Selbstmitleid

Hier können Sie Fragen zu Begriffen, Diagnosen und sonstigen Fachworten stellen, die einem gelegentlich im Zusammenhang mit Psychologie und Psychotherapie begegnen oder die Bedeutung von Begriffen diskutieren.
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sofa-held
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 13:32

ive.....

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montagne
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 13:48

Ich denke, es ist Angelegenheit des Gegenübers, des Zuhörers, eigene Grenzen zu setzen. Derjenige, der leidet und sich mitteilen will, kann das möglicherweise nicht bzw. seine Angst, sich mitzuteilen, weil er dem anderen nicht auf die Nerven gehen will, seine Angst, abfällig bewertet zu werden, weil er angeblich zu sehr rumjammert, wird dazu führen, dass er sich lieber gar nicht mitteilt.
Und ich denke, ein Zuhörer im Leben ist kein Therapeut. Das ist ja genau das! warum um Himmels wissen, sollte der Zuhörer besser Grenzen setzen können, warum sollte er diesen Anspruch erfüllen? Dinge die der redner, der "Selbstmitleidige" nicht bereit ist zu geben? Der Zuhörer hat doch eben auch seine Probleme. Seine probleme mit den Dingen, aber auch mit sich selbst. Nur weil er gerade nicht darüber spricht, heißt es ja nicht das sie nicht da sind. und nur weil der redner gerade über seine spricht, heißt es nicht, das er keine Rücksicht mehr auf den Zuhörer nehmen muss oder kann.
Ich denke das sind so die überhöhten Ansprüche von menschen, die ich als stark selbstmitleidig bezeichnen würde, die zu der Ablehnung führen.


Abgesehen davon, wenn der Zuhörer sagt: "Das nervt jetzt aber, ich kann dein selbstmitleidiges Gequatsche grad nicht/nicht mehr anhören", ist das ja eine Grenzziehung. Eine die kränkt ja. Kann aber auch daran liegen, dass es die erste und einzige ist, die der Selbstmitleidige versteht.

Weil er meine subtilen, höflichen Zeichen, dass ich grad nicht mag nicht gesehen hat. Oder weil er kein Gespür dafür hat, dass es wohl von vorne herein schwierig ist, wenn man jemanden jedes mal, bei jedem Telefonat, jedem Treffen mit seinen Problemen zuschwallt. Oder weil ein wirklicher Austausch eben mit Zuschwallen verwechselt wird.
Das ist doch eine Bemerkung meinerseits, die eigentlich nur sagt, dass ich es satt habe ihr ewiges Gejammer zu "containen".
So ist. Das ist auf den Punkt gebracht. Was es bringt? 1. sich das slebst klar zu machen. 2. Klarheit in der beziehung schaffen. ich habe auch so eine Freundin. Ich bin bisher davor zurückgewichen ihr das so klar zu sagen. Der ganze Freundeskreis ist es. Dennoch meidet man sie etwas im Zeiergespräch, weil wir alle an dem Punkt sind, das nicht mehr zu können und zu wollen. Ich denke schon sie fühlt sich gemieden, fragt sich, ob wir sie nicht mehr Leiden können.
Würde ich klar sagen wie es ist, könnte ich ihr auch deutlich amchen, dass es ihr stetiges gejammere ist und das Gefühl, das sie mich nicht sieht, was mich so frustet, was ich eifnach nicht mehr aushlaten will. das sie aber viele andere Seiten hat, die sympathisch und liebenswert sind. das ich auf diese Seiten an ihr aber verzichten würde und werde, wenn ich dafür das extreme Gejammere mit in Kauf nehmen muss.
Dann weiß sie erstmal wie sie wirkt, ich denke solche Menschen wissen das meist wohl nicht. Schon dadurch kann sich was ändern. Und sie kann entscheiden wie sie damit umgeht und wie sie mit mir in Zukunft umgeht.
Das natürlich in Kurzfassung. Es wäre sicher ein längeres Gespräch nötig, das ich durchstehen würde für eine Freundin (nicht aber für lose Bekannte).
amor fati

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kügeli
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 14:28

Eben. Ein Zuhörer ist kein Therapeut. Deshalb sollte er ja fähig sein, Grenzen zu setzen. (Was nicht heißen soll, dass Therapeuten das nicht tun sollten.)

