Ja, es kann Übertragung sein . Muss es aber in meinen Augen nicht. Denn im Kontakt mit Therapeuten, mache ich ja auch reale Erfahrungen mit dem Therapeuten als Therapeut. Z.B.: Ich erzähle ein schambesetztes Thema und erwähne auch noch, dass mir das peinlich ist (das würde ich jetzt erstmal als so eine Art Vorschussvertrauen bezeichnen). Thera hackt schon gut nach... ich werde merklich noch nervöser und erwähne nochmals mein Schamgefühl. Thera: Jetzt schauen Sie mich bitte an, wie ich reagiere, usw. Wie gehe ich damit um. Mache ich Sie lächerlich? So sinngem. Also sammle ich in gewisser Weise die Erfahrung: O.k., Thera iss in dem Punkt vertrauenswürdig, er hat mich mich nicht beschämt. Und das nächste Mal kann ich vielleicht souveräner ein schambesetztes Thema besprechen... mit einem Vertrauen, das ich auch ihm entgegen bringe - und das keine Übertragung ist, sondern z.B. Resultat von zuvor MIT IHM REAL gemachten postiven Erfahrungen. DennVetiver hat geschrieben:Nee, das ist klar. Aber andersrum wird ja auch kein Schuh draus. Wenn mein Misstrauen Übertragung sein könnte, warum dann nicht auch das Vertrauen?
Gut... einen Therapeuten lernt man ja nicht wirklich als "Privat-Mensch" kennen (bestenfalls ein paar Facetten aus seinem Privat-Leben). Aber ich erlebe ihn ja als Therapeuten... wie sind Reaktionen, versteht er mich, scheint er mir freundlich gesonnen und bemüht sich mir bei meinen Schwierigkeiten zu unterstützen, usw. Klar, je weniger lang man mit jemanden in Kontakt ist, desto schwerer isses dann bereits großes Vertrauen zu haben. Aber vielleicht gibbet ja dennoch ein paar bisherige Erfahrungen auf deren Basis man zumindest auch bissi übertragungsfreies Vertrauen entgegen bringen kann.Ich vertraue schließlich in meiner Therapie einer Frau, die ich noch gar nicht so lange kenne, von der ich relativ wenig weiß....
Umgekehrt muss natürlich auch nicht jedes Misstrauen dem Therapeuten gegenüber Übertragung sein.
[/quote]Ich meine das auch nicht als bloße Gedankenspielerei, es ist wirklich für meine Basis an Vertrauen eine wichtige Überlegung: Wieso werden meist nur problematische Abläufe oder Emotionen in der Therapie als Übertragung oder Projektion bezeichnet? Und warum dann eben VERtrauen nicht?
Siehe oben... es wäre zumindest eine mögliche Erklärung, dass es auch so sein kann (aber nicht zwingend muss).
Und an sich kann "Übertragung" meines weniger analytisch geprägten Verständnisses nach schon "positive" wie "negative" Elemente umfassen. Warum vielleicht die "negativen" stärker hervorgehoben werden, liegt vielleicht daran, dass der Therapeut insbes. das aufgreift, was störend wirkt , keine Ahnung. Wobei ich mir schon vorstellen kann, dass z.B. eine Idealisierung i.w.S. als positive Übertragung auch störend sein kann... z.B. wenn ein Patient (aufgrund von Vorerfahrungen) dazu neigt blind zu vertrauen.
Weiß nicht... aus meinen bisherigen Therapierfahrungen hatte ich jedenfalls schon den Eindruck, dass auch das "Hier und Jetzt"/die jetzige "Realität" eine nicht unbeachtliche Rolle spielt... also das was JETZT REAL IST. Vielleicht rückt dieser Fokus etwas in den Hintergrund, wenn die Blick-Perspektive stärker aus dem "was WAR"/der Lebensgeschichte vollzogen wird. Jedenfalls kann ich für mich diesen Mix der Sichtweisen (verganheitsbezug + gegenwartsbezug) als hilfreich annehmen. Oder in anderen Worten: Für mich ist jede Beziehung (auch die therapeutische) auch eine reale (und ich hoffe sogar insbes. eine reale Beziehung), in der auch Übertragungsphänomene mitschwingen können. Und den Therapeuten erlebe ich ja auch real... und nicht nur im Schlepptau meiner Prägungen (hoffe ich zumindest ).