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Mo., 01.12.2014, 11:16
@Julia1 und ihr anderen Leidensgenossinnen mit dem Thema.
Bei mir half halt schon das Erkennen des Musters. Nach der letzten Bauchlandung, die mich auch beruflich was gekostet hatte überhaupt erstmal klar wurde, dass mein Hingezogen-sein, meine Verstrickung mit dieser Frau etwas mit meinen unerfüllten Wünschen, Sehnsucht, mit meinem Defizit an mütterlicher Zuwendung zu tun hatte, ist mir das so krass und obsessiv nie wieder passiert. Da war ich Mitte 20, jetzt bin ich Mitte 30. Ich hab da erstmal wirklich verstanden, dass es einen Zusammenhang gibt.
Irgendwie hatte ich diese Art von Obesession und Verstrickung nie wieder, seit ich das erkannt hatte. Ich traf noch Frauen, ja Dozentinnen, aber die waren ganz klar "mütterliche Ratgeberinnen". Das tat mir emotional auch gut, aber es war eben eine klare Rollenanordnung, keine Verstrickung, keine gegenseitige Enttäuschung oder Verletzung.
Ich habe allerdings auch drauf geachtet und meine Antennen bewusst eingesetzt, bewusst nachgespürt. Habe die Nähe von Frauen gesucht, die eben etwas geben wollten, bei denen ich aber große Klarheit gespürt habe. Auch diese Frauen habe ihre Defizite, aber sie haben Klarheit darüber, dass sie diese nicht an mir oder an anderen Studentinnen, Mitarbeiterinnen usw. stillen können. Das es nicht richtig wäre, nicht geht und vllt. eh nie geht. Denn ein Defizit zu haben ist ja das eine. Das merke ich auch immer mehr. Was anderes ist, wie ich damit umgehe. Ich muss es nicht ungefiltert ausagieren.
Was mich zum nächsten Punkt bringt. Ich denke wirklich satt werde ich nicht. Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass mein Defizit unendlich groß ist. Aber ich denke es ist zu groß, als dass es in diesem Leben noch gestillt werden kann. Ich habe eine Weile geglaubt, ich müsse nur genug "Liebe" und Gesehen-werden, Annahme erfahren und meine Sehnsucht würde dann gestillt sein, würde aufhören. Ich habe dann aber relativ schnell erkannt, dass es so nicht ist. Niemand ist verantwortlich dafür meine Defizite zu füllen, mein Mann nicht, meine Freunde nicht und auch meine Therapeutin nicht. Ich bin nicht Schuld, dass ich so geworden bin (okay daran habe ich noch zu knabbern, aber so mal...), diese defizitäre Kindheit erlebt habe. Aber die anderen, die heute da sind und die gut zu mir sind, sind auch nicht Verantwortlich meine Defizite zu füllen. Und auch wenn ich eben Frauen treffe so sind sie weder verantwortlich noch in der Lage meine Sehnsucht zu stillen.
Ich glaube das ist wichtig, also für mich ist es das, zu erkennen und anzunehmen, dass meine Sehnsucht, mein Defizit nicht ein für alle mal stillbar sind. Das Loch ist auffüllbar, es wird immer kleiner über die Jahre, nicht nur, aber maßgeblich durch die Therapie. Aber es wird weder in dieser Therapie noch in diesem Leben ganz gestopft. Das macht mich manchmal noch immer traurig, weil ich dann erst spüre, was für einen gravierenden Mangel ich habe. Aber es macht mich auch ruhiger, weil ich nicht mehr etwas hinterherrennen muss, was eben eh nicht möglich ist. Ich kann mehr bei mir bleiben und mich auf das konzentrieren, was gut und stärkend in meinem Leben ist.
Bsp. ich muss nicht mehr mich oder meine Therapeutin fertig machen, für den Mangel, den sie mir nicht ausgleichen kann. Ich kann mich wirklich seit einiger Zeit auf das konzentrieren, was sie mir Gutes geben kann und das ist schon viel, was sie mir emotional geben kann, an mich sehen, für mich da sein, mich annehmen, mich mögen. Und auch die praktische Veränderung und Unterstützung, die sich ja auch wieder einen inneren Niederschlag findet.
Ich glaube auch, die Akzeptanz der Unstillbarkeit dieser Sehnsucht, macht mich erst frei genug, um die kleinen Momente im Leben anzunehmen und zu genießen, in denen es doch etwas mütterliche Fürsorge für mich gibt. Sei es, dass ich überhaupt schon so lange zu meiner Therapeutin kommen darf, sei es meine Schwiegermutter, die mir noch ein Glas selbstgemachte Marmelade in den Rucksack steckt, sei es eine Dozentin, die damals einen Teil von mir erkannte, den Teil der Angst vor Bewertung hat und selbst zu hohe Ansprüche, die mir Ratschläge gab, dies zu ändert und mich gleichzeitig so annehm, wie ich an dem Punkt bin.
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montagne am Mo., 01.12.2014, 11:43, insgesamt 1-mal geändert.
amor fati