Anderen verzeihen

Alle Themen, die in keines der Partnerschafts-Foren passen, bei denen es aber in weitestem Sinne um Beziehungen, soziale Kontakte usw. geht, Adoption, Pflege usw.
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Gast
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Beitrag Do., 11.02.2010, 00:56

Hallo Innere_Freiheit,

nur zu einem, vielleicht dem wichtigsten Punkt. Wir unterscheiden uns da einafach.
Innere_Freiheit hat geschrieben:das läßt sich nicht mehr rückgängig machen und weil es sowieso schon geschehen ist.... und sich durch mein Hadern und meine inneren Widerstände nicht mehr verändern lässt, darum sage ich "Ja" dazu, dass es damals so war."
Um ein unverfängliches Beispiel zu nehmen, wo ich nun wirklich aus der Nummer raus bin, keinen persönlich nachtragenden Groll hege. Die Lehrerin, die mich einst böse schikanierte. Nur weil es unbestreitbar war und nun unabänderlich, sage ich nicht "Ja" dazu. Höchstens, Ja so war es. Es tangiert mich heute nicht. Sag`eben nur, A***l*** gibt es eben. Ein Beispiel, andere erleben anders. Und trotzdem meine ich, es hätte nicht sein sollen. Da sage ich nein, zum persönlichen Beispiel wie auch zu solch Verhaltensweisen im Allgemeinen.

Bzgl. der Ex, was für mich eine aktuelle Frage ist, ist es mir wichtig, ein gelassenes und sicheres Ja sagen. Aber nicht zu dem, was sie abgeliefert hat, sorndern zu meiner Haltung und den Konsequenzen.
Die Preisfrage ist, ist gelassenes Nichtverzeihen möglich? Ich meine Ja. Letztlich zeigt und entscheidet das nur der Praxistest.
Eve... hat geschrieben:Annehmen bedeutet in meiner Sichtweise auch, dass ich all meine Gefühle wahrnehme und zulasse, die die damalige Handlung des Anderen in mir auslöste.
Das ist m. E. etwas Wichtiges. meint aber, die Gefühle in vollem Umfang zu erleben, in dem Sinne annehmen. Die Bewertung bzw. die Beurteilung des Sachverhalts ist kann im "Annehmen" oder auch Ablehnen bestehen.

Gruß
Anastasius

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lingaroni
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Beitrag Sa., 13.02.2010, 17:08

hallo innere freiheit,

ich glaube, dass du recht hast: man hat verziehen, wenn man sich nicht mehr ärgert. wenn man dem übeltäter ganz entspannt begegnen kann. wenn man sich nicht mehr denkt: hehe, sollte der/die einmal erste hilfe benötigen, so werde ich sie verweigern usw.

demgegenüber ist es nicht erforderlich geschehenes zu bagatellisieren. also es ändert sich dadurch nichts an der tatsache, dass jemand dinge getan, hat, die objektiv nicht in ordnung waren.

aber genügt es, durch den schmerz zu gehen? oder braucht es mehr? oder kann es so viel schmerz geben, dass es sich in den zur verfügung stehenden lebensjahren nicht ausgeht, ihn zu verarbeiten?

LG

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Nurse_with_wound
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Beitrag Di., 16.02.2010, 19:03

Vergeben, aufarbeiten befreit die Seele, das ist klar das ist schön und gut.
Aber nach diesem Vergebungs- und Aufarbeitungsprozess muss ich diejenigen denen ich vergeben habe nicht mögen oder? Es ist immerhin auch wichtig Schutzmechanismen zu entwickeln. (?)
Practice what you preach

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Eve...
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Beitrag Di., 16.02.2010, 19:07

Nein, ich muss diese Menschen nicht mögen. Neutralität ist das, was sie von mir höchstenfalls noch zu erwarten haben; eher würde ich es unter "Vorbehalte" einreihen. Frei fühle ich mich dennoch, da ich mit ihnen - auch durch das grundsätzliche Verzeihen (= nichts mehr nachtragen) - abgeschlossen habe, aber auch nichts mehr mit ihnen zu tun haben möchte.

