MS Verdacht-Ich habe schreckliche Angst!!

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.

leberblümchen
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Beitrag Mo., 19.01.2015, 20:13

Hallo,
ich hab die Angst schon, seit ich denken kann. Da war sie genauso real. Du kannst dir nicht vorstellen, wie oft ich schon der absoluten Überzeugung war, dass ich (meine Kinder, vorher mein jetziger Exmann, davor meine Mutter) unheilbar krank sind. Es gibt keine Krebserkrankung, die ich nicht schon in Gedanken hatte. Und es sind ja mehr als Gedanken - das ginge ja noch!!! Es ist die Überzeugung; dass du die Beerdigung innerlich organisierst usw.

Eine Therapie mache ich seit drei Jahren. Bzw. ich hab drei Jahre eine Analyse gemacht, wo es gar nicht um die Angst ging. Der Therapeut wollte mir meine Schuldgefühle nehmen, indem er mir immer wieder gesagt hat, dass ich keinen Grund hab, mich schuldig zu fühlen. Hat so (natürlich?) nicht geklappt. Jetzt mache ich eine zweite Analyse, aber erst seit ca. 20 Stunden, wo ich ganz erstaunt bin, dass ich so konkret nach meinen Befürchtungen gefragt werde. Ich hab ja immer Angst, 'es' auszusprechen, von wegen 'Magisches Denken'. Insofern unterscheide ich mich wohl auch von 'normalen' Hypochondern, die wohl (angeblich) immer überall erzählen, wie krank sie ja sind und wie sehr man sie dafür bedauern soll usw. Ich KANN außer mit dem Therapeuten mit niemandem darüber reden. Selbst wenn ich den Ärzten gegenüber offen bin und sage: "Ja, ich bin ein Hypochonder, aber können Sie noch mal Blut abnehmen", dann funktioniert das nicht, weil die mich - natürlich - für verrückt halten. Also rennt man von einem Arzt zum anderen...

Früher war das so extrem (hab drei Kinder), dass kaum eine Woche verging, wo ich nicht beim Arzt war und darauf bestanden hab, dass sie durchleuchtet werden. Ein MRT ist für uns schon zur Gewohnheit geworden... (etwas übertrieben, aber mein Therapeut hat nicht schlecht geguckt, als ich ihm sagte, wie oft wir in die Röhre geschoben wurden). Einerseits weiß ich, dass das nicht gut ist für die Kinder; dass ich sie da im Grunde für meine Zwecke missbrauche. Andererseits klingt das jetzt auch krasser, als es ist, und ich kann auch mit ihnen darüber reden und ihnen sagen, dass das Problem eher in mir liegt. Irgendwie krass ist, wenn die Ärzte dann selbst sagen: "Oh, da müssen wir mal ein MRT machen" - dann drehe ich am Rad, so wie es dir gerade ging.

Es ist insgesamt deutlich besser geworden, auch schon vor der Therapie, weil ich nicht mehr so in Todespanik gerate und nicht ständig in die Notaufnahme gehe (wo man mich natürlich schon kennt), sondern ganz 'gesittet' beim Kinderarzt nach einem Termin frage. Ich hab ja wirklich bei jedem Infekt gedacht, es sei eine Hirnhautentzündung. Und jeder Durchfall war ein Todesurteil. Und es ist so heftig, dass man das ja wirklich so empfindet. Also, da ist nicht mehr viel mit: "Ich mache mir bestimmt umsonst Sorgen". Ich bin da wirklich wahnsinnig. Auch wenn die Kinder mal zwei Minuten zu spät nach Hause kommen oder nicht ans Handy gehen - ich breche buchstäblich in Panik aus, auch körperlich, und mein Leben ist quasi vorbei.

Warum das so ist, das weiß ich nicht. Weil es in dieser Heftigkeit schon mehr ist als "da macht sich jemand Sorgen". Mein Therapeut meint, das seien Schuldgefühle. Ich glaub auch, dass es so ist. Aber so einen richtigen Grund hab ich noch nicht gefunden.

Gut ist eben, dass zwischen diesen Angst'schüben' mein Leben total zufriedenstellend verläuft und ich auch sehr glücklich sein kann.

