Was ist Wahrheit?

[(V)]

Im Gegensatz zu Anastasius vermute ich nicht nur, dass es so ist, sondern bin ich davon überzeugt. Meine Wahrheit eben.

Wenn ich irgendetwas (= ein Ziel, egal ob zwischenmenschlich, kommunikativ, weltlich, beruflich, reisebedingt etc.pp) erreichen möchte, ist unabdingbar erst mal den eigenen Standpunkt zu bestimmten, um zu wissen, in welche Richtung man sich orientieren soll. Ansonsten tapst man blind im Nebel umher. Man muss einerseits sich selbst focusieren (also Standpunkt) und gleichzeitig das Ziel (u.a. auch den Gegenüber) nicht aus den Augen verlieren.

Natürlich kann man alles aus sehr vielen verschiedenen Blickwinkeln und Standpunkten aussehen und vermutlich hat jeder davon seine eigene Wahrheit. Aber letztendlich muss man sich - egal ob dauerhaft oder temporär - für einen entscheiden, um handeln zu können. Man sucht quasi je nach Situation und Zielsetzung stets die Wahrheit aus, die gerade gefragt ist. Was den Begriff Wahrheit ad absurdum führt, weil ja alles wahr ist und auch wieder nicht. Aber es reicht eben nicht nur davon zu wissen, sondern man muss diesen einen Standpunkt auch ERSTMAL einnehmen. ALso an dessen "Wahrhaftigkeit" glauben. Sonst schwirrt man gedanklich und emotional irgendwo im Äther umher bzw. tappst durch dichten Nebel.

Fortgeschritten ist es dann, wenn man sich trotzdem bewusst bleibt, dass es eine nur eine Momentaufnahme ist. Zum Beispiel zwecks Austausch sich auf Gedankenspielereien einlassen. Die Wahrheiten sind dann wie Klamotten, die man gezielt an - oder ablegt. Ob das okay so ist, hängt mMn von der Motivation ab. Wie dem auch sei, für den Moment der Momentaufnahme muss man im Moment erst mal drinnenstecken. Also es für den Moment "für wahr" nehmen.

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[Aditi]

ich gehe davon aus, dass es "die wahrheit" nicht gibt bzw. dass es so viele wahrheiten gibt, wie es menschen gibt. ich spreche eher von ego-mechanismen.
wobei ich das ego als ein tiefsitzendes, komplexes system von überzeugungen definiere. unsere glaubenssysteme/glaubenssätze (und die zahl derer sind unendlich) widersetzen sich vehement allen versuchen, ihre unrichtigkeit zu beweisen. die menschen demonstrieren ständig, dass sie lieber im recht als glücklich sind. ich nehme mich da gar nicht aus. der unterschied zu früher - jetzt, wo mir/für mich die zusammenhänge klarer werden - ich kann besser/gesünder aussteigen: gedanklich und seelisch.

mlg
aditi

[Ratlosigkeit]

Eine Frage, die ich interessant finde. Braucht man (oder zumindest die allermeisten) so etwas Ähnliches wie Wahrheit im Sinne von vorläufig sicheren Überzeugungen, um handlungsfähig zu sein? Ich vermute es.

A.

GEGENFRAGE: Braucht man die Lüge nicht ebensosehr?

[Gärtnerin]

Halt, jetzt vermischen sich aber die Begriffe ein bisschen! Ich glaube, wir müssen unterscheiden:

Lüge = bewusst unwahre Aussage
Irrtum = unabsichtlich falsche Annahme aufgrund von falschen Schlussfolgerungen oder zu wenigen Informationen
Subjektivität = individuelle Wahrnehmung eines Individuums

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[Aditi]

GEGENFRAGE: Braucht man die Lüge nicht ebensosehr?

meine antwort auf diese frage lautet: natürlich/ganz sicher braucht man die lüge, wenn man die wahrheit braucht. sind ja gegenspieler. ohne wahrheit gäbe es keine lüge und umgekehrt.
so bald ich davon überzeugt bin, dass es die wahrheit gibt, muß es auch folgerichtig die lüge geben.

mlg
aditi

[Aditi]

@all
ich, und jetzt spreche ich ausschließlich von mir, und bitte, nicht als empfehlung oder anregung wahrzunehmen .... es ist, wie es für mich ist ...
... ich habe jahrzehntelang dem opfer-archetyp entsprochen. und das war wichtig, richtig und not-wendend ....

ich habe erkannt, dass es im wesentlichen darum geht, den opfer-archetyp zu transformieren und das bewusstsein zu erweitern. um etwas transformieren zu können, muß man alle gefühle bis ins letzte vollständig erfahren/spüren und dann so annehmen, wie es ist.

mlg
aditi

[Aditi]

also spricht die weise alte:

Die weise Alte

Unerwartet ist sie da und will es wissen.
Warum, meinst du, bist du hier?
Ich frage dich, bist du ab und an über deinen Schatten gesprungen? Hast du selbst bestimmt, wie du lebst?
Hast du gekämpft für das, was dir wichtig war?
Hast du den Mut gehabt, aus heiterem Himmel zu lachen
und dabei dir, deiner dunklen Seite zu begegnen?
Hast du eine Zeit der Einsamkeit gekannt, bist durch Wüsten gegangen und dabei stärker geworden?
Hast du dich hingegeben und berühren lassen?
Waren deine Begegnungen lust- und liebevoll?
Hast du dich selbstvergessen im Wind gedreht, bist im warmen Regen gelaufen und in Pfützen gesprungen?
Was hast du dir erlaubt?
Hast du barfuß unter freiem Himmel getanzt?
Hast du dich beflügeln lassen von deiner Phantasie?
Bist du im Mondschein durch samtenes Wasser geschwommen und hast dabei die Nacht entdeckt?
Hast du an Lagerfeuern Geschichten erzählt und den Frauen zugehört?
Hast du etwas riskiert?
Warst du einfallsreich? Hast du deinen Einfällen die Möglichkeit gegeben, dich reich zu machen?
Hast du deine Träume gelebt?
Bist du neugierig geblieben auf das, was noch kommt?

Dann lass uns gehen.

aus: „Töchter der Mondin“ von Cambra Maria Skadé


mlg
aditi

[Gast]

GEGENFRAGE: Braucht man die Lüge nicht ebensosehr?

Ich denke ja, zu Zwecken denen die "Wahrheit" nicht dienlich ist.

Zusatzfrage : Ist es möglich, eine Lüge selbst zu glauben? - Oder umgekehrt, die (eigene) "Wahrheit" nicht zu glauben?

A.

[(V)]

Zusatzfrage : Ist es möglich, eine Lüge selbst zu glauben? - Oder umgekehrt, die (eigene) "Wahrheit" nicht zu glauben?

Aber natürlich!

Zum Beispiel jedes Mal, wenn sich der Instinkt deutlich zu Wort meldet, man etwas eigentlich weiß, aber es nicht "wahr haben will".

Oder zum Beispiel dann, wenn man zwar eine "Meinung" hat, aber nur vom Kopf, nicht mit dem Herz dahinter steht.

Und die verschiedenen Seiten in einem selbst - sozusagen die Personalunion - können innerhalb einer Person sogar ganz schön heftig streiten.

...

Wisst ihr, ich bin ja eigentlich ein Ehrlichkeitsfantatiker, übertrieb es damit. Letztes Jahr erkannte ich erstmalig zu meiner Schande, wie verlogen mein Ehrlichkeitstick eigentlich ist. Zwar sag ich nie die Unwahrheit, aber je nach Stimmung gibt es so viele verschiedene Seiten an mir, und alle sind sie wahr! Man ist die eine "aktiv und am Zug", dann die andere... mindestens ein Dutzend Wahrheiten sind es schon.
Und gleichzeitig sind es natürlich gleichzeitig "Lügen". Wenn die eine Stimme aus mir spricht, aber die anderen gerade verschwiegen (vor mir selbst ignoriert) werden.

Seit der Erkenntnis traue ich mich gar nicht mehr von "wahr und unwahr" zu sprechen. Handlungsrelevant ist für mich derzeit die Wahrheit, welche in einer demokratischen Abstimmung meiner vielen Persönlichkeitsanteilen die meisten Stimme erhält.
Allerdings bin ich mir noch unschlüssig ob die Quanität wirklich das entscheidende ist. Mag ja sein, dass eine "Wahrheit" darunter ist, die heller strahlt und wichtiger ist, dass die alle anderen in den Schatten stellt?

[Nurse_with_wound]

@Innere Freiheit ja genau, es ist schwer zu überleben wenn man sich nur auf Fakten verlässt und nicht vertrauen kann. Ich weiss es zufällig gut.
Also muss man anderen Menschen vertrauen , dass etwas wahr ist.

PS ich zitiere den Beitrag nicht, weil ich den ganzen Beitrag zitieren müsste.

[lovely25]

also spricht die weise alte:

Die weise Alte

Unerwartet ist sie da und will es wissen.
Warum, meinst du, bist du hier?
Ich frage dich, bist du ab und an über deinen Schatten gesprungen? Hast du selbst bestimmt, wie du lebst?
Hast du gekämpft für das, was dir wichtig war?
Hast du den Mut gehabt, aus heiterem Himmel zu lachen
und dabei dir, deiner dunklen Seite zu begegnen?
Hast du eine Zeit der Einsamkeit gekannt, bist durch Wüsten gegangen und dabei stärker geworden?
Hast du dich hingegeben und berühren lassen?
Waren deine Begegnungen lust- und liebevoll?
Hast du dich selbstvergessen im Wind gedreht, bist im warmen Regen gelaufen und in Pfützen gesprungen?
Was hast du dir erlaubt?
Hast du barfuß unter freiem Himmel getanzt?
Hast du dich beflügeln lassen von deiner Phantasie?
Bist du im Mondschein durch samtenes Wasser geschwommen und hast dabei die Nacht entdeckt?
Hast du an Lagerfeuern Geschichten erzählt und den Frauen zugehört?
Hast du etwas riskiert?
Warst du einfallsreich? Hast du deinen Einfällen die Möglichkeit gegeben, dich reich zu machen?
Hast du deine Träume gelebt?
Bist du neugierig geblieben auf das, was noch kommt?

Dann lass uns gehen.

aus: „Töchter der Mondin“ von Cambra Maria Skadé

SEHR SCHÖN!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!1

[Ratlosigkeit]

Zusatzfrage : Ist es möglich, eine Lüge selbst zu glauben? - Oder umgekehrt, die (eigene) "Wahrheit" nicht zu glauben?

Hi Anastasius!
Antwort: Ja! und umgekehrt nochmal: Ja!
Je mehr ich drüber nachdenke, umso mehr komm ich aufs klassische "Alles fliesst" Alles ist wahr oder unwahr - und eigentlich nicht so wichtig, ausser wir nehmen es wichtig. WIR entscheiden - bewußt oder unbewußt, was was ist (wahr - unwahr - wichtig - unwichtig). Und wir entscheiden anhand von GEFÜHLEN (Befindlichkeiten? Beeinflußbarkeit?) - oder? oder nicht?
Wir brauchen beides: Lüge und Wahrheit, richtiges und falsches. Aber definieren lässt sich das alles ned . Nur aufgrund bilateraler (oder multilateraler) Übereinkommen.
Jedenfalls sind schon Leute verzweifelt, weil man ihnen ihre "Lügen" (Illusionen) kaputt gemacht und durch eine sogenannte Wahrheit ersetzt hat...
Andererseits ist es manchmal ganz heilsam, eine "unangenehme Wahrheit" vorgesetzt zu bekommen...
Himmel, ist das alles kompliziert!
Alles fliesst....

[Gärtnerin]

Und wir entscheiden anhand von GEFÜHLEN (Befindlichkeiten? Beeinflußbarkeit?) - oder? oder nicht?

Wir KÖNNEN anhand von Gefühlen entscheiden. Wir MÜSSEN nicht. Gefühle sind zwar gefühls-echt , aber nicht immer zeit-echt, weil sie sich oft an vergangenen Erfahrungen orientieren, die mit der aktuellen Situation nichts mehr gemein haben. Wenn mir mein Gefühl aufgrund irgendeines kleinen Auslösers mal wieder sagt "Gärtnerin, du bist doch total unfähig", dann kann ich mich durchaus dafür entscheiden, das für unwahr zu halten.

[(V)]

In der Tat glaube ich sogar, dass Gefühle noch niemals irgendwem bei der Wahrheitsfindung geholfen haben!

Aber da schummle ich ein wenig, weil ich Gefühle von "anderen, tieferen Emotionen" unterscheide. Also zweierlei Art von Gefühl. Das eine sind Befindlichkeiten, antrainierte Muster, gerne auch mal bei Frauen alle 4 Wochen beeinflusst, Hormone oder Gefühle, die irgendeinen ZWECK erfüllen (Trauer und Wut zur Verarbeitung oder um sich abzugrenzen). Das andere ist eher so etwas wie eine innere Gewissheit, Instinkt, etwas, was durch Stimmungen nicht beeinflussbar ist und "immer" so ist. Eben jede Emotion die keinen der o.g. Bedingungen erfüllt. Das "darüber hinaus". Diese stellen die "innere Wahrheit".

Leider sind die Grenzen fließend und es wird eigentlich so gut wie nie differenziert.

[Eve...]

Um bei dem Beispiel M. Jackson zu bleiben: Zu ihm gibt es ganz sicher noch viele weitere Wahrheiten, die sich zu widersprechen scheinen. Sie sind aber lediglich verschiedene Aspekte seiner Person.

Die absolute Wahrheit - gibts die wirklich? Selbst die reinen Fakten werden sehr unterschiedlich erlebt.

Hinzu kommt die Sicht der Dinge: Tiere z. B. sehen die Welt ganz anders als wir - wer sieht die echte?

Das Thema hat mich als junger Mensch mal ganz kirre gemacht.

Eve

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