Ich fahre negative Filme

Alle Themen, die in keines der obigen Foren zum Thema "Psychische Leiden und Beschwerden" passen.
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lisbeth
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Beitrag Di., 03.12.2019, 06:02

Vanda hat geschrieben: Di., 03.12.2019, 05:56 Wenn ich aber in vielen Alltagssituationen auch ganz unwahrscheinliche Szenarien vor meinem geistigen Auge habe, mir kognitiv dazu Gedanken mache, Emotionen dazu habe, nicht nur kurz einschießend Sensorisches, dann ist das ja ein längerer Prozess und hat mit dem Antizipieren meiner Meinung nach nicht mehr so viel gemeinsam, weil es keinen Sinn macht, sich das aktuelle Leben mit Horrorszenarien auszugestalten, wenn es keinen akuten Anlass dazu gibt und das Gehirn solche umfangreichen Baupläne gar nicht sinnvoll vorab erstellen kann.
Nur weil es für dich keinen Sinn ergibt, heißt das nicht, dass es in den Systemen anderer Menschen auch keinen Sinn ergeben muss. Natürlich macht Hypervigilanz "Sinn", wenn man prägende Erfahrungen einer umfassenden (äußeren) Unsicherheit gemacht hat, und nie wusste woher und aus welcher Ecke die nächste Gefahr drohte. Dann ist diese extreme Form der Antizipation schon eine mögliche Bewältigungsstrategie, die auch (erstmal) mehr Beruhigung verschaffen kann. Ob es effektiv ist, ist eine andere Frage. Und dass es auch irgendwie ausarten kann, davon schreiben hier ja viele.
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Vanda
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Beitrag Di., 03.12.2019, 06:06

Deshalb spreche ich niemandem Hypervigilanz ab. Aber was ich schon öfter gehört und gelesen habe ist, dass Mütter beispielsweise mit postnataler Depression auch Horrorszenarien haben, dass sie ihren Kindern etwas antuen könnten. Und manche machen das paradoxerweise dann auch, weil sie so überfordert sind und eine pathologische Bindung zu ihrem Kind aufbauen, obwohl sie ihm nicht schaden wollen und es über alles lieben. Um diese Kinder kümmern sich idealerweise dann erstmal andere Menschen ohne postnatale Depression bzw. Psychose.

Alle die hier Candy beruhigen: Habt ihr eigentlich auch alle gerade einen zumindest ab und zu schreienden Säugling zu Hause, der leider nicht sprechen kann und in der Vergangenheit schon mal eine Psychose erlebt?

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Vanda
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Beitrag Di., 03.12.2019, 06:12

lisbeth hat geschrieben: Di., 03.12.2019, 06:02 [Natürlich macht Hypervigilanz "Sinn", wenn man prägende Erfahrungen einer umfassenden (äußeren) Unsicherheit gemacht hat, und nie wusste woher und aus welcher Ecke die nächste Gefahr drohte. Dann ist diese extreme Form der Antizipation schon eine mögliche Bewältigungsstrategie, die auch (erstmal) mehr Beruhigung verschaffen kann.
Wie gesagt, ich finde es ist etwas ganz anderes, wenn ich vor meinem geistigen, inneren Augen andere Menschen etwas erleiden sehe! Hat mit Hypervigilanz meiner Meinung nach nicht viel gemeinsam.

Und HYPERvigilanz ist ja etwas "pathologisches", nicht unbedingt gesundes.
Zuletzt geändert von Vanda am Di., 03.12.2019, 06:15, insgesamt 1-mal geändert.

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Blume1973
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Beitrag Di., 03.12.2019, 06:14

Gestern dachte ich an diesem Thread hier.
In meiner Firma, gibt es einen Gang im Obergeschoss, der schmal ist, und mit einem Glasgeländer. Nach dem Glas, geht‘s abwärts in die Tiefe. Zuerst gehe ich immer mittig, auf diesem Gang. Dann fällt mir auf, wie weit es daneben hinuntergeht, in die Tiefe. Zwischen mir und dem Abgrund, ist nur diese nicht besonders hohe Glaswand. Sie reicht mir zur Hüfte.

