Welche Therapie bei (komplexen) Traumatisierungen?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

montagne
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 16:24

Wenn Du nachliest, dann siehst Du, dass nicht ich darauf rumreite, sondern dass es allgemein offenbar ausgeschlossen wird, dass eine PTBS Diagnose ohne Persönlichkeitsstörung existiert.
Ist mir in der tat neu, dass das ausgeschlossen wird. Glaube ich auch nicht, dass es ausgeschlossen wird.

Was allerdings von der Logik her ausgeschlossen ist, dass ein Trauma NICHTS an der Persönlichkeit verändert hat. Denn es ist ja die Definition eines Traumas, dass es ein nicht integrierter Anteil in der Persönlichkeit ist, der auch nicht unter der 100%igen Kontrolle des Selbst steht.

Manche Kliniker gehen davon aus, dass dieser Anteil immer mehr Raum einnimmt, immer mehr Energie bindet, ähnlich einem Tumor und irgendwann destabilisiert. (So hab ich es verstanden). Denken aber auch nicht alle so.
aber mich stört es sehr
Also hast du starke Beschwerden, Symptome?

Ich persönlich denke, die strikte Unterscheidung in Therapie und Traumatherapie ist nicht zwangsläufig sinnstiftend.
Wenn die Probleme im hier und jetzt von etwas herrühren, was man erlebt hat und was ganz schrecklich war, dann wird das Thema werden, auf vielfältige Art und Weise. Und dann ist das "Traumaarbeit" (wobei mich persönlich der Begriff Trauma stört). dann findet diese Traumaarbeit statt, egal ob auf der Therapie das Label VT, Analyse, systemische Therapie, Gestalttherapie oder Traumatherpaie klebt.
Daher ist der Umgang mit Traumata, PTBS ja auch Lehrinhalt der seriösen, anerkannten Therapierichtungen in Deutschland.
Jeder Therapeut um die Ecke ist darin ausgebildet, muss er7sie ja. Weil es einfach Teil vieler Problemlagen ist.
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*candle*
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 16:39

montagne hat geschrieben:Also hast du starke Beschwerden, Symptome?
Ja sicher! Das wird nun etwas unterdrückt mit Medikamenten, kommt aber nach einer Weile wieder stärker hervor. Nur die Medikamente erhöhen, finde ich auch nicht sinnvoll. Aber dennoch bin ich schon über den Teilerfolg froh.

Ich gehe auch eher davon aus, dass nicht die Therapieform entscheidend ist, sondern das Zusammenspiel Klient Therapeut.

Ansonsten mag ich den Begriff "Trauma" auch nicht sonderlich, denn jeder der in Therapie geht, dürfte wohl solche haben. Ein Trauma bedeutet ja nicht mehr als eine Verletzung (hier nun der Seele).

Und da jeder Therapeut mit Traumen konfrontiert ist, denke ich, dass viele da sehr gut wirken können. Und meine Entscheidung für die VT steht, da ich es für mich sehr gut und effektiv finde, gerade weil man nicht so sehr konfrontiert wird mit alten Dingen, sondern mit der Wirkung und kann es ja beschreiben in den Momenten wo ich es fühle, beschreiben und der Therapeut muß schauen wie er mich da auf den heilen Weg bringen kann.

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stern
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:06

kügeli hat geschrieben:Normale Therapeuten sind nach meiner ERfahrung für traumatisierte Menschen nicht geeignet..
Ich sag' mal jein, aus meiner Erfahrung heraus... aber mit der Einschränkung: Kommt evtl. darauf an, woran man ansetzt.

