Therapieabbruch durch Therapeuten nach Suizidversuch

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Lady Nightmare
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 12:27

Bei vielen sterbenden Menschen (körperliche Erkrankungen oder Alter), zu denen ich Kontakt hatte, war oft bis zum Schluss so ein starker Überlebenstrieb spürbar. Wie kommt es dazu, dass der bei suizidalen Menschen fehlt?

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SinnIch
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 12:43

Sehr interessante Frage! Aber das ist ja vielleicht genau was das Wesen der Erkrankung (schwere Depression) ausmacht?

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Gespensterkind
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 13:00

Laura296 hat geschrieben: Sa., 01.07.2023, 11:49 Es ist schon schön einfach, dass aus einer Position zu sagen, in der man nicht suizidal ist.
Liebe Laura296, es ist auch schön einfach, mal was rein zu interpretieren, denn leider passt das so rein gar nicht zu mir. Und leider bin ich sehr viel suizidaler, als sich das vielleicht "vernunftgesteuert" liest.
Es tut mir leid, wenn mein Beitrag so rüberkam, dass ich Dir mal eben ein paar vernünftige Ratschläge geben wollte. Das war nicht meine Absicht. Sondern ich habe meine echte Meinung geschrieben, die ich auch mir selbst gegenüber vertrete und die mir auch hilft, weiter zu leben. Ich glaube, deshalb habe ich es Dir so auch geschrieben.
Laura296 hat geschrieben: Sa., 01.07.2023, 11:49 Aber Suizidalität ist ein Symptom und keine Erkrankung an sich; was aber auch bedeutet, dass ein Kennzeichen davon ist, dass man nicht anders handeln KANN. Oder es zumindest bislang nicht gelernt hat. Das ist dramatisch, aber das ist ein bisschen so als würde dir im Rahmen eines Infekts jemand verbieten Fieber zu bekommen. Manchmal hat man die Dinge nicht in der Hand.
Das ist mir bewusst und dennoch denke ich darüber noch ein bisschen anders: ich kann mir in den Momenten, in denen ich noch denken kann, so viele Brücken und Hilfen wie nur möglich bauen, damit es möglichst nicht zum Suizid kommt.
Und eine Brücke ist es eben auch für mich, dass ich mir sage, dass ich ja gerade Therapie mache. Und dass ich der Therapie einen Weg und einen Freiraum geben möchte, etwas zu bewirken. Dieser Freiraum ist nur möglich, ohne dass ich durch einen Plan "wie bringe ich mich am effektivsten um" beschäftigt bin.
Und dabei sind Suizidgedanken natürlich und immer wieder ein Therapiethema.

Letztendlich bin ich allein dafür verantwortlich zu überleben. Die Therapie kann eine Brücke sein.

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Scars
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 13:09

Lady Nightmare hat geschrieben: Sa., 01.07.2023, 12:27 Bei vielen sterbenden Menschen (körperliche Erkrankungen oder Alter), zu denen ich Kontakt hatte, war oft bis zum Schluss so ein starker Überlebenstrieb spürbar. Wie kommt es dazu, dass der bei suizidalen Menschen fehlt?
Ich würde nicht sagen, dass einem suizidalen Menschen automatisch der Überlebenstrieb fehlt. Bei der Suizidalität, die ich kenne, war nie der Tod das eigentliche Ziel, das war eher der Versuch eine lebenstaugliche Regulation zu erreichen. Ich reagiere z.B. auf Angst oder Scham sehr suizidal und auch impulsiv. Wenn ich mich dann umbringen könnte ohne tot zu sein wäre das optimal. Das hatte nie was damit zu tun, dass ich mein Leben beenden wollte.

Ich kenne auch Menschen, die Suizidalität in Beziehungen einsetzen (bis hin zum Suizidversuch).

Den fehlenden Antrieb und Lebenswillen würde ich eher einer Depression zu ordnen. Das merke ich aktuell ist ganz anders auch von den Suizidgedanken her. Zu den Ursachen von psychischen Erkrankungen gibt es ja ganz verschiedene Theorien von Biologie bis Dämonen…

Je nachdem was die Ursache für den Suizidversuch bei der TE war, muss man damit dann auch anders umgehen.
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alatan
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 14:32

Lady Nightmare hat geschrieben: Sa., 01.07.2023, 12:24 Wo kommt sie her die Suizidalität.
Das ist quasi philosophisch. Ganz platt und verkürzt gesagt: Die Suizidalität, das heisst das Nachdenken (und Handeln) bzgl. der Beendigung des eigenen Lebens, ist etwas spezifisch Menschliches, sowohl, was die Freiheit dazu betrifft (damit meine ich nicht, dass es im individuellen Fall "frei" ist, das zu tun, sondern allermeist krank), als auch die innewohnende Destruktivität, denn Suizid ist immer auch etwas zutiefst Aggressives, das sich gegen das eigene Ich richtet.

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Candykills
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 14:41

Lady Nightmare hat geschrieben: Sa., 01.07.2023, 12:27 war oft bis zum Schluss so ein starker Überlebenstrieb spürbar. Wie kommt es dazu, dass der bei suizidalen Menschen fehlt?
Wie kommst du darauf, dass der fehlt?
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Lady Nightmare
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 15:12

Der Überlebenstrieb muss doch wenigstens von Verzweiflung überlagert sein, wenn ich eine tödliche Dosis von irgendetwas nehme oder sonstwie Hand an mich lege. Ich denke mir den Suizid wohl mehr als "erfolgreiches" Unternehmen ohne Netz und doppelten Boden. Vielleicht denkt ihr mehr an die Ambivalenzen vorher?

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Candykills
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 15:53

Lady Nightmare hat geschrieben: Sa., 01.07.2023, 15:12 Vielleicht denkt ihr mehr an die Ambivalenzen vorher?
Die Ambivalenz vor der Durchführung.
Und der oft jahrelange Überlebenskampf, der halt nur nicht so gesehen wird, wie beim körperlich Kranken.

Ganz ehrlich: die meisten Menschen (ich weiß, ein paar Ausnahmen gibt es immer), wollen doch einfach gesund und glücklich sein. Warum sollte das nur der Wille von körperlich Kranken sein und nicht auch von psychisch Kranken?

Ich sehe das einfach inzwischen so, dass Selbstmord nichts anderes ist als der Tod in Folge einer schweren Erkrankung, so wie es auch der Tod bei Krebs oder Herzinfarkt oder anderen Erkrankungen ist.
Bei manchen geht es gut aus und sie werden gesund und bei anderen steht der Tod am Ende.
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Scars
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 16:03

Lady Nightmare hat geschrieben: Sa., 01.07.2023, 15:12 Der Überlebenstrieb muss doch wenigstens von Verzweiflung überlagert sein, wenn ich eine tödliche Dosis von irgendetwas nehme oder sonstwie Hand an mich lege.
Ohne „guten Grund“ wird es wohl niemand machen. Es gibt ja auch Menschen, die bei einer körperlichen Erkrankung den (direkten) Tod wählen oder sich als Selbstmordattentäter in die Luft sprengen. Was die Menschen antreibt wird verschieden sein. Bei einer Krankheit wahrscheinlich einfach der Leidensweg, dem man nicht länger ertragen möchte.
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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 18:36

Lady Nightmare hat geschrieben: Sa., 01.07.2023, 12:27 Bei vielen sterbenden Menschen (körperliche Erkrankungen oder Alter), zu denen ich Kontakt hatte, war oft bis zum Schluss so ein starker Überlebenstrieb spürbar. Wie kommt es dazu, dass der bei suizidalen Menschen fehlt?
Schwere Depressionen oder Wahn und Halluzinationen bei Psychosen sind so mental schmerzhaft und machen so unfähig am Leben teilzuhaben dass das durchaus mit sehr schweren körperlichen Schmerzen plus körperlicher Behinderung zu vergleichen ist. Und es gibt genug Leute die wegen körperlichen Schmerzen nicht mehr wollen.