Genau da, schiebe ich jedes Mal so einen Film. Da ich Höhenangst habe, wird mir bei dem Anblick immer schwindelig. Ich stelle mir in Zehntelsekunden vor, wie ich da hinunterstürze. Gleich über die Glaswand purzle, weil sie mir ja nur bis zur Hüfte reicht.

Dabei hebt sich mein Magen, als würde ich bereits fallen. Das ist ein unschönes Gefühl, wo auch gleich so eine Gangunsicherheit einsetzt.

Ich geh dann sehr an die richtige Wand orientiert und versuche da nicht hinunterzusehen. Das ist ja auch so ein Filmchen, kann man sagen.
Die einzigen wirklichen Feinde des Menschen, sind seine negativen Gedanken.

Albert Einstein

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Vanda
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Beitrag Di., 03.12.2019, 06:19

Sorry, aber selbstverständlich ist das doch etwas, das JEDER kennt...

Candy hat hier diesen Thread gestartet, weil er verunsichert ist über sich selbst, ob das, was er erlebt, empfindet, normal ist. Wir alle finden es normal und hätten diesen Thread nicht gestartet.

Vielleicht sollten wir also zusammen mit Candy überlegen, warum ihn das überhaupt verunsichert und nach den Komponenten suchen/fragen, die tatsächlich Anlass zur Sorge geben könnten, dass ihn daran, diese Szenarien zu antizipieren, überhaupt erst beunruhiget.

Denn das kennen wir doch alle (im Grunde auch Candy) seit wir auf der Welt sind. Was also beunruhigt Candy vielleicht und ist er nicht aufmerksam für etwas, das er als fragwürdig in Erwägung zieht..


theweirdeffekt
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Beitrag Di., 03.12.2019, 06:31

Ich beispielsweise wusste nicht, dass das jeder kennt 🤔.
Kopf hoch... Sonst kannst du die Sterne nicht sehen

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Vanda
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Beitrag Di., 03.12.2019, 06:34

ich meine auch nur, dass jeder diese Sekunden-Bruchteile kennt, wenn gerade etwas hätte passieren können, es aber nicht passiert ist, und wie es sich angefühlt hätte, oder wenn es eine realistische Gefahr sein könnte. (Bsp. Gleis und Medienberichte)

Ich denke NICHT, dass es jeder kennt und normal ist, Horrorszenarien ausgestaltet für länger und häufig zu sehen.

Und ich denke NICHT, dass es jeder kennt, dass man dabei andere in solchen Situationen sieht.

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lisbeth
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Beitrag Di., 03.12.2019, 06:54

Vanda hat geschrieben: Di., 03.12.2019, 06:12 Und HYPERvigilanz ist ja etwas "pathologisches", nicht unbedingt gesundes.
Dass Hypervigilanz normal ist oder gesund hat hier auch keiner behauptet, Vanda. Für mich ist es ein Erklärungsmodell, das mir hilft zu verstehen, wo solche Phänomene herkommen (können) und welche Bedürfnisse dahinter stehen könnten. Gibt natürlich auch andere Faktoren. Und wie überall sind die Grenzen fließend. Der eine kann solche Filme besser ausblenden, für den anderen werden sie zu Belastung.
Vanda hat geschrieben: Di., 03.12.2019, 06:12 Wie gesagt, ich finde es ist etwas ganz anderes, wenn ich vor meinem geistigen, inneren Augen andere Menschen etwas erleiden sehe! Hat mit Hypervigilanz meiner Meinung nach nicht viel gemeinsam.
Natürlich ist es Hypervigilanz, wenn ich zB Angst habe, dass die Freundin, die direkt vor mir auf der Straße mit dem Rad unterwegs ist, von einem ausparkenden Auto angefahren werden könnte. Die Hypervigilanz ist nicht nur auf dich selbst beschränkt. Es ist ja auch eine Gefahr, wenn jemandem in meinem Umfeld etwas zustoßen sollte.