Ansonsten muss ich halt im Alltag an mir arbeiten, denn ich kann die Kinder - obwohl ich es gerne täte - nicht zu Hause einschließen. Ich muss da halt durch, wenn sie nachts noch unterwegs sind. Manchmal kann ich die Angst auch ganz ausschalten, z.B. als meine Tochter mal einen Fallschirmsprung gemacht hat oder mein Sohn nach Israel gefahren ist. DAS geht komischerweise. Aber wenn sie zum Müll runter gehen, breche ich in Panik aus...

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Nesta
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Beitrag Mo., 19.01.2015, 21:00

Hallo Leberblümchen!

Ich muss sagen, dass man mir auch nicht anmerkt, wie panisch ich bin. Meine damalige Therapeutin war immer erstaunt, dass ich auch in schlimmsten Zeiten immer gelassen gewirkt habe. Mir merkt man es nicht an-ob Arzt oder eine andere Persw. Ich wirke objektiv aber innerlich...puh..frage nicht ..

Mir fiel in deinem Posting auf, dass du immer von Schuldgefühlen schreibst. Hast du Schuldgefühle?

Ich habe sie irgendwie schon, weil ich meine Familie in den letzten Monaten so belastet habe.

Liebe Grüße!

Nesta


leberblümchen
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Beitrag Mo., 19.01.2015, 21:14

Ja, das ist irgendwie tatsächlich ein Problem: dass ich nie zeigen kann, wie schlimm es in mir aussieht. Klar, kann man auch als Vorteil sehen. Aber ich wünschte mir so sehr, dass ich das auch mal zeigen kann! Ich hab es mir von meinem ersten Therapeuten gewünscht, und als es mal so weit war - und ich selbst dabei noch relativ ruhig war, aber ihn dabei hab fühlen lassen, wie ich mich fühle, war seine Antwort: "Vielleicht ist hier eine Grenze erreicht". Das war's. Ist natürlich nicht wirklich hilfreich gewesen. Er meinte hinterher, ich hätte ihn damit gelähmt. Ja, klar. Aber das hat er nicht ausgehalten.

Ich lebe äußerlich ganz normal, bringe das Kind zur Schule - und fahre anschließend zum MRT, um mir mein Todesurteil abzuholen. Am Nachmittag bin ich wieder zu Hause und alles läuft weiter wie immer...

Die Schuldgefühle habe ich aus der Kindheit; aus 'aktuellem Anlass' fühle ich mich überhaupt nicht schuldig, sozusagen. Es sei denn, es ist etwas Konkretes vorgefallen und ich kann mich dann auch für mein Verhalten entschuldigen. Da belastet mich gar nichts besonders. Ich kann ja erklären, was los ist; ich kann es ausgleichen und ich halte mich trotz allem für eine einigermaßen passable Mutter.

Es ist wohl dieses Schuldgefühl aus der Kindheit, überhaupt DA zu sein; ein eigener Mensch zu sein; anders zu sein als die Mutter. Denn das hat sie buchstäblich nicht ausgehalten.

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Nesta
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Beitrag Mo., 19.01.2015, 22:28

Und diese Angst lähmt dein Handeln nicht? Macht sie dich nervös, während du auf "dein Todesurteil" wartest (Wartezeit bis zum Befund z.B.).
Mich lähmt sie beim Handeln, da bin ich geistig und körperlich wie starr. Kommt jedoch ein Außenstehender dazu, bin ich objektiv und sachlich (wie immer halt). Nur bei meiner Familie schaffe ich das nicht.

Der letzte Absatz hat mich aufhorchen lassen. Ich wollte auch immer das Gegenteil meiner Mutter sein und jetzt muss ich auch Medikamente nehmen um das Leben auszuhalten. Meine Psychologin sagte mal, dass mein Leben sehr viel (zu viel) Geschichte hätte. Das müsste ein Mensch alles mal aushalten. Das war nur die Vergangenheit. Die Zukunft wartet schon mit ihren Katastrophen. Das sind keine Befürchtungen, das ist leider Realität.

Ich bin auch in den letzten Monaten schon so oft gestorben, habe kürzlich sogar davon geträumt. Sehr verstörend.....
Was sagt dein Partner dazu? Versteht er dich? Tröstet er dich? Oder nimmt er es nicht ernst?

