Hallo Urmely,
ich war mit meiner Ex-Therapeutin in einer ähnlichen Situation: Therapie ist entgleist, es kam zum großen Knall, ich habe die Therapie dann abgebrochen. Hatte dann später eine neue Therapeutin und wollte (in Absprache mit der neuen Therapeutin) die Akte anfordern. Erst wurde meine Bitte, die Patientenakte zu übersenden ignoriert. Dann kam nach mehrmaliger Erinnerung eine "Akte" die ein totaler Witz war (Antragskopien, ein Schmierzettel mit Terminen) Von ihr kam die Behauptung, sie hätte die Akte vernichtet, weil ich die Therapie ja einseitig beendet hätte. Sie weiß, dass ich über Aufbewahrungsfristen Bescheid weiß, weil wir uns kurz vor Abbruch in einem anderen Kontext kurz dazu unterhalten hatten. Das war also eine totale Verar.schung von ihrer Seite.
Ich war erstmal völlig aufgebracht. Zum einen weil ich mich wirklich für dumm verkauft fühlte. Zum anderen weil es mir darum ging, besser zu verstehen, was da zwischen uns passiert ist, wie es zu einer Eskalation kommen konnte. Und ich mir aus der Akte dazu Hinweise erhofft hatte.
Ich hab dann mit der neuen Therapeutin lang und ausführlich darüber geredet. Auch über die Frage von Shukria weiter oben: Was genau ist mir daran wichtig? Was ist mein Ziel in dieser ganzen Sache?
Die neue Therapeutin hat mir immer wieder gesagt, dass ich höchstwahrscheinlich auch aus der vollständigen Akte nicht die Antworten auf meine Fragen bekommen werde. Warum kann ich das so schwer aushalten? Es ging mir dabei auch um Gerechtigkeit, darum dass sie (Ex-Th.) komplett unprofessionell war, auch darum dass sie an dieser Stelle ihre Macht missbraucht hat und das für mich eine Wiederholung alter Ohnmachts-Situationen im Zusammenhang mit Autoritäten war.
Inzwischen glaube ich: Es gab nie eine Akte - diese Therapeutin ist einfach ihren grundlegenden Aufgaben nicht nachgekommen. Sie hat sich garantiert auch rechtlich beraten lassen und kam dann zum Entschluss, sie riskiert lieber einen "Rüffel" wegen Verletzung der Aufbewahrungspflichten als dass sie offenlegt, dass es überhaupt keine Akte gab.
Inzwischen weiß ich auch, dass ich mich an solchen Stellen manchmal wie ein Terrier festbeißen kann, vor allem weil es "ums Prinzip" geht. Und dass ich damit aber auch mir selbst mitunter ins Knie schieße. Wenn ich meine Antworten aus der Akte nicht bekommen kann - lohnt es sich dann noch, weiter zu kämpfen? Brauche ich irgendeine Genugtuung oder sogar "Rache"? Lohnt es sich für mich, rückwärtsgewandt diese Dinge auszukämpfen? Oder ist es nicht sinnvoller, mich auf die Zukunft zu konzentrieren? Kann ich es innerlich aushalten, dass es möglicherweise absolut ungerecht ist? Oder was bräuchte ich dafür, dass es für mich aushaltbarer wird?
Im Hinblick aufs Verstehen, was sich da zwischen mir und der Ex-Therapeutin abgespielt hat: Mit der neuen Therapeutin gab es ähnliche Zuspitzungen. Das hatte also auch viel mit mir und meinen Themen zu tun.
Das war mir aber auch schon vorher klar, auch wenn ich die Zusammenhänge nicht verstanden habe.
Mit der neuen Therapeutin war das dann aber auch besser besprechbar, auch wenn es manchmal auch hier auf Messers Schneide stand, ob auch diese Therapie scheitert. Inzwischen hab ich diese Prozesse und Zusammenhänge (durchs Wiederleben) 1000x besser verstanden als ich das durch meine Patienakte je hätte schaffen können, und vor allem: ich habe gelernt, wo und was ich verändern kann, damit es nicht regelmäßig zu solchen Eskalationen kommt. Das ist aber etwas, was durch den Kontakt zustande kommt. Ich glaube, allein aus der Akte wird man da nicht besonders schlau werden. Auch das ist etwas, was ich durch diese ganze Sache gelernt habe.
Bei dir hab ich den Eindruck, dass es da zum einen auch um einen Machtkampf geht und auch um die "Gerechtigkeitsfrage", oder täusche ich mich da? Das ist völlig ok, ich will das gar nicht abwerten, aber ich glaube, es kann dir auch helfen, wenn du Klarheit darüber hast, was deine Motive sind (und ob das durch die Gerichtsverhandlung "auflösbar" ist.) Denn selbst wenn du bei der Verhandlung Recht bekommst und der Therapeut die Akte rausrücken soll - es kann sein, dass es gar keine weitere Akte gibt. Oder selbst wenn er noch einen Papierstapel rausrückt, dass auch das möglicherweise nicht dazu führen wird, dass du mit ihm wirklich abschließen kannst. Kannst du versuchen, in dieser Hinsicht gut für dich (vor) zu sorgen?
LG l.