Was soll ich von dieser Therapeutin halten?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Tränen-reich
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 3420

Beitrag Sa., 05.12.2015, 16:53

Es stellt sich mir die Frage, wie einsam man sein muss und wie viel eigene Lebendigkeit fehlt, um sich ausgiebig mit Themen zu beschäftigen, deren Inhalt man keinen Glauben schenkt. Oder versucht man sich hier zu (pseudo-) profilieren, weil echte Anerkennung im Leben fehlt?
Naja, mir stellt sich da eher die Frage, weshalb jetzt ein User hier hinterfragt werden muss. Das ähnelt doch sehr, wie du das mit deiner Therapeutin machst.... anstatt dich selbst hinterfragst... um andere User gehts ja hier wohl nicht...
Also ich finde den Ton hier auch nicht so berauschend... vielleicht ist es ja nicht Therapeutins Aggro - sondern vielleicht eher deine - Kratzigkeit?

...mal so gefühlstechnisch in den Raum gerufen....

Werbung


redred
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 80
Beiträge: 861

Beitrag Sa., 05.12.2015, 16:54

Ja, ok , Möbius, ich unterlasse das in deinem Namen.

Aber meine Kritik war sowieso allgemein gemeint, dass das allgemein kein akzeptables Verhalten für ein Hilfeforum ist.
Die TE hätte wahrscheinlich jedem so geantwortet, mich eingeschlossen bestimmt, dessen Gedanken ihr nicht gefallen hätten.
Man kann auch anderes reagieren, sagen z.B, dass man diesen Gedanken (jetzt) nichts anfangen kann, aber "Danke für die Mühe!"
Statt jemanden gerade wegen dieser Mühe zu beleidigen.
Ob Dir eine Katze, die Dir über den Weg läuft, Unglück bringt oder nicht, hängt davon ab, ob du ein Mensch bist oder eine Maus!

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Sa., 05.12.2015, 17:01

Phönixe hat geschrieben:Ich stell's mir vor wie bei Lehrerkindern, die von ihren eigenen Eltern in der Schule unterrichtet werden. Oder wie es war, als meine Mutter mal mit zur Klassenfahrt war - ich musste besonders ordentlich sein, während anderen mehr erlaubt wurde. Ich vermute, es ist eine natürliche menschliche Reaktion. Von dem, mit dem man sich identifiziert, erwartet man oft ein bisschen mehr.
Oder du idealisierst... vielleicht IST er manchmal ungerecht, einfach so, was gar nicht so viel mit dir zu tun hat. Denn Effekt, dass man manchmal etwas zu streng reagiert, wenn man jemand nicht übervorteilen will aufgrund der Beziehung, die man hat, gibt es jedoch auch.

Nur hat er mal etwas in die Richtung geäußert, dass du ebenfalls einen "besonderen" Stellenwert für ihn hast? Oder ist das eher dein Konstrukt, weil du das als bereichernd erlebst? Bzw. anders gefragt:
Ob mein Chef es anders empfindet, kann ich natürlich nicht sagen, bisher aber habe ich keinen Grund, es anzunehmen.
Weißt du überhaupt wie er empfindet... gab es mal ein Gespräch? ... was ja in einer Chef-Angstellten-Konstellation normal nicht so üblich ist...
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Phönixe
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 31
Beiträge: 40

Beitrag Sa., 05.12.2015, 17:08

Ja, Stern, das entspricht der Vermutung meiner Therapeutin, dass es aufgrund der Nähe eine ungesunde Konstellation ist. Ich genieße es dagegen sehr.

Ich finde mein Beispiel mit den von ihren eigenen Eltern unterrichteten Lehrerkindern in diesem Fall ganz günstig. Wir hatten einen "Fall" in der Klasse, da musste die Tochter die Mutter siezen, damit der äußere Rahmen eingehalten wird. In der Schule war die Mutter ausschließlich in ihrer Funktion als Lehrerin "ansprechbar". Menschen leben im Allgemeinen verschiedene Rollen. So wie die Tochter den äußeren vorgegebenen Rahmen nicht verließ, halten wir uns auch an den vorgegebenen Rahmen des Arbeitslebens. Insofern sehe ich ihn als Chef und es ist keine Frage, dass ich mich wie jeder andere seinen Entscheidungen unterordne und sie respektiere. So wie die Tochter ihre Mutter natürlich in erster Linie als Mutter sieht (in der Schule danach aber nicht handelt), so sehe ich meinen Chef in erster Linie als Menschen. Das geht sehr gut, wenn man die Ebenen trennen kann.