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Laura296
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 19:10

Je nachdem was die Ursache für den Suizidversuch bei der TE war, muss man damit dann auch anders umgehen.
[/quote]

- Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome seit über 6Monaten
- Albträume/Flashbacks permanenter Schlafmangel, wenn ich schlafe, dann ultrakurz und unterbrochen von Albträumen
- dissoziative Symptome bis hin zur Depersonalisation; vermutlich Traumainduziert, aber noch nicht ganz klar weil eben bisher nur kurze Therapie

Ich tue mir außerdem massiv schwer mich zu öffnen; was auch der Grund ist warum ich aktuell nicht in der Klinik bin.
Mein Therapeut hat das schon immer wieder angesprochen und befürwortet und nach dem
Suizidversuch war ich auch 10 Tage stationär. Tatsächlich hat das null geholfen, außer dass ich „verwahrt“ wurde. Es hat mich eher sehr/mehr noch als zu Hause belastet und ich habe mich nach zehn Tagen selbst entlassen. Ich war heilfroh wieder bei „meinem“ Therapeuten zu Hause zu sein, insbesondere weil ich dort nicht wieder ganz von vorne anfangen musste. Und mehr als einmal pro Woche gab es auch in der Akut-Psychiatrie keine Psychotherapie.

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alatan
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 19:20

Laura296 hat geschrieben: Sa., 01.07.2023, 19:10 nach dem Suizidversuch war ich auch 10 Tage stationär. Tatsächlich hat das null geholfen, außer dass ich „verwahrt“ wurde. Es hat mich eher sehr/mehr noch als zu Hause belastet und ich habe mich nach zehn Tagen selbst entlassen. Ich war heilfroh wieder bei „meinem“ Therapeuten zu Hause zu sein, insbesondere weil ich dort nicht wieder ganz von vorne anfangen musste. Und mehr als einmal pro Woche gab es auch in der Akut-Psychiatrie keine Psychotherapie.
Der Sinn eines Psychiatrieaufenthalts ist es nicht, die Suizidalität insgesamt zu behandeln, das wäre gar nicht möglich, sondern tatsächlich nur zu beobachten, (da nach einem Suizidversuch zunächst eine hohe biologisch-psychische Instabilität besteht), stützend zu therapieren und sicher zu stellen, dass die Akuität vorüber ist.

Deshalb ist es dann auch umso enttäuschender, wenn der Therapeut, den du brauchst, dich quasi abschmettert.

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Sydney-b
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 19:20

Seit deinem ersten Post sind nun einige Tage vergangen.
Wie denkst du nun über seine Aussage, dass er bei einem weiteren Versuch deinerseits die Therapie beenden wird?
Ist durch seine Aussage dein Vertrauen in den Therapeuten zerbrochen?
Oder denkst du, dass eine Weiterarbeit mit ihm trotzdem gut möglich wäre?

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Tobe
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 19:22

Nach einem Suizidversuch selbstentlassen?
Ich wusste gar nicht, daß dies geht.
Haltet die Welt an, ich will aussteigen.
Wenn du den Tag wie die Nacht empfindest,
Einsamkeit mit Schicksal verbindest,
Traurigkeit dein Leben hüllt,
weisst du, wie sich meiner einer fühlt.

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Laura296
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Beitrag Sa., 01.07.2023, 19:39

Tobe hat geschrieben: Sa., 01.07.2023, 19:22 Nach einem Suizidversuch selbstentlassen?
Ich wusste gar nicht, daß dies geht.
Absolut geht das. Sagen wir so: es hat mich auch erstaunt, wie leicht das geht, aber ich war bei weitem nicht die Einzige. Ein Mitpatient wurde ebenfalls nur „durch Zufall“ gefunden, gerettet, eine Nacht beschützte Station, am nächsten Tag Entlassung.
Klar wirst du gefragt, wie aktuell du die Problematik derzeit siehst, ob du von selbstgefährdendem Verhalten distanziert bist… aber wenn du das bejahst, darfst du gehen; der längere Aufenthalt ist dann nur ein Angebot.

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