Mutter verzeihen oder Kontaktabbruch

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Beitrag Fr., 02.02.2018, 11:34

Eremit hat geschrieben: Do., 01.02.2018, 17:37 Allerdings sind solche Kinder dann auch nur die Abziehbildchen ihrer Eltern, sie machen am Ende genau die selben Fehler, um dann das "dunkle Erbe" wieder an die nächste Generation weiterzureichen. Wenn man nicht die Courage hat, um "Stopp!" zu sagen, ist man nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems …
Und genau davor habe ich auch ein wenig Angst. Ich habe Angst, ungewollt so zu werden wie sie. Obwohl ich weiß, dass so Handlungen bewusst erfolgen, habe ich Angst bei meinen Kinder die Geduld zu verlieren oder irgendwas. Ich habe mich gestern erneut ein wenig eingelesen in diese ganzen psychischen Störungsbilder und der Borderline-Typ zeigt starke Parallelen zu meiner Mutter, gerade dieser sogenannte "Hexen-Typ". Und ich weiß, dass man so nicht diagnostizieren kann und ich sollte es eigentlich lassen und das Thema für gut befinden, aber irgendwie ist immer noch der Drang dar zu verstehen. Ich weiß auch nicht warum. :roll: Und es beunruhigt mich, weil überall steht, dass die Kinder so etwas auch später kriegen könnten, als Folge sozusagen. Ich glaube, dass man erst mittels einer Therapie dann sehen wird können, was genau ich als Betroffene für Folgeschäden davon getragen habe.
Eremit hat geschrieben: Do., 01.02.2018, 17:37 Die Sache mit dem Alkohol ist die: Alkohol baut Hemmungen ab und zeigt, aus welchem Holz ein Mensch geschnitzt ist ("In vino veritas"). Gerade dann, wenn Menschen in alkoholisierten Zustand solche Dinge machen wie Deine Mutter, sollte ein großes rotes Warnsignal anspringen.
So habe ich das auch noch nicht betrachtet... Vielleicht hat ja generell einen Hass auf mich gehabt. In ihren Augen habe ich ja ihr ganz Leben zerstört hat sie im betrunkenen Zustand oft gesagt...


Krümmelmonster hat geschrieben: Do., 01.02.2018, 21:57 Deine Mutter ist krank!

du kannst dir jetzt ein neues Leben aufbauen und vieles anders machen.
Nicht so wie deine Mutter.
Veränderungen anders zu machen kostet sehr viel Kraft und Energie und eine neue Wahrnehmung aufzubauen.
Wo war dein Vater? war der nicht da?
Mein Vater wohnt in einem anderen Land, weshalb von ihm keinerlei Hilfe kam. Er hat sich da immer raus gehalten und nun auch eine neue Familie gegründet. Das ist auch ein Thema in meinem Leben, wo ich noch nicht genau weiß, wie ich damit umgehen soll.
Und ich bin eh schon dabei, viele Sachen anders zu machen als meine Mutter. Sie hat ja nicht nur hinsichtlich ihrer Erziehung viele Fehlentscheidungen getroffen, sondern auch in beruflicher sowie zwischenmenschlicher Hinsicht. Ich bin da wirklich sehr achtsam, ihre Fehler nicht zu wiederholen. Möglicherweise, weil ich so wenige Paralleln zu meiner Mutter haben will wie es nur geht. Mein Freund sagt zum Beispiel, dass ich manchmal mein Gesicht verziehe wie meine Mutter. Das ist jedes mal wie eine Beleidigung für mich :kopfschuettel:

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Beitrag Fr., 02.02.2018, 11:36

Haithabu hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 00:45 Ich denke in deinem Post stecken ja auch zwei Fragen. Zuerst einmal, willst du diesen Kontakt überhaupt noch. Und wenn ja, wie soll er sich gestalten. Dass das jetzt gerade so läuft, wie es läuft, halte ich nämlich erst einmal für sekundär. Wenn du dich, aus welchen Gründen auch immer, doch dafür entscheidest, mit deiner Mutter weiterhin Kontakt haben zu wollen, kannst du die angemessenen Rahmenbedingungen dafür ja immer noch ausloten.
Das Problem ist leider, dass sie das nicht akzeptiert. Ich hab schon oft versucht, etwas zu erbitten und sie stimmt dem zwar zu, aber letzten Endes wird es nicht umgesetzt. Zum Beispiel streiten wir uns immer über Whatsapp. Wenn wir uns persönlich sehen, gibt es keinen Streit. Weshalb ich ihr auch vorgeschlagen habe, dass wir uns nur mehr persönlich treffen und über Whatsapp nur mehr ausmachen, wann wir uns treffen. Und letzten Endes will sie, dass wir jeden Tag schreiben. Und das war jetzt natürlich nur ein Beispiel.

Haithabu hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 00:45 Meine Mutter war dann übrigens eine sehr gute Oma. Deshalb hat es auch ein Weilchen gedauert, bis ich für mich sagen konnte, dass es so trotzdem für mich nicht geht.
Ich weiß nicht, ob meine Mutter eine gute Oma wäre. Einige Faktoren, wie das Kettenrauchen in geschlossenen Räumen, ihre lose Zunge, die Bevorzugunng ihrer Hunde egal über wen, sind so Charakteristiken, wo ich nicht weiß, ob sie überhaupt eine gute Oma wäre. Andererseits hat sie natürlich auch positive, mütterliche Charakteristiken, wie das hervorragende Kochen, die Geduld einem was beizubringen, uvm.. Als Kind hat sie mich denke ich mal schon gut erzogen, wenn man von den Umzügen absieht. Ich erinnere mich halt nur mehr an so wenig aus meiner Kindheit und möchte irgendwo auch nicht ihre ganze Erziehung verübeln. Aber in meiner Jugend ging dann halt nach und nach alles zu Brüche. In unserer Eltern-Kind-Beziehung war dann eher ich die rationale, erwachsene und sie die kindliche, die sich mit allen zerstreiten musste und bin es bis dato immer noch. Meine Mutter hat eine emotionale Reife von einer 15-Jährigen, dem stimmt sie auch zu. Weshalb ich nicht sicher bin, dass da jemals ein normales Rollenverhältnis zustande kommen könnte.

