Muss man seinen Eltern alles verzeihen? wo ist Schluss?
Einerseits traurig, andererseits echt. Und nur die Wahrheit kann frei machen.
Es ist wie es ist, mir gehts mit meinem Vater genauso. Akzeptieren wie es wirklich ist und das nur für jetzt.
Da wird viel Raum frei für Neues. So erlebe ich es im Moment.
Es ist wie es ist, mir gehts mit meinem Vater genauso. Akzeptieren wie es wirklich ist und das nur für jetzt.
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Hallo Stadtwolf, und was meinst du mit der WAHRHEIT? Dass man akzeptiert, dass man von den Eltern nicht richtig geliebt wird/wurde?stadtwolf hat geschrieben:Einerseits traurig, andererseits echt. Und nur die Wahrheit kann frei machen.
Es ist wie es ist, mir gehts mit meinem Vater genauso. Akzeptieren wie es wirklich ist und das nur für jetzt.
Da wird viel Raum frei für Neues. So erlebe ich es im Moment.
ich empfinde das eher schmerzhaft als befreiend...
Das schlimmste ist, dass irgendwie kaum ein Außenstehender versteht, wie sehr mich das alles verletzt. Meine Freunde zucken nur mit den Schultern so nach dem Motto "ach ein Streit, das wird schon wieder". Da kommen Vorschläge wie: schreib ihm doch einen Brief, ihr solltet euch aussprechen wegen Weihnachten".
Und ich könnt nur KOTZEn und laut schreien!!!
Warum muss ich als Opfer dem einen Brief schreiben um heile Welt zu spielen an Weihnachten? Es ist ja garnichts HEIL, im Gegenteil!
Genau das erlebe ich jetzt auch, Sarana - ich merke dass mich keiner in meinem Umfeld wirklich versteht! Leider bin ich nichtmehr in Therapie, ich bräuchte so dringend Hilfe im Moment, weiß garnicht wo ich mich hinwenden soll, sogar bei der Telefonseelsorge kommt man nicht durch - seit vielen Tagen probiere ich es, einfach zum Verzweifeln :`(Sarana hat geschrieben:Überall. Von Außenstehenden, die es gut meinten, sich meine Lage nicht vorstellen konnten, weil sie nie mit so etwas konfrontiert waren. Von Menschen, die es sich zum Beruf gemacht haben, Kindern zu "helfen" - von ihnen kann ich jetzt nicht schreiben. Von so vielen, die meinten, dass ich "übertreibe".
Als ich zu jung war, um verstehen zu können, dann wurde dieses Argument wieder und wieder gebraucht. Und ich rate jedem, die Worte anderer kritisch zu überprüfen, vor allem, wenn sie einem selbst weh tun.
Sie müssen nicht per se falsch sein - aber die Frage ist, was sie BRINGEN können, und ob der Schmerz im Inneren davon kommt, dass man sich seine falsche Sicht der Dinge nicht eingestehen möchte, oder vielleicht von ganz anderen Dingen.
Hallo Ubeda,ubeda hat geschrieben:
Hallo Stadtwolf, und was meinst du mit der WAHRHEIT? Dass man akzeptiert, dass man von den Eltern nicht richtig geliebt wird/wurde?
ich empfinde das eher schmerzhaft als befreiend...
Das schlimmste ist, dass irgendwie kaum ein Außenstehender versteht, wie sehr mich das alles verletzt. Meine Freunde zucken nur mit den Schultern so nach dem Motto "ach ein Streit, das wird schon wieder". Da kommen Vorschläge wie: schreib ihm doch einen Brief, ihr solltet euch aussprechen wegen Weihnachten".
Und ich könnt nur KOTZEn und laut schreien!!!
Warum muss ich als Opfer dem einen Brief schreiben um heile Welt zu spielen an Weihnachten? Es ist ja garnichts HEIL, im Gegenteil!
Du hast die Frage praktisch in Deinem übernächsten Satz beantwortet.
Wahrheit ist daß Du benützt und als Objekt behandelt wurdest.
Und das vermutlich auch noch als Liebe verkauft und getarnt wurde.
Wahrheit ist daß Du vor Wut "kotzen & laut schreien könntest".
Heile Welt spielen = Lüge.
Schreien = Wahrheit.