Meine VT brachte mir schon einiges, würde ich sagen. Gut, zu der Zeit waren die depressiven Momente ziemlich ausgeprägt, ziemliche Erschöpfung, Schlafstörungen und tralala... so dass es auch nicht mehr so gut nach außen hin zu kaschieren war... also ich wurde selbst schon darauf angesprochen, ob ich nicht mal einen Arzt aufsuchen will (dass ich sogar vor anderen nicht mehr verbergen konnte, dass ich aufgelöst bin und die Beherrschung verliere, war neu für mich). Ich: Ich bin doch nicht krank, mir geht es gut, ich kann nur nicht mehr ...und ich brachte schlichtweg manches nicht mehr auf die Reihe. Recht folgerichtig, dass ich meinem Thera dann allen ernstes den Auftrag gab (als er ein Ziel wissen wollte): Ich will wieder funktionieren. Auf die Frage: Wie ich mich fühle bekam er eine glatte Gesichtsentgleisung als ich meinte, ich sei ein rationaler Mensch (und mir dachte, damit [Gefühlen] braucht er gar nicht erst zu kommen, damit kann ich eh nix anfangen). Nahm er natürlich in der Form nicht an ... aber da gab es schon einige Ansatzpunkte, in denen mir die Therapie dann schon echt weitergeholfen hat.

In manchen, einzelnen Punkten kam ich zu der Zeit amb. allerdings nicht weiter... z.B.: ich nenne es mal mit div. heftige Gefühlswallungen, die ich vor der Klinik Zeit eher als noch Reste der Depression ansah (weil es eben nicht durchgängig war), wobei ich das zu dieser Zeit nichtmal beschreiben konnte. Also wenn ich sagen konnte "schlecht drauf", mir ging es komisch oder nicht gut, so war's das dann schon fast. Als ich das dann etwas besser beschreiben konnte, da vernahm ich dann teils auch so Aussagen wie: Dabei kann ich ihnen (mit meinen Methoden) nicht helfen. Oder: Sie meinen wirklich, Therapie xy ist die richtig für sie? Nee, Tiefenpsychologie geht auch nicht, weil ich fürchte, ich kann mit ihnen nicht in der Tiefe arbeiten. Oder ich hatte den Eindruck, ich spreche chinesisch, weil ich mich von manchen darin auch nicht wirklich verstanden fühlte... und das vielmehr ausgespart werden sollte, obwohl mir das zusetzte. usw. In der Klinik (und bei meiner Thera) kam im Gegensatz dazu genau der Effekt: Ja, genau, so ist das... fühlte mich verstanden (besser als ich manches verstehen konnte)... und bekam Hilfen, die dafür auch umsetzbar waren.

Im Ggs. zu candle oder anderen hier (wenn ich das richtig verstehe), war mein Widerstand, dass früheres bzw. biografisches aufgewühlt allerdings ENORM hoch. Das hatte ich vielmehr als gesperrten Bezirk erklärt à la (was ich auch meinem stat. Thera bei seiner Anamnese so sagte): Ja sie haben schon recht, manches war vielleicht nicht so schön... ABER das betrifft mich gar nicht mehr, ist abgeschlossen... und hat mit dem jetzt doch gar nix zu tun [gedacht: jetzt hören sie doch mal mit den ganzen Fragen dazu auf, das geht mir zu nah... da will ich nicht mehr ran]. Obwohl es in der Vorgeschichte schon einige Eier gab, weswegen ich weitgehend nicht in Behandlung war bzw. in einer Sache nur medikamentös... also nie Therapie bis dahin. War aber auch das, was ich selbst glaubte, nun ja... mancher Zahn wurde mir dann schon gezogen. Und nachdem ich weiß, dass das nicht unbedingt ein Spaziergang ist (obwohl nicht unbedingt sooo sehr gegraben wurde, aber das was gegraben wurde, ging teils schon an die Substanz) würde ich sowas auch nicht ohne Thera machen wollen, der nicht damit umgehen kann (solange ich das selbst auch noch nicht konnte). Aber durchaus denke ich, gibt es verschiedene Zugangswege. Und so oder so: Auch wenn die äußere Stabilität nicht passt (und dazu gehören auch die Lebensumstände, also das man sein Leben halbweg auf die Reihe bringt... und dabei sollte jede Therapie helfen können, so grds.), so macht es eh kaum Sinn traumaorientiert zu arbeiten... meine Meinung und meine Erfahrung dazu... iss evtl. auch nur bedingt übertragbar.

Zu einem Punkt zwecks Klarstellung gleich nochmals *g*
Zuletzt geändert von stern am Mi., 08.06.2011, 17:33, insgesamt 1-mal geändert.
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stern
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:20

dann siehst Du, dass nicht ich darauf rumreite, sondern dass es allgemein offenbar ausgeschlossen wird, dass eine PTBS Diagnose ohne Persönlichkeitsstörung existiert.
du fragtest nach der komplexen PTBS... und da ist es in der Tat schwer vorstellbar, weil die Persönlichkeitsveränderungen dazu schon definitionsgem. gehören, siehe das was Kügeli verlinkt hat.

Ansonsten sehe ich es ähnlich wie montagne, dass es relativ nahe liegt, dass ein Trauma etwas an der Persönlichkeit verändert. Das als Einfluss auf die Persönlichkeit oder Persönlichkeitsveränderung zu bezeichnen finde ich begrifflich auch besser als Persönlichkeitsstörung. Denn wenn ich zum Bsp. einen schweren Unfall erleide, den ich nicht verarbeiten kann, und der sich dann auch zu einer PTBS auswächst, so trage ich nicht noch zwingend eine ausgewachsene PS (im Sinne einer Diagnose) davon. Gleichwohl ergeben sich aber Persönlichkeitsveränderungen (sonst wär' in der Tat kaum eine PTBS). Und ich sag' mal so: je tiefgreifender solche Persönlichkeitsveränderung sind, desto mehr bewegt man sich dann evtl. auch in Richtung Persönlichkeitsstörung (als Diagnose). Oder manche gehen so weit wie Ruppert (den Link den ihr eingestellt habt): Ruppert: Die Symptome von Persönlichkeitsstörungen sind unterschiedliche Formen und Ausprägungen von Trauma-Überlebensstrategien. Weswegen es auch manche Menschen gibt, die gerne PS lieber als Traumastörung verschlüsselt haben wollen... aber dazu habe ich ja auch schon einiges geschrieben, sprich: wissenschaftliche Frage und wie verschlüsselt man etwas. Und zu beschränkten Aussagekraft von Diagnosen für dich individuell: siehe auch oben.
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:34

Nur kurz:
stern hat geschrieben:du fragtest nach der komplexen PTBS...
Nein, nein, nein!

Ich fragte nach komplexen Traumatisierungen!!! Übrigens ist mir der Begriff immer noch nicht klar und so einzeln auch gar nicht aufzufinden bei google. Kommt mir vor wie eine Eigenkreation.

Bitte schau nochmal auf die Threadüberschrift, stern.

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kügeli
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:36

Jeder Therapeut um die Ecke ist darin ausgebildet, muss er7sie ja. Weil es einfach Teil vieler Problemlagen ist.
Nein.

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kügeli
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:43

*candle* hat geschrieben:Nur kurz:
stern hat geschrieben:du fragtest nach der komplexen PTBS...
Nein, nein, nein!

Ich fragte nach komplexen Traumatisierungen!!! Übrigens ist mir der Begriff immer noch nicht klar und so einzeln auch gar nicht aufzufinden bei google. Kommt mir vor wie eine Eigenkreation.

Bitte schau nochmal auf die Threadüberschrift, stern.
Gemeint ist die Komplexe PTBS. "Komplexe Traumatisierungen" gibt es als Definition nicht.

Komplexe PTBS überschneidet sich nun mal Diagnostisch mit Borderline (manche sagen, es ist dasselbe), und ist immer mit Persönlichkeitsveränderungen verbunden.Weil die Traumatisierung nicht nur einfach ist im Gegensatz zur einfachen PTBS, sondern komplex und durchgängig. (Längere Zeit anhaltend).

Bei mir trifft das zu.
Ich hab nicht alle Symptome, aber die meisten S. treffen auch zu. Für mich war die Diagnose eine Erleichterung. Symbiosetrauma, sagt F. Ruppert, den oben jemand verlinkt hat. Ja, ich hab ein solches T., ich kann und konnte nie vertrauen. Und ich hab noch jede Menge andere Probleme, die auch zu bearbeiten sind. Symbiosetraume betrifft unmittelbar die therapeutische Arbeit, ein Th. bei dem ich mich nicht wohlfühle, kann nicht mit mir arbeiten. Und das sind die meisten.

Ich möchte keinen anderen Th. mehr als einen, der traumaadaptierte Therapie (das ist eine Zusatzausbildung) gelernt hat. Die Traumaforschung geht in Riesenschritten weiter, und Therapeuten, die schon länger im Beruf sind, sich aber diesbezüglich nie weiter gebildet haben, sind nicht für mich geeignet, die können gar nicht mit mir umgehen.