Haithabu hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 00:45
Menschen dürfen Fehler machen. Auch Mütter. Aber mir hat in all dem eine eindeutige Bekenntnis dazu gefehlt. Eine Stellungnahme, die mir sagt: Ja, ich habe sehr viel falsch gemacht. Ich weiß, dass es dich verletzt hat. Jetzt möchte ich für dich da sein und dich dabei unterstützen, damit es dir gut geht.
Keine Ahnung, ob ich das so oder so ähnlich hätte annehmen können. Wann ist ein Verhalten unentschuldbar? Wo sind die Grenzen des Verzeihens? Ich nehme an, da gibt es keine objektiven Antworten.

Aber ihre komplette Abwehr sich damit auseinanderzusetzen (und das, obwohl sie Fachfrau ist), konnte letztlich nur den "Absprung" aus der Beziehung erwirken.
Diese Frage stelle ich mir auch immer wieder. Ab wann kann man verzeihen? Kann man einem Menschen verzeihen, der seine Schuld nicht einsieht? Ich sehe das Verzeihen nicht als Entgegenkommen an, sondern vielmehr als Weg für mich, mit der Vergangenheit abzuschließen. Und das war bisher nur über eine Entschuldigung ihrerseits möglich. Nachdem ich das aber wohl niemals kriegen werde, muss ich glaube stattdessen anfangen zu verstehen, dass ich ihr nicht unbedingt verzeihen muss. Vor Allem wenn man es aus der Perspektive des Verzeihens als Legitimation der Taten betrachtet. Aber ich will nur endlich diesesn Groll hinter mir lassen und abschließen können mit dem Ganzen. Das wird sicher erst innerhalb einer Therapie, also erst in einigen Jahren, möglich sein.

Haithabu hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 00:45
Eine Stellungnahme, die mir sagt: Ja, ich habe sehr viel falsch gemacht. Ich weiß, dass es dich verletzt hat. Jetzt möchte ich für dich da sein und dich dabei unterstützen, damit es dir gut geht.
Und das ist das, womit ich seit 3 Jahren hadere. Meine Mutter sieht ihre Schuld nicht ein und rechtfertigt diese mit allen möglichen Argumenten. Sie sieht sogar die Tatsache, dass ich studiere, darin, dass sie sich so bemüht und so viele Opfer (Umzüge, Berufe,...) für mich gegeben hat. Und das schmerzt mich. Aber auf der anderen Seite, so wie es jetzt ist, sagt sie immer wieder, dass sie stolz auf mich ist und versucht mich zu unterstützen. Also sie würde mich unterstützen, wenn sie könnte. Wo ich wieder mit solch einem Widerspruch der Vergangenheit mit der Gegenwart konfrontiert bin und mir denke: Okay, früher hat sie echte Ausraster gehabt, aber nun zeigt sie mir nur mehr, dass sie mich liebt und stolz auf mich ist. Und das ist dann der Knackpunkt, wo ich oft auch nicht weiter weiß. Ich kann mich generell sehr schwer entscheiden, und bei so etwas Schwierigem ist es echt... schwer.

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Beitrag Fr., 02.02.2018, 11:38

Räbin hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 08:38 Der Abschied von diesem Wunsch ist ein schmerzlicher Prozess, ohne Frage. Ich wünsche Dir ganz viel Mut, Dich für Dich zu entscheiden!


Vielen, lieben Dank, lieber Räbin!
Räbin hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 08:38 Wenn ja, trage ich es also mit, dass jemand mir so sehr geschadet hat, ich mache mich zu seinem Komplizen gegen mich selbst. In diesem Falle kann ich niemals Heilung erlangen.

