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Mo., 29.12.2008, 21:16
Du, ich versuche es mal zu erklären - so gut ich kann. Und ich hoffe, dass dies auch für dich richtig ist - im Zweifelsfall würde ich das an deiner Stelle unbedingt nochmals mit deiner Therapeutin besprechen!
Wenn ich etwas von mir nicht annehme, es also nicht als Teil von mir betrachte, dann kann ich es auch nicht verändern. Den ändern kann ich nur Aspekte von mir, nicht Aspekte, die außerhalb von mir sind. Daher der Ansatz, die Gefühle auch mal annehmen zu müssen. Akzeptieren zu müssen. Als etwas, was in mir ist. Als etwas, was Bestandteil von mir ist. Als etwas, was seinen Platz in mir hat, was eine Geschichte in mir hat, was mir vielleicht nicht gefällt, was aber einfach da ist.
Wenn ich das akzeptiert habe, dann bin ich in der Lage, damit auch anders umzugehen. Dann kann ich mir besser überlegen, wo das überhaupt her kommt. Was die Gründe und Ursachen dafür sind, für diese Schmerzen, für diese Wunden. Woher stammen die Verletzungen?
Und noch wichtiger der 2. Schritt: wenn ich sie angenommen habe, dann kann ich nicht nur beginnen sie zu verstehen, sondern dann kann ich auch langsam anfangen sie zu verändern. Dann kann ich für mich Wege finden, zu sagen, das ist historisch ok, das ist so gewachsen. Der 2. Schritt ist aber eben die Veränderung, basierend auf der Akzeptanz. Hier sage ich, dass ich diese Dinge verändern will und auch kann. Ich will das verändern. Ich will dass es mir besser geht. Ich will darüber hinaus wachsen - der Begriff des Wachsens spielt in dieser Art von Veränderungsliteratur - Carl Rogers - eine beträchtliche Rolle.
Und klar, das kann ein langer Weg sein, weil die Verletzungen und Schmerzen dahinter tief sein können. Das kann daher dauern, und vielleicht ist es klug, sich da Hilfe zu holen. So auf Fingerschnip wird das vermutlich nicht gehen können - da darf man auch nicht zu ungeduldig sein. Hilfe können Therapien sein, Einzel- oder Gruppentherapien. Das ist im Kern das Ausloten und das Finden des persönlichen Weges, wie man über diesen gegenwärtigen Status hinauswachsen kann. Hier muss man auch Geduld haben, hier muss man sich halt auch selbst Zeit geben.
Meine Befürchtung, wenn du das nicht akzeptieren kannst wie es ist, auch wenn das zu weh tut, dann würdest du die Dinge nur verdrängen. Sie würden im Untergrund weiter wirken und arbeiten. Das mag vordergründig der einfachere Weg sein, aber ob es der sinnvolle Weg ist?
Aber wie gesagt, ich rate zur Thematisierung mit deinem Therapeuten - den der kann dich besser beraten, der kennt dich besser als das in einem Forum möglich ist. Und ich vermute natürlich, dass hier die "Schulen" auch weit auseinander gehen. Wenn du mit einem Therapeuten zusammen arbeitest, dann solltest du zu ihm oder ihr auch eine entsprechende Vertrauensbasis aufbauen und mit ihm oder ihr den gemeinsamen Weg gehen.