Partner hat Depression, ich weiss nicht weiter

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Erika123
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Beitrag Fr., 18.02.2022, 10:47

Philosophia hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 10:41 Dann hat das ja - leider - gepasst mit euren unguten Verhaltensmustern zwischen euch wie ein Schlüsselschlossprinzip. Dann gilt es jetzt, das aufzubrechen. Dann musst aber wirklich auch du über deinen Schatten springen, um die Kapitänsrolle zu verlassen.
Ist sowas denn nicht möglich ohne eine Trennung? Genau darum suche ich ihn ja nicht auf und hole ihn nicht wieder aus dem jetzigen Loch.

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Erika123
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Beitrag Fr., 18.02.2022, 10:53

candle. hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 10:29
Therapie ist da bedingt nützlich, denke ich. Mein Partner hat in meiner Therapie so viel Raum eingenommen, das war auch akut, dass man auch eigentlich kein Interesse hatte mit mir darüber zu reden, sondern wie es mir geht... Ich weiß gar nicht, ob man da zwei Therapien machen kann, ich muß ja Raum für beide Umstände haben.
Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Stimmt, das würde wenig um mich gehen dann. Eine Selbsthilfegruppe habe ich noch keine gefunden. Bin hier sehr, sehr ländlich, haben nicht mal einen Briefkasten im Dorf :). Werde mich aber noch umhören.

candle. hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 10:29 Ja, du hast nun die Problematik, dass du gar nicht bei ihm bist. Würde das denn irgendwie gehen, dass du bei ihm vor Ort sein kannst. Du weißt ja gar nicht was er jetzt macht, wie schlecht es ihm geht. Er wird ja auch Hilfe im Alltag brauchen. Ist sonst wer für ihn da? Weißt du was die Depression ausgelöst hat?

Man kann ja den Partner auch anders unterstützen außer mit Therapie. Männer tun sich da eh schwerer als Frauen.
Na wie geplant hin ziehen könnte ich, ob das aber Sinn macht? Dann bestärke ich doch den Kreislauf wieder. Er hat im Moment niemand. Seine Mutter wohnt weiter weg, mit ihr telefoniert er hin und wieder. Über dieses Thema kann er mit ihr nicht sprechen. Freunde hat er seit dem Umzug nicht, er zog sich immer weiter zurück. Das fällt mir eben schwer, zu entscheiden ob ich helfen sollte oder mit genau dem Verhalten schade gerade.

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lisbeth
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Beitrag Fr., 18.02.2022, 11:02

Erika123 hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 10:47 Ist sowas denn nicht möglich ohne eine Trennung? Genau darum suche ich ihn ja nicht auf und hole ihn nicht wieder aus dem jetzigen Loch.
Den Beziehungskarren aus dem Loch zu holen ist nur gemeinsam möglich. Das schaffst du nicht alleine für euch beide, dafür muss er auch mitziehen und Veränderung für sich selbst wollen und auch dran arbeiten, seinen eigenen Karren wieder in Schwung zu kriegen.

Manche Depressionen sind wie eine chronische Krankheit, man muss lernen, wie man mit ihnen leben kann und trotzdem sich genug Lebensqualität bewahrt. Das kann man nicht aus dem Stand, das muss man lernen, genauso wie man lernen muss mit einer chronischen körperlichen Erkrankung wie Diabetes gut zu leben und aktive Selbstfürsorge zu betreiben.
Das ist seine Verantwortung, das muss er wirklich wollen. Wenn er das nur macht, damit du zufrieden bist, dann ist damit gar nichts gewonnen.

Hattet ihr denn in eurer Beziehung schon jemals eine Phase, wo ihr länger/dauerhaft an einem Ort bzw. zusammen gewohnt habt? Oder kennt ihr euch nur "auf Abstand" als Wochenend/Urlaubsbeziehung? Wer von euch war/ist die treibende Kraft im Hinblick auf eure Zukunfstpläne?

Und - das hört sich jetzt etwas krass an und ist pure Spekulation - könnte es auch sein, dass dein Partner in die Depression 'flüchtet', weil er sich in eurem Zukunftsmodell vielleicht gar nicht mehr so wiederfindet? Ich kenne das Muster (Depression als Flucht) von mir - diese "Flucht" passiert natürlich nicht als bewusste Entscheidung, sondern eher als unbewusste Reaktion auf eine als ausweglos empfundene Situation/Konstellation...
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott


Waldschratin
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Beitrag Fr., 18.02.2022, 11:13

Erika hat geschrieben:Hallo Waldschratin,
ich denke das ist Krankheitsabhängig. Wenn ich Bluthochdruck habe, nehme ich Medis, mache Sport usw. d.h. ich tue was damit es mir besser geht. Auch mit MS ist das nicht anders. Im Rahmen der Möglichkeiten können wir für uns sorgen. Natürlich ist es eine Krankheit, mir ist auch vollkommen bewusst das es bei ihm nicht wieder weg gehen wird. Schwere Kindheit, wohl schon damals depressive Anzeichen etc. . Ich weiss aber auch das man daran arbeiten kann. Man kenn lernen damit umzugehen, damit zu leben, es zu stabilisieren.
Das seh ich ja an sich genau wie du.
Das ist aber dein Umgang mit solchen Einschränkungen.
Du kannst halt seine Grenzen und Möglichkeiten etc. nicht "mit"-definieren.
Du kannst dir wünschen von ihm, kannst erwarten, kannst auch Bedingungen an ihn stellen : Find ich alles mehr als berechtigt, du bist ja seine Partnerin und nicht seine Pflegerin.
Aber wenn er dem nicht entgegenzukommen bereit ist in einem für dich machbaren Maß, dann kannst du nur wiederum bei dir selber bleiben und danach entscheiden, wozu du alles bereit bist etc.

