Definitionsmacht und Psychotherapie / @EinTherapeut

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Sabriel
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 17:01

Also das seh ich nicht, dass den Klienten die Missstaende egal sind, aber sie haben einen Anspruch darauf kompetent behandelt zu werden. Und dazu gehoert nun mal nicht, dass der Therapeut wegnickt.
Das ist einfach nicht akzeptabel. Wenn die PIAs innerhalb des Systems Stunk machen und sich beschweren, weil ihre Arbeitsbedingungen unter aller Sau sind, find ich das gut. Aber mit mir als Klient hat das nix zutun.
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stern
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 17:06

Man versucht etwas zu verändern, was auch für sie von vorteil wäre, und stößt auf Gleichgültigkeit und Anfeindungen.
Den Aspekt verstehe ich auch nicht. Also die Anfeindungen.

Ich habe btw. auch schon Psychotherapeuten erlebt, die manche Leistung nicht erbringen wollten, da die Bezahlung so gering sei (in Probesitzungen, daher halb so wild für mich). Nicht jeder äußert das halt so offen.

Und wenn man bei allem sagt "weiß man ja, so ist es halt", mit dieser Einstellung wird man auch nichts ändern können. Nun ja, praktisch sieht das im psychologischen Bereich wohl so aus, dass der Berufsverbund, dem man angehört, sich für die Wahrung von Interessen einsetzt. Krankenkassen sehen natürlich immer die Gefahr steigender Kosten, usw.

Wenn ich von einem übermüdeten Stationsarzt behandelt werden, ist das ebenso nicht von Vorteil, egal ob das der Arzt anspricht oder nicht.
Liebe Grüße
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Widow
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 17:08

Die PiA in der BRD bekagen allerdings nur die 1800 Stunden (also in etwa ein Ausbildungsjahr), die sie während der Ausbildung an "praktischer Tätigkeit in Kliniken" nachweisen müssen und die finanziell nicht geregelt sind.
Die Therapien, die sie im Laufe der Ausbildung durchführen, werden ganz regulär über die Kassen vergütet.
Vgl.: http://piaportal.de/news2+M5a93d259986.0.html

Hier einmal die aktuellen Kostenaufstellungen eines Ausbildungsinstituts:
a) Ausbildung zum Tiefenpsychologen und Psychoanalytiker (Vollzeit, Dauer, 5 Jahre): http://www.ifp-berlin.eu/doc/Kosten%20V ... 120815.pdf
b) Ausbildung 'nur' zum Tiefenpsychologen (Vollzeit, Dauer 3 Jahre, oder Teilzeit, Dauer 5 Jahre; ist der Ausbildung zum Verhaltenstherapeuten vergleichbar):
http://www.ifp-berlin.eu/doc/Kosten%20TfP%20E.pdf


Jenny Doe
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 17:18

@ Widow,

danke für sie Links. Hauptproblem ist wohl vorrangig das erste Jahr. Aber auch in den anderen beiden Jahren war irgendetwas. Ich kann dir leider nicht mehr sagen, was genau da bemängelt wird. Ich glaube, die PIA bekommen nur eine bestimmte Anzahl an Klienten, so dass es finanziell nicht reicht, weil sie monatlich 300 Euro Ausbildungsgebühren zahlen müssen. Aber ganz sicher bin ich mir nicht, da müsste ich Freunde fragen, die die Ausbildung machen.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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stern
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 17:20

Wobei man wohl einräumen muss, dass die Situation in der Schweiz, was nichtärztliche Psychologen bzw. Psychotherapeuten angeht, nicht ganz mit den deutschen Gegebenheiten vergleichbar ist. In D mag ein psychologischer PT oder angehender PT über die KK abrechnen können. In der Schweiz gibt es (noch?) bzw. gab es (?) die delegierte Psychotherapie, sprich:
Delegierte Psychotherapie bedeutet, dass die psychotherapeutische Behandlung vom Arzt nicht selber vorgenommen, sondern an fachlich qualifizierte nichtärztliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten delegiert wird. ...

die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in den Praxisräumen des Arztes oder der Ärztin, unter seiner/ihren direkten Aufsicht und Verantwortung und

im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses arbeiten. ...