Als Zuhörer muss ich wissen, wann ich Grenzen zu setzen habe; mein Gegenüber, derjenige, der leidet und sich mitteilen will, kann nicht wissen, wann er meine Grenzen erreicht hat und evt. im Begriffe ist, zu überschreiten.
Abgesehen davon, wenn der Zuhörer sagt: "Das nervt jetzt aber, ich kann dein selbstmitleidiges Gequatsche grad nicht/nicht mehr anhören", ist das ja eine Grenzziehung. Eine die kränkt ja. Kann aber auch daran liegen, dass es die erste und einzige ist, die der Selbstmitleidige versteht.
Nö.
Eine solche Ausage ist eine Beleidigung.
Man kann auch einfach sagen: "Du, ich kann jetzt nicht mehr zuhören, lass uns bitte damit aufhören".
Das verletzt niemanden.
Vielleicht wäre Gewaltfreie Kommunikation mal ein Tipp für dich.


Waldschratin
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 14:37

Wenn mein Gegenüber resistent genug ist,diverse Andeutungen und Hinweise ne geraume Zeit geflissentlich zu übersehen/überhören/negieren,dann find ich ein deutliches Wort,auch wenn es "beleidigend" ist,durchaus angebracht!
Meiner Treu,was für eine Anspruchshaltung,daß einem das Gegenüber immer und überall in genau der Art zu begegnen hat,die man selber grad zu brauchen meint!!
Anstatt auch mal seinem Gegenüber zuzugestehen,daß er mal nen "schwachen Moment" hat,er mal nicht 180%ig total korrekt und gut drauf ist,nix anderes im Fokus hat als mich mich mich etc.!!!

Meine Meinung zu Selbstmitleid:
Die Dosis macht das Gift!
Warum nicht mal ne Weile im Selbstmitleid schmachten?Wenns einem guttut...
Nur wenns "ausufert",dann wirds fürs Umfeld zu ner echt nervigen Belastung - ich seh das dann eher als "liebevoll unterstützend",wenn sich dann mal einer traut,einem die Meinung dazu graderaus auf den Kopf zuzusagen.
Man muß sie dann ja immer noch nicht 1:1 teilen,diese Meinung.

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caro
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 14:38

kügeli hat geschrieben:Eine solche Ausage ist eine Beleidigung.
Oder eine heilsame Intervention, auf die der Betreffende vielleicht schon - unbewusst - die ganze Zeit gewartet hat.
m2c

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sofa-held
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 14:39

montagne hat geschrieben:Dann weiß sie erstmal wie sie wirkt, ich denke solche Menschen wissen das meist wohl nicht.
Denke ich auch. Aber diese Menschen, die so einen Überdruck haben, reagieren oft auf kleinste Hinweise sehr sensibel. Und selbst das hat für mich nichts mit Selbstmitleid zu tun. Was mir dann oft als Begriff einfällt, ist "melodramatisch", dieser Modus " ach, keiner versteht mich, ich der ich doch so kleines Würmchen bin...alle trampeln auf mir herum". Aber die Frage war doch was ist Selbstmitleid? Nur weil jemand seine eigene Probleme in den Vordergrund stellt und so den Dialog killt, heißt das für mich nicht "Selbstmitleid".

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sofa-held
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 14:43

caro hat geschrieben:Oder eine heilsame Intervention, auf die der Betreffende vielleicht schon - unbewusst - die ganze Zeit gewartet hat.
Jetzt wirds tiefenspsychologisch.

Oder: eine heilsame Intervention für den Austeiler diese speziellen Bewertung. Man fühlt sich doch gleich besser, wenn man jemanden als selbstmitleidig bezeichnen kann und sich nicht näher mit dem Innenleben der mutmaßlich selbstmitleidigen Person auseinander setzen muss.


montagne
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 14:49

@kügli: Na gut, ich nehme das mal zur Kenntnis, was du schreibst. Gehe da aber defintiv nicht mit. Schrieb ich ja schon.

Wie man seinen Mitmenschen in Punkto Selbstmitleid begegnet ist das eine. Ich denke auch, wie Waldschratin, da gibt es einen Punkt, an dem es zu viel wird.
Aber auch innerlich entfaltet es ja eine Wirkung. Und auch innerlich kann es zu viel werden. Ich zumindest merke dass, dass mich ein gewisses Maß an Selbstmitleid hemmt und mich in eine missmutige, grüblerische, unleidliche Stimmung versetzt.
Also schon wegen mir selbst möchte ich mein Selbstmitleid in Grenzen halten. Schrieb ich auch schon.
amor fati

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caro
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 14:52

sofa-held hat geschrieben:Oder: eine heilsame Intervention für den Austeiler diese speziellen Bewertung. Man fühlt sich doch gleich besser, wenn man jemanden als selbstmitleidig bezeichnen kann und sich nicht näher mit dem Innenleben der mutmaßlich selbstmitleidigen Person auseinander setzen muss.
Ich denke, es geht schlicht um den Zeitpunkt einer solchen Rückmeldung - wenn ich mich ein paar Wochen lang immer dasselbe Jammern anhören kann und all meine freundliche Anteilnahme nichts genützt haben, dann denke ich als Psychologin, dass das die richtige Intervention ist. Meist versuche ich in solchen Fällen ohnehin zuerst eine paradoxe Intervention ... wenn die nichts nützt, dann ist man mit der direkten Methode sicher am Besten dran. Schließlich gibt es für alles Grenzen.

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kügeli
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 14:54

Grenzen setzen geht ohne denjenigen, der eh schon leidet, noch weiter runter zu ziehen.
Also schon wegen mir selbst möchte ich mein Selbstmitleid in Grenzen halten.
Du solltest nicht von anderen erwarten, dass sie das auch tun. Bzw. du solltest fähig sein, deine Grenzen zu wahren. Der andere hat evt. andere Grenzen als du - willst du das beurteilen?

Wie gesagt, Grenzen setzen geht sehr gut, ohne beleidigend zu werden.

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sofa-held
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 14:55

caro hat geschrieben:Meist versuche ich in solchen Fällen ohnehin zuerst eine paradoxe Intervention ..
Weiß nicht, was du darunter verstehst. Wie würde das konkret aussehen?

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sofa-held
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 14:58

kügeli hat geschrieben:Also schon wegen mir selbst möchte ich mein Selbstmitleid in Grenzen halten.


Du solltest nicht von anderen erwarten, dass sie das auch tun.
Genau kügli. Das sehe ich auch so.
Für mich hat das montagne-sche Bewertungschema "selbstmitleidig" auch den Gegenspieler "selbstgerecht" auf der Seite des Bewerters.

Selbstgerecht! Weil ich weiß, wann andere und natürlich ich selber selbstmitleidig sind.

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kügeli
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 15:01

sofa-held hat geschrieben:Man fühlt sich doch gleich besser, wenn man jemanden als selbstmitleidig bezeichnen kann und sich nicht näher mit dem Innenleben der mutmaßlich selbstmitleidigen Person auseinander setzen muss.
Danke. Genauso wird es oft sein.

Situation:

Es öffnet sich ein Mensch, weil er leidet, und hofft, beim Gegenüber zumindest Trost zu finden, und das Gegenüber hat nichts besseres zu tun, als denjenigen nach einer mehr oder weniger langen "Leidenszeit" des "Zuhören-Müssens" kräftig einen reinzuwürgen.
Treffend beschrieben, wie unsere Gesellschaft reagiert. Ich danke dafür.

Selbstgerecht = bewertend. Der Zuhörer, der vermeintliche "Helfer" meint, besser zu wissen, wann der Klagende aufzuhören hat, wann "es genug ist" und so weiter. Grenzen setzen kann der Zuhörer aber nicht. Bis ihm dann die Hutschnur reißt und er Leidenden grob anfährt oder schlimmeres. Das ist leider normal so, Ausdruck unserer egoistischen Ellenbogengesellschaft, die alles bewertet und nichts Sein lässt und jeden, der durch dieses Raster fällt, gnadenlos aussortiert.

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Ive
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 15:07

Wenns demjenigen nie jemand sagt, WEISS er es vielleicht gar nicht; Selbstmitleid erkennt man bei sich selbst oft nicht. Selbst so erlebt. Ist schon ein bissl her ...

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caro
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Beitrag Mo., 13.06.2011, 15:11

sofa-held hat geschrieben:Weiß nicht, was du darunter verstehst. Wie würde das konkret aussehen?
Ich würde der/dem anderen sagen, wie recht er/sie doch hat, dass sich alle gegen ihn verschworen haben. Ich würde ihm/ihr empfehlen, sich morgen gleich wieder mit mir zu treffen, um mir noch mehr Details des Unglücks zu schildern. Ich wäre brennend interessiert, alles, aber auch wirklich alles zu wissen! Ich würde dabei eine Großpackung Papiertaschentücher mitnehmen mit einer persönlichen Widmung ... Mir fiele da noch manches ein ....

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