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Fr., 21.05.2021, 20:59
Hallo MissingBonny,
ich habe keine ganze SE Therapie gemacht, aber Elemente zur Trauma-Verarbeitung aus dem SE in einigen Workshops ausprobiert.
Ich finde sie sehr wirksam und kann sie sehr empfehlen.
Nicht für Schocktrauma sondern generell für Erfahrungen, die überfordernd oder belastend für einen waren.
Ein ganz einfaches Beispiel, das eine Teilnehmerin gebracht hat
(zum Üben in einem Workshop soll man ja auch nicht seine heftigsten Traumata nehmen)
Sie musste in der Schule ein Referat halten und wurde dabei von der Klasse ausgelacht und verspottet.
Obwohl das ewig her ist, hat sie seitdem immer Angst, wenn sie z.B. in der Arbeit eine Präsentation halten soll.
(Total nervös, Herzklopfen, die Stimme versagt ihr fast und sie bringt fast kein Wort raus, Zittern...)
Das SE geht, wie peppermint patty schon gesagt hat, davon aus, dass man in überfordernden Situationen nicht handeln konnte. Instinktiv, weil wir halt immer noch Tiere sind, würden wir kämpfen oder flüchten wollen (fight or flight Reaktion) Konnten das aber nicht.
Und diese angeborene Reaktion holt man nach:
Das heisst, die Teilnehmerin stellt die Szene in der Schule nach mit Gegenständen, wo stand sie, wo war die Tafel etc.
Aber dann lässt man die Szene anders ausgehen, indem die Teilnehmerin die Flucht durchspielt, die damals nicht möglich war. Was wär dein Impuls, was würdest du gern machen?
Und dann sagt die Teilnehmerin: Ich sage der Lehrerin, dass ich das Referat heute nicht halten kann. Oder ich gehe einfach aus der Klasse weg. Wenn man sich wirklich hineinversetzt, sodass man wieder die Gefühle von damals fühlt, fühlt sich das extrem befreiend an. Das muss alles gut angeleitet sein, dann hat das eine erstaunliche Wirkung.
Dann spielt man noch die Kampfvariante durch, das heisst, man wehrt sich. Man fragt dann z.B.: wenn du deine lachenden Klassenkameraden so vor dir siehst, hast du einen Impuls, was du gern machen würdest?
Da kommen dann spontan sehr schnell Sachen wie: Ich würde sie gern anschreien, sie sollen ruhig sein und mir zuhören. Aber durchaus auch: Ich würd denen gern eine reinhauen. Darf alles sein (es wird ja niemandem wirklich wehgetan) dann kann die Teilnehmerin symbolisch in ein Kissen boxen (das wird auch speziell angeleitet durch den Therapeuten, das funktioniert nur, wenn die Teilnehmerin hier wirklich einen echten körperlichen Impuls spürt und den dann ganz langsam ausführt). Es geht darum, dass körperlich die Kampfreaktion durchlaufen werden kann.
Man könnte sagen, dadurch, dass man dieses überfordernde Erlebnis nochmal mit den ganzen emotionalen und körperlichen Reaktionen durchspielt, diesmal aber mit einem guten Ausgang, indem man sich wehren oder flüchten kann, programmiert man die neuronalen Netzwerke im Hirn um.