'Lieben lernen' - was kommt nach der Übertragungsliebe

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SamuelZ.
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Beitrag So., 31.05.2009, 18:52

Lena hat geschrieben:Bei mir hat die Auflösung anders stattgefunden - und mein Therapeut ist dabei nicht zum A... mutiert. Ganz im Gegenteil. Ich konnte ihm alles über meine Gefühle sagen und die waren sehr stark. Allerdings konnte ich diese Gefühle auch nur zulassen und sagen, weil ich wusste, dass er das nicht für sich ausnutzt. Der Zustand hielt einige Zeit an, war aber nicht dauernd Thema. Und irgendwann haben sich diese Gefühle zurückgebildet - ohne dass jemand was dafür getan hat.
Ich mag ihn nach wie vor wahnsinnig gerne - aber das ist ja nichts Schlimmes und darf auch so bleiben finde ich.
Hallo Lena, genauso hätte ich mir das auch vorgestellt. Wie im richtigen Leben halt. Denkst du, dass sich für dich nach der Auflösung etwas verändert hat? Hatte die Übertragungsliebe einen Sinn und Zweck in deiner Therapie?

Viele Grüße
Sandy

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Lena
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Beitrag So., 31.05.2009, 19:00

Hallo SandyP,

ja, sie hat mir gezeigt, dass ich tatsächlich zu Gefühlen fähig bin bei denen ich dachte, dass ich das nie so werde fühlen / erleben können. Ich habe mich sehr lange Zeit für einen sehr gefühlsarmen/-neutralen Menschen gehalten. Und habe mir auch immer wieder mal eingebildet verliebt zu sein - war ich vielleicht auch, so bißchen mit Schmetterlingen im Bauch und so. Aber erst in der Therapie habe ich gemerkt, wie stark diese Gefühle tatsächlich sein können und wie schön.
(Was nicht heißt, dass ich es die ganze Zeit toll fand, diese Gefühle für meinen Therapeuten zu haben, weil sie mir zeitweise auch sehr sinnlos vorkamen)
Aber irgendwann kam der Punkt, an dem ich mehr wahrgenommen habe, was das eigentlich für Gefühle sind, die da in mir entstehen können und die Person, der sie galten (Therapeut) hat da eher eine Nebenrolle gespielt.
Mir fiel auf, dass ich in der Vergangenheit es nie habe überhaupt so weit kommen lassen, weil ich immer zu viel Angst davor hatte, was dann passiert. (Für mich war/ist die Vorstellung schrecklich, jemand könnte sich in mich verlieben und "was" von mir wollen). Bei meinem Therapeuten musste ich diese Angst nicht haben und so konnten die Gefühle sich weiterentwickeln und ich habe mich gefreut, dass ich doch nicht so gefühlsarm bin wie ich immer befürchtet habe.

Ich habe meinem Therapeuten auch ein paar Mal gesagt, dass ich mit ihm NIE über diese Gefühle reden könnte, wenn ich nur den allerkleinsten Zweifel an seiner Professionalität hätte. Mir ist zwar alles andere als egal, was er über mich denkt und ich habe mir immer wieder sehr gewünscht, dass er auch starke Gefühle für mich hat. Aber - ich habe es mir gewünscht und der Wunsch hat gereicht. Man kann und darf sich ja auch Dinge wünschen, bei denen man sich gleichzeitig wünscht, dass sie Wünsche bleiben und nie Realität werden

LG Lena

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estelle
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Beitrag So., 31.05.2009, 19:12

Hallo Sandy P.,

eine Ablösung kann sicher auch ganz normal von statten gehen,ohne großes Drama,

vielleicht wenn man diese Entmystifizierung wegläßt, das hab ich vollkommen als überflüssig

empfunden und es hat mich nur total irritiert.Violetta.

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SamuelZ.
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Beitrag So., 31.05.2009, 19:25

Lena, du hast das so toll und klar beschrieben! Vielen Dank!
Mir fiel auf, dass ich in der Vergangenheit es nie habe überhaupt so weit kommen lassen, weil ich immer zu viel Angst davor hatte, was dann passiert. (Für mich war/ist die Vorstellung schrecklich, jemand könnte sich in mich verlieben und "was" von mir wollen).
!!!!!