Die Assoziation "Vaterersatz" habe ich hier auch mit einem Fragezeichen versehen, weil ich es schon als mehrschichtiger empfinde. Muss man unbedingt etwas nachholen wollen (das soll nicht heißen, dass ich es nicht will, da bin ich mir halt selbst noch nicht so sicher), wenn man im Hier und Jetzt einen väterlichen Freund haben will? Auch als Erwachsener ist man glücklich (also ich), wenn man einen Vater hat. Zugehörigkeit, Geborgenheit, Wärme wünscht man sich auch als Erwachsener (nicht nur auf partnerschaftlicher Ebene). Das schenkt er mir.

Würdest Du die Beziehung zu Deinen Eltern lieber gleich abbrechen, weil Du irgendwann enttäuscht werden könntest? So ungefähr ist das für mich von meinem Gefühl her.

Die Therapeutin hätte ja ihre Meinung äußern können und ich meine und gut wäre es gewesen. Was da bei ihr lief, war aber weit darüber hinausgehend.

Ich bin jetzt schon sehr weit gegangen mit der Erklärung bezüglich Chef, ich würde den Thread gerne wie für mich angedacht zur Lösung meiner Situation mit der Therapeutin verwenden. Deshalb bitte ich um Verständnis, wenn ich auf Nebenschauplätze nicht (mehr) eingehe.

Hat denn hier noch niemand ein Ausagieren seitens des Therapeuten erlebt? Eigentlich bin ich ja schon recht weit gekommen in meinen Überlegungen, könnte ja aber sein, dass jemand Ähnliches erlebt und sein Umgang mit der Situation würde mich schon sehr interessieren, wenn er bereit ist zu berichten.

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Phönixe
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 31
Beiträge: 40

Beitrag Sa., 05.12.2015, 17:22

Stern: Mein letzter Beitrag bezieht sich auf Deinen vorletzten, es überschneidet sich hier ein bisschen...

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9792

Beitrag Sa., 05.12.2015, 17:30

redred hat geschrieben: Aber was mich so irritiert, an deinem Beitrag, ist nicht so sehr, dass Therapeut und Patient unterschiedlicher Meinung sind - das kommt ja oft vor - sondern, dass du glaubst (zurecht oder unrecht) die Therapeutin sei eifersüchtig, du sie auf ihre Eifersucht hin testest, in einem Tagebuch versucht ihre Eifersucht zu analysieren und durch Befragung von Bekannten mögliche Eifersuchtsursachen ermittelst - Das ist doch reichlich seltsam, was du machst? Ich könnte mir vorstellen, dass du ziemlich viel auf die Therapeutin projizierst. Habt ihr eigentlich schon mal von Übertragung geredet? Was machst du eigentlich für eine Therapie?


Mich auch. Wenn das Verhalten und die Motivation des Therapeuten in meinem Geist so viel Raum einzunehmen anfängt und man das so weiterlaufen lässt und sich mit Detektivspielen anstatt mit Therapie beschäftigt, dann läuft da schon irgendwas schief.

Hast du sie niemals drauf angesprochen, dass das Thema zu viel Raum einnimmt, dich ihr Verhalten belastet und verwirrt und du dadurch in der Therapie mehr mit ihr als mit dir beschäftigt bist?

Ich könnte das nicht einfach so laufen lassen und für mich wäre mit so einem Verhalten des Therapeuten auch das Vertrauen in die Therapie zerrüttet, was die Fortsetzung für mich sehr stark in Frage stellen würde


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Sa., 05.12.2015, 17:32

Hallo Phönixe,
Phönixe hat geschrieben: Ich bin jetzt schon sehr weit gegangen mit der Erklärung bezüglich Chef, ich würde den Thread gerne wie für mich angedacht zur Lösung meiner Situation mit der Therapeutin verwenden. Deshalb bitte ich um Verständnis, wenn ich auf Nebenschauplätze nicht (mehr) eingehe.
wenn Du die Situation zwischen Deiner Therapeutin und Dir klären willst, dann solltest Du das mit Deiner Therapeutin direkt tun, nicht über unbeteiligte und damit auch "unwissende" Dritte. Niemand hier kann beurteilen was genau zwischen Euch da läuft und ganz ehrlich: Mich irritiert auch, dass Du da so sehr bei "ihrem Teil" (ihrem "Fehler"?) bist, über diesen spekulierst etc. pp. anstatt das ganze einfach offen in der Therapie anzusprechen und dann zu schauen, was passiert.

