Unterschied zwischen Empathie und Mitgefühl

Hier können Sie Fragen zu Begriffen, Diagnosen und sonstigen Fachworten stellen, die einem gelegentlich im Zusammenhang mit Psychologie und Psychotherapie begegnen oder die Bedeutung von Begriffen diskutieren.
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Meereszauber
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Beitrag Di., 10.03.2009, 17:06

Liebe Traumstern,
Was machst du denn genau?
wir haben ein Kind adoptiert und ein Kind in Pflege - beide haben ihre "Geschichte".
Darüberhinaus habe ich seit einigen Jahren eine Adoptiv- und Pflegegruppe für alle vom Thema Betroffenen.

Im Bezug auf diese Gruppe werde ich als Gruppenleiterin von einer Einrichtung psychologisch unterstützt (Coaching, Supervision) . Ein Mitarbeiter dieser Einrichtung kam auf mich zu, ob ich als Gruppenleiterin an einer Art lokalpolitischen Interessensgemeinschaft Teil nehmen würde, die sich wiederum die Stärkung von Eltern und Gewaltprävention zum Ziel gesetzt hat.

Da sitze ich seit etwa 1.5 Jahren "mittendrin", was nicht immer gerade einfach ist zumal ich der einzige Teilnehmer ohne Fachausbildung bin.

Da ich selbst nicht gerade in stabilen Verhältnissen aufgewachsen bin und mich entsprechend einfühlen kann (um beim Thema zu bleiben ), hat diese Aufgabe auch bei mir biographische Hintergründe.
Dazu habe ich hier mal ausführlicher geschrieben:
viewtopic.php?f=7&t=6701&p=112801#p112801

Nebenbei -aber sehr bedingt- unterstütze ich ehrenamtlich Flüchtlinge. Wobei im Moment nicht abzusehen ist, wie sich dieses Ehrenamt in Zukunft für mich gestaltet.
Zweiteres macht mir unglaublich viel Spaß, gerade auch weil ich mich gut auskenne, was z.B. Behördengänge betrifft oder ich gerne auch Hilfe zur Selbsthilfe leiste (mein letzter Flüchtling wurde ein eigenständiger und unabhängiger junger Mann, das war so klasse!!!).

Ich wünsche mir, dass ich noch länger in der Flüchtlingsarbeit tätig sein kann - da ich momentan bis Mai "zuhause" bin (ich arbeite saisonweise in einem Touri-Shop, weil ich auch mal einen ganz anderen Wind um die Nase brauche), kann ich mir die Zeit nehmen.

Je nachdem, wie sich alles entwickelt wird sich herausstellen, ob ich die Flüchtlingsarbeit doch mal loslassen muss....

ein anderes Kapitel .

Und so kenne ich natürlich das Thema "Empathie/Mitgefühl" von beiden Seiten.
Zum einen bin ich ja selbst sowas wie eine Klientin wenn ich zum Coach gehe (halt nicht im Sinne der Krankenkassen, möglicherweise vielleicht auch nicht im Sinne des PT-Forums), der übrigens auch eine gesprächstherapeutische Ausbildung hat - zum anderen gibt es da etliche Leute, die ich selbst versuche so anzuleiten, dass sie z.B. in der Erziehung und bei Behördengängen Selbstvertrauen und Selbstsicherheit gewinnen können.

Für mich ist es als Klientin enorm wichtig, dass mein Coach ein lebendiges Einfühlungsvermögen besitzt, aber natürlich professionell mit mir arbeitet.
Als Gruppenleiterin und Ehrenamtliche muss ich dagegen darauf achten, mich -trotz Empathie/Mitgefühl- auch abgrenzen zu können.

Soviel in Kürze...
Herzliche Grüße
Meereszauber





Vergangenheit ist gegenwärtige Erinnerung.
Zukunft ist gegenwärtige Erwartung.
Gegenwart ist der Moment in dem die Vergangenheit in die Zukunft fließt.


Augustinus

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Traumstern
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Beitrag Di., 10.03.2009, 19:48

Liebe Meereszauber,

das ist mir alles sehr nahegegangen.