Solche Leistungen gelten rechtlich als vom Arzt erbracht und dürfen bzw. müssen auch von ihm im eigenen Namen verrechnet werden.

http://www.sgdp.ch/de
Also direkte Abrechnung über die KK ist nicht. Man will es aber ändern. Schweizer, bitte notfalls korrigieren, was das System in der CH betrifft.
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Sunny75
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 17:37

EinTherapeut hat geschrieben:Arbeite delegiert in einer kleinen Praxis
Hat er eh schon geschrieben. Er darf sich nur nicht Psychotherapeut nennen, und natürlich auch keine eigene Psychotherapie-Praxis eröffnen, weil er in der Schweiz keine anerkannte Ausbildung absolviert hat.


Widow
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 17:37

@ Jenny und alle, die's interessiert:

Dass die Behandlungsfälle während der Ausbildung gedeckelt sind, geht aus den Kostenaufstellungen klar hervor.

Wenn man sich die Gesamteinnahmen anschaut, dürfte auch klar sein, dass man zwar die Kosten für die Ausbildung wieder 'reinkriegt' und sogar einen durchschnittlichen Überschuss im fünfstelligen Bereich erwirtschaftet, dies aber über 3 oder 5 Jahre verteilt - und dabei ist das Jahr Arbeit in einer Klinik nicht berücksichtigt, das vielerorts gar nicht oder mit einem Taschengeld vergütet wird.
Mit anderen Worten: Da man ja auch noch 'leben' muss, bedarf es einer Zusatzfinanzierung (Erspartes, Partner, Kredit; zusätzliche Job gehen wohl kaum, sonst schläft der angehende Therapeut tatsächlich ständig ein während der Ausbildung ...).

All das aber ist 1. demjenigen vorher klar, der sich dafür entscheidet; 2. wird jenem Mangel der finanziellen Nicht-Regelung der Arbeit in der Klinik hoffentlich bald abgeholfen; und 3. verdienen fertige Theras, die Vollzeit arbeiten, nicht gerade schlecht (auch wenn sie gern darüber klagen, dass es im Vergleich zu den Ärzten ja viel zu wenig sei - das sieht mein Hausarzt aber ähnlich [der verdient im Schnitt auch nicht mehr], wenn er sich die Radiologen und die Chirurgen anschaut; honi soit qui mal y pense ...)

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(e)
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 17:42

Ich finde das heutige Schweizer System mit der delegierten Psychotherapie innerhalb der Arztpraxis/Klinik eigentlich ganz gut, da ich sowieso mehr Vertrauen in Psychotherapeuten habe, die noch ein Medizinstudium aufweisen. Die reinen Psychologen sind mir oftmals zu alternativ unterwegs, sie haben zu wenig Einsicht in die medizinischen Belange, was gerade in der Behandlung von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen absolut wesentlich wäre. Wenn das nun in der Schweiz wirklich gelockert werden sollte (was unwahrscheinlich ist angesichts der Kostenexplosion), könnte das zu noch weniger Weiterbildungen von Ärzten zu Psychiatern/Psychotherapeuten führen. Außerdem ist das Modell der Ärztegemeinschaftspraxis sowieso schon ein Fortschritt, sodass ich diese Entwicklung begrüße. Ich finde sowieso, dass Psychologen/Psychotherapeuten, aber auch Ärzte nicht zu sehr ihr eigenes Süppchen kochen sollten, zu gefährlich ist die sektiererische Alternativecke, besser in ein größeres gemeinschaftliches medizinische Angebot einbinden und Kontrolle gewährleisten für die Patienten/Klienten.

Seit ich in eine größere Ärztegemeinschaftspraxis gehe, fühle ich mich viel besser aufgehoben. In Einzelpraxen herrscht immer so ein privater Touch, der mir unangenehm ist, hab da schon viel Missbräuchliches erlebt. Das wäre in einer Ärztegemeinschaftspraxis weniger möglich. Ohne den Kostendruck würden sich jedoch Ärzte und Psychotherapeuten nie zusammentun.
Lieben Gruß
elana

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Widow
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 17:54

OT on
@ e
Das sehe ich genau andersrum !

