Ich bin Alkoholikerin

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
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ingwer75
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Beitrag Mi., 30.01.2019, 03:37

Meinen leiblichen Vater sah ich das erste Mal, als er im Keller des Krankenhauses lag.
Von oben bis unten aufgeschnitten, grob zusammengenäht und das Schnürchen mit dem Zettel am Zeh.
Leberzirrhose und Bauchspeicheldrüsenkrebs

Jahrelang hab ich gearbeitet bis zum totalen Zusammenbruch - körperlich wie psychisch - und ich finde es nicht lustig, dass ich nicht für den ersten Arbeitsmarkt verfügbar bin. Um etwas genauer zu beschreiben...ich lieg an meinen freien Tagen, wenn ich nicht in die Tagesstruktur gehe, nicht auf der Couch und guck TV und trink mein Bier dazu!

Meinem Mann und meiner Tochter ist es nicht egal wie es mit ihr geht. Es gibt immerwieder Gespräche, Tränen fließen...danach möchte ich mich am liebsten immer umbringen, da der Gedanke kommt, dass es ihnen ohne mir besser gehen würde.
Es tut mir leid Nico, dass du so ein extrem schwerer Fall warst/bist, aber ich bin 2017 mit einer Medikamentenüberdosis und Alkoholmissbrauch mit Polizei und Rettung auf die Intensivstation eingeliefert worden. Beim Erwachen war ich angegurtet und hatte einen Katheter gesetzt bekommen - vielleicht ist dies ein wenig genug Leidensweg als kleiner Ausschnitt.

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Nico
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Beitrag Mi., 30.01.2019, 05:46

Weißt du ich werde trotzdem irgendwie das Gefühl nicht los, dass du hier zumindest ein wenig, auf Mitleid aus bist. Niemand versteht es so gut manipulativ zu sein, wie Alkoholiker. Von deinen Tränen haben deine Angehörigen genau gar nichts.
Und das größte Gift für einen Alkoholiker, gleich nach Alkohol, ist Selbstmitleid.

Mir tut überhaupt nix leid an meiner Alkoholikerkarriere, sie gehört zu mir wie meine zwei Beine, ohne mein Saufen wäre ich heute nicht der der ich bin und ich bin froh dass ich so bin wie ich heute bin.
Zu dem ganzen Scheizz den ich damals aufgeführt habe, stehe ich und mit allen zu denen ich heute noch Kontakt habe, habe ich mich für damals entschuldigt und ausgesprochen.
Tränen u lamentieren aber trotzdem weitermachen nützt niemanden, tu ernsthaft etwas dagegen oder mach einfach ohne diese Show weiter bis du deinem Vater folgst.

Ich weiß es ist alles andere als leicht, aber nur DU kannst es für DICH tun, niemand kann dir das abnehmen.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Philosophia
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Beitrag Mi., 30.01.2019, 09:56

ingwer75 hat geschrieben: Mi., 30.01.2019, 03:37 Jahrelang hab ich gearbeitet bis zum totalen Zusammenbruch - körperlich wie psychisch - und ich finde es nicht lustig, dass ich nicht für den ersten Arbeitsmarkt verfügbar bin. Um etwas genauer zu beschreiben...ich lieg an meinen freien Tagen, wenn ich nicht in die Tagesstruktur gehe, nicht auf der Couch und guck TV und trink mein Bier dazu!
Warum hast du denn bis zum totalen Zusammenbruch gearbeitet? Stand etwa jemand mit einer Peitsche hinter dir?
ingwer75 hat geschrieben: Mi., 30.01.2019, 03:37 Es tut mir leid Nico, dass du so ein extrem schwerer Fall warst/bist, aber ich bin 2017 mit einer Medikamentenüberdosis und Alkoholmissbrauch mit Polizei und Rettung auf die Intensivstation eingeliefert worden. Beim Erwachen war ich angegurtet und hatte einen Katheter gesetzt bekommen - vielleicht ist dies ein wenig genug Leidensweg als kleiner Ausschnitt.
Dein 'aber' versteh ich hier nicht (ein 'auch' hätte ich passender gefunden).
Zumal du Nico ja fragen könntest, wie er es geschafft hat, da rauszukommen, anstatt dein Leid überdimensional groß entgegenzusetzen.
Auf alle Fälle hat Nico recht, wenn er sagt, es ist wichtig, sich aktiv mit dem Ganzen auseinanderzusetzen, anstatt zu lamentieren und sich hinter Schuldgefühlen zu verstecken - Schuldgefühle behindern total beim Vorankommen (nicht nur bei Alkoholikern, sondern generell).
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Sehr
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Beitrag Mi., 30.01.2019, 11:04

