Freundschaft mit Therapeutin möglich?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:21

Hmm, er hat mir schon gesagt, dass ihm die Trennung schwer fallen wird, generell von seinen Patienten, aber von mir ganz besonders. Das fand ich schon recht deutlich, dann noch das Angebot, die Beziehung nach der Therapie fortzuführen. Also zumindest scheint ihm die Trennung nicht leicht zu fallen.
Schon mal an emotionalen Missbrauch gedacht?
yamaha hat geschrieben:liebt ihr eure Therapeuten?
Ja.
Wie genau diese Liebe aussieht und was das genau bedeutet weiß ich aber noch nicht.
Ich nehme an, ich liebe ihn so, wie letztlich auch ein Therapeut die Patienten liebt - nur deutlich intensiver. Bei mir ist das keine Liebe, die auf Erfüllung wartet und hofft, sondern eine starke Zuneigung, die nicht davon abhängt, was zurückkommt an Gefühlen. Eine Zuneigung, die automatisch entsteht, wenn zwei Menschen, die einander sympathisch sind, über einen langen Zeitraum vertrauliche und intime Gespräche führen und sich in der Zeit, die sie gemeinsam verbringen, sehr eng aufeinander einstellen. Zwei Menschen öffnen einander ihr Herz - wenn auch auf unterschiedliche Weise. Wie sollte da etwas anderes entstehen als Liebe?

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
yamaha1234
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1849

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:22

candle. hat geschrieben:
Wenn du wirklich Liebe meinst, gehst du schon mal nicht von einer Übertragung aus?

Viele Grüße!
candle
Ist es nicht immer "Übertragung" im engeren Sinne ? Ich kann das schwer beschreiben, es ist ja ein Gefühl, und gleichsam habe ich das Gefühl, dass sie mich erreicht hat, dass sie mir nah ist und irgendwie (auch wenn's jetzt pathetisch klingt), dass meine Seele zu ihr "ja" gesagt hat. Es geht für mich weit über ein "ich bin so dankbar, dass da jemand so nett ist und gut zuhört" hinaus. Ich hatte dieses Gefühl noch nie in einem therapeutischen Kontext, und Therapeuten begleiten mich eigentlich schon seit meiner Kindheit, ich hatte also schon viele "therapeutische" Kontakte und doch ist dieser für mich sehr außergewöhnlich, ich würde sagen "besonders".

LG

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
yamaha1234
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1849

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:24

titus2 hat geschrieben: Bei mir ist das keine Liebe, die auf Erfüllung wartet und hofft, sondern eine starke Zuneigung, die nicht davon abhängt, was zurückkommt an Gefühlen. Eine Zuneigung, die automatisch entsteht, wenn zwei Menschen, die einander sympathisch sind, über einen langen Zeitraum vertrauliche und intime Gespräche führen und sich in der Zeit, die sie gemeinsam verbringen, sehr eng aufeinander einstellen. Zwei Menschen öffnen einander ihr Herz - wenn auch auf unterschiedliche Weise. Wie sollte da etwas anderes entstehen als Liebe?

ich finde das sehr schön beschrieben.....danke für deine Offenheit.


leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:27

Vermutlich ist das 'Besondere' dann tatsächlich Ausdruck einer besonders guten Verbindung zweier Seelen. Ich nehme auch an, dass das nicht in jeder therapeutischen Beziehung automatisch passiert; insofern wäre der Begriff 'Übertragung' auch ein bisschen zu lässig verwendet. Übertragen tun wir ja alle ständig: Zumindest mir geht es so, dass ich automatisch Menschen nett finde, die mich nett finden - und umgekehrt. Also, wenn jemand lieb und nett ist und mir zuhört, dann entsteht da durchaus eine positive Übertragung. Aber dieses 'Phänomen', dass man wirklich tiefe Zuneigung empfindet, wäre damit noch nicht geklärt, und ich glaube wirklich nicht, dass das in jeder Therapie möglich ist.

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
yamaha1234
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1849

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:31

titus2 hat geschrieben: und ich glaube wirklich nicht, dass das in jeder Therapie möglich ist.
Ja, und das für mich jetzt wirklich "verrückte" daran ist, dass es für mich auch nie mehr wieder mit einer anderen Thera möglich sein wird, ich habe es tatsächlich versucht, hatte erst kürzlich probatorische Sitzungen bei einem anderen Therapeuten die ich abbrechen musste, weil ich es nicht mehr konnte, weil mich diese Art von Beziehung im Grunde sehr traurig macht und weil mir spätestens da klar wurde, dass sie niemand ersetzen kann, und ich auch nicht will, dass sie ersetzt wird. Es ist schon sehr speziell.

