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Sa., 27.12.2014, 14:55
Ich denke bei dem Thema kann es hilfreich sein, auf zwei Ebenen zu differenzieren. Natürlich gibt es, wie ziegenkind schrieb Therapeuten, die ihre Klienten abhängig machen. Und es gibt Klienten, die abhängig werden, weil es zu ihrer Störung gehört oder weil sie es für ihren Weg so brauchen.
Man kann sich aber auch Fragen, warum man das Thema Abhängigkeit so kritisch sieht: schlechte Erfahrungen im Helfersystem (gibt es leider genug, ja), gesunde kritische Distanz.. oder ist vieleicht genau das ein Problem? Ein zu großes Misstrauen, eine zu große Angst vor Abhängigkeit, die einen auf ungesunde Distanz zu seinen Mitmenschen hält und damit verhindert, dass man emotional geborgener ist?
Ich denke schon, das es gut ist, sich kritisch mit seiner Rolle im Helfersystem/Therapiesystem auseinanderzusetzen. Das kann nur gut sein, um den Weg der Heilung, der Entwicklung konsequenter gehen zu können. Kritisch reflektieren heißt aber nicht nur in Frage stellen und verneinen. Es heißt auch, anerkennen und annehmen, was gut und hilfreich ist.
Ansonsten denke ich, gibt es nunmal keine Sicherheit. Psychotherapie kan aus sehr vielen Gründen misslingen. Ebenso hat man aber keine Sicherheit, wie sich Psychopharmaka nach Jahren auswirken. Da dachte man auch, dass da vieles geht und inszwischen weiß man, dass viele Neuroleptika und auch einige Antidepressiva nach Jahren der Einnahme extrapyramidale Nebenwirkungen hervorufen können, die nicht(!) reversibel sind. Wenns danach geht, dürfte man keine einzige Tablette mehr nehmen, weil sicher an jedem Medikament, dass man je genommen hat und seien es Antibiotika, Schmerzmittel schon Menschen ungewollt gestorben sind oder dauerhaften Schaden erlitten haben.
Letzendlich denke ich aber, dass viele Abhängigkeiten, die auftreten, über die hier berichtet wird, weder von seiten des Therapeuten, noch von Seiten des Klienten Krankhaftigkeit oder gar Malignität aufweisen. (Obwohl es das wie gesagt gibt und wohl, denke ich auch, häufiger vorkommt als einem lieb sein kann.) Es sind einfach nur Übergangsphänomene auf einem guten Weg der Heilung. Es tritt dann auf, wenn all die Gefühle, Bedürfnisse, Sehnsüchte, Wünsche spürbar werden, bewusst werden, aber noch keine Erfahrung, noch nicht ausreichende Möglichkeiten im Innen und Außen bestehen damit umzugehen. Dann ist der/die Therapeutin diejenige/derjenige, der erster Ansprechpartner wird und wohl tatsächlich sehr zentral wird. Denn ich denke, so habe ich es erfahren, es kommen Gefühle, Zustände ins Bewusstsein, die so archaisch, so entwicklungsgeschichtlich früh, so basal sind, aber auch so krass sind, dass es auch ist, wie damals als Babys oder Kleinkind. Es kann mit (unbewusster) Todesangst, purer Panik verbunden sein. Man braucht dann ganz, ganz dringend jemanden, der es einem reguliert, den/die TherapeutIn. Es geht nicht anders, wie ein Baby halt.
Aber die Phase wird vorbei gehen. Man wird lernen sich selbst zu regulieren und in reiferer Form um emotionale Unterstützung zu bitten. Man wird wieder unabhängiger, ganz von selbst. Und dann ist man eben auch selbst zumindest etwas reifer, was dann heißt, dass Leben an sich gelingt mit seinen Herausforderungen etwas leichter (ich denke auch für psychisch gesunde Menschen ist das Leben nunmal kein Ponyhof), man kann eeetwas zufriedener mit sich sein. Und weil man sich besser regulieren kann, sich besser in Beziehung setzen kann, reduzieren sich Symptome. ich möchte nicht sagen, dass sie ganz verschwinden. Aber sie reduzieren sich auf ein normales Maß und bestimmen und Behindern nicht mehr das Leben so sehr. Jeder hat ja so seine Symptome und Marotten.
amor fati