SandyP. hat geschrieben:Was meinst du mit "Beziehungsmuster auffahren"? Meinst du das typische Reiz-Reaktions-Schema über das Mann und Frau Nähe herstellen und ihr Interesse bekunden?
Nein, das meinte ich nicht.
Viel eher meinte ich das:
Sandy hat geschrieben:Ich habe in meinem Leben mehrfach übertragungsgeliebt (ältere, unerreichbare Männer, Vaterersatzfiguren). Damals eher ungesteuert. Die Ablösung verlief früher unter großen Schmerzen, tränenreich, depressiv. Die jüngsten (Kollegen, Trainer) verliefen sehr unspektakulär. Plötzlich war da nichts mehr, von einem Tag auf den anderen
Genau diese Beziehungsmuster sind die falschen, die dir immer wieder Enttäuschung bringen. Und es ist naheliegend, dass gerade in der Therapie, die gleichen Gefühle für den Thera auftreten würden. Und genau das ist der Punkt, der in der Therapie analysiert und aufgelöst wird. Die Auflösung von Übertragungsliebe, hätte bei dir den Sinn, dass du dich in Männer verlieben kannst, die nicht als Ersatz für die fehlende Vaterfigur herhalten müssen (das kann einfach nicht klappen), du dich also nicht in ein Symbol verliebst sondern in den Menschen an sich. Wenn du deine bisherigen ungesunden Beziehungsmuster abgelegt hast, wirst du auch erfüllende Beziehungen eingehen können.
Es gibt das so ein asiatisches Sprichwort: eine Beziehung wird nur dann glücklich und erfüllt sein, wenn sich ein Ganzes in ein Ganzes verliebt. Soll heißen, wenn beide Menschen vollkommen bei sich sind, keinen Partner als Ersatzstück aussuchen, sondern als Ergänzung zur eigenen grandiosen Persönlichkeit, dann gehts wirklich gut.
Ich möchte dir nicht zu nahe treten aber auch ich habe das Gefühl, du verlierst dich im Moment. Du sprichst von Gefühlen, die du erwecken, entdecken etc. möchtest aber was du in Wahrheit tust ist: du machst eine verstandesbetonte Studie daraus. Auch ich denke, dass du dich unwissentlich bereits ganz schön stark bereits in der Ü-Liebe befindest. Du analysierst sie, du studierst sie, du diskutierst sie aber von einem Standpunkt, der sich von dir selbst distanziert hat. Das ist zwar eine kluge Überlebensstrategie, die du aber eigentlich nicht notwendig hast. Denn du hast einen Therapeuten. Der Therapeut sollte dein Coach sein, nicht das Forum, nicht die Bücher, nicht dein Verstand alleine. Ich hoffe, du verstehst was ich meine.
Und wenn ich dir noch einen Tipp geben darf:
Sandy hat geschrieben:Ich habe kürzlich ein Buch über die Wahrnehmung und den Umgang mit der Übertragungsliebe seit Sigmund Freud gelesen. Der Tenor war dort, dass ein "flüchtiger" Therapeut immer Angst vor seinen eigenen Gefühlen hat. Thema: Gegenübertragungsliebe. Seit jeher wird jedoch der Frau als Ursprung des "Übels" die Schuld gegeben. Sie sei - ganz biblisch - die Verführerin. Er, der verliebte Therapeut, der unschuldige Adam, dem nur die Flucht bleibt.
Solche Bücher zu lesen, bringen dich in der momentanen Situation nicht weiter. Sie unterstützen nur das, was ich oben bereits beschrieben habe. Sie füttern deinen Verstand aber nicht deine Entwicklung. Wobei ich durchaus nachempfinden kann, dass es sehr verlockend ist, so viel Fachliteratur wie möglich zu konsumieren. Ich hab den gleichen "Fehler" gemacht. Ich hab mir ab einem gewissen Punkt so ziemlich alles reingezogen, was die therapeutische Beziehung anbelangt, bis ich eines Tages total frustiert und verwirrt war. Dann hab ichs gelasssen und konnte mich wieder unvoreingenommen auf meine EIGENE Therapie einlassen. Und wenn ich Fragen habe, dann frag ich ausnahmslos meine Therapeutin. Da bekomme ich individuelle, auf mich zugeschnittene Antworten. Den die einzigen Experten in meiner Therapie sind: meine Thera und ich.
Kennst du den Spruch: zu viel wissen macht Kopfweh?
Alles Gute
Flugente