Ich glaube, hier sagt auch niemand zu Candy, dass "alles gut" ist, bzw alles normal. Was ich und andere zum Ausdruck gebracht haben ist: Ja, dieses Symptom kenne ich (auch), bei mir hängt das mit diesem und jenem zusammen. Diese Grenzen sind sowieso fließend. Und ich glaube zB dass extreme Hypervigilanz schon auch psychotische Elemente in sich tragen kann ohne dass es ein "richtiger" psychotischer Schub sein muss. Wo es für den einzelnen beunruhigend wird, das ist auch komplett unterschiedlich und das hängt auch von Tagesform und vielen anderen Dingen ab.
Vanda hat geschrieben: Di., 03.12.2019, 06:19 Wir alle finden es normal und hätten diesen Thread nicht gestartet.
Du unterstellst hier echt eine Menge. Ich selbst finde das überhaupt nicht normal, aber ich habe mit diesem Phänomen meinen Umgang gefunden und deshalb kein Bedürfnis mir da von anderen Ratschläge zu holen...

Es hat bei mir übrigens auch ganz lange gedauert, bis mir bewusst wurde, dass diese extreme Hypervigilanz eben nicht bei allen so ist. Eben nicht "normal".

Ich glaube Candy kann für sich ganz gut reflektieren, wie und wo er sein Umfeld in seine Probleme aktiv mit einbezieht und sich darin auch verwickelt und sich dann gegebenenfalls auch Hilfe holen. Und der Austausch hier im Forum ist halt ein Schritt in diesem Reflektionsprozess. Welche Schlüsse er dann daraus zieht, das überlasse ich ihm. Ich sehe da keine Notwendigkeit, ihm etwas "überzustülpen".

[edit: Tippfehler]
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Vanda
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Beitrag Di., 03.12.2019, 07:16

Liebe lisbeth,

es geht in diesem Thread nicht um Dich, nicht um Deine PTBS, nicht um Deine Sorgen.

Sondern um Candy, um seine Lebenssituation, um seine Fragen. Und auf die habe ich mich eingelassen und schreibe nur für ihn.

Selbstverständlich sehe ich Candy als so taff an, dass er sich für sich selbst Hilfe sucht und sich hier Anregungen holen möchte, für seine Frage oder Problem. Und dass er schlußendlich seine Frage für sich selbst klärt und er nicht uns die Möglichkeit geben will, allgemein über "negative Filme " nachzudenken.

Es ist ein Nebeneffekt.

Und übrigens sehe ich hier tatsächlich eine Person am ehesten beteiligt, die hier nicht anwesend sein kann: sein Sohn.

Denn egal ob Traumafolge oder Psychose, ein Säugling hat kein ich, keine Ich-Grenzen also, und er erlebt ganz vieles ungefiltert, was seine Bezugspersonen empfinden. Und so auch Ängste.

Grund genug also, sich Sorgen zu machen. Und da sehe ich Candy sehr verantwortungsbewußt.

Also lass das hier, gegen mich zu argumentieren, im Endeffekt verstrickst Du hier etwas, weil Du alles schon wieder so persönlich auf Dich beziehst, nicht ich.

Deine Hypervigilanz haben wir jetzt genug gewürdigt. Du hast auch mein Mitleid..

(Und lass bitte diese Unverschämtheit sein, mir zu unterstellen, ich würde hier irgendjemandem was "überstülpen". Du musst mich nicht gegen Candy aufhetzen, nur weil ich vielleicht auch ganz ordentlich argumentieren kann, nicht nur du...)

ZURÜCK ZUM THEMA!!

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stern
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Beitrag Di., 03.12.2019, 07:31

In der beschriebenen Häufigkeit (und Intensität) kennt das sicherlich nicht jeder.

Das kann alles mögliche sein, das nur ein Arzt oder PT diagnostizieren oder ausschließen kann. Dass jemand glaubt, dies oder jenes auch zu kennen, ist kein Argument, das bei einer anderen Person, eine abweichende Problematik ausschließt. Aber es ist typisch für Foren (auch medizinischer Art), dass sich aufgrund eines Schlagworts meist x User finden, die das gleiche auch kennen wollen. In einem Drogenforum wäre man sich vielleicht einige, dass das bestimmt ein Horrortrip ist (denn man kennt das auch)... aber was sagt das für andere aus: Null.

Hier geht es ja insbes. auch darum, das auch von einem möglichen Schizophrenie-Symptom abzugrenzen:
Kennt das jemand und liegt das an der Schizophrenie oder lohnt es sich das mal in der Psychotherapie anzusprechen/anzugucken?
Da das kein User seriöser Weise kann, lohnt es sich, das in einer PT anzusprechen.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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Vanda
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Beitrag Di., 03.12.2019, 07:43

Candykills hat geschrieben: Mo., 02.12.2019, 19:08 Ich finde aber die Erklaerung mit Hypervigilanz auch sehr aufschlusreich.klar, vielleicht hat die Schizophrenie auch damit was zu tun,aber es könnte auch andere Erklaerungen geben, wenn das so häufig vorkommt.
Bitte lass Dich von einem Forum nicht beruhigen, dass es häufig sei, oder dass es eine Traumafolge ist. Wir haben alle, wenn überhaupt, nur Ahnung von uns selber.. Deine Sorge, es könnte ein Hinweis auf eine beginnende Psychose/Schub sein, finde ich wichtig.

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nulla
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Beitrag Di., 03.12.2019, 07:54

Ich verstehe nicht ganz, warum sich die Diskussion jetzt so stark auf die persönliche Ebene einiger Userinnen verlagert.

Candy hat nach ähnlichen Erfahrungen gefragt und Antworten darauf erhalten. Er ist klug genug um zu wissen, dass dies hier ein Forum ist, in dem jeder nach Belieben seinen Senf dazu gibt, und theoretisch könnte jeder von uns irgendetwas erzählen: erfunden, wahr, verzerrt, was auch immer.
Und was ist denn bitte schlecht dabei, wenn das Thema eines Forumsusers auch für andere interessant oder informativ ist, bzw. ein allgemeiner Austausch dazu entsteht? Ich verstehe die ganze Aufregung wirklich nicht :kopfschuettel:

Für mich war das Input bezüglich Hypervigilanz sehr aufschlussreich, da mir überhaupt nicht klar war, dass es vielen anderen auch ähnlich geht.

LG nulla
"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht."
(Kafka)

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stern
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Beitrag Di., 03.12.2019, 08:23

Es macht einen Unterschied, ob man Phänomene rein beschreibt oder auch mit Fachworten benennt oder darüber hinaus damit auch für sich oder andere einordnet. Aufgabe von Patienten ist die Beschreibung (möglichst unverfälscht), die Einordnung die von Fachleuten. Ganz allgemein gesagt.
Liebe Grüße
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Vanda
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Beitrag Di., 03.12.2019, 08:41

nulla hat geschrieben: Di., 03.12.2019, 07:54 Ich verstehe die ganze Aufregung wirklich nicht :kopfschuettel:

Für mich war das Input bezüglich Hypervigilanz sehr aufschlussreich, da mir überhaupt nicht klar war, dass es vielen anderen auch ähnlich geht.

LG nulla
Mein Gott, man ist noch nicht ganz wach, verstehe ich schon. Ich habe das allgemeine, eierschwammige Phänomen "Kenne ich auch" versucht, in drei Ausprägungen zu differenzieren. Von "physiologischer Vorausplanung über pathologische Ängste bis Psychose". Noch ein paar Gedanken zu speziellen Lebenssituationen gemacht.
Ich weiß auch nicht, warum lisbeth wiederholt alles mit ihrer Hypervigilanz-Theorie überstreichen wollte.
Weil sie sich halt selber verteidigen wollte mit, meine Hypervigilanz macht Sinn, weil ect. ect.
Ich hab das mit der Hypervigilanz schon kapiert, aber es ist halt nicht der Weisheit letzter Schluß.

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nulla
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Beitrag Di., 03.12.2019, 08:48

stern hat geschrieben: Di., 03.12.2019, 08:23 Aufgabe von Patienten ist die Beschreibung (möglichst unverfälscht), die Einordnung die von Fachleuten
Vanda hat geschrieben: Di., 03.12.2019, 08:41 Ich habe das allgemeine […] Phänomen [...] versucht, in drei Ausprägungen zu differenzieren. Von "physiologischer Vorausplanung über pathologische Ängste bis Psychose".
Aja... Hauptsache man ist sich einig ;)
"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht."
(Kafka)

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