Professionalität des Therapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag Mo., 01.02.2016, 18:17

Ja, die Unsicherheit verstehe ich. Neulich wurde mir etwas erzählt, was sehr lange "angekündigt" wurde, inklusive einer Rechtfertigung für dieses Mitteilen ("ich sage das jetzt nur, weil... und nicht weil..."), wobei ich mich gefragt hab, was jetzt so schlimm daran wäre, wenn der Grund ein anderer gewesen wäre.

Werbung

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 24943

Beitrag Mo., 01.02.2016, 18:29

Und ich habe es tatsächlich schon erlebt, dass es private Mitteilungen waren (auch in Probesitzungen), wo nicht wirklich ein Bezug zur Thematik oder zu mir herstellbar war, sondern eher zu eigenen Familie oder Lebensumstände oder dgl. Das hat nicht überhand genommen... von daher. Aber trotzdem: Wenn es einem eigenen Mitteilungsbedürfnis entspringt, so ist das nicht professionell, selbst wenn es nicht schadet. Es kann dann (bei mir) dann trotzdem die Frage aufwerfen: Und was sollte damit nun genau gesagt werden bzw. warum wurde das geäußert? Fragt man privates nach oder nicht... kostet Zeit... evtl. doch zu privat. Will man das überhaupt wissen? Was macht man mit den Infos, wenn es nicht nur bei sporadischen bleibt. Also kurz um: Das kann (je nach Inhalt) wirklich irritieren. Oder Patienten denken: Den Therapeuten muss ich schonen, da er dies oder jenes gesagt hat, usw. Wenn Therapeuten etwas dafür geschult werden, dass sie etwas achtsam sind, was sie sagen und dass es auch Patienten gibt, denen das evtl. nicht so gut tut, finde ich jedenfalls nicht verkehrt.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Möbius
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 53
Beiträge: 1397

Beitrag Mo., 01.02.2016, 18:29

Ich halte es für wenig zweckmässig, über die berufsrechtlichen Regelungen hinaus aus Patientenperspektive allgemeine Maßstäbe für professionelles Verhalten entwickeln zu wollen, sozusagen normsetzend tätig zu werden. Ich kann mir eigentlich für jede der im Startpost genannten Fallgruppen Fälle und Situationen denken, in denen die dort beschriebenen Verhaltensweisen durchaus professionell sein können.

Die Professionalität liegt doch gerade darin, zu wissen, wann man solche Verhaltensweisen an den Tag legen darf, soll oder sogar muß - oder umgekehrt strikt zu vermeiden hat.

Man sollte doch auch nicht vergessen, daß Psychotherapie ein unglaublich breites Spektrum von verschiedenen theroetischen Schulen umfasst, die u.U. untereinander spinnefeind sind und jeder Therapeut sich als "Therapeutenpersönlichkeit" entwickeln und seinen eigenen Stil finden muß und nicht zuletzt auch keine therapeutische Beziehung der anderen 1:1 gleicht.

Benutzeravatar

zombie78
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 37
Beiträge: 424

Beitrag Mo., 01.02.2016, 18:40

Möbius hat geschrieben:Ich halte es für wenig zweckmässig, über die berufsrechtlichen Regelungen hinaus aus Patientenperspektive allgemeine Maßstäbe für professionelles Verhalten entwickeln zu wollen, sozusagen normsetzend tätig zu werden. Ich kann mir eigentlich für jede der im Startpost genannten Fallgruppen Fälle und Situationen denken, in denen die dort beschriebenen Verhaltensweisen durchaus professionell sein können.

Die Professionalität liegt doch gerade darin, zu wissen, wann man solche Verhaltensweisen an den Tag legen darf, soll oder sogar muß - oder umgekehrt strikt zu vermeiden hat.

Man sollte doch auch nicht vergessen, daß Psychotherapie ein unglaublich breites Spektrum von verschiedenen theroetischen Schulen umfasst, die u.U. untereinander spinnefeind sind und jeder Therapeut sich als "Therapeutenpersönlichkeit" entwickeln und seinen eigenen Stil finden muß und nicht zuletzt auch keine therapeutische Beziehung der anderen 1:1 gleicht.
würde ich so unterschreiben!

Werbung

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 24943

Beitrag Mo., 01.02.2016, 18:43

Was ich geschildert habe, sind keine Normen, die ich gesetzt habe... sondern das ist mehr oder weniger nachlesbar. Ich habe sogar manches verlinkt. Es ist nichts rein subjektives, was professionelles Verhalten ausmacht... sondern dazu gibt es diverse Grundsätze, die sich auch schulenübergreifend nicht so wirklich unterscheiden (so gilt zum Bleistift die Berufsordnung für alle Psychotherapeuten) - höchstens geringfügiger, dass man manchmal noch etwas strikter ist und manchmal etwas "großzügiger".
Die Professionalität liegt doch gerade darin, zu wissen, wann man solche Verhaltensweisen an den Tag legen darf, soll oder sogar muß - oder umgekehrt strikt zu vermeiden hat.
Das war eine Frage und danach wurde etwas differenziert, wie man das eine gegen das andere abgrenzt.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Lockenkopf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 52
Beiträge: 2400

Beitrag Mo., 01.02.2016, 19:43

Ich finde es viel wichtiger sich Gedanken darüber zu machen, wie ich als Pat. in der Therapie möglichst was erreiche, welches Thema ist mir wichtig, was hängt damit zusammen usw, als hier über Professionalität zu diskutieren.
Die Fragen zur Professionalität des Psychotherapeuten sind doch nur dann wichtig, wenn das Bauchgefühl sagt, hier stimmt etwas nicht.
An sonsten sind diese Fragen doch belanglos.
Liebe Grüße
Lockenkopf