Dass sowas einen zutiefst enttäuscht und verletzt und man sich im Stich gelassen etc. fühlt, ist ganz klar.
Damit musst wiederum du dich auseinandersetzen. Vielleicht auch in einer Auseinandersetzung mit dem Partner, denn das gehört mMn schon auf den Tisch des Miteinanders.
Wie und in welcher Art ist halt die Frage, und ob du das packst und er das packt.

Ich verstehe nur zu gut deine Wünsche und auch deine Erwartungen an ihn und an euer Gemeinsames.
Aber du hast jetzt seit 9 Jahren erlebt, ganz konkret, dass er dir da nicht entgegenkommt.
Letztlich ist es dann auch nur zweitrangig, ob er das nicht will oder nicht kann.
Er tut es nicht.

Wo also setzt deine eigene Hoffnung an?
Ist, wenn er sich ändert, "alles gut"?

Dann : So klugkackerig sich das jetzt anhören mag, aber eine Beziehung führen immer zwei. ;-)
Wenn also 9 Jahre lang euer Miteinander "so" funktioniert hat, dann hattest auch du "etwas", das dir an eurer Rollenverteilung zugesagt hat. Sonst hättest du dich schon nach wenigen Monaten wieder getrennt von ihm.
Da lohnt sichs immer, auch mal genauer bei sich selber hinzugucken, ehrlich zu sich selber zu sein.
Nicht, weil es um "Schuld" gehen würde.
Sondern um für dich selber reflektieren zu können, was sind die Vor-, was sind die Nachteile der Beziehung für dich und was kannst und willst du weiter in dieser Beziehung erreichen oder kannst du geben oder oder oder?


Eins interessiert mich auch noch:
Wenn er alleine wohnt, keinen hat vor Ort, wie organisiert er denn seinen Alltag?
Kriegt er das denn alleine und aus eigenem Antrieb und eigener Motivation geregelt?

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Erika123
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Beitrag Fr., 18.02.2022, 12:51

lisbeth hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 11:02 Den Beziehungskarren aus dem Loch zu holen ist nur gemeinsam möglich. Das schaffst du nicht alleine für euch beide, dafür muss er auch mitziehen und Veränderung für sich selbst wollen und auch dran arbeiten, seinen eigenen Karren wieder in Schwung zu kriegen.
Das vergesse ich leider schnell, das meine Realität eben nicht die seine ist. Schwer das immer vor Augen zu halten.
lisbeth hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 11:02 Manche Depressionen sind wie eine chronische Krankheit, man muss lernen, wie man mit ihnen leben kann und trotzdem sich genug Lebensqualität bewahrt. Das kann man nicht aus dem Stand, das muss man lernen, genauso wie man lernen muss mit einer chronischen körperlichen Erkrankung wie Diabetes gut zu leben und aktive Selbstfürsorge zu betreiben.
Das ist seine Verantwortung, das muss er wirklich wollen. Wenn er das nur macht, damit du zufrieden bist, dann ist damit gar nichts gewonnen.
Sie ist bei ihm sicher chronisch. Es waren wohl schon früher weniger intensive, unerkannte und unbehandelte Phasen da.
Das ist auch denke ich das Problem, warum es bis jetzt nicht viel gebracht hat - also weil die Motivation eine andere war. Ich erklärte dann immer das ich es so nicht weiter machen kann und wohl aus Angst mich zu verlieren, ging er denke ich darauf ein und machte die Therapie. Brachte aber dann natürlich nicht viel.

lisbeth hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 11:02 Hattet ihr denn in eurer Beziehung schon jemals eine Phase, wo ihr länger/dauerhaft an einem Ort bzw. zusammen gewohnt habt? Oder kennt ihr euch nur "auf Abstand" als Wochenend/Urlaubsbeziehung? Wer von euch war/ist die treibende Kraft im Hinblick auf eure Zukunfstpläne?
Die längste Zeitspanne waren etwa 3 Monate. Im Durchschnitt sehen wir uns am Stück 2-4 Wochen. Länger ging einfach nicht. Wenn wir zusammen sind ist es viel leichter, wie es aber wäre wenn mal richtig der Alltag drin ist, kann ich nicht beurteilen. Ich kompensiere aber auch das, was bei ihm nicht da ist. Wenn er alleine ist, geht er arbeiten, einkaufen, nachhause. Sonst nichts. Ich jedoch bin gern unter Menschen und ungern lang zuhause, dann geht er auch mit.
Die Pläne an sich gingen von uns beiden aus. Mal von einem, mal vom anderem mehr. Am Anfang war ich unsicher wohin es örtlich gehen soll, da stagnierten wir eine ganze Weile wegen mir. Dann, als ich sagte ich entscheide mich jetzt, ging bei ihm nichts. In Theorie weiss er alles, wenn es darum geht was zu machen, für uns oder auch für sich, hängt es dann. Erstmal braucht es eine Diskussion oder einen Schubser von mir, dann macht er es im besten Fall. Das war aber auch schon früher so, heute hat er dem ganzen einen Namen gegeben, hinter dem er sich (finde ich) ein bisschen versteckt.
Auf der anderen Seite sagt er, das es ihm mit so schlecht geht weil wir unser gemeinsames Leben nicht voran bringen. Versteht aber nicht das er sich dafür um sich selber kümmern muss.
lisbeth hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 11:02
Und - das hört sich jetzt etwas krass an und ist pure Spekulation - könnte es auch sein, dass dein Partner in die Depression 'flüchtet', weil er sich in eurem Zukunftsmodell vielleicht gar nicht mehr so wiederfindet? Ich kenne das Muster (Depression als Flucht) von mir - diese "Flucht" passiert natürlich nicht als bewusste Entscheidung, sondern eher als unbewusste Reaktion auf eine als ausweglos empfundene Situation/Konstellation...
Das kann ich natürlich nicht beurteilen. Würde sich ja am ehesten in einer Therapie raus stellen was dahinter steckt.
Aus meiner Sicht hängt er in einer Opfer Rolle fest (schwere Kindheit, Stiefvater sehr gewalttätig...). Damals konnte er nichts ändern, heute liegt es in seiner Hand. Durch die Depression kann er sich um die Verantwortung drücken, sich um sich kümmern zu müssen. Viel eher habe ich das Gefühl dass er drauf wartet gerettet zu werden. Das jemand anders kommt und ihn aus dem allen raus holt. Leider habe ich ja dieses Muster gut bedient wie es scheint. Darum lasse ich ihn auch für sich und hole ihn bewusst nicht aus dem Loch. Jedoch hat er so keine Hilfe. Ob das besser ist, weiss ich einfach nicht.

