Körperkontakt mit Therapeuten trotz Missbrauch

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Kaonashi
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Beitrag Fr., 19.05.2017, 07:50

Sinarellas hat geschrieben: Do., 18.05.2017, 19:48 außer normal höflichen Händedruck ist keinerlei KÖrperkontakt in Ordnung. Profi / Arzt -> Patient. Ende meiner Diskussion. Ich finde absolut jeglich Art anderer professionellen Beziehung als unangebracht, unprofessionell und höchst gefährlich.
Es ist ja hier therapeutisch, als eine Art Konfrontationstherapie.
Ähnlich wie wenn man eine Spinnenphobie behandeln würde.

Selber hab ich keine Erfahrung damit. Ich bin zwar auch kein Fan von Körperkontakt, aber das hat wohl andere Gründe.

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Sinarellas
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 07:51

@lockenkopf

In der Körpertherapie macht es natürlich mehr Sinn, aber in der Psychotherapie von staatlich anerkannten Professionellen gibt es schlichtweg kein Grund, dass KÖrperkontakt stattfindet bei traumatisierten Menschen. das KANN nur schief laufen. Die Fronten müßen da absolut gekllärt sein und Grenzen dürfen nicht überschritten werden. Das ist alles andere als heilsam. Liebe und Geborgenheit findet man bei sich selbst, seiner Katze, seinem Kind oder Partner, vll. auch Freunden. Aber nicht in der Therapie (und ich rede hier von traumatisierten Menschen!).

Wie oft lese und höre ich von Betroffenen, die eine für mich völlig kranke Bindung zum Therapeuten haben! Und was für ein Drama dann immer alles ist, weil alles emotional verstanden wird. Mimi der Therapeut mag mich nicht mehr weil hat mich nicht wie immer umarmt. Oder ich habe mich in ihn verliebt oder oder. Das macht nur Probleme und Betroffene können da keine Grenze ziehen, weil sie bereits im Leben überschritten wurde.

So sorry, ich kann da keine andere Meinung begreifen.

Wir reden hier nicht von einer Phobiebehandlung oder was weiß ich, sondern von Menschen die MISSBRAUCH erlebt haben. Entzogen gehört da die Zulassung.
Klar gibts mal Ausnahmen, wenn Patient zusammenbricht und heulend in der Ecke liegt, da ists ja klar, dass die Hand mal gehalten wird oder auch mal kurz umarmt wird, darüber muß man folglich aber sprechen und das auflösen.
..:..


Speechless
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 08:37

:lol: So ein Blödsinn

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Kirchenmaus
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 09:06

Hallo Sommerwind,

ich habe viele Arten von Missbrauch, auch sexuellen, erlebt, und leide an einer komplexen PTBS und auch einer frühkindlichen Bindungsstörung. Deshalb glaube ich, dass ich dich ganz gut verstehen kann.

Von meinen zahlreichen Therapeutinnen haben gelegentlich welche berührt, manche waren ganz strikt abstinent, und es gab auch ganz klar ausgewiesene Körpertherapeutinnen, die natürlich mit Berührung gearbeitet haben. War das zu Anfang schwierig für mich! Ich habe die Berührungen kaum aushalten können – aus etwas anderen Gründen als du, glaube ich, aber trotzdem war es furchtbar schwer.

Mit der Zeit habe ich sehr dazugelernt und durch das Zulassen der Berührungen eine neue Freiheit gewonnen. Ich fühle mich wohler in meinem Körper und besser integriert in der Welt. Die Dissoziationen sind insgesamt viel weniger geworden. Für mich hat sich die Anstrengung total gelohnt.

Meine jetzige Therapeutin bemuttert mich auch ganz schön nach, und das tut unheimlich gut. Dazu gehört auch, dass sie mich in den Arm nimmt, wenn ich das wünsche.
Sie ist die Therapeutin, mit der ich die größten Fortschritte mache, die ich jemals gemacht habe.

Aus meiner Erfahrung möchte ich dir Mut machen, an dem Ganzen dranzubleiben.

Liebe Grüße
Kirchenmaus
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Möbius
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 10:34

Hi @ll !

Also - gehen tut das schon, auch bei Mißbrauchsopfern. Es ist nur nicht bei jedem Patienten indiziert - wird bei vielen sogar kontraindiziert sein.

In meiner eigenen Therapie findet ein therapeutischer Körperkontakt recht regelmässig statt - aber nicht mit meinem "Überpsycho", sondern seiner Co-Therapeutin. Das ist eine psychiatrische Krankenschwester, die bei ihm die "Anmeldung" macht und seine Therapiezeit verwaltet. Man hat also recht viel mit ihr zu tun. Mit mir - und auch einigen anderen Patienten - flirtet sie "wie ein Weltmeister" und streichelt mich auch recht häufig am Arm. "Das gehört zur Psychotherapie dazu!" sagte der Überpsycho. Er hätte sehr lange nach einer Krankenschwester gesucht, die das so gut drauf hat, wie sie - sie ist auch sehr sexy. Ich könnte mir sie hervorragend bei einer Gruppensexparty vorstellen. Und sie zeigt sich auch über die Patienten top informiert. Sie kennt meine Diagnosen, die Pathogenese und weiß natürlich auch, daß ich promiskutiv lebe.

