren" Kriterien.

Ob eine innere Person nun ein Mann oder eine Frau oder ein "Neutrum" wird,hatte in „meinem“ Erleben auch nix mit was Pathologischen zu tun.JEDER hat doch unterschiedliche Facetten von männlich und weiblich in seiner Persönlichkeit.Genau wie auch Kind-Anteile - denk nur mal an das "Kind im Manne".
Nur wird es halt bei ner aufgespaltenen Persönlichkeit "notwendig",da hin und wieder was in ne "Eigenständigkeit" zu packen,damit es normal mitleben kann im System.

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Wandelröschen
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Beitrag So., 10.08.2014, 21:36

Waldschratin hat geschrieben:Integration war aber nie ein Ziel,von keinem unserer Ichs.Die "geschah" einfach."Ich" erlebte das so,daß durch die Bearbeitung der zugrundeliegenden Haupt-Traumatisierungen (NICHT der Aufspaltung an sich!) es schlichtweg nicht mehr nötig wurde mit der Zeit,die Abspaltungen aufrechtzuerhalten.Und da die Natur Energie nicht unnütz verschwendet,konnte das dann "Unnötige" in einen unaufwendigeren Energiezustand übergehen.
Genau, hatte ich ja auch schon geschrieben, wie ich es sehe, mit der Energieeffizienz. Auch ich merke inzwischen, dass nach guter Bearbeitung verschiedener Traumata und dem Kennenlernen untereinander wir irgendwie wohl näher zusammenrücken. Es wird ruhiger in uns, gibt inzwischen mehr Absprachen, Alleingänge werden seltener. Mal abwarten, vielleicht „passiert“ dann Integration auch einfach so, weil Fragmentierung nicht mehr notwendig ist?
stern hat geschrieben:
Und da es bei uns ne extra Person NUR für den Job gab,war das gegenüber der Chefin kein Problem.
O.k... dann wirkt diese Person vermutlich auch relativ einheitlich. Bei Nicht-Multis würde man das z.B. als Rollenverhalten bezeichnen, dass aber vom ICH sozusagen beeinflussbar ist.
Ich mach nur nochmal darauf aufmerksam, meine, hätte das auch schon gesagt: Rollenverhalten und andere Persönlichkeit sind zwei Paar Schuhe. Auch Multis kennen Rollenverhalten, je nachdem wie komplex die ein oder andere Persönlichkeit ausgeprägt ist, zeigen auch mehrere Persönlichkeiten ihr eigenes Rollenverhalten. Aber einzelne Persönlichkeiten können im Außen auch feste Aufgaben übernehmen, für die sie dann in der Regel „zuständig“ sind, wie Waldschratin beschrieb.

Die meisten bei uns im System „leben“ in einem (nenn ich mal so) Zeitfenster. Sie haben zumindest mal keine „Vorgeschichte“, also hat ein Schulkind von uns z.B. keine Vorstellung von sich als Kindergartenkind oder Kleinkind. Auch haben die meisten ein konstantes Alter. Eine von uns (eine Erwachsene) wurde aber auch schon immer älter, aber nicht im gleichen Tempo wie ich, Wandelröschen.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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LovisTochter
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Beitrag Fr., 15.08.2014, 22:14

Liebe Wandelröschen,
ich mag Dir ganz herzlich für Deine audführliche und ehrliche Antwort danken.
Schade, dass die Personen, die hier voher so meinungsstark diskutiert haben nun nicht mehr reagieren.
Ich finde es sehr bewundernswert, dass Du hier so offen sprichst. Danke dafür, denn so ist mir einiges noch mal klarer geworden.

Was ich hier im Laufe der Diskussion vermisst habe ist, dass sich eine DIS in allergrößter Not der Psyche ausbildet. Die ganzen Gedanken zum Thema Fantasiegebilde geben die Not die hinter einer DIS steckt, meiner Meinung nach nicht wieder. Bei der Entstehung geht es nicht darum was jetzt grad in dem Moment schön wäre, welche Fantasiegestalt jetzt gut wäre sondern viel mehr ums pure Überleben. Das ist für mich in der ganzen Debatte zu oft aussen vor gelassen worden.
Es bilden sich Anteile, die das Leid, die Not ertragen können, weil es die "Hauptperson" eben nicht mehr ertragen kann. Und, dies geschieht zu einem frühen Zeitpunkt, in einem jungen Alter.
Und genau darin sehe ich den Unterschied zu einer induzierten DIS.
Eine reale DIS entsteht sehr früh, in einem Alter in dem das Kind noch keine wirkliche Persönlichkeit ausbilden konnte. Und sie entsteht aus einem Überlebenswillen, denn das Kind könnte das Leid, welches ihm zugefügt wird nicht überleben. Deshalb spaltet es ab, dissoziert. Anders könnte das Kind nicht überleben. Das Leid und Elend trägt nun eine andere Persönlichkeit in sich, somit ist das Überleben für die Hauptperson gesichert, denn sie hat all die Traumata gar nicht erlebt.
Bei der induzierten DIS gibt es die Anteile die die Traumata in sich tragen nicht. Da werden, so wie es hier beschrieben wurde, "nur" Gemütsregungen als Anteile wahrgenommen. Das ist für die Betroffenen schlimm und verwirrend.
Was mich aber stört ist, dass eine anerkannte Diagnose von Menschen in Frage gestellt wird, dass Personen die sich über lange Zeit intensiv mit dem Krankheitsbild beschäftigt haben (Huber, Gast, Reddemann), in Frage gestellt werden und eine eigene Meinung mehr wiegt als die tatsächlichen Erfahrungen aus dem Bereich von Frauen, die sich für uns eingesetzt haben.
Hätte es diese Frauen nicht gegeben, würden Frauen wie Wandelröschen wahrscheinlich immer noch als geisteskrank abgetan werden und das finde ich nicht fair. Die Psyche hat auf eine extreme Belastung extrem reagiert und ihr damit ihr Überleben gesichert. Und genau dies sollte anerkannt werden.

Liebe Grüße,
LovisTochter
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)


Jenny Doe
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Beitrag Sa., 16.08.2014, 05:13

@ LovisTochter
Bei der induzierten DIS gibt es die Anteile die die Traumata in sich tragen nicht. Da werden, so wie es hier beschrieben wurde, "nur" Gemütsregungen als Anteile wahrgenommen.
Das ist nicht richtig. Bei einer induzierten DIS werden nicht nur Gefühle iatrogen fragmentiert, sondern auch Erinnerungen, Fähigkeiten, die man hat usw. Das ganze Ich wird völlig fragmentiert. Wenn ich z.B. erzählte, wie meine Mutter mich geschlagen hat, dann hielt mich die Therapeutin für ein Innenkind (eine Erinnerungspersönlichkeit) und begann mich zu behandeln, als wäre ich nicht ich. Dieses "Innenkind" bekam den Namen "Jani". Und so zog sich das durch mit allen Erinnerungen, die ich berichtete, ob nun Tod der Mutter oder was auch immer. Jede Erinnerung bekam einen eigenen Namen und wurde von der Therapeutin behandelt wie voneinander unabhängige Persönlichkeiten. Egal was ich berichtete, sie hielt mich stets für eine andere Person oder forderte mich auf, die Person zu suchen, die das erlebt hat. Sie ging davon aus, dass nicht ich das erlebt habe, was ich ihr berichtete. Selbst Erinnerungen wie z.B. ans Fanatsialand, wo mich mein Vater aufforderte anständig mit Messer und Gabel zu essen, bekam den Namen "Jennifer".

Und nicht nur reale Erinnerungen wurden fragmentiert, sondern auch falsche Erinnerungen. Denn die Therapeutin ging davon aus, dass man nur dann multipel wird, wenn man in der Kindheit sexuell missbraucht wurde. Also begann sie bei mir nach Erinnerungen zu suchen. Auch hier wieder: "Suchen sie doch mal die Persönlichkeiten, die sich erinnern können". Systematisch wurden mir falsche Missbrauchserinnerungen induziert und an imaginare Bilder von "Persönlichkeiten" gekoppelt. Ich bildete im Lauf der Therapie "Persönlichkeiten" aus, die all das Grauen erlebt haben sollen, das von der Therapeutin postuliert wurde, wie z.B. einen Jungen, der lebendig begraben wurde, "Püppchen" und "Engelchen", die vom Vater missbraucht worden sein sollen usw. Sie alle bekamen Namen. So wurden falsche Erinnerungen personifiziert.

Die Vorgehensweise ist stets dieselbe: Erst werden Gefühle, Erinnerungen usw. vom Klienten fragmentiert, indem Therapeuten diese behandeln, als wären sie vom Klienten unabhängige Persönlichkeiten und indem Therapeuten suggerieren, dass man das nicht selbst sei. Im zweiten Schritt bekommen die Fragmente dann ihr Aussehen, Name, usw. usw., durch die Aufforderung "Suchen sie die Persönlichkeiten doch mal". Dadurch beginnt man die fragmentierten Erinnerungen, Gefühle usw. als "Persönlichkeiten" vor dem imaginären Auge zu sehen.
Das, was in meiner Therapie passiert ist oder anders ausgedrückt, so, wie bei mir die wahrgenommen "Persönlichkeiten" entstanden sind, unterscheidet sich nicht von dem, was Huber über die Entstehung der DIS schreibt: Erst wird fragmentiert, im Lauf der Zeit bilden sich Persönlichkeiten, bekommen ein eigenes Aussehen usw. Genausgenommen machen Therapeuten, die so vorgehen, nichts anders als das, was Täter machen.

Und selbst mich, als einst "nur" iatrogen induzierte Multiple, stört es gewaltig, dass von "Fantasiegebilden" die Rede ist. Einerseits stimmt es, denn das Aussehen usw. der Personen sind ein Fantasieprodukt. Aber die Erinnerungen doch nicht (es sei denn, sie sind falsch). Die Schläge durch meine Mutter usw. habe ich real erlebt und es brachte selbst mich auf die Barrikaden, wenn ich dann bei Huber las "Fantasiegebilde".
Eine reale DIS entsteht sehr früh, in einem Alter in dem das Kind noch keine wirkliche Persönlichkeit ausbilden konnte.
Zum einen: Jugendliche, die ihre Identität suchen, Borderliner, die nicht wissen wer sie sind, Klienten, die die therapeutische Praxis mit einer Dissoziationsproblematik betreten usw. usw. all das sind Menschen, die haben noch keine wirkliche Persönlichkeit, trotz ihres erwachsenen Alters. Sie wissen nicht wer sie sind, obwohl sie bereits 20, 30, 40, ... Jahre alt sind. Die Frage, wann man eine "wirkliche" Persönlichkeit hat, ist keine Frage des Alters. Ich habe mich mit zahlreichen Klienten unterhalten, denen iatrogen eine DIS induziert wurde. Es waren allesamt Klienten, die in ihrer Persönlichkeit, in ihrem Selbst und Ich leicht zu erschüttern waren, eben weil sie noch keine stabile Persönlichkeit entwickeln konnten, ihr Selbst noch gar nicht gefunden haben. Insbesondere sind es Klienten mit einer Borderline-Problematik, die leicht in ihrer Identität zu erschüttern waren, weil sie ihre Identität noch nicht wirklich gefunden haben.

Zum anderen: Wenn Frau Gast schreibt, eine DIS entsünde dadurch, dass sich das Kind vorstellt, dass es eine andere Person wäre, die das Trauma erlebt, dann muss das Kind bereits eine Persönlichkeit haben. Sonst könnte es nicht sich selbst von der anderen Person abgrenzen.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


Jenny Doe
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Beitrag Sa., 16.08.2014, 05:28

Und zuguter Letzt ist die Persönlichkeit eines Menschen nichts stabiles. Sie ändert sich das ganze Leben hindurch. Ich zumindest bin heute nicht mehr so, wie ich mit 6 war oder als Jugendliche war. Jeder Erfahrung, die ich mache, verändert mich, meine Persönlichkeit, meine Identität, mein Selbstbild und mein Ich.
Es gibt zahlreiche Studien die mit dem Mythos, der Mensch habe eine stabile Persönlichkeit aufgeräumt haben. Persönlichkeit ist veränderbar und nicht stabil.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Broken Wing
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Beitrag Sa., 16.08.2014, 07:55

Oh doch, ich lese noch mit. Aber meine Fragen sind soweit beantwortet. Das passiert mir in diesem Forum nur selten. Und überhaupt finde ich es cool, dass bei diesem schwierigen Thema geschafft wurde, sich über 22 Seiten auszutauschen, ohne dass seitenlange persönliche Angriffe gefahren wurden.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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Wandelröschen
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Beitrag Mo., 18.08.2014, 23:12

Hallo Jenny Doe,

schick mir bitte mal eine PN, auf die ich dir antworten kann.
Gruß
Wandelröschen

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lilu
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Beitrag Do., 28.08.2014, 00:17

Hallo Ihr Lieben,

ich erlaube mir, obwohl ihr hier augenscheinlich "fertig" seid, noch meinen Senf dazu zu geben....

