Hassliebe zum Therapeuten?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Beitrag Mi., 27.11.2019, 11:35

Kaja88 hat geschrieben: Di., 26.11.2019, 13:01 Es gab auch ein ausschlaggebendes Erlebnis seit wann das so ist. Und zwar kam er mir zufällig auf der Straße entgegen. Weit und breit niemand sonst in Sicht. Er sieht mich, aber sagt NICHTS. Ich mein, ich hätte verstehen können, wenn er mich vor anderen nicht in Verlegenheit bringen will, wären welche dabei gewesen. Aber das war nicht der Fall . Er hat mich auch 100 % erkannt. Aber warum bin ich ihm dann so egal?! Sorry, dass ich mich da so reinsteigern, aber das tat echt weh. Eigentlich total belanglos, aber für mich nicht :cry:
Also ein Therapeut, der sich professionell verhält, grüßt seine Patienten grundsätzlich nicht auf der Straße.
Aus Schweigepflichtsgründen.
Es besteht ja immer die Gefahr, dass dich jemand sieht, der weiß, dass er Therapeut ist. Und dann wäre die Vermutung im Raum, dass du in Therapie bist. Und dass wäre ja wenn man es eng sieht, schon ein Bruch der Schweigepflicht.
Denn es geht niemanden etwas an, ob du oder ich oder egal wer in Therapie ist.
Es sei denn, du besprichst vorher ausdrücklich mit ihm, dass das für doch ok ist.

Verstehe allerdings nicht, warum du das zum Beispiel nicht gleich mit deinem Therapeuten besprochen hast. Er könnte es dir doch ganz easy erklären.

Und einem Therapeuten ist man nicht egal. Wenn ihm alle seine Patienten völlig egal wären, hätte er wohl den falschen Job. Er interessiert sich für Menschen, wie du und ich wahrscheinlich auch. Er wird empatisch sein und manche Sachen werden ihn auch mitnehmen. Aber er muss sich auch abgrenzen. In seinem Privatleben wird hoffentlich nicht über dich nachdenken. Dass hat aber auch nichts mit egal zu tun, sondern dass er sonst seinen Job nicht mehr machen könnte, wenn er sich so in Patientengeschichten reinsteigern würde.

Du kannst also davon ausgehen, dass du ihm nicht egal bist - in der Therapiestunde. Danach natürlich auch nicht. Aber dass, was du egal nennst, ist wahrscheinlich einfach gesunde Abgrenzung.



Das einzige, was ich nicht ganz so professionell finde....
Wie hast du überhaupt von der anderen Patientin das alles mitbekommen?
Denn genau aus den Gründen bekommt man ja eigentlich nichts von anderen Patienten mit.

Ich finde deine Reaktion darauf menschlich und normal. Ich würde das auch mal ansprechen.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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Kaja88
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Beitrag Mi., 27.11.2019, 14:43

Vielen Dank für die vielen Antworten und Beiträge. Komme gar nicht hinterher zu antworten.



Eine Frage, die gestellt wurde, war, wie ich von der Mitpatienten mitbekommen habe, dass er sich viel um sie kümmert. Wie schon erwähnt haben (eher hatten) wir ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis während der Gruppentherapie aufgebaut und uns viel voneinander und auch von den Therapiesitzungen erzählt. Zum einen glaube ich es ihr daher, zum anderen habe ich mitbekommen wie er sie angerufen hat von seinem Handy.



Ich kann nicht mal genau beschreiben woher das Gefühl kommt, dass ich ihm egal bin. Natürlich durch Kleinigkeiten, die er immer wieder von mir vergisst. Wenn ich dann noch mitbekomme wie er anderen Patientinnen gegenüber sein kann, tut das weh. Ich kann es ja nicht mal haben, dass ich weiß er ist nur nett zu mir und hilft mir, weil er dafür Geld bekommt und es sein Job ist. Totaler Blödsinn, aber das kriege ich nicht aus meinem Kopf. Ich habe so ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber… anderen gegenüber, denen ich den Therapieplatz wegnehme …

Wahrscheinlich liegt das aber nicht nur allein an ihm, sondern an meiner generellen Einstellung anderen Menschen gegenüber. Da denke ich sowieso immer, dass mich keiner mag, sondern höchstens duldet.



Ganz überspitzt gesagt fühlt es sich manchmal so an als wäre er „der Retter, der mich von all meinem Leid befreien soll“. Ich weiß, dass das völliger Unsinn ist, so nicht funktionieren kann, das nicht der Sinn der Therapie ist usw usw. Aber es fühlt sich nun mal leider so an.



Ihn auf all das ansprechen konnte ich leider noch nicht, da ich ihn erst morgen wiedersehe.

Außerdem will ich sowas „lächerliches“ nicht in einer Therapiestunde ansprechen, wo ich eigentlich wegen ganz anderen Dingen dort bin.