Ich habe gelernt daß Wahrheit eine Grundvoraussetzung ist für ein erfülltes Leben.
Theater spielen = Verleugnung und Verleugnung ist etwas das der Körper nicht akzeptiert ohne mit
div.Symptomen zu reagieren, oft mit Krankheit und im Extremfall auch mit Sterben.
ZUERST müßte den echten Gefühlen Raum gegeben werden, dann kann auch Vergebung passieren.
KANN nicht MUSS !
Aber - und ich schreibe immer nur über meine Erfahrungen und Beobachtungen - das ist leicht gesagt und schwer getan.
Trotzdem ist es möglich und sicherlich auch eine Frage der Übung / Wiederholung.
Immer wieder die Erfahrung zu machen daß es befreiend ist authentisch zu sein erlebe ich als sehr ermutigend.
Und langsam wirds zur Gewohnheit.
Es geht um Angst und Glaubenssätze. Überwindung, Mut zur Wahrheit.
Das Bleibenlassen von Halbwahrheiten, Verharmlosungen, Tarnungen usw.....
Schwierig in einer Welt die davon voll ist. Durch alle Schichten.
Aber ich kann die Bereitschaft aufrechterhalten und es immer wieder versuchen.
Alle anderen Strategien und Methoden haben mein Leiden teilweise zwar gelindert.
Wie eine Tablette die mir eine zeitlang die Angst nimmt und mich gleichzeitig daran hindert mich mit der Wahrheit zu konfrontieren.
Sowohl mit der Wahrheit meiner Vergangenheit als auch mit der Wahrheit meiner Gegenwart.
Gegen des Strom schwimmen erfordert ein großes Maß an Mut, vor allem aber ein großes Maß an Verzweiflung.
Dann kann das Leben beginnen und das Überleben hört langsam auf.....
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Liebe ubeda,
für mich erübrigt sich die Frage danach, wie mit dem "anderen" Elternteil umzugehen ist: Mein Vater starb, als ich 33 war. Und da galt allen Beteiligten diese Familie noch als 'heil'. (Was sie nie war, doch das entpuppte sich erst später.)
Zur Frage nach einem Klärungsversuch: Ich habe oft das Gespräch mit meiner Mutter gesucht, ihr immer wieder einmal auch Briefe geschrieben, an deren Schluss ich um ein Gespräch bat. Keine Schuldzuweisungen, sondern Beschreibungen meiner Wahrnehmung von unserer Beziehung (meiner "Wirklichkeit" also) und durchaus offen für Korrekturen, Kritik.
- Sie hat all das immer als Generalangriff auf sich verstanden.
Irgendwann habe ich begriffen, dass sich das nicht ändern wird.
Deine Wut, Deine Verzweiflung, die jetzt so deutlich aus Dir sprechen - ja! (Sie sind mir vertraut. Und ich persönlich finde sie berechtigt.
Dennoch: Vielleicht haben mir die dreieinhalb Jahre, die ich nun keinen Kontakt mehr zu meiner Mutter habe, 'geholfen', doch ich bin ihr nach wie vor auch für ein paar Dinge dankbar - z.B. hätten ohne sie weder meine Schwester noch ich studieren dürfen, das hätte unser Vater nie erlaubt -, und ich habe wegen einiger Dinge, die ich von ihrer eigenen [Kinder-]Geschichte weiß, und einiger, die ich nur vermuten kann, manchmal Mitleid mit ihr. Jedenfalls halte ich sie nicht für einen absichtlich bösen Menschen. Auch wenn es für alle Beteiligten besser gewesen wäre, wenn sie niemals Kinder bekommen hätte.)
Vielleicht machst Du Dich noch einmal auf den schwierigen Weg einer Therapie(suche)?
LG
Widow
für mich erübrigt sich die Frage danach, wie mit dem "anderen" Elternteil umzugehen ist: Mein Vater starb, als ich 33 war. Und da galt allen Beteiligten diese Familie noch als 'heil'. (Was sie nie war, doch das entpuppte sich erst später.)
Zur Frage nach einem Klärungsversuch: Ich habe oft das Gespräch mit meiner Mutter gesucht, ihr immer wieder einmal auch Briefe geschrieben, an deren Schluss ich um ein Gespräch bat. Keine Schuldzuweisungen, sondern Beschreibungen meiner Wahrnehmung von unserer Beziehung (meiner "Wirklichkeit" also) und durchaus offen für Korrekturen, Kritik.
- Sie hat all das immer als Generalangriff auf sich verstanden.
Irgendwann habe ich begriffen, dass sich das nicht ändern wird.
Deine Wut, Deine Verzweiflung, die jetzt so deutlich aus Dir sprechen - ja! (Sie sind mir vertraut. Und ich persönlich finde sie berechtigt.
Dennoch: Vielleicht haben mir die dreieinhalb Jahre, die ich nun keinen Kontakt mehr zu meiner Mutter habe, 'geholfen', doch ich bin ihr nach wie vor auch für ein paar Dinge dankbar - z.B. hätten ohne sie weder meine Schwester noch ich studieren dürfen, das hätte unser Vater nie erlaubt -, und ich habe wegen einiger Dinge, die ich von ihrer eigenen [Kinder-]Geschichte weiß, und einiger, die ich nur vermuten kann, manchmal Mitleid mit ihr. Jedenfalls halte ich sie nicht für einen absichtlich bösen Menschen. Auch wenn es für alle Beteiligten besser gewesen wäre, wenn sie niemals Kinder bekommen hätte.)
Vielleicht machst Du Dich noch einmal auf den schwierigen Weg einer Therapie(suche)?
LG
Widow
Ich denke, das Schwert ist zweischneidig; denn egal WIE man es macht;ubeda hat geschrieben:...
Meine Therapeutin meinte, dass er doch ein alter Mann sei (weit über 70) und dass es schlimm wäre, wenn er demnächst sterben sollte und ich mit ihm gebrochen hätte. Sie hat wohl Patientinnen, die darüber nie hinweggekommen sind, dass sie den Kontakt zu den Eltern abgebrochen haben....
wenn man dazu neigt, das einem "das" beschäftigt; so wird es "danach" einem erst recht beschäftigen.
Man wird sich mit den Aussagen "Warum habe ich mir das gefallen lassen" konfrontieren;
aber -umkehrsituation- mit der Frage "War ich zu hart..."
Für mich ist dieses "Er ist mein Vater/Mein Erzeuger" kein Argument.
Jeder Mensch hat irgendwen, der irgendwann mal dafür gesorgt hat, das man ist...
Das ist aber auch schon alles.
Wenn das Verhältnis paßt, dann spricht ja nichts dagegen "KOntakt" zu halten;
nur, wenn das Verhältnis so ist, das man das schon niemanden anderen "zugestehen" würde... warum sollte man es bei denjenigen tun... die Verwandtschaft sind?
Letztendlich sind es auch nur Menschen, wie Hinz und Kunz auf der Straße.
Einmal wegschauen... ja, 2x, 3x... okay
aber irgendwann mal muß Schluß sein; vor allem dann, wenn man die Möglichkeit hat, eben ohne diese MEnschen auszukommen.
Dann ist halt soweit "Zivilcourage" gefordert; das man klipp und klar sagt: "Okay, wir können uns ja gerne treffen; soferne Person XY nicht dabei ist; egal in welchem Verhältnis er/sie zu mir steht - aber ich kann diese Person nicht mehr ab".
Ich kann da jetzt nur von mir sprechen; denke aber, daß es vielen Menschen so ergeht:
Wenn mal das Band zerrissen ist (z,b, durch Tod), und genügend Zeit verstrich; und man gewisse Dinge aus der Vergangeneheit "hervorholt"; wird man fesstellen; daß all jene -aus der Vergangenheit- auf einem Level rangieren; und irgendwelche Bande soweit nebensächlich sind; allenfalls für zusätzlichen Groll sorgen; weil da ja dieses "Grad der und der hätte eine andere Sorgfalt an den Tag legen sollen" ist.
Man sollte sich halt vor Augen führen:
Man hat nur ein Leben; das ist begrenzt; wie weit ist man "egoistisch" und wie weit läßt man sich "fremdbestimmen".
Wenn du soweit "Abstand" hast, und selber sagst "Das will ich (so) nicht mehr"; dann ist imho der erste Schritt in diese Veränderung bereits getan.
Ja, Menschen können sich in ihren letzten Atemzügen ändern; manche drücken dir aber noch am Totenbett ne Gemeinheit rein.
Und nein; du bist niemanden etwas schuldig; und es braucht dir da auch niemand ein Schuldgefühl einzureden zu versuchen. Das ist etwas; was andere entschieden haben; du bist das Resultat davon;
aber du hast alles Recht der Welt, eine Situation, die dir mißfällt, zu beenden
Ein Freund ist jemand, der Dein Lächeln sieht, und dennoch erkennt, dass Deine Seele weint...
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- sporadischer Gast
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Den Satz "Er hat es doch nicht so gemeint" kenne ich auch aus meiner Kindheit.
Je grausamer mein Vater sich mir gegenüber verhielt, desto öfter gebrauchte meine Mutter diese Formulierung.
Sie tat so, als ob ich eine falsche Wahrnehmung hätte. Als ob ich mir das alles nur einbilden würde.
Sie meinte, ich müsse doch "erkennen", dass er es nicht so meint und in Wirklichkeit ganz anders ist.
Schlimm, wie sich die Schicksale gleichen ...
Je grausamer mein Vater sich mir gegenüber verhielt, desto öfter gebrauchte meine Mutter diese Formulierung.
Sie tat so, als ob ich eine falsche Wahrnehmung hätte. Als ob ich mir das alles nur einbilden würde.
Sie meinte, ich müsse doch "erkennen", dass er es nicht so meint und in Wirklichkeit ganz anders ist.
Schlimm, wie sich die Schicksale gleichen ...
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Auch ein großes Thema von mir. Und ich lese da viele Ähnlichkeiten heraus. Ich hatte eine recht okayene Kindheit, dann aber eine extrem überwachte, überbehütete, überkontrollierte Jugend. Beide Eltern klammerten extrem. Meine Mutter hat sich im Laufe der Jahre selbst auch besser verstehen gelernt.ubeda hat geschrieben: SCHWEIGEN und STILLHALTEN ist ein Stichwort, was mich auch ganz tief trifft. Denn es spricht die Rolle meiner Mutter an. Die Frau, die selbst (wahrscheinlich) schon viel zu lange schweigt und stillhält (...)
Ihr Lieblingssatz ist: "ER HAT ES DOCH NICHT SO GEMEINT". (...)
Ich habe daher noch eine Frage an diejenigen unter euch, die sich von einem Elternteil distanziert haben. Wie geht ihr mit dem anderen Elternteil um? (...) Wie haltet ihr Kontakt & wie gestaltet sich das?
Vor einigen Jahren hat sie tatsächlich mich mehr oder weniger indirekt (SO intim reden wir sehr selten miteinander, das man an beiden Seiten liegen, ist aber ganz okay) um Verzeihung gebeten. Mein Vater geht einfach schweigend über alles mögliche, was er so getan hat, hinweg. Schliesslich gäbe es ja auch so viel Schlimmes in der Welt, er begreife ja nicht, was um alles in der Welt ich gegen ihn haben könnte, wo er mich doch SO unterstützt hat. Richtig, das hat er. Demnach bin ich also undankbar. Und womöglich BIN ich das auch. Da mir tatsächlich in Notlagen die Konsequenz fehlte auf seine Unterstützung zu verzichten. Andererseits hatte einmal seine gewollte "Unterstützung" mich in eine arge finanzielle Bredouille gebracht, deren Schiefgang sich er auch erst nach langer Diskussion annahm. (Das nagt noch an mir, das verzeihe ich ihm nicht und dass ich das nicht losalassen kann und es mich offensichtlich behindert auch MIR selbst nicht. *seufz) Er hat nämlich immer recht. Wir haben extrem viel gestritten. Es ist nicht so, dass ich mich nie gewehrt hätte. Aber eher oberflächlich, leider. Irgendwann Jahre nach meinem Auszug hörte ich einfach damit auf. Damit hörte auch so gut wie der Kontakt zu ihm auf. Obwohl ich meine Eltern da sie noch zusammen leben natürlich regelmässig besuchte.
In der ersten Therapie, in der ich war habe ich zunächst ZU VIEL Verständnis entwickelt für sein Verhalten. Ich begann mich immer mehr zu hinterfragen - was aber mein eigenes ohnehin geringes Selbstbewusstsein noch mehr unterhölte. Letztendlich - er hat mich weder sexuell missbraucht noch von zwei, drei Handausrutschern an die ich mich erinnere mal abgesehen - geschlagen? Dass es auch andere Formen von Missbrauch gibt, habe ich erst in Therapie drei so wirklich bewusst annehmen können.
