8 Jahre Psychoanalyse - Fehlbehandlung ?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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sandrin
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 14:48

Ist das Problem nicht, dass sich da vieles massiv widerspricht? Auf der einen Seite, soll man sich "einlassen". Tut man das nicht, dann hat man Probleme mit dem "Einlassen". Tut man es dann und es geht schief, dann hat man plötzlich nicht genug Eigenverantwortung. Ehrlich, das passt hinten und vorne nicht zusammen.

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montagne
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 15:31

Ich glaube, dass ist genau dieser Balanceakt, der gesund ist und gesund macht, zwischen Einlassen und trotzdem nicht ZU abhängig zu sein. Gesunde Autonomie.

Die Frage ist, wie schafft man es als jemand, der psychisch nicht gesund ist? Ich hab wenig zu klagen über meine Therapie, sehe da aber auch eine riesige Schwierigkeiten von Therapie und seelische Arbeit an sich.
amor fati

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diesoderdas
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 15:41

@lisbeth:
Kann deine Aussagen nachvollziehen. So sehe ich das auch. Ein Mensch, der in Therapie geht, HAT eben diverse Sachen nicht im Griff und kann in manchen gar nicht angemessen reagieren (angemessen = eventuell in manchen Konstellationen dem Therapeuten den sprichwörtlichen Mittelfinger zeigen und das Weite suchen).
Selbst wenn der Patient das alles anspricht in der Therapie, dass nichts voran geht oder dass man Aussagen des Therapeuten nichts abgewinnen kann oder die evtl sogar Schaden anrichten oder evtl der Therapeut selbst sogar eine problembehaftete Persönlichkeit ist - selbst dann wird meist dem Patienten die Schuld für alles hingeschoben werden, bin ich sehr überzeugt von. Meist wird es der zu Kranke sein, wegen dem eine Therapie nicht gelingt. Und fast nie der schlechte Therapeut oder einfach nur eine schlechte Konstellation oder eine unpassende Methode.

Meine aktuelle Meinung ist leider im Moment, dass ich mich frage, ob Therapie überhaupt helfen kann oder man gut daran tut, die Finger davon zu lassen, weil es viel zu leicht schief gehen kann. Und wie Jenny sagte: wenn etwas hilft, war es dann tatsächlich die Therapie oder wäre man ohne an genau dem gleichen Punkt?

Und wenn dann noch Erfahrungen gemacht werden, dass der Therapeut sich selbst oder auch nur die Methode als alleinige Hilfe hoch jubelt... Ja, dann... Hut ab vor denen, die ganz fix den Absprung schaffen.

Ein Sozialarbeiter sagte mal zu mir vor Ewigkeiten: "Therapeuten wollen Macht und Einlassen und dass man auf sie hört. Aber wenn es schief geht wollen sie keine Verantwortung dafür übernehmen."


isabe
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 15:45

Ich kann nur vor Verallgemeinerungen warnen!

Wer nicht bereit ist, diese zu hinterfragen, sollte in der Tat besser die Finger von Therapien lassen, denn diese geben keine Garantie auf Gelingen. Es trotzdem zu wagen, ist die Chance.

Therapeuten sind weder immer nur gut noch immer nur schlecht, sondern "gemischt" - wie alle anderen Menschen auch. Das weiß man vielleicht noch nicht zu Therapiebeginn, aber wer nach mehreren Jahren noch immer nicht auf die Idee kommt, sich mal genauer anzuschauen, was da passiert zwischen Therapeut und Patient, der ist vielleicht auch in einer ambulanten Therapie nicht gut aufgehoben, denn die erfordert in der Tat auch Mitdenken und Umdenken.

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Jenny Doe
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 15:54

Man sollte erst mal zusehen, dass man gesund wird bevor man zum Psychotherapeuten geht. Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen, keine Angst vor Autoritäten, die Fähigkeit Nein zu sagen, keine abhängige Persönlichkeit sein, ich- und identitätsgefestigt sein, nicht manipulierbar sein, so gesund sein, dass man klar denken und kritisch hinterfragen kann, ... am besten noch die Werke von Freud und von Verhaltenstherapeuten gelesen haben, ... sind Eigenschaften und Fähigkeiten, über die man als Klient bereits vor Therapiebeginn verfügen sollte, ... damit man nicht eines Tages selbst Schuld daran ist, wenn der Therapeut seinen Job nicht richtig ausübt. :kopfschuettel:
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).


isabe
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 16:07

...oder alternativ (scheinbar gibt es keinen Mittelweg...):

Man guckt vorher gar nicht, an wen man sich wendet und lässt sich einfach passiv führen und überraschen. Der Therapeut ist schließlich kein normaler Mensch, sondern irgendwas anderes, eine perfekte Maschine, zu der man dann auch keine menschliche Beziehung aufbaut, sondern von dem man die richtigen Inventionen hören möchte, damit die dann quasi automatisch in einem selbst für Besserung oder gar Heilung sorgen. Man fragt sich jahrelang nicht, ob einem das gut tut, ob man überhaupt irgendwelche Gefühle in Bezug auf die therapeutische Beziehung hat. Man geht einfach hin, praktisch, wenn man es nicht selbst zahlen muss, sondern der Therapeut wie von Geisterhand honoriert wird. Vielleicht ist es auch gar nicht gut, über so was wie "Honorar, Dankbarkeit, Freude, Zuneigung, Angst" nachzudenken, man ist ja immerhin krank und damit außen vor - sodass man auch nicht behelligt werden möchte mit Anforderungen an einen selbst. Kranke können schließlich nicht mitdenken, sie sind offenbar nicht nur krank, sondern gleichzeitig dumm und naiv. Wozu hat man einen Therapeuten, wenn der einem das Denken nicht abnimmt?

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Broken Wing
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 16:13

@ JennyDoe: Oder das Glück haben und einen guten Therapeuten erwischen, wobei die von dir aufgezählten Fähigkeiten einen solchen Treffer erheblich begünstigen - und ihn sogar überflüssig machen.

Am Ende des Tages, es ist nicht als Vorwurf aufzufassen, wird der TE seine Wunden lecken und aufstehen müssen oder daran zu Grunde gehen. Ist leider so, wenn man beeinträchtigt ist.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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lisbeth
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 16:38

Sehr hat geschrieben: Sa., 30.06.2018, 14:40 Ich denke dieser Analytiker ist ein wahres Genie oder Manipulations-Künstler, wie könnte ihm das entgehen.
Manipulationskünstler muss er noch nicht mal sein. Da reichen ein paar Faktoren in der Vorgeschichte des Patienten, so dass die seine Statements auf "fruchtbaren" Boden fallen.

Wenn du sowas nicht kennst, sei einfach nur froh und danke deinem Schicksal. Denn wenn du in solchen Manipulationen drin steckst, dann ist das meistens ein Double-Bind. Selbst wenn du ahnst, dass da etwas faul sein könnte oder nicht so ganz stimmig ist - der Weg nach draußen ist ganz oft verbaut, das ist Teil der "Geschichte" die dir erzählt wird. Und das hält dich dann in solchen missbräuchlichen Situationen gefangen. Oft auch so lange, dass das nach außen nicht mehr vermittelbar erscheint. Zu der sowieso besch.issenen Situation und dem Kampf, um sich da zu befreien, kommt dann außerdem noch die Scham darüber dazu, dass man das mit sich hat machen lassen.

Wenn hier so - wie es in diesem Thread passiert - über "Schweigegebote" von Tätern beim sexuellen Missbrauch diskutiert werden würde, wäre der Aufschrei wahrscheinlich riesig. Da würde keiner auf die Idee kommen, die "Schuld" beim Opfer zu sehen, weil es nicht gegoogelt hat, oder sich auf die Therapie "eingelassen" hat und sich nicht "schnell genug" aus diesem Double-Bind befreien konnte.

Ich kann nur jeden beglückwünschen, der solche Konstellationen selbst nicht hat erfahren müssen, aber schaltet bitte Euer Hirn ein, bevor ihr Eure klugen und verallgemeinernden (@isabe!) Sprüche dazugebt.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott


mio
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 16:42

sandrin hat geschrieben: Sa., 30.06.2018, 14:48 Ehrlich, das passt hinten und vorne nicht zusammen.
Ist "Einlassen" denn absolut für Dich? Mit "Haut und Haar" dem anderen "hingeben", auch dann nichts "sagen", wenn der einen im übertragenen Sinne "verletzt"? Was ist das für eine seltsame Haltung?

Natürlich braucht es Vertrauen, aber Vertrauen heisst doch nicht dass man nicht auch mal "Passt so nicht für mich.", "Hilft mir so nicht.", "Aua, das tut mir weh." sagen zu DÜRFEN. Wenn das so ist, dann wurde da was KOMPLETT FALSCH GELERNT. Und zwar bereits VOR der (warum auch immer) "schiefgelaufenen" Therapie.