Selbst wenn ich Verständnis für seine Nöte, eigene Zerstörtheit etc. aufbringen kann, ich darf um meiner selbst Willen ein Vergehen an mir niemals mittragen. Ich kann nur unter einem Umstand verzeihen: wenn er die volle Verantwortung für seine Taten alleine übernimmt, wenn ER bereit ist, den schmerzlichen Prozess zu durchlaufen von Schuld und Reue. Ansonsten braucht es des Wortes "Verzeihen" nicht.
Dem kann ich wirklich nur zustimmen
Räbin hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 08:38 Nein, ich darf um meiner eigenen seelischen Gesundheit Willen nichts mittragen, was mir schadet/geschadet hat. Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass jemand, der so verantwortungslos gegen mich handelte ganz plötzlich die eigene Feigheit überwindet und Verantwortung übernimmt. Sollte es so sein, könnte ich vielleicht verzeihen.
Genauso denke ich auch. Sobald ich sehe, dass sie bereit ist, die Schuld für ihr Handeln zu tragen und zu verstehen, wie sehr sie mich verletzt hat, kann ich auch anfangen ihr zu verzeihen. Deshalb werde ich wohl wirklich, in einem Brief, ihr erklären, dass ein Kontakt erst wieder möglich ist, wenn ich sehe, dass sie ihre Schuld einsieht und was dagegen macht, wie beispielsweise eine Therapie. Ansonsten ist diese emotionale Achterbahn immer wieder aufs Neue erleben zu müssen, so kräfteraubend und anstrengend und hindert mich wirklich dabei meine Gegenwart zu genießen.
Räbin hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 08:38 Meine eigene Bereitschaft, Verantwortung zu tragen oder nennen wir es "Menschlichkeit", diese Energie, kann ich in Kontakte stecken, die mir gut tun. Damit ich überhaupt erst die Chance bekomme zu heilen.
Ich muss sagen, dass ich mit meinem Freund einen einzigarten, wundervollen und helfenden Menschen finden durfte. Er steht mir immer bei, wenn ich mich mal wieder über meine Mutter aufrege oder mir frühere Szenen einfallen und hört mir immer zu. Er ist wirklich mein Fels in der Brandung und ich bin so dankbar. Aber diese ganzen Geschichten, die ich ihm erzähle, verstimmen ihn auch ziemlich, weil ihm das sehr Leid tut, was sie mir alles angetan hat und ich will ihn nicht irgendwie auf meine eigene Art und Weise missbrauchen, wenn ich mit jemanden drüber reden muss, um das zu verarbeiten. Er mag meine Mutter natürlich nicht sehr, nachdem er alles weiß, aber er ist immer nett zu ihr, wenn wir uns sehen. Aber ich will ihm das auch nicht mehr länger antun, so viel Negatives hat er nicht verdient. Weshalb ich glaube ich anfangen werde, einfach alle meine Erinnerungen niederzuschreiben, als eine Art Ventil.
Räbin hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 08:38 Das könntest Du Dir, liebe HelloItsMe, vielleicht vor Augen halten. Es ist absolut legitim, dass Du Dich Menschen zuwendest, die Dir Gutes tun. Was Dich bisher daran eventuell hindert ist Deine Menschlichkeit. Und vielleicht auch die nicht erfüllbare Hoffnung (so sieht es zumindest aus, da Deine Mutter so gar keine Verantwortung zu tragen bereit ist), dass es doch noch irgendwie gut wird.
Ich glaube, was mich hindert, ist das Gefühl ein totaler A**** zu sein, wenn ich den Kontakt abbreche. Weil sie nichts und niemanden hat und es ihr gesundheitlich wirklich schlecht geht. Ich habe dann immer das Bild vor Augen, dass sie allein stirbt, ohne dass es wer tagelang oder gar wochenlang mitkriegt. Dass sie allein stirbt, in dem Wissen (weil so denkt sie), dass sie alles für mich gemacht hat und ich sie im Stich gelassen hätte. Und dann kommen die Gedanken, von wegen, dass sie auch gute Sachen gemacht hat. Sie war für mich da, wenn ich krank war, hat mir immer essen gemacht, auch wenn wir teilweise so wenig Geld hatten und hat mir zum Beispiel Nachhilfe organisiert, als ich schlecht in Mathe würde. Sie hat ja auch viel gute, mütterliche Sachen für mich getan. Und dann denke ich: Wie kann ich sie für die schlechten Taten bestrafen, wenn sie auch so viel Gutes gemacht hat? Und dann denke ich aber wieder, dass das, was sie mir angetan hat, so 'unmütterlich' war. Und dann kommen wieder die oberen Gegenargumente.
Das ist eigentlich immer der gleiche Gedankengang, aus dem ich nur sehr schwer bis kaum raus komme.

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saffiatou
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Beitrag Fr., 02.02.2018, 13:48

HelloItsMe hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 11:34 Möglicherweise, weil ich so wenige Paralleln zu meiner Mutter haben will wie es nur geht. Mein Freund sagt zum Beispiel, dass ich manchmal mein Gesicht verziehe wie meine Mutter. Das ist jedes mal wie eine Beleidigung für mich :kopfschuettel:
da finde ich mich ganz wieder! Auch ich achte sehr darauf, möglichst keine Ähnlichkeit mit meiner Mutter zu haben, nicht nur äußerlich, auch von der Sprache her, Gestik, Einrichtung etc. Es wäre für mich ein Schlag, wenn jemand sagt: "Wie Deine Mutter!"

Zum Verzeihen, stimme ich Eremit zu, es nützt den Tätern, nur selten den Opfern.

Zu dem What's-app das ist natürlich nicht fair, da kannst Du nur durch Sperren weiterkommen, ansonsten wird es ein Streit bleiben und Du das schlchte Gewissen bekommen, daß aber eigentlich Deine Mutter haben sollte, da sie sich so wenig um Deine Wünsche kümmert und nur um ihre.

Ich weiß wie hart ein Kontaktabbruch ist, da mass man viel Druck aushalten, auch von außen (Freundeskreis, Bekannte etc) die oft das nicht nachvollziehen wollen oder können, warum man sich zu dem Schritt entschieden hat. Das "heilige Familienbild" bekommt einen Kratzer und das können nur wenige aushalten.

Alles Gute,
Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan

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Sinarellas
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Beitrag Fr., 02.02.2018, 15:24

kein mensch muß verzeihen, aber man kann lernen ordentlich mit umzugehen.
Zum Beispiel mal den Fokus darauf lenken was man alles erhalten hat statt das was man nicht erhalten hat (ja auch bei einer Tätermutter!). Auch ich bemerke immer wieder ähnliches Verhalten zu meiner Mutter (auch Tätermutter) und mittlerweile stelle ich fest, einiges habe ich übernommen und so irgendwie gelernt bekommen und es hat etwas positives.
Ich habe Eigenschaften wie strukturiertes Verhalten, Organisationstalent von ihr übernommen und agiere ganz ähnlich wie sie. Das ist was gutes und das obwohl sie alles andere als eine ggute mutter war wie man es sich eben so schön vorstellt.

Ich habe einige mal einen Kontaktabbruch vollzogen, zuletzt mitte 2017 aber auch diesesmal merke ich, dass ich mir schwerer tue wenn ich das komplett einhalte. Man kann auch seinen eigenen weg mit kontakt finden der für einen irgendwo passabel ist. die mutter kann man nicht einfach kanten, sie bleibt immer irgendwo in einem ob man will oder nicht und das höre ich auch von menschen die 30 Jahre mit der Mutter gebrochen haben.

nicht alles was die tätermutter getan hat war komplett katastrophal, sonst wär man nicht mehr am leben. Manchmal gilt es den fokus auf etwas positives zu lenken um ein wenig mehr ruhe in sich zu bekommen, egal ob sie das "verdient hat" oder nicht.
..:..