Ich weiß gar nicht, warum du dich gegen die Diagnose "Persönlichkeitsstörung" sträubst. Ein Trauma verursacht nun mal Störungen, sonst wäre es keins.
Zuletzt geändert von kügeli am Mi., 08.06.2011, 17:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:47

kügeli hat geschrieben: Ich weiß gar nicht, warum du dich gegen die Diagnose "Persönlichkeitsstörung" sträubst.
Das kann ich Dir sagen:

1. Weil ich nur durch eine Medikation von einem fremden Psychiater in Urlaubsvertretung so eingestuft worden bin was mich damals sehr verunsichert hat
2. Auch die Therapeutensuche damit erschwert wird.

Und da Ihr erfahrener seid als ich, frage ich mal: Wie ist eine Panikatacke persönlichkeitsverändernd?

PS: Dann wurde die Überschrift einfach falsch gewählt.

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stern
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:48

Daher ist der Umgang mit Traumata, PTBS ja auch Lehrinhalt der seriösen, anerkannten Therapierichtungen in Deutschland.
ja gut, ein paar basics und die Störungsbilder an sich (wobei ich selbst mal gelesen habe, dass die PT-Ausbildung, das nicht wirklich standardmäßig vorsehen. Ich meine, das war Huber, müsste ich aber raussuchen, was jetzt aber auch nicht so wichtig sein dürfte). Aber der größere Block wird schon über spezielle Fortbildungen erworben... nicht jeder der PT ist, kann mal auf die Schnelle zum Bleistift EMDR einsetzen (wobei sich darauf Traumatherapie ja weiß Gott nicht darauf beschränkt). Das dürfte z.B. in der Tat nicht nicht vermittelt werden (wie einiges andere auch, was üblicherweise in Fortbildungen erworben wird). Aber ich gehe nicht so weit, dass dann NUR eine solche Therapie in Betracht kommt, wie gesagt.
Ich fragte nach komplexen Traumatisierungen!!!
Ja genau genommen das hier:
Erstmal wollte ich fragen was es heißt "komplexe" Traumatisierungen, wenn das hier jemand weiß.

Wo mein Therapieweg jetzt so hinführt, weiß ich aber ich suche doch auch Gleichgesinnte zum Austausch bei PTBS OHNE Persönlichkeitsstörung.
Worin besteht für dich jetzt der Unterschied zwischen einer Komplexen Traumatisierung und komplexen PTBS (die Jesusechse SEHR vermutlich auch meinte)?
Übrigens ist mir der Begriff immer noch nicht klar und so einzeln auch gar nicht aufzufinden bei google. Kommt mir vor wie eine Eigenkreation.
Dann goolge doch mal unter Komplexer PTBS, die sehr vermutlich auch gemeint ist... was dir das bringen soll, ist mir aber sehr schleierhaft... zumal das ja Kügeli auch schon eingestellt hat, was darunter verstanden wird... und ich und andere haben sich dazu auch schon die Finger wund getippt. Auch dass diese Diagnose (die keine Eigenkreation von Jesusechse war/ist) noch nicht in allen Diagnosekatalogen vorgesehen ist, aber wissenschaftliche Debatten dazu geführt werden, ob man das machen könnte. Mehr kann ich dazu fast nicht mehr schreiben.
Zuletzt geändert von stern am Mi., 08.06.2011, 17:56, insgesamt 2-mal geändert.
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neko
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:49

candle, ruppert geht nicht kategorisch davon aus, dass traumatisierung borderline produziert. er spricht aber von spaltung zwischen überlebens-ich, gesundem-ich und traumatisiertenich. spaltung betrifft auch borderline, aber eben nicht nur.

ich mach mal einen zaghaften versuch, weil ich denke, es könnte dir helfen. ein wort von dir, und ich bin weg. ich verstehe, wenn dir das zuviel wird.