Du hast so viel Stärke in dir und ich bewundere dich dafür, dass du diese nutzt, um anderen Menschen, die ähnliches erlebt haben, zu helfen.

Ich wünsche dir alles Gute und weiterhin viel Kraft.

Liebe Grüße
Traumstern

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„Ich bin mir selbst zur Frage geworden.“ (Augustinus)

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Meereszauber
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Beitrag Di., 10.03.2009, 21:11

Danke, liebe Traumstern - und ich glaube fest daran, dass jeder Mensch diese Stärke (diesen inneren Schatz) hat, den er zu Tage fördern und nutzen kann.

Es ist ein sagenhaftes, überwältigendes Gefühl, das innere Potenzial nutzen zu können....und auch es im Rahmen der Möglichkeiten weiterzugeben bzw. die Menschen, mit denen man zu tun hat, zu ermutigen es selbst in sich zu entdecken.
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Augustinus

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Traumstern
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Beitrag Mi., 11.03.2009, 09:41

Meereszauber hat geschrieben:Es ist ein sagenhaftes, überwältigendes Gefühl, das innere Potenzial nutzen zu können....und auch es im Rahmen der Möglichkeiten weiterzugeben bzw. die Menschen, mit denen man zu tun hat, zu ermutigen es selbst in sich zu entdecken.
Siehst du, liebe Meereszauber, solche Menschen gibt es leider nicht mehr so oft. Ich denke, du weißt, was ich meine. Vielleicht hängt das auch mit dem Wertewandel in unserer Gesellschaft zusammen. Ich weiß es nicht.
Nach solchen Menschen bin ich im persönlichen Bereich oft auf der Suche - und finde sie leider nur ganz selten.

Liebe Grüße
Traumstern
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Meereszauber
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Beitrag Mi., 11.03.2009, 18:26

....wobei man immer die Gefahr der Idealisierung im Bewusstsein haben muss - die damit verbundene Erwartungshaltung und mögliche "gnadenlose" Enttäuschung durch die Person, die man idealisiert.

Auch da wieder meine Perspektive von beiden Seiten:

als Ehrenamtliche bin ich nach Aussen hin schon sehr hart mit einem Flüchtling umgegangen. Er verliess sich darauf, dass "Meereszauber schon alles regelt." Er ging lieber Dingen nach, die zwar augenscheinlich Sinn machten - tiefgründig aber "Alias-Aktivitäten" waren, weil er sich vor den wirklich anstrengenden Aktivitäten drücken wollte.

Denn "Meereszauber" hatte ja genug Empathie/Mitgefühl für die ganze Welt und würde das aus lauter Mitgefühl (oder vielleicht sogar Mitleid) schon für ihn regeln.

Es gab ein Gespräch zwischen dem hauptamtlichen Soz-Päd, mir und dem Flüchtling. In dem Gespräch haben wir ihm deutlich und ohne mit der Wimper zu zucken gesagt: entweder er arbeitet jetzt am "unbequemen Weg" mit oder er muss sich andere Helfer suchen.



Ich muss also auch damit leben können, dass mich jemand aus meiner Gruppe oder ein Flüchtling "ganz furchtbar ätzend und doof" findet, wenn mein Mitgefühl/meine Empathie nicht der Erwartungshaltung entspricht, die er an mich hat.

Es gibt ganz sicher Menschen mit denen ich zu tun hatte, die nie wieder mit mir zu tun haben wollen, weil sie in mich Dinge projeziert haben (also Idealisierung), denen ich weder gerecht werden konnte, noch gerecht werden wollte.


Dann meine Perspektive als Klientin beim Coach:
meine Erwartungshaltung an den Coach ist ein nüchterner Kopf und die Unterstützung, mein eigenes Potenzial zu aktivieren und das mit den geringsten Mitteln (am liebsten sind mir Fragen, wie "Frau Meereszauber, wie stellen Sie sich selbst die Lösung vor?")
Ich brauche also sozusagen einen Coach, der mir freie Hand lässt und mich nicht "an der Hand nimmt und mitschleift".