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15223

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:35

Ich habe es ja nicht so mit Seelenverbindungen und ich hatte nie einen attraktiven Therapeuten, aber wenn es bei dir ist wie es ist, dann mußt du wohl damit raus bevor es dich erstickt. Therapie weitermachen oder eine andere Ebene aufnehmen, so sieht es wohl aus und vermutlich noch privat etwas aufräumen.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
yamaha1234
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1849

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:38

candle. hat geschrieben:Ich habe es ja nicht so mit Seelenverbindungen und ich hatte nie einen attraktiven Therapeuten, aber wenn es bei dir ist wie es ist, dann mußt du wohl damit raus bevor es dich erstickt. Therapie weitermachen oder eine andere Ebene aufnehmen, so sieht es wohl aus und vermutlich noch privat etwas aufräumen.

candle
attraktiv fand ich sie anfangs eigentlich auch nicht Nee, ich glaube das mit "raus bevor es dich erstickt" ist nicht so einfach, kann auch nach hinten losgehen, und ehrlich gesagt, wenn sie das bisher ernsthaft noch nicht gespürt hat, zweifel ich sowieso an ihren empathischen Fähigkeiten Ich bin sicher, dass sie es längst weiß und fühlt....

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15223

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:41

Natürlich kann das nach hinten losgehen, das ist ja klar. Dann mußt du halt beim Schwärmen bleiben oder so.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
yamaha1234
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1849

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:42

candle. hat geschrieben:Dann mußt du halt beim Schwärmen bleiben oder so.

candle

nee, so würde ich es auch nicht nennen, besser klänge: " Dann musst du halt im Prozess bleiben" und ich denke das werde ich noch eine ganze Weile....

Benutzeravatar

ExVoto
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 37
Beiträge: 166

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:43

Hallo Ihr Lieben,

zur Frage, ob ich meinen Therapeuten liebe: In dem Sinne, wie Titus es ausgeführt hat, kann ich das ganz klar bejahen. Eine ganz besondere Verbindung zweier Seelen, wie Titus schreibt, empfinde ich auch. Und mehr noch. Wenn ich mir überlege, was ich mir für ihn wünsche, dann kann ich das letztlich nur Liebe nennen, nämlich dass er privat und beruflich glücklich und erfüllt ist, dass er gesund ist und bleibt, dass er möglichst wenig Schmerz und Leid erfahren muss usw. Das ist doch Liebe, oder? Auch meine Liebe richtet sich ganz auf ihn, und nicht auf mich. Es geht nicht ums "Haben-Wollen", um Erfüllung eigener Bedürfnisse. Es geht nicht um ein "Wir", sonder um ein "Ich und Du".

@Titus
Emotionalen Missbrauch kann man vermutlich nie ganz ausschließen, dieser spielt sich ja sehr subtil ab. Ist also schwer zu "beweisen", weshalb ich nur die Möglichkeit sehe, von meinen eigenen Gefühlen auszugehen und diese zu prüfen. Ich spüre nichts Missbräuchliches. Zumal ich ja bisher in der Therapie weitaus mehr bekommen als gegeben habe, was ja auch in der Natur der Sache liegt.

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15223

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:47

yamaha1234 hat geschrieben:
nee, so würde ich es auch nicht nennen, besser klänge: " Dann musst du halt im Prozess bleiben" und ich denke das werde ich noch eine ganze Weile....
Was denn für einen Prozess?