Und nun, was ist die Lösung? Also die, die einen SELBST da weiterbringt? Sich am vermeintlichen Fehlverhalten des "Anderen" (welches endlich lokalisiert wurde, nach 8 Jahren) "festzubeißen"? Oder aber mal auf das zu kucken was einen SELBST überhaupt so handeln lies? Wieso man das überhaupt mitgemacht hat? Und ein: Ist halt meine Vergangenheit dran schuld..ich konnte einfach nicht anders...ist da auch nur die "halbe Wahrheit".

Nur ist die andere Hälfte der Wahrheit halt weit "unbequemer" weil sie ein EIGENES DEFIZIT offenbart.


isabe
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 16:47

lisbeth:
Ich verallgemeinere überhaupt nichts, sondern habe auf Jennys Beitrag reagiert, empfinde aber dein Argumentieren als überaus unsachlich. Ich denke, du machst es dir - und den anderen Patienten - zu einfach, indem du behauptest, sie seien für gar nichts (!) verantwortlich, was die Entwicklung des Prozesses betrifft.

Es gibt so viele mögliche "Horrorgeschichten" in Bezug auf Therapie, dass, sozusagen, noch genug übrigbleibt, wenn man sich darauf konzentriert, eindeutiges Fehlverhalten des Therapeuten zu erfassen. Das meiste spielt sich in Grauzonen ab, für die kein eindeutiger Täter auszumachen ist. Hier wird "der Therapeut" schon grundsätzlich als potentieller Täter ausgemacht ("die wollen alle nur..."). Und das Wort "Täter" wird sogar noch explizit ausgesprochen.

Wir reden hier nicht über jemanden, der seinen Patienten sexuell missbraucht hat oder ihn psychisch fertiggemacht hat, sondern wir reden über einen Therapeuten, der nicht erkannt hat, dass er nicht helfen konnte. Bei dieser Erkenntnis hätte der Patient durchaus mithelfen dürfen. Bitte mal die Kirche im Dorf lassen. Wenn in einem Patienten in acht Jahren Psychoanalyse nichts (!) ausgelöst wurde, darf man sich als Außenstehender durchaus fragen, warum das so ist (entmündigt wird er ja nicht sein).

Das soll den Therpaeuten nicht entschuldigen, aber die Verantwortung des Therapeuten entbindet nicht den Patienten von seiner eigenen Verantwortung. Jemand kann in einer Beziehung etwas falsch machen, und das sagt nichts (!) darüber aus, dass der Partner nicht ebenso etwas falsch macht.

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diesoderdas
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 17:42

Was mir bei solchen Diskussionen zu kurz kommt, ist die Tatsache, dass da ein hilfesuchender Klient auf einen Menschen trifft, der das studiert/gelernt hat. Im Normalfall weiß der Therapeut also zumindest in der Theorie um einiges mehr. Und der Klient hat im Regelfall kein Psychologie studiert.
Wenn in einer Therapie etwas also wirklich RICHTIG schief geht und der Klient währenddessen oder danach massiv leidet oder sich die Situation verschlechtert, oder sich eben 8 Jahre nichts tut und der Therapeut das nichtmal merkt oder sich immernoch für einen Guru hält, dann... schlagt mich, tretet mich dafür.... dann finde ich, hat der Therapeut da einiges mehr an Verantwortung zu tragen als der Klient. Eigenverantwortung hin oder her. Er hat da seinen Job ausgeführt und die oberste Devise eines Psychotherapeuten und eines Arztes sollte sein, nicht zu schaden.

Und ein Therapeut muss natürlich auch damit umgehen können, wenn ein Patient mit Kritik ankommt und sagt, dass alles z.B. zu keinen Verbessertungen führt (was ich auch als Eigenverantwortung betiteln würde). Wenn die Kritik dann wieder nur als Problem des Patienten gedeutet wird, dürfte man sich im Hamsterrad befinden.

Ich finde, das ist alles ein ganz ganz heikles Thema mit ganz vielen Facetten, hätte eigentlich einen ganz eigenen Thread verdient.

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diesoderdas
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 17:53

@Ruli:
ich finde das ganz toll, dass du den Absprung geschafft hast! Es hat lange gedauert, aber du bist selbst darauf gekommen.