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Beitrag Fr., 02.02.2018, 17:22

saffiatou hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 13:48 da finde ich mich ganz wieder! Auch ich achte sehr darauf, möglichst keine Ähnlichkeit mit meiner Mutter zu haben, nicht nur äußerlich, auch von der Sprache her, Gestik, Einrichtung etc. Es wäre für mich ein Schlag, wenn jemand sagt: "Wie Deine Mutter!"
Ein paar gleiche Verhaltensweisen wird es wohl immer geben. Man ist ja mit der Person aufgewachsen und hat ja auch die Gene. Aber das Wichtigste ist finde ich, dass man das Negative nicht hat, bzw. übernimmt. Ich habe zum Glück kaum Parallelen zu meiner Mutter, meine Psyche ist wirklich eher nach meinem Vater, aber beispielsweise die gleiche Grimasse wie meine Mutter werde ich wohl immer machen. :roll: Ich schaue aber, dass ich nicht die gleichen Entscheidungen wie sie treffe, wie vorschnell eine Beziehung beenden, Schuld andere zu schieben, ihre Erziehungs'methoden', zu viel Trinken, etc., das sind so Punkte, die ich wirklich bewusst anders mache(n möchte).
saffiatou hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 13:48 Zu dem What's-app das ist natürlich nicht fair, da kannst Du nur durch Sperren weiterkommen, ansonsten wird es ein Streit bleiben und Du das schlchte Gewissen bekommen, daß aber eigentlich Deine Mutter haben sollte, da sie sich so wenig um Deine Wünsche kümmert und nur um ihre.
Das habe ich zur Zeit jetzt auch gemacht. Dann hat sie natürlich gleich meinen Freund angeschrieben. Sie will dann immer meinen Freund auf ihre Seite ziehen, habe ich ein wenig das Gefühl. Aber er handelt da sehr erwachsen und hält sich da gsd raus. Mir tut es eh immer voll Leid, wenn er da rein gezogen wird.
saffiatou hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 13:48 Ich weiß wie hart ein Kontaktabbruch ist, da mass man viel Druck aushalten, auch von außen (Freundeskreis, Bekannte etc) die oft das nicht nachvollziehen wollen oder können, warum man sich zu dem Schritt entschieden hat. Das "heilige Familienbild" bekommt einen Kratzer und das können nur wenige aushalten.
Ich muss sagen Unterstützung würde ich von denen Personen kriegen, denen ich alles bisher erzählt habe. Das wären eh nur mein Freund und meine beste Freundin, denen ich zwangsläufig alles erzählen musste. Und mit allen anderen Menschen würde ich sowas dann erst gar nicht besprechen, bzw. anvertrauen. Für mich war es vielmehr seltsam selber zu realisieren wie gegensätzlich wir zu einem "heiligen Familienbild" eigentlich sind. Das ist etwas, was ich jahrelang als Kind und Jugendliche nicht gesehen habe und was mir erst auffällt, wo ich die Familie meines Freundes sehe.
Wir waren immer nur zu Zweit, weil sie mit ihrer Familie den Kontakt abgebrochen hat und mir durch eine Auswanderung den Kontakt zu meiner väterlichen Familie unmöglich machte. Wir waren fast immer nur zu Hause, weil wir kein Geld hatten. Die ganzen Ausflüge haben wir eher in meiner Kindheit gemacht, in meiner Jugendzeit hatte sie dann meist keinen Job oder nur sehr schlecht bezahlte. Ganz normale Sachen, die andere Menschen als normal finden und können, kenne ich gar nicht oder habe ich nie gelernt. Das sehe ich immer wieder an einfachen Sachen.
Also jeder, der mich kennt, weiß sowieso, dass wir keine normale Familie waren, bzw. sind. Von daher ist mir das nebensächlich, das Schwierige sind wirklich diese verschiedenen Emotionen.

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Beitrag Fr., 02.02.2018, 18:00

Sinarellas hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 15:24 Ich habe Eigenschaften wie strukturiertes Verhalten, Organisationstalent von ihr übernommen und agiere ganz ähnlich wie sie. Das ist was gutes und das obwohl sie alles andere als eine ggute mutter war wie man es sich eben so schön vorstellt.

nicht alles was die tätermutter getan hat war komplett katastrophal, sonst wär man nicht mehr am leben. Manchmal gilt es den fokus auf etwas positives zu lenken um ein wenig mehr ruhe in sich zu bekommen, egal ob sie das "verdient hat" oder nicht.
Das ist halt genau das, warum ich bisher über 3 Jahre hinweg den Kontakt (zumeist) aufrecht erhalten habe. Genau diese Gedanken, dass sie auch viel Gutes getan hat, sind Teil des immergleichen Gedankengangs:
HelloItsMe hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 11:38 Ich glaube, was mich hindert, ist das Gefühl ein totaler A**** zu sein, wenn ich den Kontakt abbreche. Weil sie nichts und niemanden hat und es ihr gesundheitlich wirklich schlecht geht. Ich habe dann immer das Bild vor Augen, dass sie allein stirbt, ohne dass es wer tagelang oder gar wochenlang mitkriegt. Dass sie allein stirbt, in dem Wissen (weil so denkt sie), dass sie alles für mich gemacht hat und ich sie im Stich gelassen hätte. Und dann kommen die Gedanken, von wegen, dass sie auch gute Sachen gemacht hat. Sie war für mich da, wenn ich krank war, hat mir immer essen gemacht, auch wenn wir teilweise so wenig Geld hatten und hat mir zum Beispiel Nachhilfe organisiert, als ich schlecht in Mathe würde. Sie hat ja auch viel gute, mütterliche Sachen für mich getan. Und dann denke ich: Wie kann ich sie für die schlechten Taten bestrafen, wenn sie auch so viel Gutes gemacht hat? Und dann denke ich aber wieder, dass das, was sie mir angetan hat, so 'unmütterlich' war. Und dann kommen wieder die oberen Gegenargumente.
Das ist eigentlich immer der gleiche Gedankengang, aus dem ich nur sehr schwer bis kaum raus komme.
Gerade in meiner Kindheit war sie eine gute Mutter. Sie hat damals zwar auch schon Sachen gemacht, die andere Mütter nicht machen würden, aber sie hat mich nicht missbraucht. Hat mich erzogen, mich unterstützt, mich ernährt, mich in Schutz genommen, uvm..In meiner Jugend war das dann halt nicht mehr der Fall. Da war ich dann nur mehr "der Schizo", "der Teufel" und "die fette Sau, die eh keiner mag" oder "diejenige, die sie nie hätte kriegen sollen". Es haben mich auch in langfristiger Sicht vielmehr die Aussagen von ihr verletzt als die körperlichen Taten. DIe körperlichen Taten waren zwar ein riesiger Vertrauensbruch, in dem Sinne, dass sie hätte beschützen statt verletzen sollen. Aber die Worte vergisst man viel weniger und sie haben wirklich auch bis heute Einfluss auf mein Selbstwertgefühl. Ich fühle mich immer noch wie ein "Loser", obwohl ich weiß, dass ich bisher alles super hingekriegt habe in meinem Leben.

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Beitrag Fr., 02.02.2018, 18:02

Sinarellas hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 15:24 Ich habe einige mal einen Kontaktabbruch vollzogen, zuletzt mitte 2017 aber auch diesesmal merke ich, dass ich mir schwerer tue wenn ich das komplett einhalte. Man kann auch seinen eigenen weg mit kontakt finden der für einen irgendwo passabel ist. die mutter kann man nicht einfach kanten, sie bleibt immer irgendwo in einem ob man will oder nicht und das höre ich auch von menschen die 30 Jahre mit der Mutter gebrochen haben.
Und das ist halt was, wo ich mir nicht sicher bin, welche Optionen überhaupt möglich sind. So wie es in den letzten 3 Jahren lief, bin ich definitiv nicht glücklich. Sie auch nicht, weil ihr es auch nicht gefällt, wie oft wir uns über die Vergangenheit streiten. Nach jedem Streit haben wir dann wieder Funkstille für 1-3 Wochen, weil wir gegenseitig wütend aufeinander sind. Ich, weil sie alles was sie Schlimmes getan hat rechtfertigt und sie, weil ich die Vergangenheit wieder aufbringen musste und nicht einsehe, dass sie unschuldig ist.
Und nach 2 bis 3 Wochen Funkstille kommen wieder die oben genannten Gedanken:"...Aber sie war doch da für dich...", "...Es gab ja auch schöne Zeiten...", "...ihre eigene Vergangenheit hat sie nur zu diesen Taten getrieben...", "...jetzt hat sie niemanden mehr..."usw.
Und da bin ich jetzt echt an einem Punkt in meinem Leben, wo ich weiß, dass das so nicht mehr weiter gehen kann. Und durch diese Gespräche hier realisiere ich auch wirklich, dass ich ihr eigentlich nicht verzeihen muss. Ich will halt nur endlich Frieden mit allem schließen und wie ein 'normaler' Mensch in der Gegenwart leben können.

Die Gewalt meiner Mutter, Schulwechsel im zweistelligen Bereich, das Alleingelassen werden von meinem Vater, Mobbing, das sind alles Sachen, die ich endlich hinter mir lassen will. Ich bin eigentlich ein echt fröhlicher, empathischer und offener Mensch, aber habe mittlerweile Sorge, dass diese ganzen Erfahrungen zu sehr meine Persönlichkeit auf Dauer prägen werden, wenn ich das nicht irgendwie schaffe zu verdauen.

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Haithabu
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Beitrag Fr., 02.02.2018, 19:45

Hallo Helloitsme,
ich wollte dir auch noch mal antworten.

Ich bin grundsätzlich natürlich bei der Haltung von Eremit und Räbin. Es gibt keine Entschuldigung für das, was deine Mutter dir angetan hat.
Aber ich hatte das Gefühl dir auch noch mal klar zu vermitteln, dass es auch in Ordnung wäre, wenn du gerade noch nicht soweit bist. Du hast hier klare Antworten bekommen, aber dennoch kann es nur eine ganz individuelle Entscheidung sein. Und die darfst du auch gegenteilig treffen. Oder später.

Vielleicht war verzeihen ein zu starkes Wort. Was ich meinte, ist wohl eher loslassen. Dazu gibt es unterschiedliche Haltungen und Ansichten. Wie schon geschrieben, ich bin davon überzeugt, dass sich solche Kreisläufe durchbrechen lassen und wenn dies nicht geschieht, kann das nicht mit schlechten Vorbildern und/oder psychischen Störungen begründet werden. Der von Eremit so eindringlich beschriebene Wille dies zu tun, liegt dem dennoch zugrunde.

Für mich wäre dann aber nur die Frage, wie ist die persönliche Weiterentwicklung der betreffenden Person. Gibt es da eine Tendenz, die signalisiert, jetzt will ich es aber anders - besser - machen.
Und dann spielt die eigene Haltung eine Rolle. Kann ich loslassen und die Vergangenheit von der Gegenwart trennen oder ist das nicht möglich, weil die Beziehung zu tief und nachhaltig gestört wurde.

Ich möchte nicht darüber urteilen was besser oder schlechter ist. Es ist ja immer auch ein Gesamtbild, was es zu betrachten gilt.

Ich denke das wollte ich dir noch schreiben. Dass es eben nicht nur "hopp oder topp" gibt, sondern du dir Zeit lassen kannst, zu schauen, was sich für dich stimmig anfühlt. Bedingungen für die weitere Gestaltung eurer Beziehung darfst du in jedem Fall nennen. So oder so.