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Takli
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Beitrag Fr., 18.02.2022, 13:09

Erika123 hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 10:53 Na wie geplant hin ziehen könnte ich, ob das aber Sinn macht? Dann bestärke ich doch den Kreislauf wieder. Er hat im Moment niemand. Seine Mutter wohnt weiter weg, mit ihr telefoniert er hin und wieder. Über dieses Thema kann er mit ihr nicht sprechen. Freunde hat er seit dem Umzug nicht, er zog sich immer weiter zurück. Das fällt mir eben schwer, zu entscheiden ob ich helfen sollte oder mit genau dem Verhalten schade gerade.
Ich könnte mir vorstellen, daß der Umzug in eine fremde Stadt und die ausbleibenden sozialen Kontakte der Auslöser für die Depression sein könnten. Vielleicht wäre es für ihn hilfreich eine Psychosomatische Reha zu machen oder in eine Tagesklinik zu gehen, so daß er mal mit anderen über seine Depressionen sprechen kann. Das kann auch durchaus hilfreich sein, zu sehen, wie andere damit umgehen. Du kannst schon Vorschläge machen und unterstützen, entscheiden muß er aber letztlich selbst.

Ob ich an deiner Stelle hinziehen würde, würde ich mir aber gut überlegen. Deinem Partner würde das vielleicht sogar gut tun, aber du wärst dann ganz nah dran. Seine depressive Stimmung wäre dann dein Alltag. Das kann noch belastender sein als jetzt schon. Zukunftspläne wirst du erstmal auf Eis legen müssen oder dich umorientieren müssen.

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Erika123
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Beitrag Fr., 18.02.2022, 13:19

Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 11:13
Das seh ich ja an sich genau wie du.
Das ist aber dein Umgang mit solchen Einschränkungen.
Du kannst halt seine Grenzen und Möglichkeiten etc. nicht "mit"-definieren.
Du kannst dir wünschen von ihm, kannst erwarten, kannst auch Bedingungen an ihn stellen : Find ich alles mehr als berechtigt, du bist ja seine Partnerin und nicht seine Pflegerin.
Aber wenn er dem nicht entgegenzukommen bereit ist in einem für dich machbaren Maß, dann kannst du nur wiederum bei dir selber bleiben und danach entscheiden, wozu du alles bereit bist etc.
Da hast du Recht, nur weil ich so eine Einstellung habe, heisst es noch lange nicht das er auch diese haben sollte oder hat. Ich geh viel zu sehr von mir aus, das stimmt.
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 11:13 Dass sowas einen zutiefst enttäuscht und verletzt und man sich im Stich gelassen etc. fühlt, ist ganz klar.
Damit musst wiederum du dich auseinandersetzen. Vielleicht auch in einer Auseinandersetzung mit dem Partner, denn das gehört mMn schon auf den Tisch des Miteinanders.
Wie und in welcher Art ist halt die Frage, und ob du das packst und er das packt.
Wenn ich diese Dinge anspreche versinkt er nur im Selbstmitleid. Dann kommt sowas wie, " ich mache jedem das Leben kaputt, ich bin zu nichts fähig, du brauchst einen anderen..." . Wie kann man so einen Dialog führen? Ich will dann einfach nicht kompensieren und sagen, aber nein, du bist doch ein toller Mensch. Weil klar ist er das, aber darauf muss er selber kommen. Er kapituliert schneller als er was ändert, dass ist das Problem.

Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 11:13 Ich verstehe nur zu gut deine Wünsche und auch deine Erwartungen an ihn und an euer Gemeinsames.
Aber du hast jetzt seit 9 Jahren erlebt, ganz konkret, dass er dir da nicht entgegenkommt.
Letztlich ist es dann auch nur zweitrangig, ob er das nicht will oder nicht kann.
Er tut es nicht.

Wo also setzt deine eigene Hoffnung an?
Ist, wenn er sich ändert, "alles gut"?
Er war ja keine 9 Jahre in einer Depression. Da ist mir das alles nicht so aufgefallen. Rückblickend sieht es natürlich anders aus. Den Satz muss ich mir merken "Letztlich ist es dann auch nur zweitrangig, ob er das nicht will oder nicht kann. Er tut es nicht." . Er führt sehr schön vor Augen um was es hier eigentlich geht.

Für das erste hätte mir schon genügt das er sich um seine Krankheit kümmert. Das war meine Hoffnung. Wäre er stabil gewesen, hätten wir auch anders kommunizieren können.
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 11:13 Dann : So klugkackerig sich das jetzt anhören mag, aber eine Beziehung führen immer zwei. ;-)
Wenn also 9 Jahre lang euer Miteinander "so" funktioniert hat, dann hattest auch du "etwas", das dir an eurer Rollenverteilung zugesagt hat. Sonst hättest du dich schon nach wenigen Monaten wieder getrennt von ihm.
Da lohnt sichs immer, auch mal genauer bei sich selber hinzugucken, ehrlich zu sich selber zu sein.
Nicht, weil es um "Schuld" gehen würde.
Sondern um für dich selber reflektieren zu können, was sind die Vor-, was sind die Nachteile der Beziehung für dich und was kannst und willst du weiter in dieser Beziehung erreichen oder kannst du geben oder oder oder?
Danke, aus der Perspektive habe ich es noch nicht gesehen. Die Rolle die ich übernahm störte mich schon seit langem, wollte aber nur die guten Seiten sehen und hoffte das er mehr Verantwortung übernehmen wird. Ich fühl mich gerade wie ein 14 jähriges, naives Mädchen :) . Wenn ich das so über deine/ eure Worte sehe, dann hab ich dauernd Dinge gehofft die nicht da waren..und das nicht mal bemerkt. Huch..
Das Mit dem Vor und Nachteilen werde ich angehen, schriftlich, damit ich es vor Augen habe.
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 11:13 Eins interessiert mich auch noch:
Wenn er alleine wohnt, keinen hat vor Ort, wie organisiert er denn seinen Alltag?
Kriegt er das denn alleine und aus eigenem Antrieb und eigener Motivation geregelt?

Er funktioniert, lebt aber nicht, so würde ich es beschreiben. Er ist seit 2 Jahren in einem Dauerloch. Er schafft es diese Struktur aufrecht zu erhalten, sonst aber nichts. Oder sagen wir, noch schafft er es. Die letzten Wochen, als wir noch sprachen sagte er, er schliefe den ganzen Tag ein und kommt morgens nicht mehr aus dem Bett, oder nur schwer.

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Beitrag Fr., 18.02.2022, 13:30

Takli hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 13:09
Ich könnte mir vorstellen, daß der Umzug in eine fremde Stadt und die ausbleibenden sozialen Kontakte der Auslöser für die Depression sein könnten. Vielleicht wäre es für ihn hilfreich eine Psychosomatische Reha zu machen oder in eine Tagesklinik zu gehen, so daß er mal mit anderen über seine Depressionen sprechen kann. Das kann auch durchaus hilfreich sein, zu sehen, wie andere damit umgehen. Du kannst schon Vorschläge machen und unterstützen, entscheiden muß er aber letztlich selbst.
Klar wäre das hilfreich, habe ich ihm ja auch oft gesagt. Einer Therapie gegenüber ist er verschlossen, einer Klinik gegenüber ist er sehr verschlossen. Kontaktdaten habe ich ihm alle gegeben. Die Reaktion war sowas wie "jeder hat mich allein gelassen, ich will nicht noch eine fremde Person mit einweihen". Ich will ihn einfach nicht wieder überreden, hat ja bis jetzt auch nichts gebracht.
Meiner Meinung nach waren viele Faktoren bei ihm, letztlich den Bruch sah ich, als sich ein Streamer, den er seit seiner Jugendzeit verfolgte, umbrachte. Der hatte auch Depressionen und begann eben Suizid. Ab da war bei ihm Ende und er konnte sich nicht mehr aufrichten.
Takli hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 13:09 Ob ich an deiner Stelle hinziehen würde, würde ich mir aber gut überlegen. Deinem Partner würde das vielleicht sogar gut tun, aber du wärst dann ganz nah dran. Seine depressive Stimmung wäre dann dein Alltag. Das kann noch belastender sein als jetzt schon. Zukunftspläne wirst du erstmal auf Eis legen müssen oder dich umorientieren müssen.
Genau davor habe ich ja Angst. Denn die Veränderung sollte doch von ihm kommen und nicht von mir wieder. Wenn er sich da nicht selbst raus holt, bestärke ich doch wieder dieses Muster. Mein Plan war zu warten bis er den ersten Schritt/ Schritte für sich macht und dann dabei einzusteigen. Passiert nur leider nicht.


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Beitrag Fr., 18.02.2022, 13:41

Erika hat geschrieben:Er war ja keine 9 Jahre in einer Depression.[...]Er funktioniert, lebt aber nicht, so würde ich es beschreiben. Er ist seit 2 Jahren in einem Dauerloch. Er schafft es diese Struktur aufrecht zu erhalten, sonst aber nichts. Oder sagen wir, noch schafft er es. Die letzten Wochen, als wir noch sprachen sagte er, er schliefe den ganzen Tag ein und kommt morgens nicht mehr aus dem Bett, oder nur schwer.
Deine Sätze lassen mich an mich selber denken und wie das bei mir verlaufen ist, mit so ner gewalttätigen Kindheit "ausgestattet" und was sich daraus alles entwickeln kann.

Vielleicht ist die Depression nicht nur die Auswirkung der Gewalt, vielleicht ist sie für ihn auch so ne Art Flucht vor all den anderen Symptomen, die so ne Kindheit haben kann, und die ihm so dermaßen "unheimlich" sind, dass er sich damit erst recht nicht raustraut. Weder dir gegenüber, noch einem Fachmenschen, noch SH-Gruppe etc.

Dann könnte ich mir auch dieses Versacken und "Vorschieben" der Depris erklären und dass er so gar nichts unternehmen will...
Sind jetzt nur meine Gedanken und "Phantasien" dazu, wie gesagt auf dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrungen.
Da kommt man sich dann dermaßen was von "verrückt" vor und denkt gleichzeitig, das kann eh niemand sonst verstehen, da wird man weggesperrt oder mindestens fällt man aus dem letzten Rest sozialer Verbindungen, dass man lieber schweigt, es erträgt und in seinem Fall halt die inzwischen besser "anerkannte" Diagnose Depression dafür hernimmt, sich wenigstens in einer Richtung entlastet zu bekommen und die Symptomatik ertragen zu können.

Erika hat geschrieben:Wenn ich diese Dinge anspreche versinkt er nur im Selbstmitleid. Dann kommt sowas wie, " ich mache jedem das Leben kaputt, ich bin zu nichts fähig, du brauchst einen anderen..." . Wie kann man so einen Dialog führen? Ich will dann einfach nicht kompensieren und sagen, aber nein, du bist doch ein toller Mensch.
Das kanns natürlich auch nicht sein, dazu bist du als Partnerin auch nicht da.
Außerdem kommen deine Bestätigungen ja offensichtlich eh nicht an bei ihm, sonst würde sich das ja mal aufbauen in ihm.

Ein Dialog ist das ja nicht, das ist ja die Krux an eurem Miteinander.

So einen "richtig guten Rat" gibts da wohl gar nicht für dich...
Ich les halt raus, dass dir schon sehr an ihm liegt und du gerne auch weiter an einer "echten" Beziehung arbeiten möchtest mit ihm.
Und dass du ihn vermisst an deiner Seite, denn im Kontakt mit dir ist er ja auch nicht wirklich "vorhanden" und spürbar für dich... :hugs:

Vielleicht wäre es noch ein Weg, wenn er mal mitkriegen würde, dass es weitaus mehr von Betroffenen seiner Art gibt, die sich ganz ähnlich abmühen und Einschränkungen bis hin zu Behinderungen dadurch haben, als man/er denkt und sich vorstellen kann...
Manchmal ist ja auch noch sehr verbreitet, dass man(n) sich nur zusammenreißen soll und "vergessen" und "hinter sich lassen" und es dafür "besser machen" soll und gut ist. Wenn sich einem dann dennoch Flashbacks und Trigger aufdrängen und Panik das Leben bestimmt etc., kann man(n) schon dran verzweifeln und sich für einen Globalversager halten...

Sind wie gesagt nur so meine spontanen Gedanken dazu.

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Beitrag Fr., 18.02.2022, 14:03

Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 13:41 Deine Sätze lassen mich an mich selber denken und wie das bei mir verlaufen ist, mit so ner gewalttätigen Kindheit "ausgestattet" und was sich daraus alles entwickeln kann.

Vielleicht ist die Depression nicht nur die Auswirkung der Gewalt, vielleicht ist sie für ihn auch so ne Art Flucht vor all den anderen Symptomen, die so ne Kindheit haben kann, und die ihm so dermaßen "unheimlich" sind, dass er sich damit erst recht nicht raustraut. Weder dir gegenüber, noch einem Fachmenschen, noch SH-Gruppe etc.


Dann könnte ich mir auch dieses Versacken und "Vorschieben" der Depris erklären und dass er so gar nichts unternehmen will...
Sind jetzt nur meine Gedanken und "Phantasien" dazu, wie gesagt auf dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrungen.
Da kommt man sich dann dermaßen was von "verrückt" vor und denkt gleichzeitig, das kann eh niemand sonst verstehen, da wird man weggesperrt oder mindestens fällt man aus dem letzten Rest sozialer Verbindungen, dass man lieber schweigt, es erträgt und in seinem Fall halt die inzwischen besser "anerkannte" Diagnose Depression dafür hernimmt, sich wenigstens in einer Richtung entlastet zu bekommen und die Symptomatik ertragen zu können.
Daran habe ich gar nicht gedacht. An welche Symptome denkst du da? Ohne das du jetzt über deine eigenen sprechen brauchst. Nur damit ich eine Vorstellung bekomme.
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 13:41 Das kanns natürlich auch nicht sein, dazu bist du als Partnerin auch nicht da.
Außerdem kommen deine Bestätigungen ja offensichtlich eh nicht an bei ihm, sonst würde sich das ja mal aufbauen in ihm.
Nein sie sind nicht angekommen und nach und nach gab ich das dann auch auf. Vor allem als ich dann fühlte, dass er das schlechte Selbstbild über mich versucht zu kompensieren.
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 13:41 So einen "richtig guten Rat" gibts da wohl gar nicht für dich...
Ich les halt raus, dass dir schon sehr an ihm liegt und du gerne auch weiter an einer "echten" Beziehung arbeiten möchtest mit ihm.
Und dass du ihn vermisst an deiner Seite, denn im Kontakt mit dir ist er ja auch nicht wirklich "vorhanden" und spürbar für dich... :hugs:
Genau so ist es, du hast es auf den Punkt gebracht. Ihr habt mir schon viel geholfen, einfach indem ich meine SIcht erweitern konnte. Das von aussen reflektiert zu bekommen ist einfach ganz anders. :hugs: Vielen Dank!
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 13:41 Vielleicht wäre es noch ein Weg, wenn er mal mitkriegen würde, dass es weitaus mehr von Betroffenen seiner Art gibt, die sich ganz ähnlich abmühen und Einschränkungen bis hin zu Behinderungen dadurch haben, als man/er denkt und sich vorstellen kann...
Manchmal ist ja auch noch sehr verbreitet, dass man(n) sich nur zusammenreißen soll und "vergessen" und "hinter sich lassen" und es dafür "besser machen" soll und gut ist. Wenn sich einem dann dennoch Flashbacks und Trigger aufdrängen und Panik das Leben bestimmt etc., kann man(n) schon dran verzweifeln und sich für einen Globalversager halten...
Ich hab so das Gefühl das er die anderen immer als Erklärung nutze dafür das es ihm schlecht geht. Jedoch nie um zu sagen, es kann auch besser werden. Bei Gelegenheit werde ich das aber nochmal vorschlagen, vielleicht hilft es ihm ja.