"Was" von mir wollen. Allein die Vorstellung verursacht schon Ängste und Aggression in mir. Wüsste ich um meine Grenzen, dann bräuchte ich so nicht zu fühlen...

Meinst du, es könnte dir in einer neuen Therapie noch einmal passieren, oder bist du "durch damit"??

Liebe Grüße
Sandy

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Lena
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Beitrag So., 31.05.2009, 20:06

Danke

Ob mir das noch mal in einer Therapie passieren könnte... mhm, keine Ahnung. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, ich denke, es ist irgendwie auch ein fast schon normaler Prozess, dass sich in einer Beziehung zu einem Menschen, dem man emotional so nah und dem man so vertraut, dass man alles mögliche von sich preisgibt, solche Gefühle entwickeln.
Aber vielleicht wäre die Bedeutung dann eine andere... vielleicht würde es mich nicht mehr so sehr beschäftigen und es würde nicht so sehr thematisiert. Aber das ist nur eine Vermutung, keine Ahnung, wie das tatsächlich wäre.

Wichtig ist halt auch sehr, dass der Therapeut damit umgehen kann, dass die Patientin sich in ihn verliebt UND das mit ihm besprechen will. Ich hatte den Fall auch mal in einer Klinik, in der ich war, dass ich angefangen habe für meinen Therapeuten zu schwärmen (nicht vergleichbar mit dem, was in meiner ambulanten Therapie passiert ist). Und als ich das mit ihm besprechen wollte, hat er "die Flucht ergriffen". Hatte ich vorher bis zu drei Einzeltermine die Woche, war es plötzlich maximal eins. Und er hat eine andere Therapeutin auf mich angesetzt, die mir immer wieder eingetrichtert hat, dass ich mich nicht in den Therapeuten verliebt hätte, sondern in eine Vaterfigur und dass das alles auch gar nichts mit richtigem Verliebtsein zu tun hatte. Das kann man ja von mir aus sehen wie man will - aber hilfreich war das nicht. Im Gegenteil, das hat mich total irritiert und ich dachte, sowas darf mir nie wieder passieren, wenn ich eine Therapie erfolgreich machen will... deswegen hatte ich dann später auch erstmal sehr große Zweifel als das in der ambulanten Therapie passiert ist... hab mich lange nicht getraut ihm das zu sagen, weil ich dachte, dann startet das "Rausschmiss-Programm"

LG Lena

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elisa
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Beitrag So., 31.05.2009, 21:55

Hi Sandy P.
du schreibst:
Ich habe für mich ein neues, begleitendes Therapieziel gesetzt...
Ich will ... mich Hals über Kopf in ihn, der Therapeuten, verknallen.
DAS ist ein geniales Thema für dich und deinen Therapeuten - nicht hier wohlgemekrt - sondern direkt in deiner Therapiestunde - so direkt wie du es hier geschrieben hast.

elisa

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Elena
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Beitrag So., 31.05.2009, 22:17

Hallo Sandy,
SandyP. hat geschrieben:Also, es hat bei mir echt lange gedauert, bis ich mir eingestehen konnte, das ich mich auf die Therapiestunden tatsächlich freue und meinen Therapeuten sympathisch finde. Jetzt bin ich etwas verunsichert: ist das schon Übertragung, oder nicht?
Nein, das ist keine Übertragung. Die Übertragung zeigt lediglich ein spezielles Muster bzgl. Deines Verhaltens gegenüber Deinem Therapeuten in der direkten Kommunikation mit ihm.
Du schreibst ja, dass Du Dich auf ihn bzw. die Stunden freust. Dies hat mit Übertragung eigentlich garnichts zu tun, es ist Deine Empfindung, die Du als angenehm wahrnimmst. Toll!!! Das sind die besten Voraussetzungen für Deine Therapie !
SandyP. hat geschrieben:Ganz generell: Was meinst du, was steht nach der Auflösung von Ü-Liebe. Nur die Einsicht in die Prozesse des Verliebens?
Richtig, nur die Einsicht bleibt
Durch Deine Übertragung (würdest Du es echt als Liebe bei Dir bezeichnen?) ist es möglich eine Einsicht in die Prozesse Deiner Verhaltensmuster zu bekommen, sicher auch warum Du Dich in bestimmte Männer verliebst. Das klappt aber nur, wenn Du dich bei ihm outest, sonst bringt es Dir nicht viel, wenn Du es alleine mit Dir ausmachst.
Beschreibe doch mal Deine Empfindungen für ihn etwas konkreter, fühlst Du richtige Liebe für ihn, oder ist es Sympathie, Vertrauen?