Partner und Kind riechen die Fahne, die müssen das auch schon bemerkt haben. Riecht halt schon streng. Selbst nach einem Bier.
[wegzudenken, mehr nicht]

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Klein-Ida
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Beitrag Mi., 30.01.2019, 22:39

ingwer75 hat geschrieben: Mi., 30.01.2019, 03:37 Jahrelang hab ich gearbeitet bis zum totalen Zusammenbruch - körperlich wie psychisch - und ich finde es nicht lustig, dass ich nicht für den ersten Arbeitsmarkt verfügbar bin. Um etwas genauer zu beschreiben...ich lieg an meinen freien Tagen, wenn ich nicht in die Tagesstruktur gehe, nicht auf der Couch und guck TV und trink mein Bier dazu!
Das hört sich eher nach Überforderung an.
Du solltest mehr für dich selber tun, dir Gutes tun, Pausen machen, das ist auch ganz wichtig, dann schöpft man auch wieder neue Kraft. Und warum nicht auf der Couch liegen und TV gucken,wenn es dich entspannt, dann aber ohne Bier.

Ansonsten must du dir überlegen was dir denn zur Entspannung noch gut tun würde,
es gibt ja viele Möglichkeiten: hier nur einige Beispiele: autogenes Training,schwimmen,
Sport,Kino, ins Museum gehen,reisen usw.

Was hast du denn für Hobbys ?
"Wer nicht weiß wohin er will, der darf sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt."
Mark Twain

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ingwer75
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Beitrag Do., 31.01.2019, 04:59

Aus privaten Gründen konnte ich ab 2008 nur abends arbeiten. Zuvor arbeitet ich mittels Dienstleistungsscheck und hätte nur Anspruch auf Notstandshilfe gehabt, das wäre für uns finanziell zu wenig gewesen, da ja das gemeinsame Einkommen herangezogen wurde, um Schulden, Leben etc.... zu finanzieren und begleichen zu können.
Mit der Peitsche stand niemand neben mir, aber der Druck dies zu schaffen war in mir.
Kam meist so gegen 2 - 3 Uhr morgens heim und ab 6 Uhr sollte ich wieder funktionstüchtig sein für die kids. Ich konnte kaum schlafen über 4 Jahre, hatte starke körperliche Schmerzen von der Arbeit und es hat sich sehr eingeschlichen, dass Alkohol mir Erleichterung verschaffte.
So hat es sich stetig eingeschlichen, dass der Alkohol ab diesem Zeitpunkt fix und täglich Mittel zum Zweck wurde und nun ist der Alkohol eben der schnellste Weg für´s Belohnungszentrum des Gehirns. Ich gebe auch ehrlich zu, dass ich nicht weiß, ob ein Benzo, dass abhängig macht besser wäre für die Situationen. Wobei Alkohol seit der Jugend ein Problem ist, um von der Grundstimmung und den Gedanken zu entfliehen und um mit dem Alltag klar zu kommen.
Ich dachte beim Eröffnen des Beitrages nicht speziell an Mitleid (kann aber bei einigen natürlich durchaus so ankommen, verstehe ich ja auch), sondern vielmehr an einen Austausch.

Nico, wie hast du es denn geschafft? Ein monatelanger Aufenthalt in einer Entzugsklinik ist mir wie geschrieben nicht möglich.

Kino, Ausflüge etc. an Aktivitäten unter "Otto-Normalbürger" sind für mich nur sehr begrenzt möglich mit der generalisierten Angststörung und den finanziellen Mitteln. Letzten Samstag war ich mit meiner Tochter das erste mal unter uns Damen alleine in der Therme. Dies war für mich persönlich ein Riesenschritt. Ich entscheide immer kurzfristig. Wenn ich merke, dass ich in der Lage dazu bin, dann mach ich was.
Videos, Hörbücher...betreff Arbeiten mit dem inneren Kind, Süchte verstehen und loslassen, Motivation höre ich oft und viel. Die Ruhe um TV zu gucken hab ich leider noch immer nicht. Wünsche mir dies schon sehr, sehr lange oder die Ruhe, um ein Buch zu lesen und Vieles mehr.
Wie erwähnt ist alles, wobei und womit ich mit mir alleine bin unsagbar schwer.
Rund um das Thema Alkohol kann ich einer Notsituation keine Freundin anrufen, da niemand von meinem größten Problem weiß. Bei zwei Damen hab ich es zwar erwähnt, aber sie kennen das Ausmaß nicht wie sehr es mich belastet bzw. wie sich der Alltag rum um das Thema Alkohol für mich abspielt.