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
yamaha1234
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1849

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:50

candle. hat geschrieben:
yamaha1234 hat geschrieben:

Was denn für einen Prozess?

candle
ich würde es den Klärungsprozess vor dem Abschieds-oder Transformationsprozess nennen. Momentan weiß ich nicht in welche Richtung es gehen kann, was Sie sich wünscht, ich glaube das wird sich in den nächsten Wochen klären, und dann geht es darum sich entweder zu verabschieden oder die Rahmenbedingunen der Beziehung zu verändern.


leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag Do., 04.04.2013, 11:57

ExVoto, jetzt mal von der 'offiziellen Lesart' abgesehen, die besagt, dass ein solches Vorgehen à la: "Ich kann mich von Ihnen ganz besonders schwer trennen; wollen wir Freunde bleiben" rein 'technisch' nicht vertretbar ist, weil du halt sein Schutzbefohlener bist und er von eurer Beziehung nicht profitieren darf, auch nicht emotional - Stichwort: "ich kann mich nicht trennen" - also, abgesehen davon:

Es kommt auch auf deine persönliche Geschichte an: Viele - nicht alle - Patienten haben unter einer emotional missbräuchlichen Beziehung zu den eigenen Eltern gelitten. Diese Beziehung bringt die Patienten in die Therapie, ohne dass sie das vorher so benennen können. Sie spüren nur die Symptome: Herzrasen, Angst, Depressionen usw. In der Therapie, v.a. in einer aufdeckenden, verstehen sie dann, woher die Symptome kommen. Ganz oft kann die Angst der Ausdruck einer Angst vor dem Sich-Lösen von den Eltern stecken, so ein "ohne die Bestätigung meiner Eltern bin ich nichts Wert. Alleine schaff ich es nicht und muss Angst bekommen, die mir meine Wert- und Hilflosigkeit immer wieder bestätigt" - und nun stell' dir vor, dass der Therapeut an das, was von den Eltern kommt, anknüpft, indem auch er den Patienten suggeriert: "Wir brauchen einander. Ich kann nicht ohne dich und du nicht ohne mich". Dann wäre der Therapieerfolg gleich Null, denn von Selbständigkeit und Reife kann man so nicht reden.

Ich stelle mir gerade vor, wie ein Therapeut zum Patienten sagt: "Von dir kann ich mich besonders schlecht trennen" - und der Patient dann ganz lässig antwortet: "Ich mich von dir aber schon". An diesem Beispiel wird der msisbräuchliche Charakter m.E. besonders deutlich: Der Therapeut würde so etwas natürlich nicht zu jemandem sagen, der diese Selbständigkeit hat und SO antworten würde. Also macht er das mit Patienten, von denen er weiß, dass sie diese Angst kennen und ähnlich empfinden.

Er wird das nicht bewusst machen à la: "Heut reiß ich mir mal 'n flottes Mädchen auf", sondern er wird wirklich so empfinden! Davon bin ich überzeugt, dass er dich wirklich sehr mag! Aber in dieser Beziehung bin ich extrem hart: Er darf dir das SO nicht zeigen! Er muss seinen eigenen Trennungsschmerz mit sich selbst oder mit seinem Supervisor ausmachen! Alles andere schadet dir.

Das ist meine Meinung; ich will dir die Freundschaft zu deinem Therapeuten nicht madig machen, denn das steht mir nicht zu. Es ist ja immer eine Sache, wie man etwas theoretisch sieht - und ob man sich praktisch an diesen ethischen Standard halten kann. Mit den Gefühlen kann es halt manchmal verflixt kompliziert sein

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15223

Beitrag Do., 04.04.2013, 12:00

Da drehst du dich gerade im Kreis oder du sagst das selbe um es im nächsten Moment abzulehnen, also brauchst du da doch etwas Klärung, was ja auch legitim ist. Nur muß es ja nicht zum Therapieende führen, wenn deine Liebe abgelehnt wird.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
yamaha1234
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1849

Beitrag Do., 04.04.2013, 12:06

@titus, ich kann das gut nachvollziehen was du beschreibst und auch meinst und ich glaube bis vor kurzem sah ich das recht ähnlich. Ich glaube auch deshalb finde ich, dass wenn es diesen Wunsch gäbe er vom Patienten an den Therapeuten gerichtet werden müsste und es nicht umgekehrt laufen darf.

Ich glaube aber auch, dass man sich innerhalb einer therapeutischen Beziehung entwickeln kann, und diese Entwicklung auch dahin führen kann, dass man sich auf einer anderen, paritären Ebene begegnet. Vielleicht ist das so etwas wie ein gegenseitiges Erkennen, und wenn dann auch noch geklärt ist, dass der eine vom anderen eben nicht emotional abhängig ist, sondern im Inneren jederzeit die Freiheit besitzt zu gehen, dann schwindet irgendwann der asynchrone Charakter dieser Beziehung und es öffnet sich eine ganz neue Möglichkeit der Begegnung.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag