Wenn Therapeuten 'Ich mag Sie' und Ähnliches sagen...

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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candle.
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Beitrag Di., 30.05.2017, 09:18

Ich wūrde dazu raten zur Objektkonstanz zu lesen- also den Mangel daran. Es scheint hier ja nun mehrfach vorzukommen, dass die Beziehung in Therapie immer wieder in Frage gestellt wird, was ich so gar nicht kenne. Sympathie ist fūr mich ein stabiler Faktor, der sich nicht mal schnell mit Streitereien zerstören läßt. Und das soll ja irgenwie gefühlt werden, gehalten werden und bestenfalls ins Leben integrierbar sein.

Ja, ich habe auch schon gelesen- galt wohl für Analyse, dass dort eher Distanz hilft.

Es muß immer zum Klienten passen.

candle
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montagne
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Beitrag Di., 30.05.2017, 12:05

Eine gute Beziehung ist es also nur dann, wenn jeder geben kann und jeder auch ohne die Rückversicherung leben kann.
Ganz ohne Rückversicherung kann kein Mensch leben. Wir sind doch soziale Wesen. Es liegt in unserer Natur, solche Rückversicherungen haben zu wollen. Und ich persönlich denke auch, dass Zuneigung, Liebe, wie immer man es nennt transportieren zu können, eine immens wichtige soziale Fertigkeit ist, für die eigene psychische Gesundheit und die Beziehungsfähigkeit.

Was ich schon denke, es ist eine Frage des Maßes. Wer bei jedem kleinen Konflikt und ständig Rückversicherungen braucht und mit der Forderung nach Rückversicherung nervt, der fängt halt an zu nerven und erreicht das Gegenteil von dem, was er eigentlich will. Ebenso wie jemand, er sich übertrieben zurückzieht.

Und da sollte sicher eine gute Therapie ansetzen, emotionale Freiheit zu schaffen. Aber trotzdem bleiben wir doch soziale, liebesbedürftige Wesen. Das macht uns doch aus und stellt Bindung erst her.
amor fati

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RoboCat
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Beitrag Di., 30.05.2017, 16:16

Ich habe es vorhin getan :roll:

Und um das Geheimnis gleich zu lüften: Es hat sich dadurch nichts für mich verändert. Ich bin noch genauso schlau wie zuvor und frage mich noch immer: Warum meint die Therapeutin mir sagen zu müssen "Sie sind eine tolle Frau"? Immerhin, sie hat sich dann heute etwas näher erklärt, doch dadurch blieb ihre Aussage nach wie vor eine Phrase für mich, es hat nichts "besser" gemacht. Sie meint, ich würde viel kämpfen, hätte Freunde. Das ist so das, was ich behalten hab. Es waren noch eins, zwei andere Dinge. Aber eben wieder diese Allgemeinplätze.

Ich verstehe das nicht so ganz und denke nun immer mehr, dass sie vielleicht auch einfach in dem Bereich selbst Probleme hat. Im Bezug auf "authentisch sein als Mensch in der Therapie". Ja, ich bin mir sicher, dass (in meinem Fall) das die Erklärung ist. Sie wirkte von Anfang an auf mich sehr unsicher, was ich unter anderem an ihrem leisen reden/nuscheln zu erkennen meine. Das ist mit der Zeit besser geworden. Und dann hat sie auch einen unsagbar schwachen Handdruck, dieses bekannte "hohle Händchen" - bis heute. Ich habe natürlich keine Ahnung, was dahinter steckt, vielleicht negative Erfahrungen mit Patienten? Ich weiß es nicht und es geht mich ja auch gar nichts an.