ich hab bei dir schon das gefühl, dass man - z.B. an deinen beiträgen hier - bei dir spaltungstendenzen sieht. ein beispiel, nicht dramatisch, aber vielleicht ein guter ausgangspunkt. du hast hier kurz hinter einander zwei geschichten von der nachsorge in der klinik erzählt - beide mit sehr unterschiedlicher emotionaler einfärbung. in der einen, der ersten geschichte, hat sich die klinik um alle anderen gekümert, nur um dich nicht. in der zweiten geschichte, sagts du, du hättest im unterschied zu den anderen eine psychiterin, die sich um dich kümmern würde, alles wäre also bestens. nun glaub ich gerne, dass beide versionen irgendwie richtig sind und das alles zusammenhängt. darum geht es nicht. es geht darum, in welchem atmosphärischen modus du erzählst: die arme candle, um die sich wieder mal niemand kümmert und die candle, die alles im griff hat, die weiß, welche register sie jetzt ziehen muss. ich will dir hier nicht widersprüchlichkeit nachweisen oder gar vorwerfen. ich glaube aber, dass so was ein typischer, in der gegenwart virulenter ausdruck von für traumafolgen typischen spaltungen ist.

ich hatte in meiner therapie ausreichend gelegenheit, so etwas an kleinen, eigentlich unbedeutenden alltagsphänomenen zu beobachten und langsam zu verstehen. außerdem hab ich manchmal abschlussarbeiten von psychologen mit betreut (ich bin selber nicht psychologin, werde aber aus einer nachbardisziplin kommend manchmal mit hinzugezogen) und hab da in fallberichten ganz oft so episoden gelesen. (dummeweise hilft einem so ein wissen bei sich selber nicht, man kann es im kopf kapieren, muss aber trotzdem durch den emotionalen wust durch, da hilft das kognitive nur ganz, ganz rudimentär).

ich vertehe, dass es dir wichtig ist, dass dein trauma oder was auch immer im hier und jetzt und in deinen aktuellen beziehungen keine spuren hinterlässt. genau so wie du hab ich vor 2 jahren auch argumentiert. ich bin eines bessren belehrt worden und hab durch so ganz kleine und gar nicht weiter dramatische geschichten gelernt, an die tieferen schichten dran zu kommen. das ist ein schwerer und wichtiger schritt, sich einzugestehen, dass das alles auch das heute beeinflusst. das muss ja gar nicht heißen, dass man ein sozial inkompetenter volltrottel ist. das war ich auch nicht. meist geht es eh darum, dass man nicht mit anderen schlecht umgeht, sondern mit sich.

das soll nur eine anregung sein, wie du vielleicht anfangen kannst, in kleinen banalen dingen dir auf die spur zu kommen. ich kann aber auch verstehen, wenn du jetzt die weiße fahne hisst. besser ist das allemal, wenn man da in therapeutischer begleitung macht.

sag mal, woran liegt denn das, dass das mit therapeuten bei dir nicht klappt? das ist ja schlimm. zieht sich ja alles schon ganz schön lange hin.

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kügeli
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:49

Eine Panikattacke ist nur ein Symptom.

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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:52

stern, es ging mir wirklich nur um die Begrifflichkeit.

Jetzt muß ich aber gleich mal weg.


montagne
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 17:52

Doch Kügli, in Deutschland ist jeder darin ausgebildet. Es ist Teil der Ausbildung aller kassenzugelassenen Verfahren und auch Teil der Ausbildung aller approbationsfährigen Verfahren.
Ich habe ja nicht gesagt, das alle Therapeuten gleich gut allgemein sind oder gleichgut beim Störungsbild PTBS.

Das Klienten glauben man würde ihr Trauma missachten, nicht anerkennen, damit nicht umgehen (können) ist oft Teil der Störung. Es kann dauern bis Klient und Therapeut da zueinander finden. Die Ursachen sind divers. das gebe ich nur mal zu bedenken. Weil es nützt ja nichts sich darin zu verstricken, den richtigen therapeuten zu finden, wenn die Ursache des nicht gesehen-Gefühls in einem liegt.