Diese typische Art von Ärzten, den Menschen mechanistisch als zu reparierende Maschine zu betrachen (Descartes lässt da immer noch grüßen) und ein entsprechend simpel-positivistisches anthropologisches Verständnis zu haben, finde ich schlimm.
Entsprechende Auswirkungen:
- Ein Medizinsystem, das sich prächtig vor den neoliberalistischen Karren spannen lässt und allgemein-therapeutische Effizienz und Effiktivität fordert (d.h. im psychotherapeutischen Bereich: schnellstmögliches Auskurieren der Symptome statt einer Behandlung der Ursachen, und dabei billigend in Kauf nehmen, dass die alten oder andere Symptome nach einiger Zeit wieder auftreten können bzw. dass der Klient, der kein Patient mehr sein darf, dem Druck unterworfen wird [denn er hat ja bereits eine Therapie 'genossen', in der ihm beigebracht wurde, bestimmte "Skills" anzuwenden, um funktionstüchtig zu bleiben], mit ihnen zu leben = zu arbeiten und somit den Profitinteressen der Finanzindustrie Genüge zu leisten), und in dem demensprechend mit "Fallpauschalen", nicht mehr mit kranken Menschen gearbeitet wird - und zwar, um Profit zu generieren (s. z.B. hier unter "Fakten und Skandale", falls diese Seite nicht gleich direkt angezeigt wird);
- eine Ver-Pseudo-Natur-Wissenschaftlichung der Psychologie (kein Wunder, dass die VT so auf dem Vormarsch ist).
OT off.
Zuletzt geändert von Widow am Mo., 30.09.2013, 18:00, insgesamt 1-mal geändert.

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(e)
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 18:00

@Widow

Es geht mir mehr darum, dass Ärzte, Psychologen und Psychotherapeuten sich zusammentun müssen im auferlegten Spardruck. Die gesamte Organisation fällt dann anders aus in der Praxis. Du kannst Dir nicht vorstellen, was ich da alles schon in Einzelpraxen erlebt habe. Es ist echt unheimlich, sich einem einzelnen Arzt auszuliefern. In einer Ärztegemeinschaftspraxis jedoch kommt dieses Persönliche und Missbräuchliche viel weniger auf. Die Ärzte verhalten sich auch anders, weniger eigenbrötlerisch und sektiererisch, weil die Kollegen nebenan das Ganze auf ein professionelleres Niveau heben. Dasselbe gilt für das Therapeutische, deshalb mag ich es, in die Klinik zu gehen.
Lieben Gruß
elana

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BillieJane
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 18:06

Hallo EinTherapeut. Ich habe diese Diskussion hier bereits verfolgt.

Du hast in deinen ersten Beiträgen sehr unterschiedliche Gebiete angesprochen welche du kritisierst. Ich denke man muss zunächst zwischen den Rahmenbedingungen in der Psychiatrie und der in der Psychotherapie unterscheiden, ebenso auch in der Ausbildung an sich. Ich sehe hier drei unterschiedliche Themenbereiche was die Wirkungsmöglichkeiten der Therapeuten betrifft. Vielleicht wäre es besser bei deiner Kritik sauberer zu differenzieren.

Es gibt jedoch in der Psychotherapie bereits seit Jahrzehnten humanistische therapeutische Verfahren und entsprechende Schulen, welche ebenso auch aus einer Kritik am System der Psychotherapie entstanden sind. Nicht nur das, sondern diese beinhalten ebenso auch eine humanistische gesellschaftliche und politische Kritik. Diese humanistischen Therapieverfahren werden in der Schweiz anders als in Deutschland anerkannt auch von KK.

In diesem Sinne hast du ausreichend Möglichkeiten systemkritisch zu arbeiten.