Wenn ich "helfe", dann ist mein "Traumziel" die Unabhängigkeit dessen, dem ich helfe. Auch die Unabhängigkeit von meiner Person.
Und wenn ich mich unterstützen lasse, dann will ich meine Unabhängigkeit genauso respektiert haben.

Nach aussen mag das sehr hart wirken, aber es zahlt sich wirklich aus!
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Augustinus

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Traumstern
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Beitrag Mi., 11.03.2009, 23:42

Liebe Meereszauber,

es mag sicherlich schwer sein trotz Mitgefühl hart zu sein und in Kauf zu nehmen, dass man nicht gemocht wird. Aber in dem Moment hast du ja etwas Gutes mit bzw. für diesen Menschen im Sinn.

Wie geht es dir damit, dass die Menschen, denen du helfen willst, dich vielleicht nicht mögen? Das ist ja nochmal ein Unterschied zu: "Ich kann den nicht leiden, der ist rücksichtslos und mit dem will ich nichts zu tun haben." Ich denke deine Position ist weitaus schwieriger.

Liebe Grüße
Traumstern
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Meereszauber
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Beitrag Do., 12.03.2009, 08:07

Guten Morgen, Traumstern,
Wie geht es dir damit, dass die Menschen, denen du helfen willst, dich vielleicht nicht mögen?
das akzeptiere ich.
Bevor ich in das Ehrenamt eingestiegen bin, habe ich schon (auch mit Unterstützung meines Coaches) in mich gehorcht, mit welcher Erwartungshaltung ich den Menschen gegenübertrete.
Brauche ich Bestätigung von anderen oder kann ich auch mit Ablehnung gut leben?

Ich bin auf das Ergebnis gekommen, dass ich mich zum einen ganz gerne "nach der Decke strecke" , also ganz gerne mal selbst gucke, wo meine Grenzen sind - zum anderen setze ich gerne mein Potenzial um (das aus meiner Biographie heraus).
Dann finde ich es auch nützlich für die Selbstentwicklung und ich würde mich nicht weiterentwickeln, wenn mich jeder toll und prima findet .

Zuviel Idealisierung finde ich für mich übrigens schwieriger als wenn mich jemand "doof" findet .
Doof gefunden zu werden ist für mich menschlicher und nachvollziehbarer, als einen Heiligenschein verpasst zu bekommen, der nur am Kopf drückt *lach*.




Für mich ist es wichtig, dass ich mich im Gleichgewicht halte - d.h. ich sorge für mich selbst, nehme mir meine Zeit, die ich für mich brauche und habe hier (Familie/Freundeskreis) auch ein entsprechend stabiles Umfeld.
D.h. ich kann Ablehnungen durch Selbstvertrauen kompensieren.

Es gab aber auch schon "richtige" Tiefschläge (die Situation, in der ich persönlich bedroht wurde und meine Kinder indirekt mit) - das war für mich natürlich weniger lustig und das war auch nicht so einfach abzuschütteln.

Da schliesst sich gerade der Kreis, denn das war genau die Situation in der mich das damals real vorhandene "persönliche" Mitefühl meines damaligen Coaches völlig durcheinander gemacht hat und wir uns dann einige Monate später getrennt haben (mit dem Thema bin ich hier ja eingestiegen).
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Traumstern
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Beitrag Do., 12.03.2009, 19:54

Liebe Meereszauber,

die Erwartungshaltung, wenn du gemocht wirst, ist natürlich auch keine leichte Bürde.

Aber das Leben ist oft auch nicht leicht. Was wir tun können ist, es uns und den Menschen die wir lieben und mögen, gut gehen zu lassen. Vielleicht ist das unser Anteil an einer guten und besseren Welt.

Wenn jeder seinen Teil beitragen würde, hätten wir doch das Paradies.

Ich wünsche dir weiterhin viel Spaß und viel Erfolg in deinem privaten wie beruflichen Wirkkreis.

Liebe Grüße
Traumstern
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Meereszauber
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Beitrag Do., 12.03.2009, 21:00

Liebe Traumstern,

am Anfang war es schon eine Herausforderung zu lernen, nicht jeder Erwartung gerecht werden zu können bzw. auch gerecht werden zu wollen.
Das ist ein spannender Prozess.