Er beschreibt sich auch als so einen Globalversager. Seine Mutter sagt ja immer zu ihm, er sollte das damalige vergessen und nach vorne schauen. Ich rate ihm ja immer zur Hilfe - und zu beidem scheint er ja nicht in der Lage zu sein. Panik ist bei ihm auch vorhanden, zwar nicht regelmäßig aber in überfordernden Situation kamen schon Panikattacken seit der Depression.


Waldschratin
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Beitrag Fr., 18.02.2022, 14:28

Erika hat geschrieben:Daran habe ich gar nicht gedacht. An welche Symptome denkst du da?
Guck mal hier, da kannst du vielleicht schon mal Interessantes finden:
https://www.degpt.de/informationen/fuer ... C3%B6rung/

Mir persönlich haben v.a. Flashbacks und Wiedererleben Angst gemacht, die sich nachts im Schlaf mit Träumen verbunden bzw. durch diese ausgelöst wurden und nach dem Aufwachen "weitergingen".
Ich wusste mich dann zwar wach, aber die "Filme" liefen weiter vor Augen ab, als ob ich wieder mitten im Geschehen von damals sei. Und das ohne die sonstige Distanz meines Verstandes, der mir tagsüber half, das wenigstens so weit zu unterscheiden, dass ich nicht verrückt dran wurde.

Jetzt bin ich nicht psychotisch, hab auch keine Tendenz dahin, nie gehabt. Das kam alles aus dem verzweifelten Versuch meines Unbewussten, endlich dieses "eingefrorene" Grauen im Erleben mal zu einem "Abschluss" bringen zu können.

Außerdem bin ich dissoziativ strukturiert, Diagnose DIS, inzwischen das, was man "integriert" nennt.
Da ist man sich meist selber fremd, fühlt sich oft "ferngesteuert", es fehlt Zeit (D.h., ich hatte Amnesien über Tage manchmal), man erwischt sich dabei, dass man zwar selber agiert hat, aber keine Ahnung mehr davon hat etc.
Das kommt einem schon reichlich unheimlich vor anfangs, wenn einem sowas bewusst wird.
Und man wird ja auch tatsächlich sehr sehr schnell für "verrückt" gehalten.

Fachleute sortieren einen weg unter "hysterisch" oder eben psychotisch und wollen einen mit entsprechenden Medis "kurieren", was aber in so einem Fall meist gar nichts bringt, weil man ja "eigentlich" gar nicht psychotisch ist.

So extrem muss es aber gar nicht werden, damit man sich selber unheimlich wird und lieber alles "wegschweigt".
Grade bei Männern nicht, die sich als sich selber gegenüber ausgeliefert erleben.
Die Ohnmacht und Hilflosigkeit, die man ja tatsächlich erlebt hat als Kind, ist mit das Schlimmste, was man um die Burg dann aber nicht mehr erleben will.
Und dafür gibt es halt auch die "Lösung", sich mitten rein zu stürzen, wenn man(n) es auf lange Sicht anders nicht hinkriegt, sich da rauszubekommen.

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Beitrag Fr., 18.02.2022, 15:26

Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 14:28

Guck mal hier, da kannst du vielleicht schon mal Interessantes finden:
https://www.degpt.de/informationen/fuer ... C3%B6rung/
Vielen Dank!
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 14:28 Mir persönlich haben v.a. Flashbacks und Wiedererleben Angst gemacht, die sich nachts im Schlaf mit Träumen verbunden bzw. durch diese ausgelöst wurden und nach dem Aufwachen "weitergingen".
Ich wusste mich dann zwar wach, aber die "Filme" liefen weiter vor Augen ab, als ob ich wieder mitten im Geschehen von damals sei. Und das ohne die sonstige Distanz meines Verstandes, der mir tagsüber half, das wenigstens so weit zu unterscheiden, dass ich nicht verrückt dran wurde.

Jetzt bin ich nicht psychotisch, hab auch keine Tendenz dahin, nie gehabt. Das kam alles aus dem verzweifelten Versuch meines Unbewussten, endlich dieses "eingefrorene" Grauen im Erleben mal zu einem "Abschluss" bringen zu können.