Mit meiner Mutter verstehe ich mich besser. Das hat aber auch länger gedauert. Aber auch hierbei muss ich meinem eigenen Verständnis innerlich oft Grenzen setzen. Damit ich mir damit nicht selber schade.
Ein Vorfall vor eineinhalb Jahren hat dann das Faß zum zweiten Mal so zum Überlaufen gebracht, dass ich dem Hausverbot, den mein Vater hatte nachdem er sich mehrfach bei Besuchen ziemlich danebenbenahm - nun zusätzlich einfach nicht mehr direkt kontaktierte. Er reagierte sowieso ja seit zwei Jahren nicht mehr, wenn ich mailte, was er vorher ohnehin auch kaum tat. Ich wusste auch schlicht nicht mehr, was ich mit ihm reden sollte. Ich weiß nicht mal, ob ich ihn liebe? Ob ich traurig wäre, wenn er stirbt? Womöglich. Ob ER mich liebt? Vermutlich in seinem Rahmen. Aber was nutzt es mir, wenn er 'in Wirklich ganz anders' ist und 'es nicht anders kennt' und 'sich in seinem Alter sowieso nicht mehr ändert'? Ja, und? dann muss er eben mit der Konsequenz leben, dass ich mich mit solchen Menschen nicht näher umgeben möchte! So hart das klingt.
Es fällt mir schwer mit meiner Mutter darüber zu sprechen. Sie liebt ihn (vermutlich). Letztendlich ist SIE ja auch mit ihm verheiratet. Als großes Zeichen habe ich sie zuletzt ALLEINE zu mir eingeladen. Sie kam tatsächlich alleine - um dann sofort den nächsten Besuch zusammen mit ihm zu planen. *rolleyes* Okay - sie werden in einem Hotel übernachten.
Irrwitzig ist - mein Vater weiß sich zu benehmen, wenn fremde Menschen dabei sind. Was natürlich ein wenig fatal ist, weil ich so 'unglaubwürdig' werde/wirke. Oder bestenfalls nachtragend. ("Aber dein Vater ist doch echt nett?!?! Na gut, die komischen Witze, aber sonst ... ?!?!")
DAS ist demnach meine Strategie: so wenig Kontakt wie möglich und wenn, dann nicht alleine.
Ich weiß nicht, ob ich 'alles' explizit 'verzeihen' muss, ich weiß, ich kann es einfacher, wenn jemand um Verzeihung gebeten hat - wie eben meine Mutter - aber ich versuche die Realität wahrzunehmen. Und wenn die nunmal heisst (OB das so ist weiß ich noch nicht genau), dass mich mein Vater nicht liebt/lieben kann (und ich auch nicht), dann ist zwar irgendwie entsetzlich, aber etwas, was ich akzeptieren lernen muss und will, um Frieden zu finden. Dann würde ich eben höchstens diese Nicht-Liebe verzeihen - und nicht die 'Taten'. Oder 'Nicht-Taten.'
Meine Erfahrung dazu:Miss_Understood hat geschrieben:ubeda hat geschrieben:
Ich weiß nicht, ob ich 'alles' explizit 'verzeihen' muss, ich weiß, ich kann es einfacher, wenn jemand um Verzeihung gebeten hat - wie eben meine Mutter - aber ich versuche die Realität wahrzunehmen. Und wenn die nunmal heisst (OB das so ist weiß ich noch nicht genau), dass mich mein Vater nicht liebt/lieben kann (und ich auch nicht), dann ist zwar irgendwie entsetzlich, aber etwas, was ich akzeptieren lernen muss und will, um Frieden zu finden. Dann würde ich eben höchstens diese Nicht-Liebe verzeihen - und nicht die 'Taten'. Oder 'Nicht-Taten.'
Ich habe Jahrzehnte damit verbracht meine Wut gegenüber meiner Mutter mit allen Mitteln zu verdrängen.
Weil "man" das nicht tut und weil das "nicht richtig" ist. ( 4.Gebot: Du sollst Vater & Mutter ehren..... )
Irgendwann hab ich es geschnallt:
Ich kann mir nicht aussuchen was ich fühle. Ich bin meinen Gefühlen gegenüber vollständig machtlos.
Ich habe das akzeptiert und bin zu meiner Wut gestanden. Bin offen damit umgegangen.
Hat nicht lange gedauert und die Wut war weg. Sie flackert heute kaum einmal wieder auf. Sehr selten.
Aber das ganze war ein langer Prozess und ich hätte mich niemals damit beschäftigt ohne dem entsprechenden Leidensdruck.
So gesehen habe ich mir diesen Weg nicht ausgesucht sondern es ist eben so geschehen.
Immer noch schwierig finde ich zu akzeptieren daß Loslassen & Annehmen kein Zeichen von Schwäche sind.
Als Mitteleuropäer werde ich mich wohl nie vollständig verabschieden können von dem Glaubenssatz alles "in den Griff" bekommen zu können.
Mein Verstand weiß zu 100% daß das eine Illusion ist aber - gelernt ist gelernt.
Hier regiert nun mal die Angst und die läßt Loslassen nicht zu. Also - versuchen ! Jeden Tag aufs Neue !
Ihr lieben alleubeda hat geschrieben:Ich habe deshalb noch eine Frage an alle, die ihre Eltern (oder einen Elternteil) verlassen haben. Habt ihr einen "Abschiedsbrief" geschrieben? Habt ihr euch erklärt?
Ich habe das nicht, denn es lag so klar auf der Hand. Vielleicht lag da mein "Vorteil", dass meine eigene Mutter derartig narzisstisch gestört ist, dass sie sowieso "konsultiert" werden will, und alles als Zurückweisung empfindet, was ihr nicht zu Füssen liegt oder serviert wird. Ich glaube, ich hab einfach gesagt, dass es für mich jetzt fertig sei.
Zum Verzeihen: für mich persönlich war da auch mit der Aspekt, mir selber zu verzeihen, dass ich keine "gute Tochter" sein konnte, dass ich irgendwann für mein eigenes Überleben schauen musste. Im Nachhinein, nach so vielen Jahren, empfinde ich es als gesund, was ich tat. Natürlich bleibt eine Wunde. Wer möchte nicht Eltern, die mit einem das Leben teilen, mit denen man seine Prozesse gemeinsam durchleben kann.. es wäre vermessen zu behaupten, es sei mir niemals in den Sinn gekommen, wie schön es hätte sein können, wenn. Auch in der Retrospektive denke ich, dass ich auch sehr mutig sein musste, denn mir fehlte sogar ein freundschaftliches soziales Umfeld.
Dennoch: Verzeihen ist so ein grosses Wort. Ich habe mit den Jahren gelernt zu verstehen, dass auch meine Mutter ihr Schicksal hatte, wie auch mein Vater. Vieles aus Unwissenheit heraus passierte, aber ich unterscheide auch dort, wo es ihrem Narzissmus, und va. ihrem Sadismus geschuldet war. Um dieses zu begreifen musste ich erst selber Kinder bekommen, und ich bin nicht ansatzweise fähig, im Geiste mit ihnen das zu machen, ihnen die Dinge anzutun, zu sagen, was mit mir passiert ist. Das Grausen überkommt mich und ich verliere mich in schrecklichen Zuständen. Erst da habe ich begriffen, was mir alles wirklich widerfahren ist. Deshalb kann ich begreifen, dass sie es so gemacht hat, wie es für sie möglich war. Sie kann einfach nicht lieben, was ausserhalb ihres Selbst ist. Liebe ist für sie eine Erweiterung ihres Selbst, eine Einverleibung. Schwierig zu beschreiben.
Vielleicht hilft der Ansatz, das Verzeihen wirklich ein grosses Wort ist, wenn es denn wirklich passieren kann. Persönlich versuche ich vielmehr, zu verstehen, zu erklären, was man eigentlich nicht verstehen kann. Eltern, die ihren Kindern egal auf welcher Ebene Schreckliches antun, die selber so gestört sind, dass sie nicht wissen, was sie tun, oder noch viel schlimmer: denen es egal ist, was sie den Seelen, den Körper ihrer Kinder antun.
Ich habe meinen Frieden damit gemacht, ganz für mich. Akzeptiert, dass ich es nicht ändern kann. Akzeptiert, dass ich wohl mein Leben lang diese Narben pflegen muss, die mir geblieben sind, dass aber auch gerade diese Narben mich ausmachen, mit allem Schmerzhaften, und auch allem Guten, das sie beinhalten. Dieser Prozess dauert mittlerweile über 23 Jahre.
Lieber StadtwolfStadtwolf hat geschrieben:Ich kann mir nicht aussuchen was ich fühle. Ich bin meinen Gefühlen gegenüber vollständig machtlos.
Ich habe das akzeptiert und bin zu meiner Wut gestanden. Bin offen damit umgegangen.
Dein Schicksal berührt mich sehr.
Ich selber bin auch zu meiner Wut gestanden, konnte durch sie hindurch gehen, alle Facetten durchleben, und auch darunter schauen. Wut ist ja immer auch verletzte Liebe schlussendlich. Das ist das Gefühl der Machtlosigkeit, die du ansprichst. Der kleine Stadtwolf kann wohl das Defizit spüren, die unendliche Traurigkeit, die einem übermannt, wenn man sich vorstellt, was die eigene Mutter da getan hat.
Dennoch bin ich mir heute sicher, dass ich meinen Gefühlen gegenüber nicht machtlos bin, und gerade die Wut hat mich viel gelehrt. Zb. habe ich erkannt, dass Wut auch viel Energie ist, die mich vorwärts trieb. Aus der Wut, dem Unverständnis heraus habe ich angefangen, mich intensiv zu befassen, konnte ich reflektieren, mich aus der Machtlosigkeit in die Macht bringen, für mich selber zu schauen. Mich überkommt die Wut was meine Eltern angeht immer seltener, aber ich sage mir dann, dass die Gefühle da sind, um mir etwas mitzuteilen. Ganz tief unter der Wut, da liegt die Traurigkeit. Da muss man ganz viel Schutt zur Seite räumen, um an diese zu gelangen. Dort habe ich dann auch Vergebung gefunden, konnte mich selber lernen, in den Arm zu nehmen, mir selber Mutter zu sein, Vater, Freund. Dort habe ich gespürt, dass ich auch einen Wert habe, denn das ist eines der Hauptprobleme der misshandelten, missbrauchten Kinder, den eigenen Wert zu spüren, glaube ich. Dort habe ich mich verabschieden können vom Idealbild, das ich so gerne gehabt hätte.
Eine zeitlang habe ich weinen müssen, wenn ich Filme sah, wenn ich Szenen im realen Leben sah von innigen Eltern-Kindbeziehungen. Das hat mich mehr umgehauen als die Wut, denn ich wusste, jetzt bin ich am Sediment angekommen. Es sitzt heute relativ fest, und ich habe akzeptiert, dass Wasser nicht nur klar sein muss, dass ab und an immer Partikel hochschummern werden. Ab und an bleibt eine Traurigkeit, die ich annehme, weil ich weiss, sie vergeht auch wieder.
Und wie gesagt, man ist den Gefühlen nicht ausgeliefert. Man soll sie annehmen, anschauen, dann auch weitergehen.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet
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[quote]Irrwitzig ist - mein Vater weiß sich zu benehmen, wenn fremde Menschen dabei sind. Was natürlich ein wenig fatal ist, weil ich so 'unglaubwürdig' werde/wirke. Oder bestenfalls nachtragend. ("Aber dein Vater ist doch echt nett?!?! Na gut, die komischen Witze, aber sonst ... ?!?!")[quote]
Bei meinen Eltern ist es genauso: nach außen hin sehr nett, höflich, angepasst. Zuhause völlig anders: aggressiv, autoritär, negativ.
Ich habe mich in meiner Schulzeit einmal einer Freundin anvertraut und ihr mein Leid geklagt. Die hat nur den Kopf geschüttelt und gemeint, mit mir stimme etwas nicht, meine Eltern seien doch so nett ...
Seither habe ich es niemandem mehr erzählt, bis ich meinen Mann kennen lernte. Der weiß Bescheid.
Bei meinen Eltern ist es genauso: nach außen hin sehr nett, höflich, angepasst. Zuhause völlig anders: aggressiv, autoritär, negativ.
Ich habe mich in meiner Schulzeit einmal einer Freundin anvertraut und ihr mein Leid geklagt. Die hat nur den Kopf geschüttelt und gemeint, mit mir stimme etwas nicht, meine Eltern seien doch so nett ...
Seither habe ich es niemandem mehr erzählt, bis ich meinen Mann kennen lernte. Der weiß Bescheid.
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futurenow - ich hatte manchmal in der Schulzeit auch diesen Eindruck - dass mir meine Freunde nicht wirklich glauben. Heute weiß ich: sie wollten mich beruhigen und trösten. Hatte zuletzt Besuch von einem damaligen Schulfreund, mit dem ich seit ca. 25 Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Es war für mich so berührend und beruhigend von ihm bei einem sehr schönen Gespräch zu hören, WIE schlimm er das damals fand, was ich ihm erzählte, was ich zuhause mit meinem Vater vor allem erlebte. Immerhin hat sich mein Vater auch einige Male sichtbar 'unmöglich' nach außen benommen. Er war zb so jemand, der IN die Disko mich suchen ging, stand ich nicht absolut pünktlich vor der Tür, wenn er mich abholen sollte.
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Ich durfte am Schulball nur unter der Bedingung teilnehmen, dass ich um 20 Uhr wieder zuhause bin.
Der Schulball begann aber erst um 20 Uhr ...
Der Schulball begann aber erst um 20 Uhr ...
Es ist verblüffend wie sich unsere Eltern ähneln. Dieser Text könnte auch von mir sein.futurenow71 hat geschrieben: Irrwitzig ist - mein Vater weiß sich zu benehmen, wenn fremde Menschen dabei sind. Was natürlich ein wenig fatal ist, weil ich so 'unglaubwürdig' werde/wirke. Oder bestenfalls nachtragend. ("Aber dein Vater ist doch echt nett?!?! Na gut, die komischen Witze, aber sonst ... ?!?!")
Bei meinen Eltern ist es genauso: nach außen hin sehr nett, höflich, angepasst. Zuhause völlig anders: aggressiv, autoritär, negativ.
Ich habe mich in meiner Schulzeit einmal einer Freundin anvertraut und ihr mein Leid geklagt. Die hat nur den Kopf geschüttelt und gemeint, mit mir stimme etwas nicht, meine Eltern seien doch so nett ...
"komische" Witze hat er auch immer gemacht als wir noch Kinder waren, das war mir oft so peinlich vor meinen Freunden. Aber er war immer EXTREM freundlich wenn andere Kinder da waren oder wenn wir Besuch hatten.
Als Kinder waren wir deshalb immer sehr ausgelassen und fröhlich, wenn Besuch da war. Das war die einzige Zeit, wenn man mal richtig toben durfte ohne dauernd angebrüllt zu werden. Wir wussten, dass uns in dieser Zeit nichts passieren würde... wenn Besuch da war, wurde "heile Welt" gespielt.
Und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Meine Eltern sind jetzt Rentner. Sie reden im Normalfall kein Wort miteinander. Oft tagelang nicht.
Aber sobald es an der Tür klingelt & Besuch reinkommt, sind sie wie auf Knopfdruck ausgewechselt! Da wird gescherzt und gelacht... sie sind komplett UNECHT.
Aber keiner merkt es.
Ich habe sie darauf schon öfter angesprochen - sie werden dann sehr wütend. Sie begreifen garnicht, was ich meine... mir wird dann vorgegaukelt, dass meine Wahrnehmung nicht OK ist. Ich habe so viele Jahre gebraucht zu begreifen, dass ich das durchaus richtig sehe & dass SIE es sind, die es nicht sehen wollen, weil sie nichts ändern wollen.
Genau wie der Spruch "er hat es ja nicht so gemeint"... auch da wurde mir immer suggeriert, dass ich scheinbar unfähig bin zu erkennen, wie mein Vater es in Wahrheit "gemeint hat". Dass sich hinter all diesen sadistischen & hasserfüllten Sprüchen von ihm sich scheinbar eine Liebe verbirgt & ICH ALLEIN unfähig bin, diese zu erkennen!
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futurenow71: Und was hast du dann bei sowas gemacht? Ich habe oft dann diskutiert bis aufs Messer. Laut und trotzig geworden. Oder resigniert-depri. Das auch noch durchaus als ich über 16 und gar als ich über 18 war. Ich glaube inzwischen, dass das MIT auch die körperliche Disposition für meine stressbedingten körperlichen Erkrankungen gelegt hat.
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