Mal schauen, ob ich weiter darauf herumreiten werde oder es damit mal gut sein lasse. Wahrscheinlich ist es so, wie hier schon vermutet wurde, dass sie es einfach unbedacht gesagt hat in der Meinung: Schaden kanns ja auch nicht.
:axt:

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RoboCat
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Beitrag Di., 30.05.2017, 16:19

Hallo Candle,
candle. hat geschrieben: Di., 30.05.2017, 09:18 Ich wūrde dazu raten zur Objektkonstanz zu lesen
Klingt interessant, das werde ich bald bei Gelegenheit mal tun. Danke für den Tipp!
:axt:

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isabe
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Beitrag Di., 30.05.2017, 16:35

Montagne:
Eine Rückversicherung in einer Beziehung zu benötigen, fände ich schon ziemlich übel, ehrlich gesagt. Das heißt doch: "Ich sehe die Beziehung in erster Linie als persönliches Risiko für mich, mit dem ich nicht ausreichend gut leben kann". Ich hab auch mal so gelebt, möchte das aber nie wieder tun (davon abgesehen, gibt man dem Partner damit auch zu viel Macht über sich selbst und sein Glück).

Unter "der Mensch ist ein soziales Wesen" würde ich eher verstehen, dass - im Idealfall und in einer Partnerschaft - zwei Menschen gerne miteinander zusammen sind und dass sie in der Lage sind, auch schwierige Zeiten miteinander auszuhalten und Konflikte auszutragen. Und das ist eben beidseitig; also: Die Rolle des Einen in der Beziehung ist nicht, dem Anderen die Sicherheit zu geben, ihn möglichst nie verlassen zu wollen. Ich will nicht sagen, dass ich das kann (bin leider eifersüchtig), aber ich finde das eben durchaus pathologisch. Bei mir und bei Anderen auch.


montagne
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Beitrag Di., 30.05.2017, 19:47

@isabe:
Ich meine das anders, wohl weniger krass und pathologisch, als du es meinst.
Zum einen meine ich es allgemein, nicht nur auf Partnerschaft bezogen, auch andere Menschen zu denen man nahe, vertrauensvolle Beziehungen hat. Ich meine nicht fürs Überleben brauchen.
Was ich meine ist die Fähigkeit zärtliche Gefühle und Zuneigung transportieren zu können, ob das nun mit Worten ist oder Gesten oder Körperkontakt oder Blicken, wie auch immer. Und ich meine die Fähigkeit sowas annehmen zu können und sich dran erfreuen zu können.

Ich beobachte, sowohl an mir selbst, als auch an anderen, dass je freier jemand zärtliche Gefühle und Zuneigung ausdrücken kann und auch annehmen kann, umso entspannter bewegt sich der Mensch in Beziehungen, umso entspannter ist er/sie mit sich, mit den Frustrationen des Alltags, umso weniger Eifersucht ist auch da. Betrifft wie gesagt ja nicht nur Partnerschaften.

Und Therapie ist für mich zumindest ein Beispiel für eine Beziehung, in der nicht nur alte, pathologische Muster auftauchen, sondern in der ich auch Neues üben kann.

@RoboCat:
Na wär ja auch zu einfach. Ich dachte da eher an einen Prozess von Monaten und Jahren. Realistisch gesehen, wirds nicht schneller gehen.
amor fati


mio
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Beitrag Di., 30.05.2017, 20:00

RoboCat hat geschrieben: Di., 30.05.2017, 16:16 Immerhin, sie hat sich dann heute etwas näher erklärt, doch dadurch blieb ihre Aussage nach wie vor eine Phrase für mich, es hat nichts "besser" gemacht.
Vielleicht hilft es Dir, da mal "umgedreht" drauf zu schauen, so getreu dem Motto: "Was hätte es besser machen können?" Oder ist Dir Deine Erwartung/Dein Wunsch diesbezüglich klar?

Ich würde auf alle Fälle dran bleiben, dabei aber mehr in mich reinfühlen und -hören, als auf ihre Person zu schauen.

Dieses "auf den anderen schauen" macht für meine Begriffe nur dann Sinn, wenn ich anhand dessen "eigenes" erfahren und reflektieren kann.

So könntest Du Dich zB. fragen, warum Dir ihr Händedruck unangenehm ist (was ich gut nachvollziehen kann, ich finde sowas auch unangenehm, ist also nicht als Kritik gemeint, sondern einfach nur als Möglichkeit zur "Selbsterfahrung").


isabe
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Beitrag Di., 30.05.2017, 20:18

Montagne:
Auf mich trifft deine Vermutung (leider!!!) nicht zu: Ich bin ziemlich "gut" darin, meine Gefühle auszudrücken, Zärtlichkeit, Zuneigung, Dankbarkeit, Liebe (und ihre Gegenteile), bin aber alles andere als entspannt in Beziehungen. Ich kann deine Vermutung total nachvollziehen, aber zumindest bei mir ist da eine gigantische Diskrepanz.