Außerdem bin ich dissoziativ strukturiert, Diagnose DIS, inzwischen das, was man "integriert" nennt.
Da ist man sich meist selber fremd, fühlt sich oft "ferngesteuert", es fehlt Zeit (D.h., ich hatte Amnesien über Tage manchmal), man erwischt sich dabei, dass man zwar selber agiert hat, aber keine Ahnung mehr davon hat etc.
Das kommt einem schon reichlich unheimlich vor anfangs, wenn einem sowas bewusst wird.
Und man wird ja auch tatsächlich sehr sehr schnell für "verrückt" gehalten.
Mich beeindruckt deine Kraft und deine Entwicklung. Allein schon soweit zu kommen, dass man eine treffende Diagnose hat, kann zermürbend sein. Du hast viel an dir gearbeitet, bist weit gekommen. Was war bei dir der Punkt, der dich dazu brachte Hilfe zu holen? Danke für deine Offenheit.

Mit DIS habe ich mich nie auseinander gesetzt. Beim lesen fällt mir genau das auf was du geschrieben hattest, das man es schwer erkennen kann, wenn die Person sich nicht offenbart -was völlig verständlich ist in der Lage. Auf der anderen Seite muss es eine riesige Belastung sein damit allein klar kommen zu müssen. Sicher ist, irgendwie sollte die Vergangenheit verarbeitet werden. Denn ob so oder so, in welcher Form auch immer, kommt sie wieder solange sie verdrängt wird.
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 14:28 Fachleute sortieren einen weg unter "hysterisch" oder eben psychotisch und wollen einen mit entsprechenden Medis "kurieren", was aber in so einem Fall meist gar nichts bringt, weil man ja "eigentlich" gar nicht psychotisch ist.
Na weil es die Standard Kategorien gibt, in die sie einen rein packen wollen. So einfach ist es aber nicht und die Grenzen von einem zum anderen, verlaufen oft fließend ineinander. Macht es aber einfach bei der Behandlung wenn man kategorisieren kann ( ist ja auch egal obs am Ende hilft). War bei ihm ja nicht anders. Er hatte 3 unterschiedliche Medis bekommen, am Ende schön hoch dosiert, keines half und es interessierte keinen. Nehmen sie es weiter, hiess es.. . So viel dazu.
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 14:28 So extrem muss es aber gar nicht werden, damit man sich selber unheimlich wird und lieber alles "wegschweigt".
Grade bei Männern nicht, die sich als sich selber gegenüber ausgeliefert erleben.
Die Ohnmacht und Hilflosigkeit, die man ja tatsächlich erlebt hat als Kind, ist mit das Schlimmste, was man um die Burg dann aber nicht mehr erleben will.
Und dafür gibt es halt auch die "Lösung", sich mitten rein zu stürzen, wenn man(n) es auf lange Sicht anders nicht hinkriegt, sich da rauszubekommen.
Ja und vor allem hat man dann eine Erklärung für den jetzigen Zustand. Das damalige zu akzeptieren, eine Erklärung zu finden ist viel komplizierter.

Wenn man da helfen könnte..., schade einfach um jeden der dann diese Lebensqualität hat und nicht raus kommt. Er ist ja für damals nicht Schuld, wurde als Kind nicht beschützt. Nun kann er sich selbst nicht schützen.

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Noenergetik
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Beitrag Fr., 18.02.2022, 16:22

Hallo Erika 123, ich persönlich sehe es so dass es für einen depressiven Menschen nicht gut ist so allein zu sein und eine Trennung die Depressionen noch verstärken kann.
Was aber nicht heißt , dass Du bei ihm bleiben sollst. Das sollte tatsächlich nur geschehen wenn Du es wirklich willst.

Du klingst ein wenig wie seine Therapeutin, nicht wie seine Partnerin.
(Sorry, nicht böse gemeint.)
Natürlich kannst Du ihn als seine Partnerin ein wenig aufbauen. Ist ja nicht verboten.
Er muss da auch nicht alleine drauf kommen, steht ja nirgends geschrieben.
Ob eine Therapie für ihn gut ist oder vielleicht sogar schadet, wer weiß das schon?
Vielleicht braucht er für sich auch einen ganz anderen Weg?

Aber ich finde, er wird hier viel zu sehr analysiert.
Es geht ja darum, ob Du die Beziehung noch möchtest oder nicht, oder?
Und wenn Du es nicht willst und ihn auch nicht unterstützen möchtest, dann ist es auch nicht gut es zu tun.
Wenn Du es nicht gerne tust, dann schadest Du letztendlich Euch beiden.

Was fühlst Du denn? Was könntest Du Dir für die Zukunft vorstellen?


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Beitrag Fr., 18.02.2022, 16:51

Erika hat geschrieben: Was war bei dir der Punkt, der dich dazu brachte Hilfe zu holen?
So richtig bewusst Hilfe geholt hab ich mir anfangs gar nicht.
Ich war erschöpft und ausgelaugt, mit Anfang 20 schon und fragte bei meinem Hausarzt um eine ganz normale Kur an. Der fragte ein bissl nach und empfahl mich dann in ne psychosomatische Klinik. Und ich hab da dermaßen "weggeguckt", was da eigentlich auf mich zukam, dass ich hingefahren bin im Bewusstsein, ich mach da ne ganz normale Kur.
Und habs erst so ca. am dritten Tag dort gemerkt, was das tatsächlich sein sollte.
Hab aber schnell mitgekriegt, dass das schon passte. Und so nahm das alles seinen Anfang.

Ist jetzt ca. 30 Jahre her, in denen ich mehrere Therapien gemacht hab und einiges ausprobiert, Höhen und Tiefen erlebt und erst nach und nach Boden unter den Füßen fand. Ich hab mir auch in diesen Zeiten nur zögerlich Hilfe geholt, wenns unbedingt notwendig war.
Die Freiheit dazu finde ich jetzt erst immer mehr, in den letzten Jahren.

Also, sooo leicht ist das nicht.