Ich bin kompliziert… mein ganzen Denken ist kompliziert…
:kopfschuettel: :cry:


theweirdeffekt
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Beitrag Mi., 27.11.2019, 15:34

Ne find ich nicht. Etwas zu Wissen und Emotionen stimmen manchmal nicht überein. Und wenn du doch bei Anderen auch dieses Thema hast, lohnt es sich allemal genauer hin zu gucken. Ist es Angst vor Ablehnung?
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Kaja88
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Beitrag Mi., 27.11.2019, 15:47

theweirdeffekt hat geschrieben: Mi., 27.11.2019, 15:34 Ne find ich nicht. Etwas zu Wissen und Emotionen stimmen manchmal nicht überein. Und wenn du doch bei Anderen auch dieses Thema hast, lohnt es sich allemal genauer hin zu gucken. Ist es Angst vor Ablehnung?
Definitiv eine sehr große Angst vor Ablehnung! Die hatte bzw habe ich schon immer.

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theweirdeffekt
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Beitrag Mi., 27.11.2019, 17:13

Das ist doch dann ein gutes Thema, um es zu bearbeiten. Vielleicht ist der Therapeut und die Gefühle zu ihm nur das "Symptom".
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Anna-Luisa
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Beitrag Mi., 27.11.2019, 17:24

Kaja88 hat geschrieben: Mi., 27.11.2019, 14:43 Eine Frage, die gestellt wurde, war, wie ich von der Mitpatienten mitbekommen habe, dass er sich viel um sie kümmert. Wie schon erwähnt haben (eher hatten) wir ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis während der Gruppentherapie aufgebaut und uns viel voneinander und auch von den Therapiesitzungen erzählt. Zum einen glaube ich es ihr daher, zum anderen habe ich mitbekommen wie er sie angerufen hat von seinem Handy.
Ich glaube, dass du ihr da etwas sehr rasch und viel vertraut hast. Und dass sie den Anruf sehr ausgeschmückt hat. Du kennst /kanntest sie doch nicht lange.

Wenn ich spätabends nach Hause ging, habe ich oft mein Handy klingeln lassen und laut "telefoniert".
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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Malia
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Beitrag Mi., 27.11.2019, 17:58

Definitiv eine sehr große Angst vor Ablehnung! Die hatte bzw habe ich schon immer.

Was bedeutet es für dich, von einem Menschen, dem du Bedeutung (Macht über dich?) gibst, abgelehnt zu werden?
Und woran erkennst du, dass es so ist?
Bei einem gewissen Stande der Selbsterkenntnis und bei sonstigen für die Beobachtung günstigen Begleitumständen wird es regelmäßig geschehen müssen, dass man sich abscheulich findet.
Franz Kafka

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alatan
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Beitrag Mi., 27.11.2019, 19:13

~~~ hat geschrieben: Mi., 27.11.2019, 11:35
Also ein Therapeut, der sich professionell verhält, grüßt seine Patienten grundsätzlich nicht auf der Straße.
Aus Schweigepflichtsgründen.
Grober Unfug!
~~~ hat geschrieben: Mi., 27.11.2019, 11:35 Es besteht ja immer die Gefahr, dass dich jemand sieht, der weiß, dass er Therapeut ist. Und dann wäre die Vermutung im Raum, dass du in Therapie bist. Und dass wäre ja wenn man es eng sieht, schon ein Bruch der Schweigepflicht.
Geht`s noch ein bissel paranoider?

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Philosophia
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Beitrag Mi., 27.11.2019, 19:38

Nein das stimmt, das hat die Analytikerin mir auch so erklärt. Sie sagte, sie würde mich nur grüßen, wenn ich zuerst grüße, weil sie dann weiß, dass es für mich ok ist in dem Moment.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Beitrag Mi., 27.11.2019, 19:44

alatan hat geschrieben: Mi., 27.11.2019, 19:13 Grober Unfug!

....

Geht`s noch ein bissel paranoider?
Vielleicht solltest du mal deinen "Ton" überdenken. Nur so'n kleiner Tipp am Rande. :)
Philosophia hat geschrieben: Mi., 27.11.2019, 19:38 Nein das stimmt, das hat die Analytikerin mir auch so erklärt. Sie sagte, sie würde mich nur grüßen, wenn ich zuerst grüße, weil sie dann weiß, dass es für mich ok ist in dem Moment.
Ja, diesen "groben Unfug" habe ich von 2 Therapeuten in der Art so gehört. Sie grüßen nur, wenn sie zuerst gegrüßt werden, um den Patienten auch nicht in Verlegenheit zu bringen und eben weil es niemanden was angeht, ob man in Therapie ist..
:-D
Zuletzt geändert von ~~~ am Mi., 27.11.2019, 19:46, insgesamt 2-mal geändert.
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Anna-Luisa
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Beitrag Mi., 27.11.2019, 19:45

alatan hat geschrieben: Mi., 27.11.2019, 19:13 Geht`s noch ein bissel paranoider?
Hat mit Paranoia nichts zu tun. Er darf es eben nicht.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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Vivy
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Beitrag Do., 28.11.2019, 07:34

Philosophia hat geschrieben: Mi., 27.11.2019, 19:38 Nein das stimmt, das hat die Analytikerin mir auch so erklärt. Sie sagte, sie würde mich nur grüßen, wenn ich zuerst grüße, weil sie dann weiß, dass es für mich ok ist in dem Moment.
Es ist auch Möglich, einfach eine Absprache zu treffen, wie man mit einer Begegnung auf der Straße oder sonstwo umgeht.