Die andere "dunkle" Seite (ich sollte weniger Star-Wars gucken *g*) der Idealisierung ist aber eine vielleicht ganz subtile:
für mich hängt Idealisierung auch mit einer Art (selbstgemachten ) Abhängigkeit zu sammen:
jemand, der mich idealisiert, macht sich irgendwie auch abhängig von mir....gibt seine Unabhängigkeit auf.
Hat im "worst case" schlechte Laune, wenn ich mal schlechte Laune habe - fühlt sich verunsichert, wenn ich mal vielleicht mal im Gespräch kurz angebunden bin, fühlt sich im Stich gelassen, wenn meine Prioritäten situationsbedingt und natürlicherweise mal einer anderen Person gelten usw.

Unabhängigkeit und Selbständigkeit haben für mich einen sehr hohen Stellenwert.


Möglicherweise auch aus dem Grund, weil ich sehr früh sehr selbständig und unabhängig sein musste.

Für mich ist es ein schwieriger, gedanklicher Prozess mich in Menschen hineinzuversetzen, die sich etwa von mir abhängig fühlen.

Dazu ist im Leben alles begrenzt - jede Beziehung hat irgendwann ein Ende, jeden Menschen muss ich irgendwann mal loslassen und jeder, der mit mir zu tun hat, muss mich irgendwann mal loslassen - das ganze Leben ist ein ständiger Wandel.

Natürlich fühlt es sich für mich "unvorstellbar" an, wenn ich dabei an meinen Mann (mit dem ich seit fast 18 Jahren verheiratet bin) und an meine Kinder denke.

Wichtig finde ich das "lebendige Einfühlungsvermögen im Hier und Jetzt".

Übrigens gibt es eine wunderbare Geschichte von Tolstoi: "Die drei Fragen"...

Man findet die Geschichte leicht beim googeln.
Die Geschichte ist zwar eher ein Nebenschauplatz des Themas hier, aber lies' sie mal. Wenn Du magst, kannst Du ja irgendwann mal berichten, wie es Dir beim Lesen gegangen ist!

An der Stelle verabschiede ich mich mal für die nächsten Tage, ich denke wir lesen uns .
Denn es ist ein bewegendes Thema.
Herzliche Grüße
Meereszauber





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jumbojet
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag Sa., 14.03.2009, 21:14

warum wollt ihr denn mitgefühl? ich kann ehrlichgesagt mit empathie mehr anfangen. der therapeut soll sich in mich einfühlen, damit er aus meiner perspektive die dinge mit mir zusammen bearbeiten kann. er soll aber bitte nicht mitleiden, da hat ja nun wirklich niemand was von.

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Gärtnerin
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag So., 15.03.2009, 18:55

Gute Frage, jumbojet!

Braucht man einen Dienstleister, der möglichst sachlich und effektiv bei der Lösung von Problemen hilft? Oder sucht man mehr ein menschliches Gegenüber, von dem man sich emotional wahrgenommen und vielleicht auch mal metaphorisch in den Arm genommen fühlt?
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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Traumstern
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Beitrag Mo., 16.03.2009, 18:59

Hallo,

ich denke, man braucht beides. Jemand, der fachlich kompetent ist und weiterhelfen kann (Empathie). Aber auch jemand, der Mitgefühl (nicht Mitleid) hat. Denn vielen von uns (so auch mir) geht es so, dass sie gar keine Nähe mehr zulassen können und der Therapeut der einzige ist, der zu ihnen durchdringen kann (wenn die "Chemie" stimmt).

Bzw. wenn ich mir das gerade so überlege, ICH brauche beides und einige andere bestimmt auch. Aber es gibt natürlich auch Menschen, die diese Nähe nicht wollen, die lieber mit Distanz arbeiten. Der Therapeut muss das natürlich auch akzeptieren.

Liebe Grüße
Traumstern
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Meereszauber
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Beitrag Sa., 21.03.2009, 09:59

Hallo Traumstern,

wie geht's Dir denn mittlerweile mit/bei dem Thema?