Aber wenn ich jemandem zärtliche Gefühle mitteile oder ihn mit Worten "streichle", dann tue ich das nicht als Rückversicherung für denjenigen, sondern es entsteht immer spontan. Ich bin dann auch einerseits frei - und andererseits wieder voller Angst.

Kann natürlich sein, dass ich durch die Kinder keine Schwierigkeiten mit Gefühlsäußerungen habe. Da kommt es einfach von innen und ist ganz "natürlich". In Bezug auf Erwachsene mag das ein Ergebnis der ersten Therapie sein, dass ich es mittlerweile total bereichernd finde, über mein Gefühlsleben zu sprechen, und wenn es aufrichtig gemeint ist, kann ich auch die Antwort aufnehmen.

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candle.
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Beitrag Di., 30.05.2017, 20:27

Ich finde das jetzt interessant mit dem Händedruck. Ich mag schlaffe Begrüßungen nicht, und es fließt dann auch eher negativ in meine Gesamtbewertung ein. Sprich: So ein Therapeut wäre nichts für mich.

Nun die Frage warum du es dir so ausgesucht hast?

LG candle
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montagne
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Beitrag Di., 30.05.2017, 20:37

@isabe:
Ich kann es hier jetzt nicht genauer erklären und es wäre auch OT. Zumal ich mich nicht zu sehr auf dich beziehen will, weil ich es unangemessen in der Öffentlichkeit fände, bzw. unangemessen an sich von meiner Seite.

Ich denke nur dennoch, dass es viele Beweggründe und Arten gibt seine Gefühle (ich beziehe mich hier nur auf authentisch) auszudrücken. Und es gibt unterschiedliche Freiheitsgrade.
Solange eine signifikant belastende Unentspanntheit und Angst da ist (ganz frei davon wird man wohl eh nur partiell oder garnicht. Du vielleicht gegenüber deinen Kindern.), passt etwas noch nicht.

dass ich es mittlerweile total bereichernd finde, über mein Gefühlsleben zu sprechen
Ja eben über...
Über ist aber nicht mittendrin (und dennoch reflektiert).
amor fati


isabe
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Beitrag Di., 30.05.2017, 20:40

montagne hat geschrieben: Di., 30.05.2017, 20:37
dass ich es mittlerweile total bereichernd finde, über mein Gefühlsleben zu sprechen
Ja eben über...
Über ist aber nicht mittendrin (und dennoch reflektiert).
Gut, wird tatsächlich zu sehr off topic. Fände ich aber interessant, über das "über" oder das "mittendrin" nachzudenken. Vielleicht ein anderes Mal...?

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lisbeth
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Beitrag Di., 30.05.2017, 21:07

isabe hat geschrieben: Di., 30.05.2017, 09:00 Na ja, aber im Grunde bleibt man dabei ja im bekannten und vertrauten Muster: "Wenn die Rückversicherung kommt, ist es gut, wenn nicht................" und damit bleibt der Betroffene immer abhängig vom Anderen und davon, ob er sich entscheidet, die Rückversicherung zu geben. Solange das funktioniert, sei es, dass der Andere tatsächlich in Stimmung ist, den beruhigenden Satz zu sagen; sei es, dass er weiß, welchen "Knopf" er drücken muss, damit der Betroffene beruhigt bleibt, ist alles in Ordnung.
isabe, nach meinem Geschmack siehst du das viel zu statisch. Das ist doch nicht nur entweder-oder oder schwarz-weiß. Zwischen "0 Rückversicherung" und "mich andauernd rückversichern (müssen)" liegen endlos viele Möglichkeiten. Und auf dieser Skala haben wir uns damals nach meinem Empfinden bewegt. Und auf dieser Skala bewegen sich nach meinem Empfinden fast alle Beziehungen.