Was erhoffst Du Dir von "Vergleichsgeschichten"? Ich frage das ganz ernsthaft, denn mir ist nicht klar inwiefern Dir diese bei Deiner ganz persönlichen Situation und der individuellen Problematik zwischen Dir und Deiner Therapeutin helfen sollen?

Viel entscheidender wäre doch die Frage: Kannst Du ihr so noch vertrauen? Auf den therapeutischen Prozess vertrauen? Und falls nicht, woran liegt das? Das sind allerdings Fragen die sich besser in der Therapie klären lassen und deren Klärung dort für Dich eventuell hilfreich sein könnte. Warum möchtest Du also wissen wie andere mit einer solchen Situation umgegangen sind? Um zu hören: "Schnell weg da! Die kann nur schädlich für Dich sein!" ? Oder um zu hören: "Es wird Dir nichts bringen, wegzulaufen. Denn am Ende läufst Du damit womöglich vor Dir und Deinem Problem weg!" ? Zwei mögliche Pole einer Situation und an beiden kann was wahres dran sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit der Mitte. Wie das bei Dir/Euch ist wirst Du selbst herausfinden müssen. Entweder gemeinsam mit Deiner Therapeutin oder aber als "Entschluss" den Du für Dich allein fasst.

Lieben Gruss,

mio

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Sa., 05.12.2015, 17:37

Die Schwierigkeit dürfte sein: Deine Beziehung zu deinem Chef ist vermutlich nicht ganz ablösbar von dem, wie sie reagiert - wobei es, wie ich ja auch geschrieben habe, schon etwas so wirkt als kann sie deine Konstellation zu deinem Chef nicht unbeeinflusst von ihren privaten Erfahrungen sehen.

Ich finde es spricht nichts gegen das Bedürfnis eine väterlichen Freund haben zu wollen... wenn der allerdings faktisch Chef ist, so hört sich das sehr kompliziert an... und man=ich fragt sich: Was ist er für dich. Und ob sich das so leben lässt, wie du dir das vorstellst, hmmmm. Ich meine, er ist dein Chef. Und die klare Rollenverteilung, wie du sie in deinem Beispiel schilderst, sehe ich irgendwie nicht... sondern eher 3in1 (im Arbeitsumfeld). Und die Frage ist ja auch: Will er dein Vater sein oder wurde er dazu gemacht... bzw. ist Enttäuschung vorprogammiert, weil ein Chef ja normalerweise nicht derjenige ist, der Zugehörigkeit, Geborgenheit, Wärme spendet. Sondern das findet man eher in Freundschaften, Partnerschaften, etc.

Und vielleicht will sie dich auch etwas warnen à la: Vielleicht will er ja etwas anderes von dir als du von ihm. Gibt es auch... und würde ich tatsächlich beachten.
Würdest Du die Beziehung zu Deinen Eltern lieber gleich abbrechen, weil Du irgendwann enttäuscht werden könntest? So ungefähr ist das für mich von meinem Gefühl her.
Wie gesagt: Kündigung finde ich übertrieben... aber ich bin nicht sicher, ob du ein Konstrukt aufbaust, dass so gar nicht existent ist, wie du es gerne hättest. Und vielleicht "mahnt" sie deswegen zu Abstand. Denn er ist nicht dein Vater. Im Arbeitsleben zählen eher Kündigungsfristen, Regelungen und Leistung, selbst wenn du ein abweichendes Gefühl hast.

Und wie gesagt: Es kann schon sein, dass sie das sie wegen ihren Erfahrungen nicht offen ist... aber vielleicht ist ein Teil eurer Auseinandersetzung vielleicht auch, dass du nicht gut verkraftest, wenn sie versucht, ihn vom Sockel etwas herunterzuholen... und dich zur Achtsamkeit mahnt?

Wenn das für dich kein Thema ist, so gehe doch pragmatisch vor: Musst du dann nicht besprechen. Und wenn sie nach deinem Dafürhalten ausagiert, so würde ich das bei ihr ansprechen. Dazu hatte ich ja schon manches geschrieben. Ihre private Geschichte würde ich heraushalten.

Wenn die Therapie und Beziehung bisher gut und hilfreich war, so sehe ich keinen Grund, warum es jetzt daran scheitern sollte. Dann kann man ja sagen, sie hat dir sonst gut helfen können... und in der Frage eben mal nicht. Du könntest mitteilen, was du dir von ihr erhoffst.
Zuletzt geändert von stern am Sa., 05.12.2015, 17:58, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9792

Beitrag Sa., 05.12.2015, 17:42

stern hat geschrieben: Der Punkt ist halt: Ob das in der Konstellation nicht irgendwann zur Enttäuschung führen muss... nicht immer können Beziehungen das tragen. Stichwort: Einseitigkeit.