Liebe Grüße?
Nesta

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connie
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Beitrag Mo., 19.01.2015, 23:19

Was sollen diese Ängste?
Lass dich einfach untersuchen! Geh zum Neurologen, der wird dich - wenn er deinen Verdacht teilt - zur Untersuchung im Kernspintomographen überweisen bzw. die Rückenmarksflüssigkeit auf MS untersuchen lassen.

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Nesta
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Beitrag Di., 20.01.2015, 06:53

connie hat geschrieben:Was sollen diese Ängste?
Lass dich einfach untersuchen! Geh zum Neurologen, der wird dich - wenn er deinen Verdacht teilt - zur Untersuchung im Kernspintomographen überweisen bzw. die Rückenmarksflüssigkeit auf MS untersuchen lassen.
Hallo Connie!

Danke für dein Posting!
Ich war beim Neurologen und beim Mrt. Es war alles in Ordnung

Liebe Grüße!
Nesta


leberblümchen
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Beitrag Di., 20.01.2015, 08:34

Die Zukunft wartet schon mit ihren Katastrophen. Das sind keine Befürchtungen, das ist leider Realität.
Genau das ist etwas, was ich bei Anderen nicht verstehe: wieso können die gücklich sein, wenn sie doch wissen, dass es kein Leben ohne Tod, Krankheit und Kummer gibt und dass eben am Ende NICHT alles gut wird, sondern vermutlich ein Großteil der Menschen stirbt, ohne das Gefühl zu haben, es sei der passende Zeitpunkt. Manchmal zieht mich das so runter, dass ich nur noch im Loch hocke; manchmal kann ich es irgendwie verdrängen; manchmal allerdings kann ich sogar mein Leben genießen, ohne es verdrängen zu müssen. Ich glaube, die meisten Leute sind nicht wirklich glücklich; sie verdrängen nur ihr Unglück... Erich Kästner hat doch mal gesagt: "Wer keine Angst hat, hat nur zu wenig Phantasie".
Was sagt dein Partner dazu?
Ich bin Single, und seitdem das so ist, geht es mir auch in 'hypochondrischer Hinsicht' deutlich besser, denn ich kann mich mit mir selbst auseinandersetzen und muss mir nicht ständig sagen lassen, wie verrückt ich bin. Mein Exmann hat sich oft lustig gemacht darüber, wir hatten auch oft Streit deswegen, was aber AUCH (oder vor allem?) daran lag, dass er das genaue Gegenteil ist und nicht mal ins Krankenhaus kommt, um z.B. sein Kind dort zu besuchen, weil er lieber zum Sport geht.

Ich würde auch von niemandem erwarten, dass er mich versteht oder sich von meinen Ängsten 'einspannen' lässt. Ich erwarte allerdings, dass man MICH so akzeptiert und mich nicht hinstellt, als sei ich verrückt. Denn diese Zustände fallen ja nicht vom Himmel. Die suche ich mir ja nicht aus. Und ich kann das ja reflektieren und bin für ernsthafte Gespräche auch offen.
Und diese Angst lähmt dein Handeln nicht?
Die Wartezeit zum Befund ist - wenn man ihn nicht gleich bekommt - natürlich die Hölle. Aber ich spalte das irgendwie auf: Ich führe ein ganz normales Leben, während ich innerlich die Beerdigung organisiere. Der Vorteil ist, dass man kaum jemandem auffällt, der Nachteil ist, dass auch niemand erfährt, wie schlecht es einem geht und dass das eigentlich unaushaltbare Zustände sind, gerade weil sie so häufig auftreten. Es ist ja nicht so, dass man sich MAL Sorgen macht. Es bestimmt weitgehend das Leben.


leberblümchen
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Beitrag Di., 20.01.2015, 08:57

Was vielleicht für dich wirklich erst mal wichtig ist, ist, dass du die Ängste nicht isoliert betrachtest - auch wenn es wiederum ein Schock ist, sich klarzumachen, dass das Problem woanders liegt.