Eremit
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Beitrag Sa., 03.02.2018, 13:57

Haithabu hat geschrieben:(…) aber ich gebe ja auch damit ein komplettes Bild von etwas auf. Nämlich dass es doch noch irgendwie "gut" werden kann, dass ich nicht mehr allein bin.
Es gibt auch noch andere Menschen auf diesem Planeten. Davon abgesehen sind wir alle auf gewisse Art und Weise allein (mit unseren Entscheidungen als erwachsene, reife Wesen, die nun, da sie erwachsen sind, selbstständig über ihr Leben bestimmen können, ja, müssen).
Haithabu hat geschrieben:Dass das jemand wäre, der sich um mich kümmert, wie es eben nur Eltern tun können.
Mit Verlaub, aber das ist schon ein ziemlicher Topfen. Nur, weil man biologisch verwandt ist, befähigt das noch lange nicht zu Fürsorge, auch keiner Sonderform davon.
HelloItsMe hat geschrieben:Obwohl ich weiß, dass so Handlungen bewusst erfolgen, habe ich Angst bei meinen Kinder die Geduld zu verlieren oder irgendwas.
Jeder verliert die Geduld einmal. Aber das, was Deine Mutter getan hat, ist etwas völlig anderes, das kann nicht mit Geduldverlust erklärt werden.
HelloItsMe hat geschrieben:Und es beunruhigt mich, weil überall steht, dass die Kinder so etwas auch später kriegen könnten, als Folge sozusagen.
Ja, das Verhalten wird teilweise von Kindern nachgeahmt, übernommen. Aber das wächst sich (meistens) mit der Zeit aus, wenn die Grundstörung als Fundament bzw. "Treibstoff" für das Verhalten nicht vorhanden ist bzw. es nicht der eigenen Natur entspricht.
HelloItsMe hat geschrieben:In ihren Augen habe ich ja ihr ganz Leben zerstört hat sie im betrunkenen Zustand oft gesagt...
Und daran wird sich auch nichts ändern. Wenn Eltern erstmal eine solche Auffassung vertreten, dann war es das. Das wird dann auch so an die Enkelkinder weitergegeben, heißt, hättest Du ein Kind, und Dir ginge es schlecht, würde Deine Mutter Dein Kind dafür verantwortlich machen.
HelloItsMe hat geschrieben:In unserer Eltern-Kind-Beziehung war dann eher ich die rationale, erwachsene und sie die kindliche, die sich mit allen zerstreiten musste und bin es bis dato immer noch. Meine Mutter hat eine emotionale Reife von einer 15-Jährigen (…)
Ist Dir der Begriff "Parentifizierung" geläufig?


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Beitrag Sa., 03.02.2018, 14:01

Und nein, eine Frau, die alkoholkrank ist UND mit hoher warscheinlichkeit an einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung leidet UND die Reife einer 15-jährigen hat UND gewalttätig ist (und das nicht nur im Affekt) UND keine Reue zeigt kann aus Prinzip keine gute Großmutter sein.
HelloItsMe hat geschrieben:Kann man einem Menschen verzeihen, der seine Schuld nicht einsieht?
Natürlich. Alles kann (durch das Opfer bzw. Beobachter) geduldet werden, dafür ist eine Duldung durch den Aggressor selbst nicht notwendig.
HelloItsMe hat geschrieben:Ich sehe das Verzeihen nicht als Entgegenkommen an, sondern vielmehr als Weg für mich, mit der Vergangenheit abzuschließen.
Was geduldet wird (durch Verzeihen) wiederholt sich. Erst, wenn man eine Grenze zieht, kann man mit der Vergangenheit abschließen – indem man bestimmt, dass sie eben Vergangenheit ist und nicht Gegenwart oder gar Zukunft. Der Akt des Bestimmens ist allerdings immer ein Akt der Gewalt, ein Akt des Sich-durchsetzens, da gibt es keine "weiche" Form. Entweder, etwas ist okay (Verzeihen, Vergeben) oder eben nicht okay (Sanktionieren).
HelloItsMe hat geschrieben:Sobald ich sehe, dass sie bereit ist, die Schuld für ihr Handeln zu tragen und zu verstehen, wie sehr sie mich verletzt hat, kann ich auch anfangen ihr zu verzeihen.
Das wäre dann aber genau genommen gar nicht mehr notwendig.
HelloItsMe hat geschrieben:Ich glaube, was mich hindert, ist das Gefühl ein totaler A**** zu sein, wenn ich den Kontakt abbreche. Weil sie nichts und niemanden hat und es ihr gesundheitlich wirklich schlecht geht.
Du bist nicht für sie verantwortlich. Du bist weder ihre Mutter, noch ihre Therapeutin.
HelloItsMe hat geschrieben:Und dann kommen die Gedanken, von wegen, dass sie auch gute Sachen gemacht hat. Sie war für mich da, wenn ich krank war, hat mir immer essen gemacht, auch wenn wir teilweise so wenig Geld hatten und hat mir zum Beispiel Nachhilfe organisiert, als ich schlecht in Mathe würde.
Na, das ist ja wohl das Mindeste. Aber rechtfertigt das auch den Rest? Welche Bilanz ziehst Du? Gut scheint sie nicht gerade zu sein, sonst gäbe es diesen Thread nicht, oder?
Sinarellas hat geschrieben:Zum Beispiel mal den Fokus darauf lenken was man alles erhalten hat statt das was man nicht erhalten hat (ja auch bei einer Tätermutter!).
Wie wäre es damit, alles zu betrachten, und nicht nur das, was einem gefällt oder nicht gefällt (je nachdem)? Erst, wenn man das ganze Bild vor sich hat, kann eine sinnvolle Bilanz gezogen werden.
HelloItsMe hat geschrieben:die mutter kann man nicht einfach kanten (…)
Was meinst Du mit kanten? Und warum soll das nicht gehen?
HelloItsMe hat geschrieben:Ein paar gleiche Verhaltensweisen wird es wohl immer geben. Man ist ja mit der Person aufgewachsen und hat ja auch die Gene.
Genetisch ist man nie ident mit den eigenen Eltern, das ist biologisch gar nicht möglich. Auch ist es nicht möglich, das Verhalten zu 100% zu übernehmen.


