Marlena hat geschrieben: ↑Mo., 09.05.2022, 12:43
Und ich mag nciht auf ein Symptom reduziert werden, ich bin mehr als meine Bulimie und es gibt noch andere Themen die ich bearbeiten muss. Es muss sich nicht alles darum drehen aber vl ist. das das erste was man in den Griff kriegen muss....
Ja, du bist mehr als dein/e Symtom/e und mehr als die Bulimie.
Und ja, es gibt auch andere Themen, jede Menge (wie bei uns allen....
)
Und trotzdem finde ich, ist die Bulimie das "Dringendste" was du angehen solltest. Wegen der möglichen körperlichen Langzeitschäden ist das eine. Und das andere ist, dass du andere Möglichkeiten zur Emotionsregulierung brauchst, um die "anderen Themen" zu bearbeiten. Sonst fällst du sofort wieder in alte Verhaltensweisen zurück, weil dich diese Themen ja auch wieder ins Schwimmen bringen werden (ist logisch, sonst wären es ja keine "Themen").
Ist so ein bisschen wie (hinkt ein wenig, aber ich hoffe, es wird klar, was ich meine): Ein Kind muss erst laufen lernen und motorisch ein wenig geübt sein, bevor man an Fußballspielen denken kann... Wenn du mit einem Kind das noch nicht laufen kann Fußballspielen willst, wird das für das Kind wahrscheinlich ziemlich frustrierend, weil es komplett überfordert ist, sich ständig auf den Hosenboden setzt, und es ist weit davon entfernt, den Ball irgendwie zielgerichtet schießen zu können...
Also erst Emotionsregulierung lernen (und ja, das lässt sich auch im Erwachsenenalter noch lernen) und dann hast du das Werkzeug, um die Beziehungsthemen auch besser navigieren zu können.
Zur Klinik: Ich kann deine Vorbehalte verstehen, hatte ich ganz lange auch. Rückblickend kann ich sagen: Ich wäre heute nicht da, wo ich bin, wenn ich meine beiden Klinikaufenthalte (4 Jahre dazwischen) nicht gehabt hätte. Ich habe es wirklich als einen "Luxus" empfunden: Dass ich mir die Zeit und die Ruhe nehmen kann, mich mal komplett um mich selbst zu kümmern. Dass Tag und Nacht eine engmaschige Begleitung da war, dass ich mich mit meinem Müll nicht alleine durchwurschteln musste. Dass ich mir bei Problemen und in Krisenmomenten unmittelbar Hilfe holen konnte (das musste ich auch erstmal lernen), die mich dabei unterstützt hat, mir selbst zu helfen. In kleinen Schritten, und immer wieder zusammen draufschauend, was jetzt hilfreich sein könnte, was ich brauche. Und wenn es nicht klappt oder schlimmer wird, dann konnte ich eine weitere Schleife drehen, und noch eine... Es hat mir einen sicheren Rahmen gegeben, der mir überhaupt ermöglicht hat, mal andere Wege auszuprobieren.
Dadurch lernst du, was DIR hilft. Und auch, was dir in welchen Situationen hilft. Diese Listen alleine sind relativ sinnlos. Denn nicht alles wirkt in jeder Situation. Man muss ausprobieren und hinterher drüber sprechen. Was hat das mit mir gemacht. Was hat geholfen, was weniger? Was könnte ich ändern, damit es mir *noch besser* hilft. Und dafür braucht man ein Gegenüber, das sich mit diesen Dingen auskennt. Manchmal muss man sich auspowern, manchmal braucht man Ruhe. Manchmal muss man alleine sein, manchmal braucht man Kontakt. Und dafür muss man erstmal runterkommen, zur Ruhe kommen, sich selbst aushalten lernen und hinspüren und hinhören lernen, um sich selbst besser auf die Spur zu kommen. Auch das passiert in einer Klinik (im besten Fall...).
Nein, nach der Klinik wird auch nicht "alles gut" sein. Aber es kann dir einen Booster geben, an Orientierung und Richtung, damit du für dich besser weißt, wo es langgeht. So ein Klinikaufenthalt hat einfach nochmal eine ganz andere Intensität als ambulante Therapie im Alltag. Und genau das hat bei mir den Unterschied gemacht.