stern hat geschrieben: ↑Mi., 02.08.2023, 15:26
Wer als Schwuler mit Kriminalisierung rechnen musste ( § 175 StGB alt ) bzw. vom ICD bzw. der Gesellschaft als psychisch gestört gelabelt wurde oder in Gefahr läuft, sich Anfeindungen auszusetzen, wenn er sich zeigt, schrie natürlich nicht in jedem Fall, dass er schwul bzw. trans ist.
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Den Aspekt würde ich bei der Interpretation von Zahlen jedenfalls auch berücksichtgen.
Ja, das erklärt vielleicht einen Anstieg von 100, 200, 300, 400, 500... Prozent. Nicht aber einen Anstieg um 4500 Prozent. Zumal dieser in den letzten Jahren stattfand, und ich würde mal sagen, dass Transsexualität schon vor zehn Jahren bei weitem nicht mehr so stigmatisiert war in der Vergangenheit. Vielleicht war es gesellschaftlich sogar akzeptierter als es heute ist.
Englands bekannteste Genderklinik Travistock musste vergangenes Jahr schließen, ich zitier das mal:
Kindern unter zehn Jahren wurden ohne lange Untersuchungen oder Erklärungen der Nebenwirkungen Pubertätsblocker verabreicht. Besorgte Eltern stimmten zu, weil man sie vor schlimmeren psychischen Folgen warnte.
[...]
Hinzu kamen Versäumnisse bei der Nachverfolgung der Patienten, so dass die späteren Folgen der Behandlung nicht registriert sind. Zahlreiche Mitarbeiter äußerten öffentlich ihr Sorge, dass junge Menschen sich ohne hinreichende Prüfung einem unumkehrbaren Prozess unterzogen. Wer intern oder von außen Zweifel an dem Vorgehen der Klinik anmeldete, wurde jedoch als transphob gebrandmarkt und der Hetze von Aktivisten ausgesetzt.
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... 08918.html
Das ist eines der Beispiele, auf das ich mich beziehe, wenn ich sage, dass manches lieber ausgeblendet wird.
Kinder und Jugendliche teils irreversiblen medizinischen Behandlungen zu unterziehen, ohne das in irgendeiner Form zu prüfen, weil alles andere als reine Affirmation als transfeindlich markiert wird, ist grob fahrlässig, diplomatisch formuliert.
Dass NIUS ein rechtspopulistisches Propaganda-Portal ist, darüber brauchen wir an dieser Stelle gar nicht diskutieren. Das würde ich als kleinsten gemeinsamen Nenner voraussetzen.
Daraus aber abzuleiten, dass jede Kritik und jedes kritische Hinterfragen bestimmter Aspekte transphob ist, ist halt ein Teil des Problems. Aber auch eine Möglichkeit, sich nicht inhaltlich damit auseinandersetzen zu müssen. Und das ist eine Tendenz, die ich im Transaktivismus durchaus wahrnehme und die ich als autoritär empfinde.
Ich hab mich lange nicht damit beschäftigt, weil ich echt keine Lust hab auf Kulturkämpfe. Dann habe ich im Winter Hogwarts Legacy gezockt und wurde dafür u.a. als Faschistin beschimpft und heftig angegangen. Daraufhin hab ich mich mal etwas näher damit beschäftigt, zunächst mit grundsätzlicher Sympathie für den Transaktivismus, eben aus dem Grund, weil ich die Diskriminierung von trans Menschen ablehne. Meine Sympathie für den Aktivismus war aber ganz schnell verflogen und hat sich ins Gegenteil gedreht.
Ich hab wirklich noch nie ein so toxisches, aggressives Auftreten erlebt (und ich hab ne Antifa-Vergangenheit). Gewaltaufrufe und Mord- und Vergewaltigungsdrohungen gegen Feministinnen sind kein Aktivismus, sondern exzessiv ausgelebter Frauenhass.
"No Debate" ist keine demokratische Strategie.
Eine Hexenjagd gegen Frauen wie Maya Forstater, JK Rowling oder Kathleen Stock, die einen materialistischen Feminismus vertreten, der sich an manchen Punkten ideell mit dem Queerfeminismus und der Queer Theory beißt (wie es konkurrierende Theorien nun mal so an sich haben), ist keine inhaltliche Auseinandersetzung.
Die Weigerung, andere Positionen als die eigene als legitim anzuerkennen, und die ignorante Umdeutung von Interessens- und Zielkonflikten in Transfeindlichkeit, ist autoritär und verwässert und verharmlost echte Transfeindlichkeit.
Damit hab ich ein Problem. Ich habe ein Problem mit Zensur, ich habe ein Problem mit der Akzeptanz von Gewalt und ich habe ein Problem damit, dass sich dieser Aktivismus in erster Linie gegen Frauen richtet. Was doppelt bescheuert ist, denn es sind keine Feministinnen, die Gewalt gegen queere Menschen ausüben, sondern in erster Linie Männer. Trotzdem gehen Transaktivist:innen, so wie ich das wahrnehme, nur gegen Frauen vor. Auch bei der Reichelt-Doku übrigens. Dahinter stecken ja zwei Personen, ein Mann und eine Frau, verklagt wurde meines Wissens nur die Frau. Vielleicht hat das einen Grund - ich kenne ihn nicht -, aber in diesem Zusammenhang hinterlässt das einen schalen Nachgeschmack. Egal wie man zu der Doku steht.