Ich bin dem oft begegnet und kann das auch nachvollziehen, dass viele Leute denken, wenn man nur gut genug aufarbeitet, dann wird man so wie jeder andere auch, der eine normale Entwicklung haben konnte.
"Heilung" ist da oft das Zauberwort.
Als gäbe es ein Vorher und ein Nachher und Erlebtes könne man aus sich löschen oder so "wiedergutmachen", dass es "verschwindet".

Du schreibst ja auch:
Erika hat geschrieben:Sicher ist, irgendwie sollte die Vergangenheit verarbeitet werden. Denn ob so oder so, in welcher Form auch immer, kommt sie wieder solange sie verdrängt wird.
Und grundsätzlich geb ich dir da recht, ich seh das genauso.

Das beinhaltet aber halt auch, dass man manches eben nur be-arbeiten kann.
Und bei manchen Betroffenen macht es erst gar keinen Sinn, an eine Verarbeitung dranzugehen. Da ist es weitaus "heilsamer", wenn man dran arbeitet, mit der Symptomatik besser klarzukommen. Und es dabei belässt.

Was ich erlebt hab als Kind, das hat mich geprägt.
Eine Erwartungshaltung an mich, ich solle verarbeiten und dann bitte wieder "normal" sein und in allen Bereichen genauso "funktionieren" wie jeder nicht Betroffene auch, ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit.

Das ist, als wäre ich querschnittsgelähmt und säße im Rollstuhl und da käm einer an und fordert von mir : "Genug rumgesessen jetzt! Lern endlich wieder laufen! Du musst nur wirklich wollen und dich anstrengen!"
Auf so eine Idee käme einem körperlich Behinderten gegenüber auch keiner.

Ich habe auch jetzt immer noch ziemliche Einschränkungen. Das werde ich nie "wirklich" oder "ganz" los.
Lernen, damit zu leben, dass ich nie wirklich entspannt "mithalten" kann mit anderen, das ist auf weite Strecken auch mit dabei. Dass es mich immer "mehr" kosten wird und ich anderes brauchen werde als andere.
"Anders sein" werde.
All sowas.

Wenn man sowas als kleines Kind schon erlebt hat, dann hat man kein "Vorher", an dem man anknüpfen könnte oder an dem man sich orientieren könnte.
Da ist es umso schwerer, sowas wie Hoffnung auf "anders" und Perspektiven zu entwickeln.
Und nur weil andere sagen, das wäre "gut und normal und besser" für einen?
Vertrautes kann auch sehr viel beruhigen und einen sichern, auch wenns "vertraute Kacke" ist, in der man sich suhlt.

Alles nicht so einfach.

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Erika123
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Beitrag Mo., 21.02.2022, 10:11

Noenergetik hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 16:22 Hallo Erika 123, ich persönlich sehe es so dass es für einen depressiven Menschen nicht gut ist so allein zu sein und eine Trennung die Depressionen noch verstärken kann.
Was aber nicht heißt , dass Du bei ihm bleiben sollst. Das sollte tatsächlich nur geschehen wenn Du es wirklich willst.
Wenn mein Leben dabei zu Grunde geht, dann kann ich darauf nach einem Punkt nicht mehr Rücksicht nehmen. Ich bin nicht mit der Frage gekommen ob ich mich trennen soll oder nicht. Viel eher interessierte mich wie und welche Grenzen ich setzten kann, was ich fordern kann von meiner Seite von jemand der diese Krankheit hat. Denn für alles ist die Erklärung, "ich bin krank".
Nicht immer wird eine Depression zwingend schlimmer langfristig bei Trennung, bei manchen bewirkt es sogar einen Umbruch in die richtige Richtung.

Noenergetik hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 16:22 Du klingst ein wenig wie seine Therapeutin, nicht wie seine Partnerin.
(Sorry, nicht böse gemeint.)
Natürlich kannst Du ihn als seine Partnerin ein wenig aufbauen. Ist ja nicht verboten.
Er muss da auch nicht alleine drauf kommen, steht ja nirgends geschrieben.
Ob eine Therapie für ihn gut ist oder vielleicht sogar schadet, wer weiß das schon?
Vielleicht braucht er für sich auch einen ganz anderen Weg?
Das stimmt, so fühle ich mich auch. Liegt aber daran dass das was er von mir "fordert" in meinen Augen nichts mehr mit einem Partner sein zu tuen hat. Er möchte andauernd Unterstützung. Sagt er sehe das es für mich auch schlecht sei, könne es aber nicht anders machen. Ich soll aber Verständnis haben, denn er kann nicht anders.
Ich habe natürlich keine Ahnung was ihm helfen könnte. Von Therapie spreche ich weil das nun mal eine Behandlungsmöglichkeit ist. Fakt ist, was er jetzt macht, ist auf keinen Fall hilfreich. Mit ist egal was er macht, wenn ich sehe das er was macht. Aber so...einfach nichts. Wie soll das so weiter gehen, für ihn und auch für mich?

Noenergetik hat geschrieben: Fr., 18.02.2022, 16:22 Was fühlst Du denn? Was könntest Du Dir für die Zukunft vorstellen?
Was ich fühle ist pure Verzweiflung und Panik im Moment. So kann ich mir keine Zukunft vorstellen. Dieses Dauertief seit so langer Zeit und das er nichts bereit ist zu machen, macht mich fertig. Mir ist klar das die Krankheit nicht verschwindet, aber wenn er daran nicht arbeitet und sie stabilisiert, dann gehen wir da beide zu Grunde. Was soll ich also sagen?

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