Letzlich ist Ausbildung nur ein Teil. Erfahrung des Therapeuten ein anderer und Geduld und Einsicht auf beiden Seiten ein noch anderer.
amor fati

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stern
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 18:19

*candle* hat geschrieben:stern, es ging mir wirklich nur um die Begrifflichkeit.
Das ist alles schon beschrieben... mehr als ausführlich eigentlich. Mehr geht so gut wie nicht mehr.
Und da Ihr erfahrener seid als ich, frage ich mal: Wie ist eine Panikatacke persönlichkeitsverändernd?
Wenn z.B. eine Panikattacke die Funktion hat, eine Spaltung aufrecht zu erhalten (insbes. wenn sie auch noch in einer Diss. mündet), so wäre der Persönlichkeitsbereich tangiert. Auch z.B. bei borderlinern kann sich meines Wissens die emotionale Instabilität z.B. in Panikattacken äußern. Da betrifft es dann evtl. den Persönlichkeitsbereich.

Jemand anders hat eine Angststörung (z.B. Phobie), wo man IMO nicht von Persönlichkeitsveränderungen reden kann. Letztlich ist es wie Kügli schreibt ein Symptom. Wie gesagt: Such' dir nen Thera und lass' dir das individuell für dich erklären... über so allgemeines Zeugs kommst du nicht weiter.
2. Auch die Therapeutensuche damit erschwert wird.
mag sein...aber WENN vorliegt, was Persönlichkeitsbereiche betrifft (kann ich für dich nat. nicht beurteilen), ist es eh nicht unbedingt das geschickteste zu jemanden zu gehen, der dich nicht nehmen würde, wenn du eine solche Diagnose hättest (wobei es die Therapeuten gibt, die bei entsprechenden Diagnosen - aus welchen legitimen Gründen auch immer - Vorbehalte haben). Sondern: Wer dich mit all' deinen Schwierigkeiten nicht annehmen würde (egal wie die nun heißen) ist sowieso nicht der richtige. Ich hab's ja erzählt, dass ich auch schon anfing, mich zu fragen, ob ich vielleicht manches besser nicht mehr erwähne... das kann's aber ja nicht sein, machte ich auch nicht.
Doch Kügli, in Deutschland ist jeder darin ausgebildet. Es ist Teil der Ausbildung aller kassenzugelassenen Verfahren und auch Teil der Ausbildung aller approbationsfährigen Verfahren.
Basics (wobei ich bei Huber oder Reddeman auch schon gegenteiliges gelesen habe). Traumatherapeuten absolvieren aber darüberhinaus zusätzlich überlicherweise einiges an Aus- bzw. Fortbildungen (halt gezielt in diesem Bereich. Und haben damit wie ein Facharzt quasi eine speziellere Ausbildung. Ein Hausarzt sollte auch was machen können, wenn ich Nierenbeschwerden habe, aber der Internist hat vermutlich noch ein bissi speziellere Erfahrungswerte, was die spezifische Behandlung angeht, insbes. wenn er bevorzugt solche Patienten behandelt + Facharztausbildung zum Internisten... logisch irgendwie). Aber wie gesagt: Als Ultima ratio sehe ich es auch nicht... entscheidend ist, dass es passt, und dass man weiter kommt... egal wie.
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montagne
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Beitrag Mi., 08.06.2011, 18:40

Sicher ist ein spezialisierter Therapeut spezialisiert.. auf was auch immer....

Nur.. was nützt es, wenn man Leidensdruck hat und die Wartelisten bei den Therapeuten, die auf das spezialisiert sind, was man glaubt zu haben lang sind, zu lang? Ich glaube es ging mir nur darum zu sagen, dass es nun nicht für die Katz' ist, sich einem "Therapeuten um die Ecke" anzuvertrauen. Zumal Traumatherapeut keine geschützte Bezeichnung ist. Man weiß nicht, ob der wirklich mehr kann, was anderes kann, als der um die Ecke.

Unabhängig von der Frage der Spezialisierung ist natürlich, dass es überall auch wirklich schlechte gibt, wie es eben auch gute gibt. Und auch mit einem guten kann es mal nicht passen.

(Meine vorherige Hausärztin hat einen enorm guten Ruf. Bestbewertungen im Inet, sehr gute Mundpropaganda. Für mich hat es irgendwann nicht mehr gepasst, weder fachlich noch zwischenmenschlich. Trotzdem wird sie wohl fachlich eine Chorephäe sein. Aber sie kann eben nicht jedem helfen. Und so ist es auch mit Therapeuten, denke ich.)
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