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Nico
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Beitrag Do., 31.01.2019, 05:52

ingwer75 hat geschrieben: Do., 31.01.2019, 04:59 .Nico, wie hast du es denn geschafft? Ein monatelanger Aufenthalt in einer Entzugsklinik ist mir wie geschrieben nicht möglich.
Um mich geht es hier nicht, aber ich habe 10 Wochen in einer Klinik verbracht und danach bin ich einige Zeit zu den AA gegangen.
Ausserdem hab ich radikal reinen Tisch gemacht, kein Selbstmitleid mehr, keine Ausreden, keine Lügen.

Ein längerer Aufenthalt in einer Klinik ist dir nicht möglich?
Na dann ist es eh besser wenn du nicht hingehst, denn dann hast du auch keine Erfolgsaussichten.
Wenn immer irgendetwas anderes wichtiger ist als vom Alk wegzukommen, soll man es eh sein lassen.
Kannst ja weiterhin Krokodilstränen vergießen.
Die Leberzirrhose oder die Bauchspeicheldrüse fragen übrigens nicht ob es bei dir möglich ist oder nicht, das weißt du hoffentlich aus dem Schicksal deines Vaters....
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Klein-Ida
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Beitrag Do., 31.01.2019, 12:20

Es gibt ein Selbsthilfe Alkoholiker-forum und ein Alkoholiker-forum zum
Austausch. Einfach mal Google fragen.
Ich kann das hier gerade nicht einstellen.
"Wer nicht weiß wohin er will, der darf sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt."
Mark Twain

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Malia
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Beitrag Do., 31.01.2019, 13:17

sehr es mich belastet bzw. wie sich der Alltag rum um das Thema Alkohol für mich abspielt.
Wie sieht diese Belastung konkret aus ?
Bei einem gewissen Stande der Selbsterkenntnis und bei sonstigen für die Beobachtung günstigen Begleitumständen wird es regelmäßig geschehen müssen, dass man sich abscheulich findet.
Franz Kafka


Sehn-Sucht
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Beitrag Do., 31.01.2019, 20:12

Meine Güte, ingwer!

Wenn dich der Alkoholkonsum wirklich stark belastet, geh zu den AA. Die 1 1/2 Std. wirst du Zeit erübrigen können. Musst nicht mal etwas sagen dort, nur zuhören.

Sollte der Alkohol für dich kein Riesenproblem sein, trink halt weiter!

Mehr ist doch gar nicht dran, an dieser Alkoholsache.

Grüsse,
Sehn-Sucht (heute trocken)

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ingwer75
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Beitrag Fr., 01.02.2019, 07:01

Ich bedanke mich für eure Antworten.
Werde mich zukünftig über das Thema Alkohol in einem Selbsthilfeforum speziell für diese Thematik austauschen.
Hier werde ich über psychische Probleme schreiben und mich austauschen.
Wünsche euch allen einen schönen Tag.

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Malia
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Beitrag Fr., 01.02.2019, 11:22

Werde mich zukünftig über das Thema Alkohol in einem Selbsthilfeforum speziell für diese Thematik austauschen.
Mutig!
Bei einem gewissen Stande der Selbsterkenntnis und bei sonstigen für die Beobachtung günstigen Begleitumständen wird es regelmäßig geschehen müssen, dass man sich abscheulich findet.
Franz Kafka

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tief_unten
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Beitrag Di., 05.02.2019, 12:22

"mutig" mir kommt das kotzen, es gibt Gründe wieso Leute saufen, ahja, aber dass man täglich mit Alki Werbung zugemüllt wird, wie gut oder jenes im Abgang is, oder all diese tollen Weinbauern oder Spirituosenhersteller, da ist dann jemand mutig, der im Grunde der beste Kunde is, der ist dann mutig, seinen Alkoholkonsum zu hinterfragen

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Nico
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Beitrag Di., 05.02.2019, 12:32

tief_unten hat geschrieben: Di., 05.02.2019, 12:22 .... oder all diese tollen Weinbauern oder Spirituosenhersteller,
Bitte was haben denn DIE damit zu tun?? :roll:
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Klein-Ida
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Beitrag Di., 05.02.2019, 12:35

Sehn-Sucht hat geschrieben: Do., 31.01.2019, 20:12 Mehr ist doch gar nicht dran, an dieser Alkoholsache.
Es ist schon eine ganze Menge mehr dahinter, oft sehr viel Leid.
"Wer nicht weiß wohin er will, der darf sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt."
Mark Twain

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