Ich kann es nicht begründen, aber ich habe irgendwie ein komisches Bauchgefühl... denn man denkt, er ist ein alter Bekannter, mit dem du und dein Partner und er und seine Frau regelmäßig etwas unternehmen. Nur wo ist der Chef, der er ja eigentlich ist?

?


Aber selbst wenn die Therapeutin meint, dass es da ungute Verstrickungen gibt, wo ist der Sinn, hier kategorisch zur Kündigung zu raten.

Nehmen wir mal an, dass das mit dem Chef eine massive Vaterübertragung mit emotionaler Abhägnigkeit ist. Wenn ein Klient die Neigung hat in solche Übertragungsbeziehungen zu fallen, dann würde das ja bedeuten, dass mit der Kündigung rein garnichts gelöst ist, weil ja die Neigung zu heftigen Vaterübertragungen durch die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses nicht reduziert oder behoben wird.

Vielmehr könnte man gerade anhand dieser Übertragung in der Therapie viel anschauen und aufarbeiten.



Mal eine andere Hypothese: Evtl ist die Therapeutin ja auf die Übertragung eifersüchtig, also dass sie es ganz gerne hat, wenn Klienten ihr gegenüber eine Vater/Mutter/Eltern Übertragung haben und sie dem Klienten gegenüber gerne eine Mutter-Übertragung lebt, und du ihr gegenüber da aber nicht "ziehst".

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Sa., 05.12.2015, 17:47

münchnerkindl hat geschrieben:Aber selbst wenn die Therapeutin meint, dass es da ungute Verstrickungen gibt, wo ist der Sinn, hier kategorisch zur Kündigung zu raten.
Das schrieb ich ja, dass ich das auch überzogen finde und keinen Grund sehe. Aber ich schrieb auch, dass ich ein komisches Bauchgefühl habe (das sagt aber nichts).

Das ist mit ihr natürlich zu besprechen, dass man nicht einfach den Job schmeisst... man trägt ja auch die Konsequenzen. Und das würde ich ihr auch mitteilen.
Nehmen wir mal an, dass das mit dem Chef eine massive Vaterübertragung mit emotionaler Abhägnigkeit ist. Wenn ein Klient die Neigung hat in solche Übertragungsbeziehungen zu fallen, dann würde das ja bedeuten, dass mit der Kündigung rein garnichts gelöst ist, weil ja die Neigung zu heftigen Vaterübertragungen durch die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses nicht reduziert oder behoben wird.
Das wäre dann therapeutisch anzuschauen... ich kann das nicht beurteilen (wirkt aber so auf mich... sagt aber nichts). Nur ist sie hier vermutlich nicht die richtige Ansprechpartnerin, wenn ihr in erster Linie Kündigung einfällt.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Phönixe
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 31
Beiträge: 40

Beitrag Sa., 05.12.2015, 18:08

Münchner Kindl: Von "so viel Raum" würde ich nicht sprechen, es traten immer mal wieder Irritationen auf, die ich für mich (nicht jeder Mensch braucht eine Erklärung für seine Psychohygiene, ich schon) klären musste. Es war sogar Thema in der Therapie, dass ich ein "Hingucker" bin, dass manch einer sich durch "Weggucken" schützen kann, dafür aber ein Gefühl des Unklaren in Kauf nehmen muss. Das ist eine unterschiedlich geartete Psychostruktur. Für mich ist Klarheit essenziell, wofür ich mögliche Verletzungen in Kauf nehmen muss. Wenn ich schlecht behandelt werde, muss ich (und das ist eine psychische Notwendigkeit) wissen, woran das liegt. Erst dann geht es mir wieder gut.
Ganz übersteigert (denn es ist ja kein Trauma bei mir) - wenn Menschen traumatisiert werden, hinterlässt Unklarheit ein Gefühl der Ohnmacht, erst wenn sie verstehen, können sie das Trauma gänzlich überwinden. Ohne zu verstehen, ist es immer nur eine bruchstückhafte Bearbeitung.