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Beitrag Sa., 03.02.2018, 15:16

Haithabu hat geschrieben:Vielleicht war verzeihen ein zu starkes Wort. Was ich meinte, ist wohl eher loslassen.
Darunter verstehe ich: Die Vergangenheit nicht mehr vergegenwärtigen. Auf der einen Seite geht das emotional, durch eine "Verankerung" in der Gegenwart, dem Schaffen des Bewusstseins, dass es vorbei ist. Das ist der eine Teil. Der andere Teil ist, dass man "administrativ" festlegt bzw. sicher stellt, dass jene Dinge, die sich in der Vergangenheit zugetragen haben, nicht in der Gegenwart bzw. Zukunft wiederholen. Das geht nur durch Sanktionen.

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Haithabu
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Beitrag So., 04.02.2018, 12:00

Eremit hat geschrieben: Sa., 03.02.2018, 13:57 Es gibt auch noch andere Menschen auf diesem Planeten. Davon abgesehen sind wir alle auf gewisse Art und Weise allein (mit unseren Entscheidungen als erwachsene, reife Wesen, die nun, da sie erwachsen sind, selbstständig über ihr Leben bestimmen können, ja, müssen).
Das ist ja sehr fein für dich, dass du das so genau für dich abgrenzen kannst. Aber wenn ein Ersatz für verpasstes "Bemuttern" (meinetwegen auch Bevatern) so einfach wäre, wäre das ganze Forum hier mehr oder weniger obsolet. Habe ich etwas über die Qualität der Beziehung geschrieben? Nein!
Aber sich von der vergangenen Sehnsucht zu distanzieren, ist nicht so rational und einfach wie du das schreibst. Da kannst du es noch zehnmal als Quark bezeichnen.
Und da die Threaderstellerin noch verhältnismäßig jung ist und viele Lebensaufgaben vor ihr liegen, die eine gute Begleitung wünschenswert machen, scheint es mir noch einmal schwerer dies alles miteinander abzuwägen. Ganz gleichgültig wie viele andere wohltuende Beziehungen da noch sind. Das "Bemuttern" lebt ja auch ein wenig vom Verlassen der Augenhöhe, das möchte man ja als erwachsener und reifer Mensch sonst gar nicht so.

Und ansonsten finde ich es doch recht fragwürdig, dass zum einen mögliche Ferndiagnosen gestellt werden, diese zum anderen auch noch generalisiert werden und den Menschen ein Veränderungswillen komplett abgesprochen wird. Selbstverständlich kann jemand eine gute Oma sein, der es nicht schaffte, in der Beziehung zum Kind angemessen zu agieren. Allein in einer Familie nehmen Geschwister Eltern doch auch unterschiedlich wahr. Wie oft erleben jüngere Geschwister, die als zerstörerisch geschilderten Eltern selbst als liebevoll und unterstützend.

Ich möchte mich einfach von "das muss so, weil..." distanzieren. Es muss gar nicht. Es muss auch nicht sofort. Sich zu verabschieden und zu trauern braucht einfach auch Zeit und manchmal vielleicht auch mehrere Anläufe.

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Beitrag So., 04.02.2018, 14:59

Hallo,

Tut mir Leid, dass ich erst jetzt antworte!
Haithabu hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 19:45 Aber ich hatte das Gefühl dir auch noch mal klar zu vermitteln, dass es auch in Ordnung wäre, wenn du gerade noch nicht soweit bist. Du hast hier klare Antworten bekommen, aber dennoch kann es nur eine ganz individuelle Entscheidung sein. Und die darfst du auch gegenteilig treffen. Oder später.

Vielleicht war verzeihen ein zu starkes Wort. Was ich meinte, ist wohl eher loslassen. Dazu gibt es unterschiedliche Haltungen und Ansichten. Wie schon geschrieben, ich bin davon überzeugt, dass sich solche Kreisläufe durchbrechen lassen und wenn dies nicht geschieht, kann das nicht mit schlechten Vorbildern und/oder psychischen Störungen begründet werden. Der von Eremit so eindringlich beschriebene Wille dies zu tun, liegt dem dennoch zugrunde.
Ich glaube auch, dass ich vielleicht auch eher loslassen meine, statt verzeihen. Für mich war halt das Verzeihen eine unumgängliche Voraussetzung des Loslassens. Aber ich weiß nicht, ob ich so eine emotionale Stärke aufweisen kann, zu verzeihen. Und ich weiß es wirklich sehr zu schätzen, dass du sagst, dass diese Entscheidung sehr individuell ist und auch nicht von heute auf morgen geschehen muss. Ich fühle mich wirklich emotional noch ein wenig in dieser verantwortlichen und von Schuldgefühlen belastenden Situation wieder, auch wenn ich in rationaler Hinsicht verstehe, wie die Situation ist. Das sind halt Emotionen, die ich seit 10 Jahren mit mir rumtrage, das ist irgendwie schwer 'abzuschütteln'.