Ich habe das nicht gemacht, habe es nicht allein geschafft. Wäre noch die Option für Verlängerung gewesen, hätte ich wahrscheinlich sogar nochmal verlängert (in der damaligen Situation; jetzt natürlich nicht mehr) und hätte das Desaster noch länger weiter geführt. Im Grunde verrückt. Und dennoch hätte ich es wohl gemacht.

Warum jemand so lange in einer unguten Situation bleibt - die Frage kann man stellen. Aber man sollte sehr vorsichtig sein, wie man sie formuliert und sollte eine Beurteilung/Bewertung weg lassen, finde ich.
Wäre man selbst in der gleichen Situation gewesen , hätte man vielleicht ganz genauso reagiert. Nur weil man etwas nicht nachvollziehen kann, heißt das nicht, dass man da nicht selbst mal reingeraten kann. Und auf einmal versteht man es....

Ruli: Klopf dir doch mal auf die Schultern :klatsch:
Was ich fragen wollte (sorry, falls überlesen): Hast du das Gefühl, dass dir etwas geschadet hat in der Therapie?Und wenn ja, was? Oder hat es halt "nur" keinen Erfolg gehabt? Wenn man die verlorenen Jahre und die Zeit mal beiseite nimmt


mio
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 17:57

Die spannende Frage ist eben: WURDE es geäußert? Also so, dass es auch "verstehbar" gewesen wäre? Oder gab es solch "kontroverse" Gespräche schlicht NIE, weil der Patient eben ein "braver Patient" war?

Wenn ich das richtig verstanden habe dann gab es diese "Gesprächsversuche" erst nach 7 langen Jahren. In welchem Kontext vermag ich nicht zu beurteilen, es wäre aber um zu einem Gesamtbild kommen zu können schon wichtig zu wissen WIESO nach 7 Jahren plötzlich hinterfragt wurde (also aus welcher Situation in der Therapie/im Leben heraus), wenn dies vorher so gar nicht geschah? Irgendwas dürfte da "vorausgegangen" sein meiner Meinung nach.

Und ein Therapeut der GAR NICHT WEISS dass seine Therapie als "nicht hilfreich" erlebt wird der kann schlicht auch gar nicht wissen, macht also auch nix falsch in dem Sinne. Dazu braucht es dann schon auch einen "ehrlich sprechenden Patienten" und keinen "ich will aber doch brav sein und tu dafür alles" Patienten.


shesmovedon
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 18:06

Wieso geht jemand 8 Jahre lang in eine Therapie, die ihm nicht hilft? Da kann der Therapeut doch nix zu, das muss ich doch selbst merken. Sehe da nicht so einseitige Fehlbehandlung seitens des Therapeuten.


isabe
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 18:24

diesoderdas hat geschrieben:dann finde ich, hat der Therapeut da einiges mehr an Verantwortung zu tragen als der Klient.
Zweifellos. Nur nützt diese Erkenntnis niemandem. In der Praxis werden Behandlungsfehler anerkannt (war bei mir auch so), aber gleichzeitig wird festgestellt, dass so etwas vorkommt.

Was relativ eindeutig ist (und die Beweislage ist hier noch mal eine andere Frage, bei der ich jedem betroffenen Beschwerdeführer nur "viel Spaß" wünschen kann...), sind erstens Straftaten und zweitens gravierende Grenzverletzungen, die sich auch relativ klar benennen lassen: fehlerhafte Abrechnungen, Unzuverlässigkeit, Lügen, häufige und deutliche Verletzungen des zeitlichen Rahmens, Andeutungen einer privaten Beziehung ("wenn ich nicht Ihr Therapeut wäre..."), Körperkontakt usw.

Alles, was darüber hinaus schieflaufen kann, ist nicht unbedingt eindeutig dem Therapeuten anzulasten, jedenfalls nicht ausschließlich: Ein Patient muss (!) sich fragen, ob ihm die Beziehung hilft oder gut tut. Und die Beantwortung dieser Frage ist unter Umständen schwierig und schmerzhaft. Vielleicht mag der Patient den Therapeuten, fühlt sich bei ihm geborgen, hat Angst vor dem Ende - und es geht ihm trotzdem nach Jahren noch nicht besser. Dann sind das Dinge, die in der Beziehung besprochen werden müssen. Wenn man sie nicht bespricht, ist der Therapeut machtlos. Und "besprechen" heißt auch: sagen, wenn man sich nicht wohl fühlt oder einem die Stunden egal sind.

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