Natürlich erfolgte eine Thematisierung von mir. Wie kommst Du darauf, dass ich mehr mit ihr als mit mir beschäftigt war? Ich habe doch erwähnt, dass das eigentliche Training bezüglich der Symptome sehr effizient war und ich ihr auch dankbar dafür bin.
Es war nicht einfach für mich, es weiter laufen zu lassen, mein Glück ist sicher, dass die gewählte Therapieform weniger auf die Therapeuten-Patienten-Beziehung setzt und wir einen groben, rein technischen, Arbeitsplan hatten.

Mio: Sorry, ich will nicht beleidigen, aber Du scheinst nicht gelesen zu haben. Warum sollte ich ihr vertrauen, wenn ich die Therapie beenden werde? Ich muss da gar nichts mehr mit meiner Therapeutin zusammen herausfinden...
Warum suchen Menschen andere Menschen, die Vergleichbares erlebt haben? Vielleicht, um sich abzugucken, wie andere da reagiert haben? Der Sinn einer jeden Selbsthilfegruppe.

Benutzeravatar

Möbius
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 53
Beiträge: 1397

Beitrag Sa., 05.12.2015, 18:14

Eine Übertragung gibt es - meiner Auffassung nach - in jeder Therapie unabhängig vom jeweiligen Ansatz. Auch eine regelmässige ärztliche Behandlung lädt zu solchen Übertragungen ein, und darüber hinaus auch jede andere soziale Beziehung mit einem großen Gefälle, die nicht reinen Zwangscharakter hat, sondern auch vom Inferioren als positiv empfunden wird: vom Lehrer-Schüler-Verhältnis war einmal die Rede, Professoren und sonstige Hochschuldozenten und ihre Studenten, Ausbilder und Auszubildende. Das ist ein tieferer, regelmässig in der juristischen Diskussion darüber nicht erkannter Aspekt all dieser Tatbestände, die gesetzlich unter "Mißbrauch von Abhängigkeitsverhältnissen" gefasst wird: wenn sich diese Übertragung, die sich normalerweise wie die landläufige Verliebtheit äussert (die ja auch nichts anderes ist, als eine Übertragung) in ein "manifestes" sexuelles Handeln "agiert". Dem Superioren all in diesen vorgenannten Beziehungen ist das gesetzlich verboten - auch wenn die Initiative zu sexuellen Handlungen vom Inferioren ausgeht.

Was wird nun übertragen ? Nach Freud ist die "Mutter aller Übertragungen" eine infantil-sexuelle Beziehung, regelmässig die zum gegengeschlechtlichen Elter. Aber es können auch andere Personen sein, die für das Kind in eine solche Rolle eingerückt gewesen war. Und es kommt auch nicht darauf an, ob diese infantil-sexuelle Beziehung "manifest" agiert worden ist. Und es können sich weitere frühere Beziehungen an diese "Ur-Übertragung" andocken, sofern sie dem gleichen Muster gefolgt sind. Ich will ein Beispiel konstruieren: Lag der Normalfall der Ur-Beziehung vor, die zum gegengeschlechtlichen Elter, die jedoch aufgrund der Inzestschranke nicht agiert wurde, das Kind im Gegenteil mit seinem inzestuösen Begehren zurückgewiesen wurde, und durch die Verarbeitung dieses berühmten Ödipus-Komplexes in seinem Reifungsprozeß entscheidend gefördert worden ist, dann überträgt das Kind diese Beziehungsform später beispielsweise auf einen seiner Hochschullehrer, mit dem es eine intensive didaktische Beziehung gibt: Vorlesungen, Übungen, Seminare, Sprechstunden, Exkursionen, die geselligen Zusammenkünfte, die an vielen Universitäten zwischen Dozenten- und Studentenschaft gepflegt werden - überall wuselt sich unser Student sofort zu seinem "großen Lehrer", hat auch dessen Veröffentlichungen gelesen, seinen Guru gefunden ... und erlebt irgendwann wieder so eine Zurückweisung: der Professor zeigt dem Studenten, das es Grenzen gibt in dieser "didaktischen Beziehung". Der Student lässt es sich nichts anmerken, gehört auch weiterhin zu den treuesten Besuchern seiner Lehrveranstaltungen, nach aussen hat sich nichts verändert, aber tief innen hat es einen kleinen Knacks gegeben. Und wieder ein paar Jahre später sitzt unser Student in einer Psychotherapie. Dann kann es sein, daß sich in der Übertragung, für welche der Therapeut "nur" eine Projektionsfläche darstellt, der gegengeschlechtliche Elter aus der Kindheit und der so hochverehrte Hochschullehrer aus dem Studium übereinanderschieben, überlagern, zu einem einheitlichen Muster verschmelzen, wie zwei Dias, die hintereinander in den Projektor geraten sind. Ja - die spätere Beziehung kann die früherer sogar weitgehend überdecken, so daß die frühere Beziehung in der Übertragung regelrecht verblasst. Und das alles ist vom Geschlecht der Personen völlig unabhängig. Dh der Vater, der Professor können auch auf eine weibliche Therapeutin übertragen werden. Auch kann der Vater auf eine Professorin übertragen worden sein, und beide dann zusammen auf einen männlichen Therapeuten usw. Das kann, wenn das Denken und Fühlen vom tradierten Postulat einer "natürlichen Heterosexualität" ausgeht, sehr verwirrend sein.