Aber ich denke mir halt auch, dass ich emotional nie soweit sein werde, ohne jegliche Schuldgefühle den Kontakt abzubrechen. Ich glaube, diese werden immer ein bisschen da sein und ich muss anfangen zu verstehen, was langfristig die richtige Entscheidung für mich und meine Zukunft ist. Und das Wichtige ist halt, dass ich das emotional verstehe. Rational gesehen weiß ich, dass meine Mutter mir nicht gut tut. Wegen der vergangenen Sachen und auch weil sie jetzt in der Gegenwart ihre ganze Negativität auf mir bürdet, was mich sehr runter zieht. Und das ist eine Entscheidung, wo ich schauen muss, was das Richtige für mich ist.
Haithabu hat geschrieben: Fr., 02.02.2018, 19:45 Für mich wäre dann aber nur die Frage, wie ist die persönliche Weiterentwicklung der betreffenden Person. Gibt es da eine Tendenz, die signalisiert, jetzt will ich es aber anders - besser - machen.
Und dann spielt die eigene Haltung eine Rolle. Kann ich loslassen und die Vergangenheit von der Gegenwart trennen oder ist das nicht möglich, weil die Beziehung zu tief und nachhaltig gestört wurde.
Wenn es eine Tendenz geben würde, dann würde ich darin wahrscheinlich auch ein Fünkchen der Selbsteinsicht in ihr schätzen. Und dann würde ich auch vielleicht die Vergangenheit von der Gegenwart trennen können. Aber es gibt keinerlei Veränderung, trotz mehrerer Bitten und Lösungsansätze meinerseits. Jetzt lebt meine Mutter mittlerweile am sozialen Abseits und es fehlt nur mehr ein Tiefschlag, dass sie vielleicht sogar ganz der Obdachlosigkeit verfällt. Und ich habe da einfach keine Kraft mehr, wegen meiner Lösungsansätze von ihr kritisiert zu werden und zu schauen zu müssen, wie sie immer weiter fällt. Ich hätte auch gar kein Geld sie da zu untersützen, das habe ich schon mal gemacht und habe eine schlechte Erfahrung damit gemacht.

Letzten Endes wird sie bei meinem Freund und mir einziehen wollen, wenn es so weiter geht. Ein paar Mal hat sie schon Sprüche gemacht, von wegen, dass man die Familienmitglieder ja unterstützen muss und ich ja auch beim Studium am Wochenende oder in den Semesterferien immer für lau zu ihr konnte. Dass das normal ist, dass Studenten in den Ferien zu den Eltern gehen, aber nicht normal, wenn die Mutter beim Kind einzieht, will sie nicht akzeptieren. Das werde ich aber meinem Freund nicht antun. Und dass sind halt Situationen und Befürchtungen, wo ich mich abgrenzen muss von ihr, weil ich ihr sonst die vollkommene Entscheidungsfreiheit in unserer Beziehung gebe.

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Beitrag So., 04.02.2018, 15:01

Eremit hat geschrieben: Sa., 03.02.2018, 13:57 Ist Dir der Begriff "Parentifizierung" geläufig?
Ja, und ich glaube rückwirkend, dass das der Fall bei uns war und immer noch ist. Ich musste jetzt nicht sowas wie Rechnungen bezahlen, war aber wie eine Freundin, mit der sie über alles geredet hat und die ihr versucht hat Hilfestellungen zu geben. Ich habe halt auch Erfahrungen mit ihr gemacht, wo ich schon oft mit der harten Realität des Lebens konfrontiert wurde und einfach erwachsen handeln musste. Während sie bis heute diejenige ist, wo mich zum Beispiel Bekannte von ihr anschreiben und mich fragen, wo denn meine Mutter ist und dass sie sich Sorgen machen würden. Ads ist eigentlich nicht meine Aufgabe.

Und mich ärgert das insofern, als das ich diejenige sein sollte, die Fehler macht. Ich bin diejenige, die jetzt in einem Alter ist, wo man spontan handeln sollte. Stattdessen bin ich immer diejenige, die richtig handelt. Die versucht ihrer Mutter mit Tipps zu helfen. Die ihrer Mutter ein Vorbild vorlebt. Ich sollte das Leben genießen. Mal einen Abend vor der Uni zu viel feiern, mal zu viel Geld für irgendwas ausheben, oder einfach irgendwas Dummes machen. Aber ich kann das irgendwie nicht.

Und das macht mich schon wütend. Dass ich dadurch keine Jugend hatte und auch in meinem Charakter viel erwachsener als andere in meinem Alter bin. Ich würde gern ein wenig naiv sein und das Leben nicht so eng nehmen. Aber da fehlt mir glaube ich die Ignoranz zu, die man normalerweise in meinem Alter noch hat.
Eremit hat geschrieben: Sa., 03.02.2018, 14:01 Wie wäre es damit, alles zu betrachten, und nicht nur das, was einem gefällt oder nicht gefällt (je nachdem)? Erst, wenn man das ganze Bild vor sich hat, kann eine sinnvolle Bilanz gezogen werden.
Und da habe ich nämlich sehr lange Schwierigkeiten gehabt. Und auch jetzt musste ich lange Grübeln. Ich sehe die positiven und die negativen Sachen, die sie gemacht hat. Mir fallen Entscheidungen generell so schwer, weil ich immer beide Seiten von Allem abwäge und bei so was Gravierendem fällts mir noch schwerer :kopfschuettel: Ich glaube, ich würde die Vergangenheit besser verkraften können, wenn ihre Missbräuche zumindestens nicht so ausgeartet wären und ihre Sprüche nicht (so niederschmetternd) gewesen wären. Aber es ist diese Brutalität dieser Taten gewesen, die mich diese nicht vergessen lassen. Also komme ich wirklich zu einer schlechten Bilanz, da die guten Taten, wie Nachhilfe oraganisieren, Essen machen, kleinere Ausflüge, usw. die schlechten Taten einfach nicht aufwiegen können. Es ist passiert und ich kann bis heute kein Verständnis dafür aufbringen, warum man sowas einem Kind, bzw. einem Jugendlichen antun und sagen kann, noch weniger dem eigenen.
Eremit hat geschrieben: Sa., 03.02.2018, 14:01
HelloItsMe hat geschrieben:die mutter kann man nicht einfach kanten (…)
Was meinst Du mit kanten? Und warum soll das nicht gehen?
Das hatte glaube ich Sinarellas geschrieben.

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