Man könnte meinen, das sei kein echtes Verzeihen. Für mich fühlt es sich dennoch so an.

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Gast
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Beitrag Di., 16.02.2010, 19:40

Hallo Eve,
Eve... hat geschrieben:Frei fühle ich mich dennoch, da ich mit ihnen - auch durch das grundsätzliche Verzeihen (= nichts mehr nachtragen) - abgeschlossen habe, aber auch nichts mehr mit ihnen zu tun haben möchte.
Was du beschreibst, das wäre für mich nicht verzeihen. Verzeihen ist für mich mit einer (wenn auch nur mit einer inneren) Geste (etwa die Hand geben) verbunden. Was du berschreibts ist für mich eher, der/die Betroffene (wenn auch eine besondere Erfahrung besteht) kehrt gefühlsmäßig quasi als wieder Anonymer in die Masse der Milliarden Menschen zurück.

Gruß
Anastasius
Zuletzt geändert von Gast am Di., 16.02.2010, 22:34, insgesamt 1-mal geändert.

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Eve...
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Beitrag Di., 16.02.2010, 20:40

Hallo Anastasius!

Hab ich ja gesagt, dass andere meine Art des Verzeihens nicht als verzeihen ansehen mögen. Vielleicht hat jeder so seine ... ?

Mein Empfinden dazu ist auch tagesformabhängig - und heute finde ich es ganz okay, gewisse Menschen wieder in die (schön gesagt) Anonymität der Masse zu entlassen. Anderen gegenüber besteht durchaus ein Wohlwollen. Aber zu allen gleich ist der Wunsch nach Abstand.

Also: Nichts mehr nachzutragen, kein Wunsch nach Rache, ein Verständnis für die Gründe des Verhaltens - reicht nicht? Was fehlt? Das Handreichen? Ist das wirklich zwingend erforderlich, um einen Anspruch auf "echtes Verzeihen" zu erheben. Mag sein ... ist für mich aber nicht wichtig.

Gruß, Eve

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Beitrag Di., 16.02.2010, 22:33

Hallo Eve,

bitte missverstehe mich nicht. Mein Verzeihen muss nicht dein Verzeihen sein und auch sich mit niemandes Verständis vollständig decken. Ich meine, jeder mag sich von den Nuancen nehmen was er braucht oder beiseite legen, was nicht.

Gruß
Anastasius

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today
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Beitrag Mi., 17.02.2010, 16:23

Was du berschreibts ist für mich eher, der/die Betroffene (wenn auch eine besondere Erfahrung besteht) kehrt gefühlsmäßig quasi als wieder Anonymer in die Masse der Milliarden Menschen zurück.
Verzeihung gibts denke durchaus auch gekoppelt an die Einsicht, nicht kompatibel gewesen zu sein und auch nicht zu werden, ergo trennen sich dann die Wege.
und tschüss, das ist mir zu viel wortzensur hier

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Eve...
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Beitrag Mi., 17.02.2010, 17:07

@ Anastasius

Danke für die Richtigstellung.


@ Today

Dir ebenfalls: Danke. Dann ist mein Gefühl doch nicht so schräg.


Gruß, Eve

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lingaroni
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Beitrag Do., 18.02.2010, 22:12

guten abend

also ich lese gerade Paul Ekman: Gefühl und Mitgefühl. Unter diesem Einfluss und unter dem Einfluss meiner Selbsterfahrung im Rahmen meiner Ausbildung zur LSB stehe ich jetzt so: Man ist mit dem Trauma, das einem Menschen zugefügt haben dann fertig, wenn man für diese Menschen Mitgefühl hat. Mitgefühl ist mehr als verzeihen. Erst dann ist quasi emotional ausgelöscht, was passiert ist.

Ich habe Monate gebraucht, aber glaub, ich hab es kapiert. Allerdings find ich das gefühlsmäßig zum SCHREIEN ...

LG

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Beitrag Do., 18.02.2010, 23:20

Guten Abend, Lingaroni!

Also, Mitgefühl für denjenigen - das hieße für mich, etwas in Richtung "Herablassung". Da ist mir ein neutrales Verstehen vom Gefühl her lieber - und scheint mir persönlich passender.