Weil ich öfter mal in dem Stadtteil unterwegs bin, in dem der Therapeut wohnt, hab ich ihn irgendwann drauf angesprochen, wie wir damit umgehen, wenn wir uns zufällig begegnen.
Das hat für mich viel Stress rausgenommen.
»Man versteht nur die Dinge, die man zähmt«, sagte der Fuchs.
aus: Der kleine Prinz, Antoine de Saint-Exupéry

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Kaja88
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Beitrag Do., 28.11.2019, 08:44

Malia hat geschrieben: Mi., 27.11.2019, 17:58
Definitiv eine sehr große Angst vor Ablehnung! Die hatte bzw habe ich schon immer.

Was bedeutet es für dich, von einem Menschen, dem du Bedeutung (Macht über dich?) gibst, abgelehnt zu werden?
Und woran erkennst du, dass es so ist?
Schwer zu beschreiben. Abgesehen davon, dass ich sowieso das Gefühl habe in allem zu versagen, ist es jemandem, der mir viel bedeutet, gegenüber umso schlimmer für mich. Ich bin eine Enttäuschung für ihn, anderen gegenüber und für mich selbst, da kaum therapieerfolge ersichtlich sind
Es ist sein Job und er bekommt Geld dafür mir zu helfen, mir zuzuhören. Wenn ich da auch nur ansatzweise das Gefühl habe er mag mich nicht und sieht gegen die Stunde mit mir an, das zerreißt mich innerlich. Dass er etwas für mich tun "muss" nur damit es mir gut geht - ich fühle mich so schlecht dabei


theweirdeffekt
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Beitrag Do., 28.11.2019, 13:19

Er muss ja gar nix für dich tun. Er hätte dich nicht als Klientin aufnehmen müssen. Gibts etwas das besser funktioniert seit du in Therapie gehst?
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peppermint patty
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Beitrag Do., 28.11.2019, 14:33

Kaja88 hat geschrieben: Do., 28.11.2019, 08:44 Ich bin eine Enttäuschung für ihn, anderen gegenüber und für mich selbst, da kaum therapieerfolge ersichtlich sind
Hat er das so zu dir gesagt? Kann ich mir nicht vorstellen, es scheint eher deine Phantasie zu sein, oder?

Andererseits frage ich mich was du zum Therapieerfog beiträgst. Warum auch immer hörst du dich für mich sehr passiv (und bedürftig) an. So als würdest du nehmen, was du geboten bekommst - und was nach deinem Erleben zu wenig ist - arbeitest selbst aber nicht aktiv mit. Vielleicht stimmt das aber auch gar nicht?

Damit meine ich vor allem all das anzusprechen was du hier schreibst.

- die Frage, ob das was dich an ihn bindet eine Art Hass-Liebe sein könnte
- die Begegnung auf der Straße und deine Interpretation dazu
- die (gefühlt) zu geringe Zuwendung
- dein Gefühl ihm egal zu sein
- dein Wissen, dass die andere Patientin viel mehr Aufmerksamkeit als du bekommt - und was es mit dir macht
- das Gefühl in seinen Augen eine Enttäuschung zu sein,...

Nur dadurch das du die Dinge ansprichst, kannst du vorwärts kommen. Nach meiner Auffassung gehört das zum Bereich "Mitarbeit der/s PatientIn". Dazu gehört auch das Ansprechen des Unangenehmen, selbst wenn es den Thera betrifft. Dein Thera sollte wissen was dich (auch in Therapie) bewegt. Nur auf diese Art können mMn die wichtigen Dinge bearbeitet und Fortschritte erzielt werden.

Bedürftig zu sein, finde ich nichts Schlimmes und bei einer Kindheit mit großen Mangelerfahrungen absolut nachvollziehbar. Genauso wenig finde ich in der Therapie "zu nehmen" bedenklich, aber um wirklich vorwärts zu kommen, ist es wichtig alles an- und auszusprechen. Auch die Bedürftigkeit.
Kaja88 hat geschrieben: Do., 28.11.2019, 08:44 Es ist sein Job und er bekommt Geld dafür mir zu helfen, mir zuzuhören.
Was auch toll sein kann, weil du dadurch einen "Anspruch auf zuhören" erwirbst, den du so sonst nirgendwo anders hast.
Und es ist natürlich bei allen Patienten der Fall, auch bei deiner Freundin. Das ist aber nicht gleichbedeutend mit Gleichgültigkeit oder Bedeutungslosigkeit des Patienten. Auch nicht, dass er dich deshalb nicht mag - keineswegs. Das sind zwei verschiedene Dinge, die es auseinanderzuhalten gilt.
Aber vielleicht auch ab und zu daran denken, es ist ein Thera, der dir berufsbedingt helfen möchte, deine Probleme zu bearbeiten und keine Bezugsperson o. ä.., was ja auch ne Chance ist.

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