zu sagen: "ich brauche/will keine Rückversicherungen", oder: ich darf keine brauchen - weil ich dann abhängig bin... Damit entgeht dir auch wahnsinnig viel. In Beziehung sein, heißt für mich auch abhängig sein - im Sinne von: Interdependenz. Geben und nehmen. eine gemeinsame Schnittmenge haben. Es ist doch schön, dem anderen zu sagen: Ich freu mich, dass wir einen schönen Abend miteinander verbracht haben. Und es ist auch schön, das vom anderen zu hören. Klar kannst du auch versuchen, das per Osmose auszudrücken. Aber was spricht dagegen, das einfach auch mal verbal (und auch eindeutig (!)) zu fomulieren?

Mit dieser Therapeutin damals: Ohne ihre Sätze im Sinne von "Ich mag Sie", wäre ich nie so weit aus mir selbst herausgegangen, dass ich überhaupt auf die Konfliktebene gegangen wäre. Insofern war das therapeutisch im positiven Sinne, weil sie mir mit ihrer Rückversicherung ermöglicht hat, meinen Handlungsspielraum zu erweitern. Mich aus meiner Komfortzone herauszubewegen. Das hat/te für mich nichts mit Abhängigkeit zu tun. Sondern mit neuen Horizonten.

Aber wenn du das für dich immer nur abstinent-absolut betrachten möchtest, kannst du das gerne tun. Musst aber auch akzeptieren, dass für andere Menschen auch andere Methoden funktionieren.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott


isabe
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Beitrag Di., 30.05.2017, 21:10

Es geht ja um den Begriff der "Rückversicherung" - das ist für mich etwas ganz fundamental anderes als eine Zuneigungsbekundung. Letzteres ist vollkommen freiwillig, Ersteres ist das Ergebnis einer Notwendigkeit. Dass es natürlich Mischformen gibt, ist eh klar.


mio
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Beitrag Di., 30.05.2017, 21:18

lisbeth hat geschrieben: Di., 30.05.2017, 21:07 Aber was spricht dagegen, das einfach auch mal verbal (und auch eindeutig (!)) zu fomulieren?
Was ja auch für "Unsicherheiten" diesbezüglich gilt, nur dass es dann was mit "Grenzen" zu tun hat. Aber in einer sicheren Beziehung kann ich zB. auch sagen: Ey, das finde ich jetzt aber nicht nett von Dir so mit mir zu sprechen! Und es wird sich schnell klären lassen, weil die "Basis" stimmt.

Ich denke das miteinander in allen Belangen wirklich offen sprechen können diese sichere Basis braucht bzw. dass diese sichere Basis erst echten Kontakt ermöglicht.

Nun kann die sichere Basis aus der "Beziehungsgestaltung" erwachsen oder sie erwächst aus mir heraus. In den meisten Fällen dürfte das ein "Wechselspiel" sein, in einer Therapie hingegen ist es erst mal die Aufgabe des Therapeuten darauf hinzuarbeiten, dass der Patienten sich dahingehend sicher fühlen kann.

Wenn es "Unsicherheit" vermittelt, dass Sympathie bekundet wird, dann ist es wichtig dies mitzuteilen und auch zu klären, was genau gemeint ist. Zur Not solange, bis der Patient dies versteht.

Wenn es Sicherheit vermittelt dürfte dies nicht so notwendig sein, es sei denn es wird mehr reininterpretiert als es bedeutet.

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lisbeth
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Beitrag Di., 30.05.2017, 21:23

isabe hat geschrieben: Di., 30.05.2017, 21:10 Es geht ja um den Begriff der "Rückversicherung" - das ist für mich etwas ganz fundamental anderes als eine Zuneigungsbekundung. Letzteres ist vollkommen freiwillig, Ersteres ist das Ergebnis einer Notwendigkeit. Dass es natürlich Mischformen gibt, ist eh klar.
Vielleicht geht es auch weniger um das Einfordern in der Therapie als um das Annehmen (können)? Das ist ja in dem Moment wo es vom Gegenüber kommt auch ein (Beziehungs-)Angebot....
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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