Bei mir ist es gerade ganz aktuell, ich habe gestern als Ehrenamtliche die "volle Breitseite" erwischt und bin zum ersten Mal von meiner Position aus an meine Grenzen gekommen (die sind hoch).

Ich begleite momentan eine sehr junge Mama, wir sind noch in der Kennenlern-und Vertrauensbildungsphase. Ich frage sie etwas zu ihrem Gesundheitszustand und die Frau bricht mir fast zusammen, so ernst steht es um sie.

In der Situation selbst war ich ruhig und konnte alles so lenken, dass wir wieder einen Weg aus diesem Zusammenbruch finden konnten, aber als ich gegangen bin, war mir zum Heulen.
Soviel Elend "auf einen Haufen" und so eine Tragödie habe ich hautnah zum letzten Mal in den Slums von Nairobi erlebt.

Ich habe dann selbst ein Gespräch mit dem hauptamtlichen Soz-Päd gebraucht, um mich selbst wieder in die Mitte zu bekommen.

Ich habe mich gestern selbst nochmal kennengelernt, bin davon ausgegangen, dass ich in jeder Situation nüchtern bleibe - aber gestern hat mich mein "persönliches" Mitgefühl übermannt.
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Traumstern
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Beitrag Mo., 23.03.2009, 19:43

Liebe Meereszauber,

in meiner Therapie spielt zur Zeit Empathie/Mitgefühl nur eine untergeordnete Rolle. In der letzten Zeit war Provokation eher unser Ding.
Und das neue Thema wird sein: Die Kontrolle in der Therapie/über die Therapie verloren zu haben. Mir ist heute klar geworden, dass ich absolut keine Kontrolle mehr habe über den Teil meines Lebens. Da muss ich jetzt erst mal dran knabbern. Das hat mich umgehauen. Mittwoch habe ich den nächsten Termin, da werde ich es ansprechen. (Wobei ich ein starkes Kontrollproblem habe.).

Zu dir:
Schön ist immer, wenn man stark sein kann, solange der andere schwach ist. D. h. du konntest dieser Frau helfen. Sie hat sich von dir aufgefangen gefühlt.
Ich weiß, es ist sehr schwer, da Grenzen zu ziehen. Da haben es die Psychotherapeuten wahrscheinlich leichter. Die lernen das ja ewige Jahre und werden (soweit das möglich ist) vorbereitet.

Bei einem nächsten Gespräch wirst du wahrscheinlich besser vorbereitet sein. Du weißt, was auf dich zukommt.

Ich glaube, das ist ein schönes Beispiel dafür: Ein/e PatientIn/KlientIn braucht kein Mitgefühl, sondern Stärke und Halt. (Das habe ich bisher so nicht gesehen.)

Genug vorbereitet ist man wahrscheinlich nie.

Liebe Grüße
Traumstern
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weißeLilie
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Beitrag Do., 04.06.2009, 20:32

Hallo Traumstern und hallo den anderen Forumnutzern,
ich wäre soooooooooo froh, wenn mein Therapeut Empathi oder eben auch Mitgefühl zeigen würde. Ich habe einige Jahre Mißbrauch hinter mir. Wenn ich von den Bildern erzähle, die in mir hochkommen und die mich nicht schlafen lassen, ist sehr unberührt. Wenn ich sage, ich kann nicht mehr, ich habe keine Kraft mehr, sagt er, dann gehen sie in die Klinik. Irgendwie scheine ich da an einen Therapeuten geraten zu sein, der sich aus Angst vor Eigenverletzung oder was auch immer, nicht zu Mitgefühl bzw. zum Ausdruck des Mitgefühls hinreissen läßt. Als ich gesagt habe, ich denke an Suizid, meinte er in der nächsten Sitzung, er hat nicht gemerkt, daß es mir schlecht geht. Nun ja, ich dachte, es wäre irgendeine Technik, um mich von meinem Schmerz abzulenken, aber jetzt lese ich hier von so viel Empathie Eurer Therapeute, daß ich wohl ins Grübeln komme.
Ich denke daran, die Therapie abzubrechen.
Also genießt das Mitgefühl und schweigt fein still. Ihr seht, es hat nicht jeder so gut.
LG
weiße Lilie

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