Wer schreibt das eigentlich vor, wie Verzeihen "korrekt" auszusehen hat?

LG Eve

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Beitrag Fr., 19.02.2010, 00:25

Hallo lingaroni,
lingaroni hat geschrieben:Allerdings find ich das gefühlsmäßig zum SCHREIEN
Ich ebenso, und zwar heftigst.

Es wird nicht nur viel Quatsch und Blödsinn auf dieser Welt geredet. Nein, das gibt es auch in Büchern.

Gruß
Anastasius

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today
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Beitrag Fr., 19.02.2010, 16:21

Mmh, weiß nicht, ob das so zum Schreien ist.
Kommt es vielleicht drauf an, wofür Mitgefühl?

? Mitgefühl, weil derjenige so minderbefähigt ist, wie ein blödes A****l*** eben ist.
Die Gaben sind zweifellos ungleich verteilt. Jedoch auch die Gabe der Anmaßung.

oder

?Mitgefühl, weil demjenigen auch Schreckliches passieren kann?
Eines solchen Mitgefühls könnte ich mich glaube nicht erwehren.
Und so tief sollte Unverzeihlichkeit m.E. auch nicht gehen, denn Hass zerstört unverhältnismäßig.

Weiß nicht.
Irgendwie muss man damit zurecht kommen. Letztens las ich zum Thema, man solle davon ausgehen, jeder hätte sein Bestes versucht. Und auch, wenn das Beste manchmal nicht gut genug ist, so deckt es sich doch mit meiner Auffassung, niemand kann weiter vorangekommen sein, als er gegangen ist oder gegangen wurde. Und jeder geht, langsamer, schneller und mit Pausen zwischendrin.
Persönlichkeitsentwicklung ist denke auch der Verlust von Illusionen.
Abwehr ist, diese Illusionen behalten zu wollen.
Stärke ist, sich der Realität - dem Illusionsverlust - zu stellen und dabei die Hoffung (worauf auch immer) nicht zu verlieren.

Freilich begegnet man nur im Ausnahmefall dem Seelenverwandten, der an der gleichen Stelle des Weges ist, an der man selbst ist.
Aber den anderen vor allem als Gehenden zu begreifen, ich denke, das ist wichtig.

Bzw.: Wär ich an deiner Stelle gewesen, hätte ich mich genauso verhalten.
Ich bins nicht.
Ich hab ne andere Geschichte, ne andere Motivation, ne andere Zeitrechnung.
Und hat scheiße weh getan, dass es so ist.
Irgendwas wollte ich von dir und wills ja immer noch.
Sonst würde ich nämlich Zeitung lesen.

Ich finde, Frau oder Herr Evolution zeigt ihre Macht, wenn wir so abhängig sind, dass wir seitenweise durchkauen, was ich unter die Ober-Rubrik "soziales Wesen" einsortieren würde.
und tschüss, das ist mir zu viel wortzensur hier

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Eve...
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Beitrag Fr., 19.02.2010, 16:24

Ich finde, Frau oder Herr Evolution zeigt ihre Macht, wenn wir so abhängig sind, dass wir seitenweise durchkauen, was ich unter die Ober-Rubrik "soziales Wesen" einsortieren würde.
Oder vielleicht auch, wie schwierig es in die Tat umzusetzen ist, seine Feinde zu lieben wie sich selbst.

Es ist wirklich nicht einfach. Ich würde gern "liebend verzeihen", kann mir aber selbst nicht vormachen, ich würde es, wenn ich schon Verstehen und Neutralität als das Äußerste empfinde ...

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Beitrag Fr., 19.02.2010, 16:58

today hat geschrieben:Und so tief sollte Unverzeihlichkeit m.E. auch nicht gehen, denn Hass zerstört unverhältnismäßig.
Insoweit stimme ich überein. Unverzeihlichkeit (wie ich sie verstehe) bedeutet ein Werturteil mit der Folge, den Anderen für die Zukunft ins Jenseits der eigenen Welt zu transportieren. Hasste man ihn, käme er ja auf dem Umweg wieder zurück.

Gruß
A.

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