Liebe Grüsse von
Elena

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SamuelZ.
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Beitrag Mo., 01.06.2009, 08:19

Hallo, alle zusammen:

@ Lena: Du schreibst, dass dein Therapeut in der Klinik die "Flucht ergriffen" habe. Du gibst dir indirekt die Schuld, da ihn dein "Verliebtsein" so verängstigt habe (der arme Hase!).

Ich habe kürzlich ein Buch über die Wahrnehmung und den Umgang mit der Übertragungsliebe seit Sigmund Freud gelesen. Der Tenor war dort, dass ein "flüchtiger" Therapeut immer Angst vor seinen eigenen Gefühlen hat. Thema: Gegenübertragungsliebe. Seit jeher wird jedoch der Frau als Ursprung des "Übels" die Schuld gegeben. Sie sei - ganz biblisch - die Verführerin. Er, der verliebte Therapeut, der unschuldige Adam, dem nur die Flucht bleibt.

Eigentlich hätte er seine Entscheidung, sich von dir zu distanzieren, mit dir besprechen sollen. So sieht es nun für dich aus, als könntest nur du schuld sein. Dann hätte er vielleicht auch seine Gefühle ansprechen können. Vielleicht hat er ja bemerkt, dass er "zuerst" geliebt hat?

Anyway, ein schwaches Zeichen von deinem ersten Therapeuten. Umso besser, dass du später einen professionellen gefunden hast.
Hast du die o.g. Situation mit deinem "Neuen" besprochen?

LG, Sandy

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SamuelZ.
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Beitrag Mo., 01.06.2009, 08:44

@elisa: Ich nutze ja dieses Forum u.a. dazu, um schon mal zu üben und Formulierungen zu finden, um gewisse Themen dann anzusprechen. Manchmal dauert es allerdings Wochen, bis ich dann darüber in der Therapie reden kann.

@Elena: Deine Erklärung hat mir wieder mal die Augen geöffnet. Ich bemerke, wie schwer es mir fällt, einfachste Gefühle und Regungen in Worte zu fassen. Alles sehr kompliziert (und neu) für mich.

Du schreibst, ich nehme Empfindungen bzgl. der Therapie als angenehm wahr. Das stimmt voll und ganz. Es sind ganz kleine, zaghafte Empfindungen. Dauert das bei anderen auch so lange? Ich bin jetzt seit über 10 Stunden in Therapie.
Beschreibe doch mal Deine Empfindungen für ihn etwas konkreter, fühlst Du richtige Liebe für ihn, oder ist es Sympathie, Vertrauen?
Hm, gute Frage, aber gar nicht so einfach zu beantworten.

In der letzten Stunde haben wir über mein Problem mit dem "lieb haben" gesprochen. Es fällt mir schwer, da ich so vollgepropft bin mit Vorurteilen, Verachtung, Ängsten, etc. gegenüber Menschen, die "was" von mir wollen könnten.

Also, "Liebe" schließe ich bei ihm aus. Deshalb kam mir der Gedanke, dass es eigentlich eine gute Übung wäre, mich in ihn zu verlieben, d.h. meine Verachtung, Ängste, etc. abzubauen und "Liebe" zuzulassen.

Was ich zur Zeit empfinde ist - wie du schon schreibst - Vertrauen und Sympathie. Nicht mehr, und nicht weniger. Er vermittelt mir ein Gefühl von Sicherheit, Zuverlässigkeit, Ruhe und Verständnis, und zwar kontinuierlich.
Von mir wird nichts als Gegenleistung verlangt, außer dass ich mich öffne und mitarbeite. Für mich eine absolut neue Erfahrung. Deshalb bin ich auch dankbar, dass es so ist.

LG Sandy


Lena
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Beitrag Mo., 01.06.2009, 09:45

Hallo SandyP,

nachdem es schon einige Jahre her ist, habe ich zu der Geschichte schon viel Abstand. Und ja, ich habe es auch mit meinem ambulanten Therapeuten ausführlich besprochen. Er hat mir dabei auch sehr geholfen, dass ich die Sache abhaken konnte, weil es mich auch nach der stationären Therapie lange verfolgt hat.
Eigentlich hätte er seine Entscheidung, sich von dir zu distanzieren, mit dir besprechen sollen. So sieht es nun für dich aus, als könntest nur du schuld sein. Dann hätte er vielleicht auch seine Gefühle ansprechen können. Vielleicht hat er ja bemerkt, dass er "zuerst" geliebt hat?
Ja, er hätte es mit mir selbst besprechen sollen. Und nicht so offensichtlich an eine andere Therapeutin delegieren, die mir für mein Gefühl immer wieder die gleichen Aussagen hingeknallt hat und nicht wirklich auf mich eingegangen ist. Und er ist mir auch in der Klinik aus dem Weg gegangen. Ob er zuerst geliebt hat - ich weiß es nicht. Allerdings hat er (vor seiner Flucht) vieles getan, was mein Verliebtsein irgendwie schon provoziert hat. Ich hatte damals und habe die Erinnerung immer noch das Gefühl, dass er mit mir damals sehr geflirtet hat und mit Zuzwinkern, viel Anlächeln und langes Handhalten mir das Gefühl gegeben hat, etwas besonderes zu sein. Aber ob er einfach jemand ist, der sich so verhält oder ob er es bewusst gemacht, weiß ich nicht. Auf jeden Fall war sein Verhalten danach feige - er musste absolut keine Angst haben, dass ich über ihn herfalle es wäre lediglich um das REDEN darüber gegangen. Aber das war wohl auch schon zu viel.

Wie hieß denn das Buch, dass Du gelesen hast? Würde mich interessieren.

LG Lena

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hungryheart
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Beitrag Mo., 01.06.2009, 09:54

hey sandy,

deine beiträge wirken auf mich, als seist du eine ganz gefühlfolle, warmherzige, zu ganz tiefen und starken gefühlen fähige frau, die aber riesige angst vor dieser sich der kontrolle entziehenden emotionalen seite hat

und deshalb - sozusagen um die gefühle in schach und unter kontrolle zu halten- sehr sehr sehr "im kopf" ist.

du entwickelst theoriegebäude und verlierst dich in gedankenspiralen und merkst vielleicht so gar nicht, dass du offenbar (so empfinde ich zumindest deine beiträge) schon mittendrin in einer großen übetragungsliebe bist

das ist ja vielleicht auch das unbewusste motiv für deine theorien und gedankenspiralen: die gefühle, die da sind, in schach halten. auch da gehts um kontrolle, oder?

du scheinst auch immer gedanklich gleich mehrere schritte weiter zu sein, als du es emotional bist. (siehe dein threadtitel. da fragst du, noch bevor du die übertragungsliebe so richtig da sein lässt gleich mal: was kommt danach )

ich kann dir nur raten: lass dir zeit und hab ganz viel geduld mit dir.
für mich war es ein langer, oft schwieriger und schmerzhafter prozess wieder meine gefühle da sein lassen zu können.

der erste schritt war, sie überhaupt wieder wahrzunehmen (hat lange gedauert)
der zweite schritt war, meine gefühle erstmal nur da sein zu lassen. mich also nicht mehr mit symptomen, musik, sport, lesen, hobbies, arbeit etc abzulenken, wenn sie da waren, sonder sie auszuhalten.

der nächste schritt (aber erst, als ich die beiden anderen schritte gegangen war...eins nach dem anderen) war, mir meine gefühle zuzugestehen.

und erst als auch das ging, konnte ich beginnen zu üben, meinen gefühlen authenisch ausdruck zu verleihen.
(also das, was du jetzt gleich aus dem boden stampfen willst )


lieber gruß
hh
Zuletzt geändert von hungryheart am Mo., 01.06.2009, 09:55, insgesamt 1-mal geändert.
Nimm was du willst und zahl dafür.