In der psychoanalytischen Therapie ist diese Übertragung meist zentral - sie wird bewußt genutzt, vom Therapeuten kontrolliert "angenommen" und ist hilfreich dabei, ungelöste Konflikte aus früheren Beziehungen, die das Unbewußte belasten, zu erinnern und "in der Übertragung" aufzuarbeiten. Verhaltenstherapeutische Konzepte tun dies in der Regel nicht und das ist auch gut so, weil die Handhabung solcher Übertragungen sehr heikel ist, einer besonderen Ausbildung bedürfen und nicht zuletzt auch einer psychoanalytischen Supervision, um zu gewährleisten, daß der Therapeut auch seine "Gegenübertragung" im Griff behält.

Auf unseren Fall, auf die threadstarterin "übertragen" heißt dies, daß diese immer noch - zumindest für mich - reichlich obscure Beziehung zu ihrem "Chef" als "väterlichem Freund", als "Lehrer" usw. durchaus kein "Nebenkriegsschauplatz" zu sein braucht, wenn wir über ihre Beziehung zu ihrer Therapeutin reden. Erst recht dann nicht, wenn diese "Chef-Beziehung" thematisch im Zentrum der Konflikte mit der Therapeutin steht oder stand.
Zuletzt geändert von Möbius am Sa., 05.12.2015, 18:20, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9792

Beitrag Sa., 05.12.2015, 18:18

Möbius hat geschrieben: Was wird nun übertragen ? Nach Freud ist die "Mutter aller Übertragungen" eine infantil-sexuelle Beziehung, regelmässig die zum gegengeschlechtlichen Elter. Aber es können auch andere Personen sein, .



Mein Gott, jetzt kommt wieder dieses dumme Freud-Geblubber.....




mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Sa., 05.12.2015, 18:25

Hallo Phönixe,
Phönixe hat geschrieben: Warum suchen Menschen andere Menschen, die Vergleichbares erlebt haben? Vielleicht, um sich abzugucken, wie andere da reagiert haben? Der Sinn einer jeden Selbsthilfegruppe.
Da würde ich an Deiner Stelle mal ansetzen...gedanklich: Was passiert, so Du Dir "Gefühle", den "Umgang mit etwas" etc. pp. abguckst? Du kopierst. Und läufst damit Gefahr, Dich von Dir selbst zu entfernen, so Du es nicht sehr bewusst tust.

Reines "Abgucken" ist was sehr "kindliches", Du aber bist eine erwachsene Frau mit einem hoffentlich eigenen Kopf und Gefühlsleben.

Du hast Deinen Entschluss getroffen, das ist gut. Dann hat der Thread hier doch eigentlich seinen Zweck erfüllt, oder nicht? Du weisst nun, was Du von Deiner Therapeutin hälst und wie Deine Konsequenzen aussehen werden.

Geht es Dir nun um den Schritt "danach"? Oder worum geht es Dir, so Du noch immer nach ähnlichen Erfahrungen fragst?

Lieben Gruss,

mio


pandas
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 77
Beiträge: 4613

Beitrag Sa., 05.12.2015, 18:48

So wie Möbius hier die PA schildert und versucht, auf das Threadanliegen zu verwenden, bildet sie sich ab als Machtinstrument aus predemokratischen Zeiten.
Eigene Gedanken, Sichtweisen und Werte, die nicht mit denen der Therapeutin übereinstimmten, werden als Widerstand bezeichnet.
Nur, warum sollte Widerstand negativ konnotiert sein?
Glücklicherweise ist gewaltfreier Widerstand seit etlichen Jahrzehnten aus gutem Grund Teil des Grundgesetzes.

Und dann die "Konfrontation" mit der verdrängten infantilen Sexualität .... fragt sich, wer hier was ver- und bedrängt.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag