Ist eine Non-Suizid Absprache für euch bindend?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Char0n
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 12:59

So ein "Vertrag", falls man das überhaupt so nennen kann, wäre für mich nicht bindend. Ein bisschen muss sich der Therapeut schon anstrengen.
1. Per Vertrag kann ich niemanden grundlos in seiner Handlungsfreiheit einschränken.
2. Was ist ein Vertrag ohne rechtliche Wirksamkeit? Eigentlich kein Vertrag. Wenn ich doch einen Suizidversuch begehe, erwachsen dem Therapeuten keine Ansprüche daraus. Wäre ja noch schöner, wenn er auf diese Weise seinen Pflichten nicht nachkommen müsste. Und außerdem wäre das viele Geld überflüssig, wenn ich durch einen Vertrag vor dem Suizid bewahrt werden könnte.

Bleibt nur noch die Vertrauensbasis. Dessen muss sich ein Therapeut bewusst sein und soll nicht mit Riten daherkommen. Der Grund, dass ich keinen Suizid begehe, liegt an allem, nur nicht am Anti-Suizid-Vertrag.

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kaja
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 13:15

Ein solcher Vertrag ist für mich nicht bindend.
Was will der Therapeut auch machen, mich ausbuddeln und verklagen wenn ich doch den Freitod gewählt habe ?
Genau diese Frage habe ich dem Therapeuten damals auch gestellt und er war nicht der Meinung mich deshalb mit einem Therapieabbruch erpressen zu müssen.
After all this time ? Always.

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Char0n
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 13:15

@ Mr. Mindcontrol: Zu deinem Ausführungen zum Leben nach dem Tod:
Der Vertragsvergleich hinkt ziemlich. Zu einem Vertrag gehören immer mind. 2. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich mit irgendwem "vertragen" hätte. Die mindestanforderungen für einen Vertrag wären die essentialia negotii. Wenn die Fehlen, gibt es keinen Vertrag.

Du könntest mir nun vorhalten, dass ich bei nichtmenschlichen Angelegenheiten mit menschlichen Begriffen hantiere. Aber mit dem Vertrag bist du gekommen. Und Verträge sind nun mal Menschenwerk.


offtheground
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 13:27

Ich versprach es meiner Psychologin per Handschlag bevor sie in den Urlaub ging. Um das Versprechen nicht zu brechen nahm ich über ihren Urlaub (4 Wochen) hinweg Truxal. Das stellte mich einigermaßen ruhig. Mir war schon wichtig das Versprechen zu halten (denn ich wollte ihr auf gar keinen Fall irgendwie schaden)...auch wenn ihr bewusst war, dass ich im Affekt vermutlich keine Rücksicht darauf nehme(n kann). Nu...irgendwo insgeheim verlässt sich ein Therapeut ja auch auf so ein Versprechen (selbst wenn er, wie meine, schon vorsorglich immer dazu sagt "ich weiß, dass wenn sie es machen möchten, ich sie nicht von abhalten kann...). Für mich eher ein Zeichen wie hilflos ein Therapeut uns gegenüber steht in solchen Situationen - und das finde ich auch sehr schrecklich.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Eremit
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 14:42

Mit Verlaub, aber wenn man sich mit Truxal abschießen muß, um vier Wochen Therapiepause überstehen zu können, gehört man eigentlich in die "Geschlossene" …

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nordlichtglanz
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 15:06

Hallo, Ihr Lieben!
Das ist ein heikles Thema.
Ich selbst übernehme die Verantwortung für mich selbst, aber wenn ich jemandem ein Versprechen gebe, dann halte ich mich auch daran. Ich weiß nur zu gut, wie es ist, wenn andere ihr Versprechen nicht einhalten, dann sollen sie lieber nichts sagen, das ist Antwort genug.
Kann ich nicht superschlau reden?
Ich kann es von beiden Seiten betrachten und habe Erfahrungen sammeln müssen.
Mein damaliger Lebensgefährte hat sich aus dem Leben katapultiert, weil er im Kosovo nicht mehr zurecht kam. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen, auch jetzt komme ich noch nicht wirklich damit zurecht, verstehen kann ich ihn heute, weil ich die Qualen und den Schmerz selber erleide und der Gedanke dann mitunter da ist. Es ist ein Gedanke, aber keine Handlung. Das heißt nicht, dass ich sein Verhalten gut finde. Ich selber habe auch traumatische Erfahrungen machen müssen und auch ich stehe nicht immer festen Fußes, aber ich möchte die Erlebnisse verarbeiten und damit umgehen können. Ich möchte meiner Familie oder auch engen Freunden kein Trauma zufügen. Auch anderen Menschen nicht, die zum Beispiel mit mir arbeiten, damit es mir besser gehen kann.

nordlichtglanz

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Amilia
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 17:17

Ich habe zum Thema Vertrag gerade folgendes gefunden:

"Nicht Suizid Verträge können weder Suizidalität verhindern noch haben sie einen juristischen Wert. Sie dienen allein dazu, das therapeutische Arbeitsbündnis zwischen Arzt und Patient zu vertiefen und sind bei nicht eindeutiger Haltung des Patienten ein deutlicher Hinweis für weiter bestehende Suizidalität." (Kursbuch ärztliche Kommunikation)

Mir kommts dann so vor, wenn er wieder den Vertrag erwähnt, als wäre es sein einziges Druckmittel, so alla "Sie haben mir schliesslich versprochen, sich nichts anzutun, und jetzt kommen Sie wieder mit solchen Andeutungen/äusserungen, das geht nicht!" Ich kann sie nicht therapieren, wenn ich mich nicht auf ihr Versprechen verlassen kann, etc. Ich kann seine Situation schon verstehen, ist ja sicher nicht einfach, aber so ein "Vertrag" find ich trotzdem irgendwie für mich unpassend.


Tränen-reich
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 17:30

Sag mal, mir kam da grad was in den Sinn, weil ich meine Suizidgedanken oft hinterfragt hab, mit Hilfe meiner Therapeutin und zu welchen Situation sie kommen (natürlich bei absoluter Hilflosigkeit).
Sind Suizidgedanken nicht viell. auch eine "leere Drohung" an dich selbst?
Amilia hat geschrieben:aber so ein "Vertrag" find ich trotzdem irgendwie für mich unpassend.
was wäre denn passender für dich?

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Amilia
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 17:32

Tränen-reich hat geschrieben: was wäre denn passender für dich?

Gute Frage Ich weiss es ehrlich gesagt auch nicht.

Was meinst du mit "leere Drohung an mich selbst"?


Tränen-reich
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 17:51

Amilia hat geschrieben:Was meinst du mit "leere Drohung an mich selbst"?
Na, ich spüre das z. B. selbst an mir (inzwischen), obwohl ich manchmal auch daran zweifle an der leeren Drohung, aber ich treffe immer wieder auf dieses Gefühl. Es ist so schwer zu beschreiben.
Wenn ich mich z. B. bei etwas ablehne, mich, ja sogar dafür hasse, meine Thera einen Weg für mich aufzeigen will, mache ich dicht und denke mir "du blöde Kuh, hast es nicht verdient zu leben, was soll ich hier noch - Schei.ßleben". Ja ich drohe mir auch, wenn ich was nicht hinbekomme, weil ich oft das Gefühl habe, etwas falsch zu machen. Es gibt mehrere Situationen. Aber ja, so ungefähr eben.
Manchmal denke ich auch, dass nicht eher meine Thera Druck ausübt, sondern eher IHR Druck mache mit meiner Äußerung "hab hier keinen Platz, außer unter der Erde". Dann erhasche ich Aufmerksamkeit.

Viell. horchst du ja mal in dich, was sich bei dir da hinter verbergen kann.

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Amilia
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 17:59

Ich denke mir schon, dass ich ihm Druck mache durch meine äusserungen, ob jetzt bewusst oder unbewusst. Letztes mal war es so, dass ich einige Thera Stunden lang ganz witzig drauf war und wir zusammen gelacht haben, Suizidgedanken aber bereits in mir schlummerten und ich es einfach nicht über mich brach, sie anzusprechen. Dann spitzte sich das Ganze zu und ich beschloss, mir das Leben zu nehmen. Ich schrieb ihm am Wochenende eine Mail, dass die Therapie ja sowieso nichts nütze, wenn ich es nicht über mich bringe, meine Suizidgedanken etc. anzusprechen und dass ich somit die Therapie nun beenden möchte und mir das Leben nehmen werde irgendwann in nächster Zeit. Ich weiss, das tönt jetzt blöd, aber in solchen Situationen, wenn es mir echt dreckig geht, denke ich anderst. Dann bin ich frustriert und verzweifelt und wütend und schreibe solche Sachen (ja die logischerweise dann einen Druck und grossen ärger und Sorge bei meinem Therapeuten auslösen). Es braucht echt Nerven, mit mir zusammen Therapie zu machen :S
Ich denke einerseits ist das ein Appell, bitte helfen Sie mir endlich!! Andererseits vielleicht auch ein "bitte kümmern sie sich endlich um mich und sind sie für mich da" - Zwang den ich auslöse (auslösen will?). Irgendwie total komplex das ganze...


Tränen-reich
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 18:10

Du laberst wie ich. Fast genau das gleiche Bild in meiner Therapie. Meine brauch einen langen Atem.
Amilia hat geschrieben:Letztes mal war es so, dass ich einige Thera Stunden lang ganz witzig drauf war und wir zusammen gelacht haben, Suizidgedanken aber bereits in mir schlummerten und ich es einfach nicht über mich brach, sie anzusprechen. Dann spitzte sich das Ganze zu und ich beschloss, mir das Leben zu nehmen.
Und wenn sich das Ganze zuspitzt, dann steckste wohl in dem Moment in totaler Hilflosigkeit und drohst dir damit ja irgendwie selbst, weil du da erstmal nicht weiterkommst und dich das ärgert und den Gedanken in dem Moment als den nur einzigen Ausweg ansiehst.
Ist mir bei mir zwar alles in der Birne, aber an der Umsetzung und dem verinnerlichen hapert es noch.
Und dieses "kümmer dich mal um mich" sollten wir wohl lernen, anders zu äußern?

Wenn dein Thera da (das weiß ich ja nicht) den Blick für hat, in welchen Situationen du das rausposaunst, dann könnte man "da" an der Spitze des Ganzen mal evtl. genauer hinsehen?
Amilia hat geschrieben:Irgendwie total komplex das ganze...
Ja isses. Mach doch mal ne copy von deinem letzten Beitrag, weiß ja nicht, ob du das so ihm mal vermittelt hast...


Tränen-reich
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 18:14

Amilia hat geschrieben:
Tränen-reich hat geschrieben: was wäre denn passender für dich?
Gute Frage Ich weiss es ehrlich gesagt auch nicht.
Nimm doch mal die Frage mit in die Stunde. So á la "ihr Vertrag ist kein Druck und schon gar nicht bindend für mich - ich brauche was anderes."
Kann es sein, dass da schon ein Wunsch unterbewusst vorhanden ist. Ein greifbares Mittel (für dich) zu finden?

Ist nur ne Idee...

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Amilia
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 18:20

Naja das ist eben ziemlich schwierig. Ich habe das mal angesprochen, dass mich dieser Vertrag nicht wirklich bindet und da meinte er eben, dass wenn das nicht geht, er nicht mit mir zusammenarbeiten kann, weil er sich somit nicht auf mich verlassen kann. Also muss ich ja so tun, als ob er für mich von Bedeutung ist :/
Alternative wäre für mich (natürlich unmöglich aber wenn du schon fragst) die Sicherheit, er ist immer immer immer für mich da, egal zu welcher Tageszeit und unter welchen Umständen. Aber er hat mir das Mail schreiben schon lange verboten und das hat das Ganze noch viel schwieriger gemacht finde ich.


Eremit
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Beitrag Fr., 14.11.2014, 18:24

Amilia hat geschrieben:Ich habe das mal angesprochen, dass mich dieser Vertrag nicht wirklich bindet und da meinte er eben, dass wenn das nicht geht, er nicht mit mir zusammenarbeiten kann, weil er sich somit nicht auf mich verlassen kann. Also muss ich ja so tun, als ob er für mich von Bedeutung ist :/
Inwiefern hat die Therapie dann noch Sinn, wenn daraus nur noch ein großes Schauspiel wird?
Amilia hat geschrieben:Alternative wäre für mich (natürlich unmöglich aber wenn du schon fragst) die Sicherheit, er ist immer immer immer für mich da, egal zu welcher Tageszeit und unter welchen Umständen.
Für solche Bedürfnisse sind Kliniken da. Da bist Du nie allein und hast im Fall des Falles immer eine Ansprechperson.

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