Liebe Grüße,

BillieJane

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candle.
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 18:07

(e) hat geschrieben: In einer Ärztegemeinschaftspraxis jedoch kommt dieses Persönliche und Missbräuchliche viel weniger auf.
Kann ich überhaupt nicht nachvollziehen diesen Gedankengang. Heißt ja, dass sich in einer Gemeinschaftspraxis eine gegenseitige Kontrolle stattfinden würde- tut es aber nicht, außer vielleicht finanziell, das hängt aber wieder davon ab wie man sich formiert hat.

candle
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stern
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 18:27

(e) hat geschrieben:Ich finde sowieso, dass Psychologen/Psychotherapeuten, aber auch Ärzte nicht zu sehr ihr eigenes Süppchen kochen sollten, zu gefährlich ist die sektiererische Alternativecke, besser in ein größeres gemeinschaftliches medizinische Angebot einbinden und Kontrolle gewährleisten für die Patienten/Klienten
In D hat man ja im Grunde die Wahl, ob man zu einem Psychotherapeuten geht, der auch Arzt ist oder zu einem Dipl.-Psych. Halte ich für Geschmacksfrage... ich kann mit Ärzten nicht immer so gut, deswegen bevorzuge ich Psychologen . Wenn man sich wegen einer körperlichen Symptomatik, die auch besteht, bei einem Arzt besser aufgehoben fühlt, ist das nachvollziehbar. Nur glaube ich nicht, dass der Arzt dem Psychologen grundsätzlich überlegen ist bzw. der Arzt unabdingbar ist. Auch ein PT hat eine recht lange Ausbildung (das Studium als Zulassungsvoraussetzung für die PT-Ausbildung würde ich persönlich ebenfalls noch zur Ausbildung rechnen). Das sind vielleicht auch Vorbehalte, wenn etwas noch neu ist. Oder weil sich in der Schweiz (bis vor kurzem) unter dem Psychologen wirklich alles mögliche und unmögliche verstecken konnte.

Ich glaube wie widow, dass sich Mediziner und Psychologen darin unterscheiden können, durch welche Brille der Patienten betrachtet wird. Aber o.k., das Menschenbild, das man grundsätzlich pflegt, spielt wohl auch eine Rolle.

Glücklich über das System scheint jedenfalls nicht jeder zu sein. Was an Mehrkosten zu erwarten wäre (bzw. ob überhaupt) soll geprüft werden:
«Mit dem heutigen System ist niemand glücklich», sagt Heidi Aeschlimann, Präsidentin des Schweizerischen Berufsverbands für Angewandte Psychologie. «Die delegierte Psychotherapie unter Aufsicht eines Arztes verursacht administrative Umtriebe, Kompetenzstreitigkeiten und oft Ausbeutung von Psychologen.» Sie will nicht von Mehrkosten reden: Richtig eingesetzte Psychotherapie könne andere Krankheitskosten vermeiden helfe. Für die Psychologen-Föderation ist die Lockerung nur ein erster Schritt. «Längerfristig würden wir begrüssen, wenn Psychologen den Ärzten gleichgestellt würden. Aber realistisch und pragmatisch ist derzeit, dass ein Arzt eine Psychotherapie anordnen muss», sagt Verena Schwander.http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/bund- ... 1.15146033
Ärzte sehen es natürlich mit gemischten Gefühlen, wenn es sozusagen Konkurrenz gibt:
Die Ärzte sind gespalten angesichts der neuen Selbständigkeit der Psychologen. «Der Verband der Psychiater ist mehrheitlich dafür», sagt Christian Bernath, Präsident der Schweizerischen Ärztegesellschaft für delegierte Psychotherapie. «Aber es besteht eine gewisse Angst vor Dumpingpreisen, falls die Psychologen zu tieferen Tarifen arbeiten.»
Quelle: s.o.
Was schon stimmt: Je geringer die Eigenständigkeit der nichtärztlichen Psychologen und Psychotherapeuten, desto stärker die Abhängigkeit vom Arzt. Heißt aber nicht, dass das zwingend missbräuchlich ausgenutzt wird.
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EinTherapeut
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Beitrag Mo., 30.09.2013, 18:27

In der Schweiz gab es schonmal eine Ära, in der Psychologen direkt abrechnen Konnten. Dies hat sich in Studien als kostengünstige Variante herausgestellt. Seit 1992 ist nun das Versprechen hängig, dass wir direkt abrechnen können. Und wir warten seit 21 Jahren bis das eingelöst wird.