Neulich habe ich mich zum ersten Mal getraut, sie "zurückzustreicheln" - habe sogar linkisch-förmlich gefragt, ob ich das darf. Das war schon ein ganz wichtiger Schritt für mich als Opfer sexueller Gewalt von Frauen, vor denen ich nach wie vor große Ängste und Hemmungen habe.

Unsere Therapie ist eine "sexualwissenschaftlich Fundierte" - Sex ist "Thema Nr.1", ich setze meine Sexualität inzwischen auch ganz bewußt therapeutisch ein, habe mich zweimal mit Sex aus akuten Psychosen herausholen können. Das findet natürlich nicht in der Sprechstunde, mit dem "Überpsycho" und seiner Cotherapeutin statt - aber in Absprache mit dem Überpsycho.

Da ticken die Uhren halt etwas anders und ich kann schon nachvollziehen, daß es insbesondere Mißbrauchsopfer gibt, die schon bei dem Gedanken an sowas zu hyperventilieren beginnen.

Nicht jedes Opfer sexueller Gewalt bekommt durch diese Erfahrungen einen Horror vor Sexualität und Berührung - es gibt eben auch die Fälle von "sexpositiven" Opfern, für die ihre Sexualität eben auch therapeutisch sehr hilfreich sein kann, auch wenn dies wohl häufig "abweichende" Sexualitäten sind, die also nicht den mainstream-Vorstellungen entsprechen.

Gruß
Möbius


Flowfalls
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 10:43

Mir hat mal ein Idiot (männlicher Psychologe) gemeint, ich solle den sexuellen Missbrauch detaliert schildern! Er hatte mich nur 2 mal gesehen. Als ich mich weigerte, bot er mir verschiedene Missbrauch Praktiken an, bei dem ich glaubte dazuzugehören. Gott habe ich mich geekelt!! :axt:

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Kirchenmaus
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 11:21

Zu Möbius möchte ich gerne noch ergänzend anmerken:

Sexueller Missbrauch fand bei mir auch schon sehr früh durch die Mutter statt, später auch durch Männer. Ich bin also vollkommen durcheinander geraten und eigentlich jedem Geschlecht gegenüber misstrauisch. Nur, dass ich Frauen grundsätzlich als gefährlicher empfinde.

Für mich hat die Berührungskomponente in der Therapie rein gar nichts Sexuelles – und gerade das ist das Heilsame. Mütterlichkeit ohne Gefahr. Davon profitiere ich am meisten.

Aber danke für deine Erfahrungen. Es war interessant zu lesen, hatte ich noch nie in der Form gehört.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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saffiatou
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 12:06

Ich kann versthen, daß mancher Patient eine Berührung des Theras ersehnt, das geht mir auch immer mal so, aber ich bin immer froh udn dankbar, daß ich mich genau darauf verlassen kann, daß es eben nicht zu Berührungen kommt (außer Händeschütteln)! Es ist doch gerade bei Missbrauchsopfern wichtig, daß die Grenzen gewahrt werden. So lange eine Richtlinientherapie stattfindet, darf es keinen Kontakt geben. Eine Körpertherapie ist eine andere Sache und wird eben auch aus diesem Grund nicht von der KK bezahlt. Die Grenzen zwischen Therapie und Übergriff sind fließend.

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isabe
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 12:37

Es kommt auf die Beziehung der beiden an. Ich könnte mir noch immer vorstellen, mal bei jemandem Therapie zu machen, der gezielt körperlich arbeitet. Dann setzt das aber voraus, dass nicht gleichzeitig eine seelische Verbundenheit in dem Maße vorhanden ist, dass - ganz andere - körperliche Sehnsüchte bzw. sexuelle Phantasien geweckt werden. Letzteres ist in Psychotherapien ja durchaus der Fall (beim Einen mehr, beim Anderen weniger). Wenn man z.B. so therapeutisch arbeitet, dass man seinem Therapeuten alles erzählt, also auch sexuelle Phantasien, finde ich es problematisch, wenn es dann zu Körperkontakt kommt. Das wäre gefährlich und nicht Sinn der Sache. Wenn jedoch in der Therapie solche Dinge gar nicht thematisiert werden und auch die seelische Verbundenheit nicht so eng ist, kann ich mir vorstellen, dass man mit dem Körper auch arbeiten kann.

Praktische Übungen à la: "Ich fass dich jetzt mal an, und wir gucken, wann du dich nicht mehr gruselst" sprechen mich jetzt schon vom therapeutischen Ansatz überhaupt nicht an, aber das ist sicher Geschmacksache.


Flowfalls
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 15:01

isabe hat geschrieben: Sa., 20.05.2017, 12:37 Praktische Übungen à la: "Ich fass dich jetzt mal an, und wir gucken, wann du dich nicht mehr gruselst" sprechen mich jetzt schon vom therapeutischen Ansatz überhaupt nicht an, aber das ist sicher Geschmacksache.
Isabe :lol: ...