Ich habe jetzt 4 Tage gebraucht um mich durch diesen interessanten Thread zu lesen. Viel dazu sagen kann ich nicht, weil ich mit DIS nicht viel Erfahrung habe. Es wird aber vermutet, dass ich eine habe. Ich bin aber erst Mal DDNOS Typ1 diagnostiziert worden. Vielleicht bleibt es auch so.

Egal…

Ich wollte mich eigentlich ein bißchen geordneter zu diesem Thema äußern. Jetzt ist es aber eher eine Ansammlung von Gedanken….sorry

Meine Therapie-Odysee begann mit einer Angsterkrankung vor 15 Jahren, von Anteilen wusste ich nichts. Ich empfand mich eher sehr stimmungsschwankend (wenn auch extrem). Ich hatte diese „Stimmungen“ niemals unter Kontrolle, auch heute nicht. Kinder die rauskommen, gibt es nur zaghaft, oder extrem albern und ungehalten. Das könnte man auch als Charakterzug benennen.

Ich bezweifle aber, dass mein sogenanntes „Täterintrojekt“ ein Charakterzug von mir ist. Ich habe immer geahnt, dass ich unbewusst einen Täter „nachahme“, weil ich es halt so kenne. Ich hasse diesen Teil. Er ist BÖSE und macht alles kaputt. Er macht mir Angst und ich hab ihn (noch) nicht unter Kontrolle. Ich verstehe mittlerweile, warum er da ist. Verstehen ist das eine, akzeptieren das andere.

Also ich sitze auch nicht im Cafe und esse auf einmal wie ein Kleinkind, oder schreibe im Chat. Allerdings möchte ich hier niemanden verurteilen, weil ich dafür zu wenig weiß.

„Mein Kind“ (fühlt sich klein an), ist still, fast stumm. Wenn ich es wahrnehme weint es (aus mir heraus), oder ich höre es in meinem Kopf nach MAMA rufen. Mehr nicht… Als ich noch nichts von Anteilen wusste, habe ich mich nach Selbstverletzungen immer bei diesem Kind entschuldigt, weil ich ihr wehgetan habe. Ich habe sie getröstet. Ich sagte immer wieder zu ihr. Es ist vorbei. Keine Angst. Sie tat mir so leid…kleines Mädchen…

An meine Kindheit kann ich mich nicht erinnern bzw. ein paar Bilder sind schon da…Mehr Erinnerungen setzen ab dem 13. Lebensjahr ein, als wir umgezogen sind.
Ich nehme an (wissen kann ich es nicht), dass ich zwei bis drei Erwachsene habe, die mein Leben regeln. Das hat ca. 39 Jahre super funktioniert. Dann nach 9 Jahren Therapie landete ich vor 5 Jahren in einem Krankenhaus und wurde das erste Mal verstanden und gehört. Und dann funktionierte EINE nicht mehr. Das war die, die immer gerne zur Arbeit gegangen ist und darin voll aufgegangen ist. Mit einem Male verstand ICH meine Arbeit nicht mehr, die ich ca. 18 Jahre gemacht habe.

Es ging auch immer dieselbe zur Therapie, deswegen fiel wahrscheinlich auch nie etwas auf. Ich erzählte mal später (letztes Jahr?) meiner Thera, dass ich wenn ich die Treppe zu ihrer Praxis hochging, immer auf der gleichen Stufe ein Lachen ins Gesicht kam (obwohl ich es nicht wollte). Dann war immer alles ok und mir geht es doch eigentlich gut, etc….Ich konnte ihr aber erklären, dass ich mich zwar immer freute sie zu sehen, aber das ich mich im Auto hab sitzen lassen und eigentlich traurig bin und nicht verstehe warum ich immer lache. Auch da wußte ich nichts von Anteilen…

Ich weiß auch nicht wie sich Wechsel bemerkbar machen. Ich vermute, dass bei mir mit einem Co-bewussten Anteil, folgendes passiert (ist aber nur ne Vermutung..) Ich bin unterwegs, alles ist gut. Plötzlich wird mir schlecht, bin schlagartig „müde“ und meine Augen werden schwer. Danach muss ich nach Hause um mich hinzulegen. Kann sein, dass dies ein Wechsel zum depressiven Anteil ist. Kann sein, muss aber nicht…Ach, keine Ahnung…

Es gibt auch tolle Wechsel. Ich werde auf einmal „wach“ fühle mich lebendig und frisch. Meine Augen sehen scharf und fühlen sich kühl an. Leider kommt das viel zu selten vor.

Und dann die Amnesien/Vergesslichkeit? Und die Zeitlücken/Zeit vergessen?
Ich bin extrem vergesslich, kann mich an gerade gesagtes oder getanes oft/sehr oft nicht erinnern. Das weiß ich natürlich nur wenn es Beweise gibt. Also Jemand erzählt mir, was gerade besprochen wurde, oder ich will etwas tun, was längst erledigt ist… Zeitlücken habe ich lange nicht verstanden, aber wenn es auch kurze sein können, kann ich auch damit dienen. Ist mir nur nie aufgefallen, da keine Beweise da waren. Ich schaue ja nicht ständig auf die Uhr.

Wie gesagt, es sind kurze Aussetzer, Minuten höchstens ne halbe Stunde. Mehr ist mir nicht aufgefallen. Ich habe mich auch schon manchmal gefragt, wie ich denn nun an diesen Ort gekommen bin. Ich weiß es kurz nicht. Dann bekomme ich angst und dann ganz verschwommen, weiß ich es bruchstückhaft.


Teil 1 Ende...
Zuletzt geändert von lilu am Do., 28.08.2014, 00:22, insgesamt 1-mal geändert.
Und mit Entzücken blick ich auf, so manchen lieben Tag;
Verweinen laßt die Nächte mich, solang ich weinen mag.

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lilu
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Beitrag Do., 28.08.2014, 00:21

weiter geht`s...

Ich finde auch Dinge bei mir, wo ich mich frage wo die herkommen. Auch das fand ich normal…und
schob alles auf meine Vergesslichkeit.

Und zu guter Letzt. Für mich ist dieses ALLES, immer so gewesen. Es war ALLTAG für mich. Seit letztem Jahr, weiß ich von Anteilen. Und seit diesem Jahr, nehme ich MEIN GANZES in Teilen, ganz anders war. Es ist zwar teilweise gruselig, aber es erklärt auch VIELES….

DANKE für`s zuhören.
Eure Lilu
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genius0815
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Beitrag Do., 11.09.2014, 05:47

Hallo, ich bin ganz neu hier und habe nicht den kompletten thread gelesen. Vieles was lilu beschreibt kenne ich auch. Für mich war das im Grunde auch alles total normal. Für mich kann ein Leben ohne "schriftliche Dokumentation" (logs, kalender, emails) nie funktionieren. Diese "Vergesslichkeiten" hab ich auch als naja bin ich halt vergesslich eingestuft. Aber wenn einen dann Leute anrufen und man hatte einen Termin ausgemacht oder mit denen telefoniert und könnte steif und fest behaupten, das hat man nicht. Oder aber wenn man durch Zufälle feststellt, man will gerade einen Arzttermin für ein Formular ausmachen will und festsstellt, man hat das Formular schon ausgefüllt (war also schon bei dem Arzt) finde ich das schon irgendwie total über das normale Vergessen hinausgehendes. Naja egal, mein Psychiater sprach von einzelnen isolierten Anteilen, die aber möglichst in eine Art (ich nen es Wolke) integriert werden sollen. In der Realität sind es dann eben selten NUR isolierte Anteile sondern eine Mischung. Und eben die schon integrierten Anteile kriegen miteinander Teile mit (nicht alles). Ich selbst spreche nie von wir, wie das viele machen. Ich find das doof. Ich bin schliesslich ich. Ich fand es auch voll krass als ne Thera dauernd wissen wollte wer ich nun bin und von ihr sprach und auch in ne Art Kindersprache einstieg. Das hab ich ihr auch mehrfach gesagt ....und gar keine Thera angefangen. Und mit Diagnosen....naja nach nunmehr 14 Jahren Therapie mit Borderlineschublade, denk ich einfach nur noch, dass die was für Krankenkassen und Schubladendenken sind. Letztllich ist mir wurst ob DIS oder sonstwas. Ich will einfach nur meine Lebensquali verbessern.

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Tamila
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Beiträge: 617

Beitrag Do., 25.09.2014, 22:04

Wenn ich die Erfahrungen von Jenny Doe lese, bin ich sehr froh, dass mein Therapeut von Huber und Co. nichts weiß und seine
tiefenpsychologische Arbeit macht mit seinen eigenen Erfahrungen mit Traumatisierten und mit Dissoziation.
Er hat mich immer als ganzen Menschen gesehen und konnte Amnesien und Zeitlücken (auch von Tagen) einfach und plausibler erklären. Es genügt zu sagen: das ist dissoziativ. Im Grunde ist weder die DIS noch die DDNOS soooo kompliziert, wie sie oft gemacht wird.
Am schlimmsten finde ich selbst oder fand, denn heute kann ich bereits fast ohne Ausnahmen, bis auf vielleicht bis zu drei Tagen mal und das innerhalb von einem Vierteljahr, keine Zeitlücken oder ähnliches mehr. Keine Sehstörungen. Und höre auch die Stimmen nicht mehr, sondern nehme sie als meine EIGENEN Gedanken und Gefühle und Bedürfnisse wahr.
Er hat die Integration über eine zutiefst menschliche Ebene mit mir geschafft. Ich selbst hab allerdings schon mit mir selbst bekannten gestalttherapeutischen Elementen und auch der Imagination gearbeitet, was ich dann selbst mit einbrachte.
Wenn z.B. Momente waren, wo ich mich selbst auf der Couch mit Pumuckl-CDs wiederfand (von meinem Sohn aufgehoben und immer selbst als Kind gehört) und mich wundere, weil ich doch eigentlich einkaufen wollte, so meinte er, ja, da ist in dir auch ein Kind, das viel nachzuholen hat. Also das Kind ist nicht von mir getrennt, es ist in mir. Und so ist es für mich heute mehr oder minder ein kindliches Bedürfnis, dass sich eben erhalten hat, weil es mich damals vom MB abgelenkt hat.
Und diese Ablenkung scheint in Pflichtmomenten,wie einkaufen heute aufzutauchen, ohne einen realen Zusammenhang zu einem neuen traumatischen Erlebnis. Irgendwie haben sich die Aktionen der Anteile auch verschoben im Laufe des Lebens, wie mir scheint.

Naja, es ist kein einfacher Weg, aber man braucht auch die richtige Begleitung. Was du, Jenny Doe erlebt hast, ist einfach nur grausam und wirklich äußerst schädlich. Ich frage mich, was in solchen Therapeuten vorgeht.
लोकाः समस्ताः सुखिनो भवन्तु]


Jenny Doe
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Beitrag Fr., 26.09.2014, 05:55

@ Memory
Was du, Jenny Doe erlebt hast, ist einfach nur grausam und wirklich äußerst schädlich. Ich frage mich, was in solchen Therapeuten vorgeht.
Die Therapeuten haben das bei mir gewiss nicht in böser Absicht getan. Sie glaubten selbst an das, was sie sagten. Und alles, was sie taten, taten sie in der festen Überzeugung, dass sie richtig diagnostiziert haben. Und sie taten es in dem Wunsch, mir zu helfen. Ihnen fehlte Wissen, nicht nur Wissen in Bezug auf DIS und andere dissoziative Störungen, sondern auch in Bezug auf die Frage, was normal ist. Einer Therapeutin kann man zugute halten, dass sie nie Psychologie studiert hat, sondern Ärztin ist und nach ihrem Medizin-Studium die Therapeutenausbildung gemacht hat. Nur eine Therapeutenausbildung zu machen, reicht meiner Meinung nach nicht. Ich war so manches Mal überrascht, wie wenig psychologisches Grundwissen sie hat. Jeder, der DIS behandelt, kennt eigentlich das Prinzip der (klassischen) Konditionierung. Sie kannte es nicht, hatte noch nie was von Konditionierung gehört.