In der Zeit hat sich einiges für die "Professionalisierung" getan. Die therapeutischen Schulen haben sich wacker zerstritten und die Lehrstühle an Universitäten wurden im akademischen Ellbogenkampf von Leuten besetzt, die sich in einem solchen Milieu wohlfinden. Die haben dann Studien gemacht, wo sie ihre eigene Richtung als toll darstellen konnten. Zudem wurden immer spezialisiertere Ausbildungen gefordert, um ja sicher zu gehen, dass keine "normalen" Menschen über Definitionsmacht verfügen können, sondern nur Leute aus elitären Kreisen, welche sich das Ganze auch leisten können (da hatte ich das Glück zumindest finanziell betrachtet in die richtige Familie reingeboren worden zu sein).

Ach ja: Ohne Lehrstuhl an einer Universität Wirksamkeitsstudien über Therapiemethoden nach heutigem methodischen Standard zu machen: Vergiss es! Da hat man sogar als grosse Klinik keine Chance, den zu erreichen. Reale Bedingungen und geforderte methodische Standards widersprechen sich nunmal. Da es kaum noch Lehrstühle gibt, welche nicht von VTlern besetzt werden, ist klar, dass sich nur diese Richtung durchsetzt. Zum Glück klauen die von allen anderen Richtungen zusammen, damit man jetzt auch ganz Schlaue Dinge in einer VT-Ausbildung lernen kann!

Noch zu medizinisch Ausgebildeten: Nur blöd, verfügen die über keine Kenntnis über Statistik und wissenschaftliche Methoden. So sind Sie zwar nicht in der Lage, die Aussagekraft von Studien einzuschätzen, aber umso arroganter darin, den gerade herrschenden Wissenschafts-Mainstream als die Wahrheit schlechthin zu verkünden. Zudem kommen Sie noch aus einer Kultur, die nach dem Prinzip: "Es gibt keine Zeit Kritik anzuhören, handle bevor der Patient stirbt" funktioniert (ist ja auch sinnvoll für die meisten medizinischen Berufe). Die verschreiben dann Medikamente, deren Wirksamkeit von der Pharmaindustrie selbst nachgewiesen wurde.

Aber auch als angehender Psychotherapeut heisst es in der Sozialisationsphase: Friss Dreck oder stirb. Komm gar nicht erst auf die Idee, eigene Bedürfnisse zu berücksichtigen oder Konflikte mit Autoritäten zu riskieren. Und erwarte schon gar keine Wertschätzung vom Umfeld, Du bist ja selbst schuld, wenn Dir die Umstände nicht passen.

Kritik und Einsetzen für eigene Bedürfnisse wird bestraft, Unterordnung oder Abgrenzung über Krankheit/-seinsicht wird belohnt. Alles funktioniert nach dem Motto: Lass es mit Dir machen. Irgendwann ist es vorbei und Du darfst dann mit anderen das Gleiche machen.

Ums mal sehr einseitig zu formulieren.
"Einer der wunderbarsten Beispiele für den Ausgleich, den das Leben uns schenkt, ist, dass niemand aufrichtig versuchen kann, einem anderen Menschen zu helfen, ohne sich selbst zu helfen." - Ralph Waldo Emerson

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Beitrag Mo., 30.09.2013, 18:31

@candle

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in Einzelpraxen oft so eine merkwürdige Stimmung herrscht, wo "der Chef" das ganze Klima der Praxis bestimmt. Sogar die Arzthelferinnen verhalten sich dann meistens entsprechend gedrückt. In einer Gemeinschaftspraxis jedoch gibt es viel mehr Assistentinnen, die Ärzte arbeiten Tür an Tür, da kommt diese Dominanz einer einzelnen Mediziner-/Psychotherapeuten-Persönlichkeit weniger zum Tragen. Auch wenn ich danach allein im Praxisraum sitze, bleibt etwas von dieser umgebenden Gemeinschaft im Raum haften. Oft ist die Tür des Kollegen auf. Ein "merkwürdiger Kollege" mit "verschrobenen Behandlungsmethoden" würde da eher auffallen bei den Kollegen. Dazu muss ich wiederholen, dass ich mehrfach missbräuchliches, übergriffiges Verhalten in Arztpraxen erlebt habe, in Kliniken und Gemeinschaftspraxen aber viel weniger.
Lieben Gruß
elana

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