Ich war Mitte 20, als ich während eines Ausslandssemesters auf dem Uni-Campus einer jungen Ärztin ein Muttermal zeigte, von dem ich annahm, es würde den sicheren Tod bringen. Sie war sehr freundlich und lachte ein bisschen und sagte was von "tiny little", und ich war erleichtert. Kaum war ich draußen, wurde mir klar: Es wird immer so weitergehen.

Das ist zwar traurig, aber ein bisschen hilft es eben doch dabei, die eigene Angst zu relativieren.

Wenn man immer 'nur' vor der konkreten Krankheit Angst hat, dann sieht es erst mal 'besser' aus, weil man sich dann einreden kann, man hätte nur mal eben ein bestimmtes akutes Problem. Aber man macht sich dabei eben auch was vor.

Und: Ich weiß nicht, wie dir das geht, aber wenn ich andere Hypochonder sehe, merke ich immer sofort, was los ist. Bei dir war das so, aber noch krasser war mal ein Erlebnis im Krankenhaus, auf der Kinderstation. Mein Kind war ein Baby, und es teilte das Zimmer mit einem anderen Baby. Wir beide Mütter blieben auch über Nacht dort. Diese Frau hatte panische Angst, ihr Kind würde verhungern. Das war definitiv schon mehr als grenzwertig, und ich glaube, die Frau wurde dann auch woanders weiterversorgt. Für sie WAR das in diesem Moment aber REAL. Auch wenn ich als 'Zeugin', die ich genau dieselben Phantasien kenne!, sah, dass sie Wahnvorstellungen hatte: Sie hat ihr Kind mit körperlicher Gewalt gefüttert; der Mann musste ihm mit Gewalt den Kiefer runterdrücken; das Kind brüllte; irgendwie haben sie es geschafft, ihm 80ml einzuflößen; das Kind erbrach; und die Mutter brach in Panik aus. Das wiederholte sich über Tage - bis wir selbst entlassen wurden.

Die Ärzte haben versucht, es ihr zu erklären; die Lösung lag so sehr auf der Hand - aber die Frau war überzeugt davon, sie müsste ihr Kind mit körperlicher Gewalt füttern. Das so zu sehen, war erschütternd, auch weil ich mich da ein Stück selbst gesehen habe (ich hab mein erstes Kind als Baby wirklich mehr gewogen als gestillt...).

Es ist wichtig, auch ein bisschen in Distanz zu gehen zu sich selbst - auch wenn das IN diesen 'Zuständen' nicht möglich ist, weil man da wirklich 'verrückt' IST.

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Verocasa
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Beitrag Di., 20.01.2015, 13:43

Genau das ist etwas, was ich bei Anderen nicht verstehe: wieso können die gücklich sein, wenn sie doch wissen, dass es kein Leben ohne Tod, Krankheit und Kummer gibt und dass eben am Ende NICHT alles gut wird, sondern vermutlich ein Großteil der Menschen stirbt, ohne das Gefühl zu haben, es sei der passende Zeitpunkt.
Sie blenden es meist aus. Sie verstehen, dass sie die Realität nicht verändern können und leben JETZT, nicht in sorgenvollen Gedanken an die Zukunft (von denen defintiv das meiste NIE eintreffen wird!).

Die morbiden Gedanken ändern ja NICHTS! Was auch immer kommt, es kommt, und Sinn würde es höchstens machen, Dinge zu ändern, die gesundheitlich abträglich sein KÖNNTEN; aber selbst das wird häufig zum Selbstzweck - weil wir im Grunde, wenn wir ehrlich sind, nur wenig einschätzen können, was uns wirklich schadet.

Dass wir sterblich sind, ist Fakt. Weder Sorgengedanken noch tägliche Arztbesuche ändern dies. Dass wir krank werden, ist dann zu bewältigen, wenn es der Fall ist; ein grundsätzliches Verhindern ist nicht möglich. Akzeptanz ist möglich.

Schuldgefühle als Hintergrund, okay. Der Hypochonder schafft sich, ähnlich wie der Süchtige oder der Zwanghafte, unbewusst eine Art Nebenkriegsschauplatz, auf den er die ungelebten, subjektiv als noch unangenehmer eingeschätzten Gefühle projiziert. Allerdings übersieht das Unbewusste dabei, dass nun das Ausweichen selbst zum viel schlimmeren Problem wird.

Die Lösung kann sein, die dahinter liegenden Gefühle nicht nur zu erkennen, also sie zu "denken", sondern sie noch einmal bewusst zu durchzuleben und damit hinter sich zu lassen.

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Verocasa
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Beitrag Di., 20.01.2015, 13:54

Noch etwas. Metaphysisch betrachtet: Wieso ist Krankheit und Tod nur schlimm? Es ist beides ein Teil des Lebens, so wie Glück und Liebe, das ist richtig. Aber was haben sie wirklich zu bedeuten? Wissen wir das?

In einer dualen Welt bilden sich Gegensatzpaare, anders geht es nicht; die Liebe wäre nicht da ohne die Angst, das Leben nicht da ohne den Tod, Gesundheit nicht da ohne die Existenz von Krankheit.

Etwas das so natürlich zusammengehört - ich bin nicht sicher, ob wir es richtig sehen, wenn wir Krankheit und Tod nur negativ bewerten.

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Beitrag Di., 20.01.2015, 21:51

Hallo Leberblümchen!

Für mich gehört der Tod zum Leben schon dazu. Schon als Teenager hat mich dieses Thema interessiert. Ich habe in dem Sinn keine Angst vor dem Tod an sich. Vielleicht eher vor dem Sterben bzw wie man stirbt. Was mir in letzter Zeit so Angst macht ist die Tatsache, dass ich mein kleines Kind verliere bzw er ohne Mama aufwachsen muss. Also nicht JETZT wo mein Kind noch so klein und hilflos ist.
Die Zukunft...tja...ich glaube ich hätte mich etwas konkreter ausdrücken sollen. Die Zukunft bringt für mich wenig schöne Dinge. Meine Mutter leidet an beginnender Demenz, meine jüngere Schwester ist geistig und körperlich schwer behindert und ich habe große Angst um sie. IMMER. Ich glaube an diesen Dingen könnte ich zerbrechen und erst recht, wenn ich zurückschauen würde und nochmal sehe, welche Dramen sich in meinem Leben schon abgespielt haben.
Mein Partner nimmt mich mittlerweile nicht mehr wirklich ernst. Darunter leide ich. Ich verstehe ihn aber auch und schäme mich auch, dass ich ihm so viel Kummer bereitet habe. Aber wie du schon geschrieben hast, die Angst ist real.
Das "Lustige" ist, dass mein Mann eher in die Richtung Hypochonder geht/ging. So kann sich das Blatt wenden.
Bist du denn auch absolut davon überzeugt, dass es "dieses Mal" wirklich ernst ist?
Ich muss sagen, dass mich die Ungewissheit fertig macht. Würde mir ein Arzt sagen, dass ich unheilbare Krankheit x hätte...wäre ich im ersten Moment am Boden zerstört...würde es aber akzeptieren und mit Fassung tragen. Was mich absolut fertig macht ist die Ungewissheit. Die Ungewissheit vor der Befundbesprechung...die Ungewissheit ob etwas Schlimmes in mir ist...

Im Moment ist es so, dass es mir ganz gut geht. Ich lese nicht im Internet nach und ich habe auch keine Angst. Das letzte Jahr war nur von Krankheit meinerseits und die meines Mannes geprägt. Und wenn man nur zu Hause ist, hat man die Zeit zum Grübeln...
Hast du für dich eine Erklärung warum du so voller Ängste bist?

Liebe Grüße!
Nesta


leberblümchen
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Beitrag Di., 20.01.2015, 22:08

Hallo, teilweise geht es mir ähnlich, teilweise auch anders: Ich glaube, ich könnte eine Krebs-Diagnose nie mit Fassung tragen. Ich hab dabei Angst vor dem Totsein und natürlich auch davor, dass die Kinder mich verlieren. Ich hab eine totale Krebsphobie und z.B. überhaupt keine Angst vor dem Motorradfahren (als Beifahrer) oder vor einem Radunfall (fahre ständig mit dem Rad, auch gerne auf Hauptstraßen). Ich hab auch Null Angst davor, z.B. zu erblinden oder im Rollstuhl sitzen zu müssen. Es ist nur das Nicht-mehr-da-Sein.

Immer wenn ich Biographien lese oder auch nur davon, dass irgendein Architekt in der Renaissance irgendeine Kirche gebaut hat, dann denke ich nicht an die Kirche und die Leistung des Architekten, sondern nur daran, dass der arme Architekt jetzt tot ist und dass der vor 500 Jahren noch quietschfidel war. Das macht mir extreme Angst. Und wenn man liest und sich bildet, 'begegnen' (haha) einem ja zwangsläufig lauter Tote. Ich finde das fast unaushaltbar, aber in dieser Form erlebe ich das erst seit ein paar Wochen (irgendwie hoffe ich, dass das mit dem Ende der Therapieferien besser wird).

Konkrete Ereignisse an sich finde ich meist gar nicht so schlimm. Mein Opa ist sehr qualvoll an Krebs gestorben; seine Krankheit hat meine ganze Pubertät begleitet, und er war eigentlich viel mehr mit mir verbunden als meine Mutter. Dennoch konnte ich mit diesem Sterben sehr souverän umgehen. Das war etwas Greifbares, und in dem Moment war ich ziemlich reif.

Ich hab wie du Angst vor der Ungewissheit. Eine Weile dachte ich, DAS sei mein eigentliches und einziges Problem: die Ungeduld, das Warten. Ich hab z.B. keine Angst um meine Kinder, wenn ich selbst nicht auf sie warte. Aber ich halte es nicht aus, zu Hause zu sein und auf sie zu warten. Da drehe ich jeden Tag innerlich durch - auch wenn dieser Zustand 'nur' eine Viertelstunde anhält... Der Anlass dafür war, dass mein Vater mich mal alleine gelassen hat und nicht nach Hause gekommen ist und ich wirklich Todesangst hatte. Wozu mein Therapeut wiederum - was auch plausibel klingt - meinte, dass das alleine nicht ausreicht, um ein Kind in Todesangst zu versetzen. Kann ich auch bestätigen, wenn ich mir meine eigenen Kinder und Freunde und Bekannte vorstelle. Der Therapeut meinte, die Ursache liege in meiner emotional instabilen Mutter. Und die hat auch ihre eigene Krebsphobie in mich 'reingelegt'. Kann man schlecht beschreiben, ist aber so. Sie hat das bei sich tabuisiert und verdrängt, und ich war dann die, die die Symptome entwickelt hat.

Ich bin da noch nicht durchgestiegen, was genau das Problem eigentlich ist. Ich hoffe, dass mir das in der jetzigen Therapie gelingt.

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Verocasa
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Beitrag Di., 20.01.2015, 23:53

Ihr habt völlig ignoriert, was ich geschrieben habe, okay. Nur eine Frage noch: Was ist Euch wichtiger - Euch gegenseitig Euer Leid zu klagen oder eine Lösung zu finden?

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Nesta
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 06:44

Verocasa hat geschrieben:Ihr habt völlig ignoriert, was ich geschrieben habe, okay. Nur eine Frage noch: Was ist Euch wichtiger - Euch gegenseitig Euer Leid zu klagen oder eine Lösung zu finden?

Guten Morgen!

Entschuldige, Verocasa!
Ich wollte nach dem Posting an Leberblümchen weiterschreiben, nur hat mir mein Kleiner ein Strich durch die Rechnung gemacht. Er bekommt mehrere Zähne gleichzeitig und wacht immer weinend auf. Gestern war es besonders schlimm...

Ich hab im Prinzip schon etwas unternommen. Ich nehme seit fast 3 Wochen Pramulex und es geht mir immer besser! Die Ängste schmelzen dahin..und am Montag hab ich einen Termin bei meiner ehemaligen Therapeutin.

Liebe Grüße an dich!
Nesta


leberblümchen
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 08:19

Verocasa, wenn du so direkt fragst: Nein, mir bringt es nichts, wenn mir einer sagt, dass der Tod zum Leben gehört. Das ist dasselbe, wie wenn du einem Depressiven sagst, das Leben sei doch so schön. Deshalb werde ich über solche Weisheiten auch nicht diskutieren, sondern sie halt ignorieren. Wenn du das als 'Leid klagen' betrachtest, dann könnte das daran liegen, dass du - offensichtlich - nicht verstehst, was in mir vorgeht. Was nicht weiter schlimm ist, übrigens.

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