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Beitrag Mo., 01.06.2009, 09:54

Lena hat geschrieben:Ich hatte damals und habe die Erinnerung immer noch das Gefühl, dass er mit mir damals sehr geflirtet hat und mit Zuzwinkern, viel Anlächeln und langes Handhalten mir das Gefühl gegeben hat, etwas besonderes zu sein. Aber ob er einfach jemand ist, der sich so verhält oder ob er es bewusst gemacht, weiß ich nicht.
Hört sich nach einem blutigen Anfänger an. Wie alt war der denn?

Schau mal hier rein was das Buch angeht

LG, Sandy

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Beitrag Mo., 01.06.2009, 10:04

@hungryheart: Ertappt! Die große Liebe meines Lebens (amerikanischer Ex-Hippie) meinte häufiger zu mir: "Oh, Sandy, there is so much love inside you. Just let it out!" Tja, wenn's so einfach wäre.

Ne, also hh, ich bin nicht dicke drin in der Übertragungsliebe. Vermutlich spüre ich nur, dass es möglich wäre, das Potenzial ist, wie du ja erkannt hast, da. (Hm, außerdem würde ich mich jetzt unter Erwartungsdruck fühlen, euch emotional ergreifende und die Phantasie anregende Geschichten aus meinen Therapiestunden erzählen zu müssen).

In deiner Schilderung am Ende deines Postings finde ich mich sehr gut wieder. Kontrollwahn = Gefühle in Schach halten. Da rührt sich was. Ich spüre was....*nachspür*

Werde deine hilfreichen Gedanken in mein Therapietagebuch aufnehmen. Danke!!

Liebe Grüße
Sandy

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Flugente
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Beitrag Mo., 01.06.2009, 10:29

SandyP. hat geschrieben:Was meinst du mit "Beziehungsmuster auffahren"? Meinst du das typische Reiz-Reaktions-Schema über das Mann und Frau Nähe herstellen und ihr Interesse bekunden?
Nein, das meinte ich nicht.

Viel eher meinte ich das:
Sandy hat geschrieben:Ich habe in meinem Leben mehrfach übertragungsgeliebt (ältere, unerreichbare Männer, Vaterersatzfiguren). Damals eher ungesteuert. Die Ablösung verlief früher unter großen Schmerzen, tränenreich, depressiv. Die jüngsten (Kollegen, Trainer) verliefen sehr unspektakulär. Plötzlich war da nichts mehr, von einem Tag auf den anderen
Genau diese Beziehungsmuster sind die falschen, die dir immer wieder Enttäuschung bringen. Und es ist naheliegend, dass gerade in der Therapie, die gleichen Gefühle für den Thera auftreten würden. Und genau das ist der Punkt, der in der Therapie analysiert und aufgelöst wird. Die Auflösung von Übertragungsliebe, hätte bei dir den Sinn, dass du dich in Männer verlieben kannst, die nicht als Ersatz für die fehlende Vaterfigur herhalten müssen (das kann einfach nicht klappen), du dich also nicht in ein Symbol verliebst sondern in den Menschen an sich. Wenn du deine bisherigen ungesunden Beziehungsmuster abgelegt hast, wirst du auch erfüllende Beziehungen eingehen können.

Es gibt das so ein asiatisches Sprichwort: eine Beziehung wird nur dann glücklich und erfüllt sein, wenn sich ein Ganzes in ein Ganzes verliebt. Soll heißen, wenn beide Menschen vollkommen bei sich sind, keinen Partner als Ersatzstück aussuchen, sondern als Ergänzung zur eigenen grandiosen Persönlichkeit, dann gehts wirklich gut.

Ich möchte dir nicht zu nahe treten aber auch ich habe das Gefühl, du verlierst dich im Moment. Du sprichst von Gefühlen, die du erwecken, entdecken etc. möchtest aber was du in Wahrheit tust ist: du machst eine verstandesbetonte Studie daraus. Auch ich denke, dass du dich unwissentlich bereits ganz schön stark bereits in der Ü-Liebe befindest. Du analysierst sie, du studierst sie, du diskutierst sie aber von einem Standpunkt, der sich von dir selbst distanziert hat. Das ist zwar eine kluge Überlebensstrategie, die du aber eigentlich nicht notwendig hast. Denn du hast einen Therapeuten. Der Therapeut sollte dein Coach sein, nicht das Forum, nicht die Bücher, nicht dein Verstand alleine. Ich hoffe, du verstehst was ich meine.

Und wenn ich dir noch einen Tipp geben darf:
Sandy hat geschrieben:Ich habe kürzlich ein Buch über die Wahrnehmung und den Umgang mit der Übertragungsliebe seit Sigmund Freud gelesen. Der Tenor war dort, dass ein "flüchtiger" Therapeut immer Angst vor seinen eigenen Gefühlen hat. Thema: Gegenübertragungsliebe. Seit jeher wird jedoch der Frau als Ursprung des "Übels" die Schuld gegeben. Sie sei - ganz biblisch - die Verführerin. Er, der verliebte Therapeut, der unschuldige Adam, dem nur die Flucht bleibt.
Solche Bücher zu lesen, bringen dich in der momentanen Situation nicht weiter. Sie unterstützen nur das, was ich oben bereits beschrieben habe. Sie füttern deinen Verstand aber nicht deine Entwicklung. Wobei ich durchaus nachempfinden kann, dass es sehr verlockend ist, so viel Fachliteratur wie möglich zu konsumieren. Ich hab den gleichen "Fehler" gemacht. Ich hab mir ab einem gewissen Punkt so ziemlich alles reingezogen, was die therapeutische Beziehung anbelangt, bis ich eines Tages total frustiert und verwirrt war. Dann hab ichs gelasssen und konnte mich wieder unvoreingenommen auf meine EIGENE Therapie einlassen. Und wenn ich Fragen habe, dann frag ich ausnahmslos meine Therapeutin. Da bekomme ich individuelle, auf mich zugeschnittene Antworten. Den die einzigen Experten in meiner Therapie sind: meine Thera und ich.

Kennst du den Spruch: zu viel wissen macht Kopfweh?

Alles Gute
Flugente
Eisberg voraus!

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Flugente
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Beitrag Mo., 01.06.2009, 11:13

Abschließend möchte ich noch sagen liebe Sandy: das was du hier tust, dieses Durchdiskutieren von deinen Themen, bevor du in der Lage bist, es in der Therapie anzusprechen fällt an und für sich unter das Thema: "Wie verhindere ich das Gelingen einer Therapie". Das ist nicht böse gemeint aber die Strategie die du verfolgst ist richtig, wenn du dich auf eine Gerichtsverhandlung vorbereitest aber bezüglich Therapie ist es die komplett falsche Vorgehensweise. Überleg mal für dich, was diese Therapie für dich eigentlich sein soll.

Das ganze Thema über deinen Kontrollzwang, deine ganzen Thread-Themen usw. gehören ausschließlich in die Therapie. Wenn der Punkt kommt, an dem du das endlich erkannt hast, dann bist du in der Lage, Therapie als das anzunehmen, was es ist und ab dann wird sie dir wirklich helfen und für dich fruchtbar sein.

Ich wünsche dir wirklich, dass möglichst bald dieser AHA-Effekt bei dir eintritt und du erkennst, dass du derzeit gegen dich und deine Therapie arbeitest.

Alles Gute
Flugente
Eisberg voraus!

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