Speechless
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 15:41

Das Gerede von Grenzen finde ich sehr unpassend. Eine Umarmung hat erstmal nichts mit sexuellem Missbrauch zu tun und wenn es abgesprochen ist und für beide Seiten passt können keine Grenzen verletzt werden. Vllt sollten manche Leute mal begreifen, dass ihre Meinung und Schema nicht allgemeingültig für die Therapien anderer Patienten gilt.

@Kirchenmaus: bei mir sind die Dis seit dem körperlichen Kontakt auch weggegangen. Wirklich erstaunlich.

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saffiatou
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 17:35

Das sehe ich anders Speechless: Gerade bei Missbrauch ist die Bestimmung einer Grenze äußerst wichtig und die beginnt am Körper und den Brührungen des selben! Genau darum ging es doch bei Missbrauch, der nach den Definitionen nicht erst bei einer Vergewaltigung anfängt, sondern eben bereits bei Berührungen die nicht gewollt wurden, bei Blicken und anderen Übergriffen. Eine Berührung hat in der Therapie nichts zu suchen - gerade weil die Grenzen des Körpers nicht mehr gewahrt werden.
Speechless hat geschrieben: Sa., 20.05.2017, 15:41 Meinung und Schema nicht allgemeingültig für die Therapien anderer Patienten gilt.
ganz genau uns das auch für Dich! und genau wie Du darf ich meine abweichende Meinung äußern.
Speechless hat geschrieben: Sa., 20.05.2017, 15:41 Vllt sollten manche Leute mal begreifen, dass ihre Meinung und Schema nicht allgemeingültig für die Therapien anderer Patienten gilt.
Ich habe nichts gegen eine Umarmung, aber niemals vom Thera! das geht nicht und muss getrennt werden. Es gibt hier im Netz doch genügend Patienten die von ihren übergriffigen Theras erzählt haben und ich habe das Gefühl - das der Missbrauch genau so anfängt. Wie soll ein Patient die Unterschiede erkennen, wenn seine Grenzen früher immer verletzt wurden. Gerade weil ich gespürt habe, daß ich sicher bin hat meine Therapie funktionniert.

Saffia
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Speechless
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 17:52

Nein, du kapierst nicht den Unterschied zwischen Meinung äußern und keine andere Meinung zulassen. Mit so festgefahrenen Leuten diskutiere ich nicht.

Nur eins noch: wie ich bereits geschrieben habe geht es nicht um eine spontane Umarmung des Theras, die nicht abgesprochen stattfindet. Das war auch nicht die Ausgangsfrage.
Zuletzt geändert von Speechless am Sa., 20.05.2017, 17:59, insgesamt 2-mal geändert.

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Kirchenmaus
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 17:53

saffiatou hat geschrieben: Sa., 20.05.2017, 17:35 Ich habe nichts gegen eine Umarmung, aber niemals vom Thera! (...) Wie soll ein Patient die Unterschiede erkennen, wenn seine Grenzen früher immer verletzt wurden. Gerade weil ich gespürt habe, daß ich sicher bin hat meine Therapie funktionniert.
Ich für meinen Teil habe gerade durch die sicheren, Grenzen wahrenden, klar abgesprochenen Berührungen meiner Therapeutin den Unterschied kennen gelernt.
Ich habe erfahren, dass sich Berührung gut und sicher anfühlen kann. Ich habe erfahren, dass ich bestimmen darf. Und dadurch bin ich mittlerweile in der Lage, freundschaftliche Berührung in anderen Kontexten zuzulassen.

Ohne die therapeutische Erfahrung habe ich mich immer wieder in missbräuchliche Körperkontakte gestürzt. Mittlerweile kann ich durch die therapeutische Intervention besser auf mich achten.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.


mio
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Beitrag Sa., 20.05.2017, 18:45

Kirchenmaus hat geschrieben: Sa., 20.05.2017, 17:53 Mittlerweile kann ich durch die therapeutische Intervention besser auf mich achten.
Ich bin auch der Meinung, dass man durch vertrauensvolle Körperberührungen emotionale Achtsamkeit erlernen kann.

Mein Körperthera ist mir in einer Stunde mal "an die Kehle" gegangen und das war sehr spannend zuzulassen. Ich habe "gemerkt" wie schwer es mir fiel und was für Gefühle es in mir hervorrief, es aber auch vertrauensvoll zulassen können ohne ihm "abzuhauen". Im ersten Moment war mir die "Tragweite" gar nicht so klar, aber als er nach der Stunde meinte, dass das sehr sehr gut war hab Ichs irgendwie verstanden.

Körper und Seele/Gefühle sind ja miteinander verbunden und gerade wenn da die "Abspaltung" groß ist macht es Sinn den Kontakt von beiden Seiten wieder herzustellen.

Wichtig ist eben, dass es in einem absolut vertrauenswürdigen Rahmen geschieht, aber das gilt ja auch für "emotionales". Es gibt ja nicht nur körperlichen Missbrauch in Therapien sondern auch emotionalen/narzisstischen.

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