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 24943

Beitrag Mo., 01.02.2016, 19:50

ja, Fragen zur Professionalität sind wichtig, wenn eine Therapie ins unprofessionelle abgleitet, so dass evtl. sogar ein Schaden droht (und das soll nicht soo selten sein)... daher finde ich es nicht verkehrt, wenn Patienten darüber auch etwas aufgeklärt werden würden, was professionell ist und wann das Holzauge wachsam sein sollte... na gut, manche Infos kann man recherchieren, aber etwas Aufklärung fände ich dennoch nicht verkehrt (manche Aufklärungspflichten sind mittlerweile auch gesetzlich verankert... vorher nur auf Ebene der Berufspflichten, was damit nochmals einen höheren Stellenwert hat).
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Candykills
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 31
Beiträge: 5038

Beitrag Mo., 01.02.2016, 19:55

Objektiv gesehen stellen sich mir bei vielen Punkten die Nackenhaare auf. Meine Therapeutin selbst sagt, dass sie bei mir einige Abstinenzregeln übertreten muss, um überhaupt eine Therapie durchführen zu können.
Trotzdem bin ich ihr sehr dankbar (auch wenn die eigene Sehnsucht öfters anders denkt und will), dass sie viele dieser oben genannten Punkte NICHT so behandelt. Die Abhängigkeit ist sowieso schon groß genug und ich weiß nicht, ob meine unstillbare Sehnsucht wirklich Alarm schlagen würde, wenn sie mir SMS, Begleitung zu irgendwelchen Ämtern, Geschenke, private Telefonate etc anbieten würde. Wahrscheinlich würde ich aus der Bedürftigkeit heraus alles annehmen. So wie ich mich auch jetzt an jedem positiven Lächeln und Entgegenkommen "aufhänge".
Ich würde also so gesehen sehr viele, der im Eingangsthread genannten Punkte, als umprofessionell werten und bin eher dankbar, dass meine Therapeutin das alles für mich im Auge behält.

Das ist aber lediglich meine Sicht der Dinge und auf mich bezogen. Andere dürfen das gerne anders sehen.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 24943

Beitrag Mo., 01.02.2016, 20:01

Übrigens kann auch (Un)Professionalität i.w.S. ein Therapiethema sein... zumindest in manchen Therapien. Und zwar auch dann, wenn man aktuell nicht mit unprofessionellen Verhaltensweisen konfrontiert ist (meine dzt. Thera nehme ich recht professionell wahr). War andere Themen hat, braucht ja hier wahrlich nicht mitdiskutieren, wenn er/sie es unwichtig findet.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag Mo., 01.02.2016, 20:05

Der Punkt steht nicht hier. Aber wo es mir wirklich den Magen umdreht ist, wenn ein Therapeut ankündigt, er habe ein gutes Buch gelesen/Seminar besucht und habe an mich denken müssen. Schon mal erlebt ;-)
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

Benutzeravatar

Möbius
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 53
Beiträge: 1397

Beitrag Mo., 01.02.2016, 20:29

Das der Patient zur Supervision seiner eigenen Therapie imstande sein könnte, halte ich für ausgeschlossen. Dann wird die therapeutische Beziehung karnevalisiert und die Therapie hat ihren Sinn verloren, muß abgebrochen werden.


leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag Mo., 01.02.2016, 20:31

Warum eigentlich?

Benutzeravatar

**AufdemWeg**
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 3753

Beitrag Mo., 01.02.2016, 20:32

Möbius,

warum hätte sie damit automatisch ihren Sinn verloren?
Offline

Benutzeravatar

Möbius
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 53
Beiträge: 1397

Beitrag Mo., 01.02.2016, 20:35

Weil dann der Patient mit dem Therapeuten macht, was er will. Und der Wille des Patienten ist in einer Psychotherapie nicht unbedingt immer der Maßstab des Guten und Richtigen - sonst wäre der Patient ja schließlich nicht in Psychotherapie.

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 24943

Beitrag Mo., 01.02.2016, 20:36

Auch während Probesitzungen habe ich immer die Professionalität geprüft... und ich "soll" sogar genau prüfen. Und dazu braucht es wohl ein paar Kriterien. Bei manchen sind diese rein subjektiver Natur, bei mir nicht nur - wie dargelegt. Wenn jemand (und das habe ich tatsächlich erlebt) irgendwelchen eindeutigen esoterischen Humbug empfiehlt, so disqualifiziert sich diese Person ratzfatz als ernstzunehmender Behandler. Ich fände es toll, wenn man sich hier auf jeden Fall auf den Therapeuten verlassen könnte... so ist das aber nicht immer.

Im Zweifelsfall, wenn das nicht mit dem eigenen Therapeuten erörterbar ist, kann man sich z.B. auch eine Zweitmeinung einholen oder an den Ethikverein oder an eine PT-Kammer oder Berufsverband des Therapeuten wenden (manche Institutionen geben ja auch ethische Richtlinien heraus). Professionalität ist eben nicht nur etwas, das rein subjektiv ist und am eigenen Empfinden festgemacht werden kann (zumal nicht bei jedem Patient ein gute Bauchgefühl vorausgesetzt werden kann). Ich finde, es ist auch kein Beinbruch, Zweifel zu haben. Problematisch fände ich eher, wenn der Therapeut nicht (hehe) professionell darauf eingeht, wenn Zweifel vorhanden sind.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag