Hallo Traumstern,Traumstern hat geschrieben:
Ich fühle mich bei meinem Therapeuten sehr sicher, und hier hat nicht mein Verstand, der bei allen anderen Menschen zur Vorsicht rät, "entschieden", hier hat (das erste Mal in meinem Leben) das Gefühl entschieden.
Ich lerne jetzt das erste Mal, dass man Nähe auch zulassen kann. Ein schönes Gefühl.
Traumstern
ich habe mich in 2001 (also mit 39 Jahren) an den sex. Missbrauch in der frühen Kindheit erinnert. Zuvor sind 9 intensive Therapiemonate (tiefenpsycholog. Therapie) ins Land gegangen. Gegen die Erinnerungen habe ich mich ganz doll gewehrt, doch leider war mein Körper stärker. Jedesmal, wenn ich meine Missbrauchs-Erinnerungen versuchte wegzuschieben, gab es brutale Hiebe (ich könnte auch sagen flashbacks), die mich umwarfen und mich ZWANGEN hinzuschauen. Ich wollte nicht hinschauen. NEIN! Meine heile Welt sollte erhalten bleiben. Doch sie wurde zerstört, ohne mein Zutun (geistig gesehen), weil mein Körper nicht mehr "mitspielte". Was ich damit sagen will? Ich habe alles unternommen, um diese anfänglich zarten Erinnerungen als Verrücktheit (ich meine damit das Verrücken von Gefühlen) abzulegen. ICH WOLLTE MICH NICHT ERINNERN. Die Erinnerungen kamen von selbst, immer schübchenweise, immer mehr. Ich konnte sie nicht bremsen und erst recht nicht für immer aus den Weg räumen, denn sie waren da und ließen meine heile Welt wie ein Kartenhäuschen in sich zusammenfallen. Ich hätte wirklich alles dafür getan sie aus meinem Körper zu entfernen, weil sie mein ganzes Leben durcheinander brachten und ich mich fühlte, als wäre ich innerlich kaputt gegangen.
Nun zu dir. Es ist gut, dass bei euch beiden (damit meine ich dich und deinen Therapeuten) die Chemie stimmt und hoffentlich bist du nicht zu euphorisch (was die Erwartungshaltung) angeht). Mich irritiert aber sehr, dass du jetzt schon Nähe zulassen kannst, weil dies ganz untypisch für sex. Missbrauchsopfer ist, besonders bei Frauen, die als Kind missbraucht worden sind. Aber vielleicht ist das bei dir anders.
Heute, nach 6 Therapiejahren bei meinem jetzigen Traumatherapeuten, kann ich immer noch nicht soviel Nähe zulassen, wie ich vielleicht gern möchte, weil meine körperlichen Erinnerungen zu stark sind. Es ist auch mein handicap, dass mein Thera ein Mann ist, aber daran arbeiten wir. Jedenfalls brauche ich auch heute noch Schutzmaßnahmen im Therapieraum, wie Fluchtmöglichkeiten usw., obwohl ich meinem Therapeuten sehr vertraue und er für mich unersetzbar ist, doch ist es nun mal das Kind, dass sex. missbraucht wurde...
Und wenn du schreibst, dass Nähe zulassen ein schönes Gefühl ist, bin ich auch etwas sprachlos, denn was ist mit deinen Schutzmauern, die du jahrelang brauchtest, um zu überleben? Lassen die sich so schnell aus dir entfernen?
Noch ein anderer Gedanke von mir. Wenn meine damalige Tiefenpsychologin (meine erste Therapeutin) mir "nur" von ihren Vermutungen, nämlich, dass ich in meiner Kindheit sex. missbraucht wurde, berichtet hätte,
ich hätte sie sofort angezeigt. Eigentlich sind Therapeuten dahingehend sehr vorsichtig, weil sie ihre Patientinnen nicht noch mehr verwirren wollen. Sie sind es ehedem. Meine Therapeutin hätte jedenfalls damals keine Chance bei mir gehabt, weil meine Abwehr zu stark war. Ich mußte selber hingelangen, ohne mein direktes Zutun, denn ich war damals mein eigener stärkster Feind, was das sich Wiedererinnern angeht.
Ich hoffe, du tust alles dafür, dass es dir gut geht. Und bitte zwinge deinen Körper nicht. Vom Kopf her ist eh nicht viel zu machen...
Ich helfe dir jedenfalls gern, wenn du Fragen haben solltest.
Liebe Grüße
Zerrissene