Eine DIS zu diagnostizieren und abzugrenzen von anderen psychischen Störung und dem, was normal ist, ist gar nicht so einfach. Das habe ich auch gedacht, als ich Dein Posting las, hier, und in dem anderen Thread. Du schreibst z.B.
Und höre auch die Stimmen nicht mehr, sondern nehme sie als meine EIGENEN Gedanken und Gefühle und Bedürfnisse wahr.
Bei mir war es ähnlich. Was meiner Therapeutin offensichtlich nicht bekannt war war, dass man bei einer Depersonalisation die eigenen Gedanken, Gefühle usw. als fremd wahrnimmt, so als gehören sie nicht zu einem. Man weiß, dass man die Gedanken selber denkt und die Gefühle die eigenen sind. Aber man erlebt sie als fremd. Meine Therapeutin interpretierte meine eigenen Gedanken, die ich im Dp-Zustand als fremd wahrnahm, als Stimmenhören. Sie war fest davon überzeugt, dass meine Gedanken Stimmen von anderen Persönlichkeiten seien und meine Gefühle Wahrnehmungen "meiner Persönlichkeiten" seien. Stutzig machte mich jedoch, dass ich meine Gedanken und Gefühle nur im Dp-Zustand als fremd wahrnahm. Nicht vorher und auch nicht nachher. Das war einer der Auffälligkeiten, die mich an der DIS-Diagnose der Therapeutin zweifeln ließ. Du schreibst in dem anderen Thread etwas von Co-Bewusstsein. Genau das sagte auch meine Therapeutin zu mir, wenn ich in einem Dp-freien Zustand war, sprich, nicht dissoziierte, meine eigenen Gedanken nicht mehr als fremd wahrnahm. Da erklärte sie mir, dass das Co-Bewusstsein sei, dass mein Stimmenhören in Co-Bewusstsein übergegangen sei. Das war jedoch absolut unlogisch. Denn einige Zeit später depersonalisierte ich erneut und nahm meine eigenen Gedanken wieder als fremd wahr. Dann hieß es wieder, das sei Stimmenhören. Es ist unlogisch für eine DIS, wenn man angeblich mal Stimmen hört und eine Woche später Co-Bewusstein hat und dann wieder eine Woche später Stimmen hört. So ging das 5 Jahre lang, bis ich begriff, dass eigene Gedanken kein Stimmenhören sind und eigene Gedanken als fremd wahrnehmen, eine Dp ist und keine Persönlichkeiten.

Es reicht nicht nur zu wissen, was eine DIS ist. Man braucht so viel zusätzliches Wissen, damit man z.B. "eigene Gedanken als fremd wahrnehmen" nicht mit "Stimmenhören" und ein Dp-freier Normalzustand nicht mit Co-Bewusstein verwechselt.

Meine Therapeuten hatten dieses Wissen nicht. Das halte ich ihnen zugute. Was ich ihnen jedoch vorwerfe ist, ihre feste Überzeugung Recht zu haben. Sie haben alle meine Zweifel an ihrer Diagnose im Keim erstickt anstatt mal bei sich selbst zu gucken und mal zu überprüfen, ob sie wirklich richtig diagnostiziert haben. Ich werfe ihnen vor, dass sie sich nicht informiert haben. Ich habe zehn Jahre lang nichts anderes getan, als mir Wissen anzueignen. Ich habe deren Job gemacht. Ich habe das gemacht, was sie hätten tuen müssen, bevor sie diagnostizieren und einen wie eine Multiple Persönlichkeit behandeln.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Beitrag Fr., 26.09.2014, 06:04

Jenny Doe hat geschrieben: Ich werfe ihnen vor, dass sie sich nicht informiert haben. Ich habe zehn Jahre lang nichts anderes getan, als mir Wissen anzueignen. Ich habe deren Job gemacht. Ich habe das gemacht, was sie hätten tuen müssen, bevor sie diagnostizieren und einen wie eine Multiple Persönlichkeit behandeln.
Ich denke das ist total normal....Und Fehldiagnosen gibt es am laufenden Band. Ich bin auch 12 Jahre permanent als Borderliner behandelt worden, obwohl jede Menge dagegen sprach. Das mit den Diagnosen ist halt nicht so einfach, weil sich vieles nicht in Schubladen schieben lässt. Und je länger man selbst Therapieerfahrung hat und sich selbst versucht kennenzulernen und zu informieren um so mehr weiss man (oft auch mehr eben als der Therapeut, der ja auch nur spezialisiert ist).

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